Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen sind die Streitteile seit 15. 7. 1999 verheiratet. Etwa im November 2003 ging die Klägerin eine ehewidrige Beziehung ein. Da sie eine rasche Trennung vom Beklagten wollte, forderte sie ihn wiederholt auf, aus der Ehewohnung auszuziehen. Dabei meinte sie, dass es später im Zuge der Scheidung eine Einigung über die Aufteilung der ehelichen Vermögenswerte geben würde. Die Klägerin hielt sich seit 13. 11. 2003 zumeist nur mehr dann in der Wohnung auf, wenn der Beklagte nicht anwesend war. Es ging ihr darum, die eheliche Gemeinschaft so rasch wie möglich zu beenden. Derartiges äußerte sie auch gegenüber ihrer Nachbarin. Sie erwähnte mehrfach, dass sie einen neuen Freund habe und zu ihm stehen würde. Der Beklagte solle daher ausziehen und könne an Möbeln und Gegenständen mitnehmen, was er wolle. Es sei ihr egal, wie die Vermögensaufteilung vorgenommen werde, sie wolle nur rasch geschieden werden.
Im Jänner oder Februar 2004 gab es ein persönliches Gespräch zwischen den Streitteilen. Der Beklagte sagte zur Klägerin, dass er verschiedene Sachen aus der Ehewohnung mitnehmen wolle. Die Klägerin antwortete ihm, dass er alles mitnehmen könne, was er wolle. Der Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, dass er diese Sachen sicher nicht wieder zurückgeben werde. Die Klägerin verwies als Reaktion darauf, dass man im Zuge einer einvernehmlichen Scheidung darüber reden könne. Nach diesem Gespräch gab es zwischen den Streitteilen keinen persönlichen Kontakt mehr.
Der Beklagte brachte am 30. 3. 2004 beim Bezirksgericht Liesing die Scheidungsklage ein. Das Verfahren über diese Klage ist noch anhängig. Im Mai 2004 brachte der Beklagte aus der vormaligen Ehewohnung verschiedene Einrichtungsstücke und Möbel in seine neue Wohnung.
Die Klägerin begehrte mit der am 8. 4. 2005 eingebrachten Klage die Herausgabe mehrerer konkret bezeichneter Geräte, Möbel und sonstiger Einrichtungsgegenstände, wobei sie dem Beklagten einräumte, sich durch Zahlung eines letztlich mit 7.210 EUR bezifferten Betrags von der Herausgabeverpflichtung befreien zu können. Sie brachte vor, die vom Klagebegehren umfassten Gegenstände stünden in ihrem Eigentum und befänden sich nunmehr ohne Rechtsgrund in der Verfügungsmacht des Beklagten.
Der Beklagte bestritt bei einigen Fahrnissen, sie aus der Ehewohnung verbracht zu haben. Er wandte auch ein, zwischen den Streitteilen sei vereinbart worden, dass er die klagsgegenständlichen Fahrnisse mitnehmen dürfe.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht erörterte, einer Herausgabepflicht des Beklagten stehe entgegen, dass die Streitteile eine beide Parteien bindende Vereinbarung über die vorläufige Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens getroffen hätten. Die weiteren Bemerkungen der Klägerin hiezu zeigten lediglich, dass sie die Mitnahme der Gegenstände im Zuge einer endgültigen finanziellen Aufteilung berücksichtigt wissen wolle.
Das Berufungsgericht ergänzte über Auftrag des Obersten Gerichtshofs (2 Ob 269/08k) sein Urteil durch den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige. Des Weiteren erklärte es auf Antrag der Klägerin in Abänderung seines ursprünglichen Ausspruchs die ordentliche Revision doch für zulässig. Da auf das Eigentum gestützte Herausgabeklagen nicht dem § 49 Abs 2 Z 2b JN unterlägen, könne man die Ansicht vertreten, dass der nach der Geschäftsverteilung zur Entscheidung über familienrechtliche Streitigkeiten zuständige Berufungssenat zur Führung des Berufungsverfahrens nicht zuständig gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klägerin gegen das Berufungsurteil erhobene Revision ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
I. Das Berufungsgericht zeigt in seinem Beschluss nach § 508 Abs 3 ZPO keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs begründet die Geltendmachung einer Nichtigkeit eine erhebliche Rechtsfrage nur dann, wenn der Nichtigkeitsgrund auch tatsächlich gegeben ist (2 Ob 301/05m mwN; RIS-Justiz RS0043067). Dies ist hier nicht der Fall. Die Verletzung der festen Geschäftsverteilung stellt einen relativen Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 2 ZPO dar (3 Ob 246/98t = SZ 72/81; 1 Ob 326/99v; RIS-Justiz RS0039916). Dieser kann gemäß § 260 Abs 4 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden, wenn sich beide Parteien in die mündliche Streitverhandlung oder in die Verhandlung über eine Prozesseinrede eingelassen haben, ohne diesen Umstand geltend zu machen. In der Entscheidung 3 Ob 246/98t wurde dazu klargestellt, dass die Heilungsvorschrift des § 260 Abs 4 ZPO nicht eng auf die mündliche Verhandlung zu beziehen, sondern vielmehr im Sinne einer Einlassung in die Sache zu verstehen ist. Das bedeutet, dass ein in einem Berufungsverfahren unterlaufener Verstoß gegen die Geschäftsverteilung entweder vor Einlassung in die Berufungsverhandlung oder, wenn eine solche nicht stattgefunden hat, in der Revision gerügt werden muss, widrigenfalls der Nichtigkeitsgrund vom Obersten Gerichtshof nicht wahrgenommen werden kann (in diesem Sinne auch Rechberger/Klicka in Rechberger, ZPO³ §§ 260-261 Rz 17; E. Kodek in Rechberger aaO § 477 Rz 5 und § 503 Rz 5; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 ZPO Rz 89; anders nur in Verfahren, auf die § 37 ASGG anzuwenden ist: vgl 10 ObS 49/08s ua).
An den Inhalt dieser Rüge sind keine besonderen Anforderungen zu stellen. Es ist für den Rechtsmittelwerber insbesondere nicht erforderlich, die Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensverstoßes darzulegen (vgl Zechner aaO § 503 ZPO Rz 89). Zur gesetzmäßigen Ausführung genügt es daher, wenn sie schlüssig begründet ist. Der Rechtsmittelwerber hat darzutun, worin die seiner Ansicht nach vorliegende Verletzung der Geschäftsverteilung besteht.
Im vorliegenden Fall fand keine Berufungsverhandlung statt. Die Klägerin rügt nun in ihrer Revision zwar als Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 2 ZPO, dass nach der zum Zeitpunkt des Einlangens der Berufung beim Berufungsgericht in Geltung gestandenen Geschäftsverteilung der Berufungssenat für die Entscheidung über ihre Berufung nicht zuständig gewesen sei. Sie bezieht diese Rüge aber gerade nicht auf den vom Berufungsgericht in seinem den Zulassungsausspruch abändernden Beschluss genannten Grund; vertritt sie doch in ihrem Rechtsmittel ausdrücklich die - wenngleich vom erkennenden Senat bereits als unrichtig beurteilte (vgl 2 Ob 269/08k) - Rechtsansicht, es handle sich um eine familienrechtliche Streitigkeit iSd § 49 Abs 2 Z 2b JN. Warum nach Auffassung der Klägerin der Berufungssenat nach der Geschäftsverteilung nicht zur Entscheidung berufen gewesen sein soll, wird vielmehr mit keinem Wort begründet. Damit wird die Rüge aber den dargelegten Mindesterfordernissen nicht gerecht. Es ist auch nicht die Aufgabe des Berufungsgerichts, eine unsubstanziierte Verfahrensrüge (in der Zulassungsbegründung) nachträglich mit Inhalt zu erfüllen. Mangels gesetzmäßiger Ausführung der Rüge des Nichtigkeitsgrundes nach § 477 Abs 1 Z 2 ZPO scheidet eine Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof aus. Eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt daher nicht vor.
II. Aber auch in den sonstigen Rechtsmittelausführungen wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dargetan:
1. Die geltend gemachte weitere Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO wäre nur dann zu bejahen, wenn die Fassung des angefochtenen Urteils so mangelhaft ist, dass dessen Überprüfung nicht vorgenommen werden kann oder das Urteil mit sich selbst im Widerspruch steht (was nur den Spruch selbst betrifft; ein Widerspruch in den Gründen reicht nicht aus) oder für die Entscheidung keine Gründe angegeben sind (2 Ob 31/07h; 2 Ob 155/08k; E. Kodek aaO § 477 Rz 12 mwN). Keiner dieser Tatbestände trifft auf die angefochtene Berufungsentscheidung zu. Die weitwendigen Ausführungen der Klägerin zu diesem Rechtsmittelgrund erschöpfen sich in der Behauptung von Begründungsmängel und wenden sich gegen die in dritter Instanz nicht mehr überprüfbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Dies reicht aber zur Darlegung des Nichtigkeitsgrundes nicht aus (vgl RIS-Justiz RS0042206; E. Kodek aaO § 477 Rz 12).
2. Die gerügten Mangelhaftigkeiten des Berufungsverfahrens liegen ebenfalls nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).
3. Die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage einen auf ihr Eigentumsrecht gestützten Herausgabeanspruch nach § 366 ABGB geltend gemacht. In solchen Fällen kann der beklagte Sachinhaber ein eigenes, dem Eigentümer gegenüber wirksames Recht zur Innehabung einwenden, wobei sowohl dingliche als auch obligatorische Rechte, aber auch familienrechtliche Benützungsrechte in Frage kommen (7 Ob 37/08d; Eccher in KBB² § 366 Rz 4). Die Beweislast für die Beschränkung der dem Eigentümer in § 354 ABGB verliehenen Ausschließungsmacht trifft den Beklagten (7 Ob 37/08d mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0010849, RS0062419 [T1]), sodass allfällige Unklarheiten zu seinen Lasten gehen (RIS-Justiz RS0010849 [T2]).
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte sein Recht zur Innehabung auf eine mit der Klägerin getroffene Vereinbarung gestützt. Die Vorinstanzen haben das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung bejaht. Ihrer Auffassung zufolge sollte damit eine für beide Seiten bindende vorläufige Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens vorgenommen werden. Eine solche Vereinbarung war ohne Einhaltung von Formvorschriften zulässig, zumal sie mit dem im März 2004 eingeleiteten Scheidungsverfahren in zeitlichem und ursächlichem Zusammenhang stand (§ 97 Abs 2 EheG; vgl 10 Ob 12/09a; RIS-Justiz RS0057618).
Ob aber zwischen den Streitteilen tatsächlich eine Vereinbarung zustande gekommen oder sie am fehlenden Einvernehmen gescheitert ist, hängt im Wesentlichen von der Auslegung der Erklärungen der Parteien in ihrem Gesamtzusammenhang ab, die, von einer krassen Fehlbeurteilung abgesehen, schon wegen ihrer Einzelfallbezogenheit keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO verwirklicht (RIS-Justiz RS0042555).
Eine derartige Fehlbeurteilung ist den Vorinstanzen aber nicht unterlaufen. Das Berufungsgericht hat die wechselseitigen Äußerungen der Streitteile anlässlich des im Jänner oder Februar 2004 stattgefundenen Gesprächs im Lichte der vorangegangenen Geschehnisse erkennbar im Sinne einer Einigung dahin interpretiert, dass der Beklagte dem Wunsch der Klägerin entsprechend die Ehewohnung verlassen, dafür Gegenstände seiner Auswahl mitnehmen und ein allfälliger finanzieller Ausgleich dafür erst im Aufteilungsverfahren bzw - im Falle einer einvernehmlichen Scheidung - im Rahmen einer gemäß § 55a EheG abzuschließenden Vereinbarung festgelegt werden soll. Diese die damalige Interessenlage der Streitteile berücksichtigende Auslegung hält sich im Beurteilungsspielraum des Berufungsgerichts. Die Frage, ob auch eine andere Auslegung möglich wäre, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und erfüllt daher nicht die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042555 [T4]).
Sofern die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung die unterbliebene Benennung der von ihr umfassten Gegenstände ins Treffen führt, vernachlässigt sie abermals, dass deren Bestimmung auf ihren eigenen Vorschlag der Auswahl des Beklagten vorbehalten blieb. Es stand den Streitteilen auch frei, die Klärung der allenfalls strittigen Zugehörigkeit einzelner Gegenstände zur Aufteilungsmasse einvernehmlich bis zur endgültigen Aufteilung aufzuschieben. Ein vom Obersten Gerichtshof aufzugreifender Rechtsirrtum des Berufungsgerichts wird auch in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.
Schließlich ist es auch eine Frage des Einzelfalls, ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist (RIS-Justiz RS0042828). Der Beklagte hat sich in seinem Prozessvorbringen ausdrücklich auf eine mit der Klägerin getroffene Vereinbarung gestützt, die ihm die Mitnahme der klagsgegenständlichen Fahrnisse gestattete. Ohne dass er auch gehalten gewesen wäre, diese Vereinbarung rechtlich zu qualifizieren, hat er damit seiner Behauptungspflicht genügt. Ob das Vorbringen mit seinem in einem anderen Verfahren eingenommenen Prozessstandpunkt vereinbar ist und entsprechende Tatsachenfeststellungen erlaubte, hatten die Vorinstanzen im Zuge ihrer Beweiswürdigung zu prüfen, die sich - wie erörtert - einer Kontrolle durch den Obersten Gerichtshof entzieht.
Da es der Lösung von erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, war die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Eine Kostenentscheidung entfällt, weil der Beklagte keine Revisionsbeantwortung erstattet hat.
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