OGH 3Nc31/07z

OGH3Nc31/07z14.12.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner und Hon.-Prof. Dr. Sailer als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Ilse H*****, vertreten durch den einstweiligen Sachwalter Mag. Gernot Funder, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, AZ 4 P 83/03i des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan, über den Delegierungsantrag der Betroffenen, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, das gesamte Sachwalterverfahren an ein Gericht außerhalb des Oberlandesgerichtssprengels Graz zu übertragen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Betroffenen wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 24. Dezember 1997 ein Sachwalter bestellt. Mit Beschluss vom 19. März 2003 ON 341 gab das Rekursgericht dem Antrag des Sachwalters der Betroffenen, ihn seines Amtes zu entheben, in Stattgebung seines Rekurses Folge und sprach aus, dass die Bestellung eines anderen geeigneten Sachwalters dem Erstgericht obliege. In dem durch besonders zahlreiche Anträge und Eingaben der Betroffenen geprägten Verfahren - der Akt umfasst nunmehr zehn Bände - verweigert diese eine Untersuchung durch einen Sachverständigen. Das Erstgericht bestellte in der Folge einen einstweiligen Sachwalter zur Vertretung der Betroffenen im Verfahren (s ON 474).

Durch diesen vertreten beantragt sie nunmehr die Delegation der Sachwalterschaftssache an ein Gericht außerhalb des Oberlandesgerichtssprengels Graz und regt an, dafür das Bezirksgericht Wiener Neustadt zu wählen, weil sie bei diesem schon einmal ein Verfahren gehabt habe. In dieser Stadt habe sie seinerzeit gewohnt und sie liege an derselben Zugstrecke wie ihr Wohnort in Kärnten.

Sie betreibe die Enthebung des einstweiligen Sachwalters. Im Oberlandesgerichtssprengel Graz habe sie in den letzten Jahren unzählige Verfahren verloren. Sie sei nicht mehr bereit, ihre Verfahren und auch das Sachwalterschaftsverfahren in diesem Sprengel durchführen zu lassen. Sämtliche Gerichte in diesem arbeiteten ihrer tief verwurzelten Ansicht nach mit ihren Gegnern zusammen. Dazu zähle die örtliche Ärztekammer. Dieser gehörten auch die bestellten medizinischen Sachverständigen an und seien daher nicht unabhängig. Sie sei (mit Pkw oder Bahn) mobil und in der Lage, jedes Gericht außerhalb des Oberlandesgerichtssprengels Graz zu erreichen. Einem weiteren Verfahren und einer allenfalls notwendigen Untersuchung durch einen Sachverständigen vor einem solchen Gericht würde sie sich „allenfalls" stellen.

Das Erstgericht legte diesen Antrag mit befürwortender Stellungnahme vor. Mit der Betroffenen sei eine sinnvolle Führung des Pflegschaftsakts nicht möglich, weil sie jede Zusammenarbeit mit dem Pflegschaftsgericht verweigere. Wie die Betroffene dem Erstgericht telefonisch mitteilte, erwarte sie von dem mit der Weiterführung der Sache zu betrauenden Gericht die umgehende Aufhebung der Sachwalterschaft.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Delegierung an ein anderes Gericht soll grundsätzlich die Ausnahme bilden (RIS-Justiz RS0046441). Eine großzügige Anwendung der Delegierungsbestimmungen würde sonst im Ergebnis zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS-Justiz RS0046589). Die Beurteilung einer Delegierung hat sich auf die Frage der Zweckmäßigkeit aus den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszuganges für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beschränken (RIS-Justiz RS0046333).

Nach stRsp kann ein Delegierungsantrag aber nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden (EvBl 1968/144 mwN; EFSlg 82.070; 4 Nd 504/98 u.v.a; RIS-Justiz RS0073042; Mayr in Rechberger³ § 31 JN Rz 4). Umso weniger kann eine Delegierung aus Zweckmäßigkeit mit Umständen gerechtfertigt werden, die - wie hier - gar keine konkrete subjektive Befangenheit eines Organträgers besorgen lassen (4 Nd 504/98 u.a.; RIS-Justiz RS0046174). Die Verweigerung der Zusammenarbeit der Betroffenen mit dem Pflegschaftsgericht bedeutet zwar für dieses eine besondere Erschwernis und Belastung, bietet aber keinen Anlass, anstelle dem örtlich zuständigen einem anderen, weiter vom Wohnort der Betroffenen weg gelegenen Gericht diese Belastung aufzubürden. Wie sich aus der wiedergegebenen telefonischen Äußerung der Betroffenen ergibt, erwartet diese von jenem Gericht, an das delegiert würde, die umgehende Aufhebung der von ihr bekämpften Sachwalterschaft. Es ist daher zu erwarten, dass sie sich mangels einer solchen auch diesem Gericht gegenüber der beim jetzt zuständigen Gericht geübten Taktik befleißigen und somit das Problem nur verschoben würde.

Soweit die Betroffene Vorbehalte gegen Sachverständige ihres Bundeslandes hat, könnte man diesen zur Beschleunigung des Verfahrens auch beim zuständigen Gericht durch Bestellung solcher aus anderen Oberlandesgerichtssprengeln Rechnung tragen. Solches ist nach den Verfahrensgesetzen keineswegs ausgeschlossen (§ 121 Abs 5, § 35 AußStrG, § 351 Abs 1 ZPO). Einen Delegierungsgrund bilden solche Vorbehalte aber nicht. Auch sonst können die geltend gemachten Argumente die eingangs dargelegten Voraussetzungen für eine zweckmäßige Delegation nicht begründen.

Der Antrag erweist sich demnach als nicht berechtigt und ist daher abzuweisen.

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