OGH 2Ob84/00t

OGH2Ob84/00t30.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Albert H*****, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth ua Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Thum & Weinreich, Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wegen S 107.000,-- sA und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 17. Jänner 2000, GZ 35 R 476/99f-30, womit das Urteil des Bezirksgerichts Liesing vom 22. Juni 1999, GZ 6 C 41/98x-25, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. August 1999, GZ 6 C 41/98x-28, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.112,-- (darin S 1.352,-- USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte Zahlung von S 107.000,-- sA als Schadenersatz aus einem von ihm auf der von der Beklagten betriebenen Gokartbahn erlittenen Unfall, bei dem er durch die Bremsscheibe eines anderen Gokarts verletzt worden war; er erhob auch ein künftige Schäden betreffendes Feststellungsbegehren.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte ua fest, dass die Gokartbahn der Beklagten von einem Mitarbeiter des Klägers zur Durchführung eines Rennens gemietet wurde. Dem Kläger war der Umgang mit Gokarts vertraut. Die Gokartbahn der Beklagten entsprach am Unfallstag den technischen Vorschriften. Die Gokarts waren serienmäßig ausgerüstet. Bei keinem normal ausgerüsteten Gokart ist die freiliegende Bremsscheibe der Hinterachse verkleidet oder abgedeckt. Die Bahnbenützer wurden durch Hinweisschilder darauf aufmerksam gemacht, dass die Benützung grundsätzlich auf eigene Gefahr erfolge und dass die Beklagte keinerlei Haftung für allfällige Unfälle übernehme. Im Verlauf des Rennens kollidierten zwei Gokarts. Ein Gokart wurde im Bereich der Hinterachse angehoben. Der in sehr geringem Abstand nachfolgende Kläger unterfuhr das vor ihm befindliche Gokart. Sein Fuß geriet unter die freiliegende Bremsscheibe der Hinterachse, wodurch eine Zehe des Klägers zur Hälfte abgetrennt wurde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 52.000,-- nicht jedoch S 260.000,-- übersteigt. Es erklärte die Revision für zulässig, weil keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob Gokartbahnen als Straßen anzusehen und Gokarts unter den Begriff eines Kraftfahrzeuges zu subsumieren seien. Das Berufungsgericht führte ua aus, dass eine Gokartbahn keine Straße darstelle, sodass die Anwendbarkeit des EKHG ausscheide. Der Kläger habe das eingetretene Risiko auf Grund seiner Erfahrung mit Gokarts und Gokartrennen gekannt und auf sich genommen.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, das EKHG sei auch auf Gokartbahnen anzuwenden, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 1 EKHG hängt die Anwendbarkeit dieses Gesetzes ua vom Betrieb

eines Kraftfahrzeuges ab. Gemäß § 2 Abs 2 EKHG ist der Begriff des

Kraftfahrzeuges iSd des Kraftfahrgesetzes 1967 BGBl 267 auszulegen

(die Ausnahme nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung findet hier

keine Anwendung, weil die verwendeten Gokarts unstrittig die

Geschwindigkeit von 10 km/h überschreiten können). Die

Kraftfahrzeugeigenschaft ist von den Gerichten seit der Aufhebung des

§ 1 Abs 4 KFG selbständig zu beurteilen (Schauer in Schwimann Band 82

§ 2 EKHG Rz 7). Gemäß § 2 Z 1 KFG ist ein Kraftfahrzeug ein zur

Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes

Fahrzeug ... Nach § 2 Abs 1 Z 1 StVO gilt als Straße eine für den

Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche ... (vgl zum

Straßen-Begriff auch MGA EKHG6 § 2 Anm 5).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass das EKHG (damals EHG) auf ausschließlich der Unterhaltung und nicht dem Verkehr dienende (bahnähnliche) Einrichtungen in Vergnügungsstätten (wie Rutschbahn, Berg- und Talbahn udgl) nicht anzuwenden ist (SZ 19/323). Er hat weiters entschieden, dass die Voraussetzung der Straßenverwendung (§ 2 Z 1 KFG) bei Fahrzeugen einer Autodrom-Anlage nicht gegeben ist (EvBl 1982/129; vgl auch EvBl 1992/132 [Sommerrodelbahn]).

Auch im vorliegenden Fall einer Gokart-Halle dienen die Flächen, für welche die Gokarts bestimmt sind und auf denen sie auch verwendet werden, nicht der Befriedigung eines Verkehrsbedürfnisses sondern lediglich des Spieltriebs. Im Hinblick auf den bloßen Unterhaltungszweck von Anlage und Fahrzeugen hat das Berufungsgericht das Vorliegen einer Straße und eines Kraftfahrzeuges im Sinne der zitierten Bestimmungen zu Recht verneint. Mangels Straßenfahrzeug (vgl Apathy, EKHG § 2 Rz 11 mwN; Schauer aaO § 2 Rz 11 mwN) ist das EKHG nicht (unmittelbar) anwendbar. Da die Gokarts in einem vom allgemeinen Verkehr völlig abgesonderten Bereich betrieben werden, kommt auch eine - vom Rechtsmittelwerber ohnehin nicht geltend gemachte - analoge Anwendung des EKHG nicht in Betracht (vgl EvBl 1992/132; Apathy aaO § 2 Rz 17).

Was den (im Rechtsmittel rechtlich nicht weiter ausgeführten) Vorwurf der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht betrifft, so trafen die Beklagten gegenüber dem Mieter der Anlage jedenfalls vertragliche Schutzpflichten, die auch dem Kläger als Renngefährten des Mieters zugute kamen. Insoweit ergibt sich aus den vorinstanzlichen Feststellungen aber keine Sorglosigkeit der Beklagten. Vielmehr befand sich die Gokartbahn in ordnungsgemäßem Zustand und wiesen die Gokarts die üblichen, bauarttypischen Einrichtungen auf. Wo die Schutzpflichten der Beklagten aufhörten, setzte aber das (echte) Handeln des Klägers auf eigene Gefahr ein (vgl Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 4/38 f mwN). Ihm war der Umgang mit Gokarts vertraut; die Risken der Gokartbenützung und der Teilnahme an Gokartrennen waren ihm bekannt oder mussten ihm zumindest bekannt sein. Diese Risken haben sich im vorliegenden Fall verwirklicht. Insoweit fehlt es aber an einem rechtswidrigen Handeln der Beklagten, weshalb sie nicht schadenersatzpflichtig wurde.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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