OGH 2Ob94/19s

OGH2Ob94/19s24.6.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache der L* S*, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vorsorgebevollmächtigten G* H*, dieser vertreten durch Mag. Michael Raffaseder, Rechtsanwalt in Freistadt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 10. April 2019, GZ 15 R 104/19y‑87, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E125656

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ein Kollisionskurator ist schon dann zu bestellen, wenn aufgrund eines objektiven Interessenwiderspruchs eine Gefährdung der Interessen einer gesetzlich vertretenen Person (hier der Vorsorgevollmachtgeberin nach Eintritt des Vorsorgefalls; § 1034 Abs 1 Z 2 ABGB idF des 2. ErwSchG) möglich ist (RS0107600). Ob ausreichend Anhaltspunkte dafür vorliegen, begründet in der Regel keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG (RS0127193). Daran hat sich durch die Neuregelung der Kollisionskuratel in § 277 Abs 2 ABGB idF des 2. ErwSchG nichts geändert.

Im vorliegenden Fall ist nach der Aktenlage nicht auszuschließen, dass (behauptete) Schenkungen der schutzberechtigten Person an ihren (späteren) gesetzlichen Vertreter und dessen Söhne unwirksam waren, weil die Geschenkgeberin möglicherweise nicht mehr geschäftsfähig war und auch eine wirkliche Übergabe iSv § 1 lit d NotAktG fraglich scheint. Insbesondere ist unklar, wann die Schenkungen tatsächlich erfolgten. Unter diesen Umständen ist die Bestellung eines Kollisionskurators nicht zu beanstanden. Dieser hat nun zu prüfen, ob Klagen mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden können; über die Genehmigung solcher Klagen hätte gegebenenfalls das Erstgericht zu entscheiden.

Sollte die schutzberechtigte Person die Schenkungsversprechen schon vor Erteilung der Vorsorgevollmacht gemacht haben und auch eine wirkliche Übergabe erfolgt sein (etwa durch eine entsprechende Anweisung an die Bank; vgl 2 Ob 110/18t mwN), wäre bei einer allfälligen Klagegenehmigung zu beachten, dass das Erstgericht – wenn auch nur im Zweifel – für den Zeitpunkt der Erteilung der Vorsorgevollmacht ausreichende Geschäftsfähigkeit der Geschenkgeberin angenommen hat. Es müsste daher nachvollziehbar begründet werden, weshalb diese Geschäftsfähigkeit zu einem früherem Zeitpunkt gefehlt haben sollte.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte