Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 62 ***** *****, bestehend aus den Grundstücken 94/2, 92 und ./10. Sie haben die Liegenschaft mit Vertrag vom 8.2.1974 von Alois und Maria P***** erworben. Diese hatten sie wiederum mit Kaufvertrag vom 6.2.1942 von den Ehegatten Michael und Josefa B***** erstanden. Die beklagte Partei ist Eigentümerin des Grundstückes 471/1 Weg der EZ 50.000 ***** ***** im Gesamtausmaß von 136 m**2.
Die Kläger begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, in die Abschreibung des Grundstückes 471/1 ***** ***** von EZ 50.000 und Zuschreibung dieses Grundstückes zur Liegenschaft EZ 62 ***** ***** einzuwilligen; in eventu wird beantragt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, einverleibungsfähige Urkunden zur Abschreibung dieses Grundstückes und Zuschreibung zu ihrer Liegenschaft auszustellen; weiters wird in eventu die Feststellung begehrt, daß sie Eigentümer des genannten Grundstücks sind.
Sie brachten dazu vor, die Zufahrt zu ihrer Liegenschaft erfolge über das Grundstück 471/1. Da ein Interesse der Öffentlichkeit an diesem Grundstück nicht mehr bestanden habe, seien bereits im Jahre 1951 Teile davon an verschiedene Anrainer verkauft worden, weshalb ein restliches Ausmaß von 571 m**2 verblieben sei. Mit Ansuchen vom 21.7.1958 habe Alois P***** um die käufliche Überlassung der Restfläche des Grundstückes 471/1 ersucht. In der Gemeinderatssitzung vom 25.9.1958 sei einstimmig beschlossen worden, diese Wegeparzelle in dem nach dem Gemeinderatsbeschluß vom 31.8.1951 restlich verbliebenen Teil vom öffentlichen Gut in Gemeindegut umzuwandeln und an Alois P***** zu verkaufen. Als Kaufpreis sei ein Betrag von 3 S pro m**2 vorgeschlagen worden. Der vereinbarte Preis sei von P***** am 21.3.1960 mit einer Akontozahlung von S 1.300 bis zur endgültigen Feststellung des Ausmaßes des unbelasteten Grundstückes bezahlt worden. Die Ehegatten P***** seien der Ansicht gewesen, an der gesamten restlichen Fläche des Grundstückes 471/1 Eigentum erworben zu haben. Die grundbücherliche Durchführung des Gemeinderatsbeschlusses hätte in einem Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG erfolgen sollen. Der hiezu vom Vermessungsamt erstellte Anmeldungsbogen habe jedoch nicht dem Gemeinderatsbeschluß entsprochen, weil lediglich 204 m**2 zum Grundstück der Ehegatten P***** zugeschrieben worden seien, 136 m**2 seien unter der Bezeichnung 471/1 als öffentliches Gut verblieben. Tatsächlich hätten die Ehegatten P***** aber auch über diesen Grundstücksteil wie über ihr Eigentum verfügt. Nachdem sie (Kläger) im August 1993 erstmals die wahre Rechtslage erkannt hätten, sei die beklagte Partei aufgefordert worden, das restliche Grundstück 471/1 auch grundbücherlich aus dem öffentlichem Gut auszuscheiden und ihnen als den Rechtsnachfolgern von Alois und Maria P***** zuzuschreiben. Die beklagte Partei habe das Grundstück nie als öffentliches Gut behandelt oder entsprechend betreut. Sie hätten Anspruch auf Richtigstellung des formal unrichtigen Grundbuchstandes bzw auf Einverleibung ihres Eigentumsrechtes; es seien auch die Voraussetzungen der Ersitzung gegeben. Die beklagte Partei habe die Übertragung des gegenständlichen Weges aus dem öffentlichen Gut auch mehrfach anerkannt.
Die beklagte Partei wendete ein, Gegenstand der Gemeinderatssitzung vom 25.9.1958 sei nur jener Teil des Grundstückes 471/1 gewesen, der an die Liegenschaft des Alois P***** angrenzt bzw entlang dieser verläuft. Dementsprechend sei auch der Gemeinderatsbeschluß gefaßt worden. In der Folge sei es nicht zur Ausstellung einer Vertragsurkunde gekommen, sondern habe der damalige Bürgermeister den Auftrag an das zuständige Vermessungsamt zur Herstellung der Grundbuchsordnung bzw einer Mappenberichtigung erteilt. Dies sei im Sinne des Gemeinderatsbeschlusses vom 25.9.1958 auch geschehen. Es sei für jedermann ohne weiteres erkennbar gewesen, daß ein Grundstücksteil von 136 m**2 im öffentlichen Gut verblieben und den Ehegatten P***** nur ein Teil des Grundstückes 471/1 im Ausmaß von 204 m**2 zugeschrieben worden sei. Die Ehegatten P***** hätten diesen Grundbuchsbeschluß unbekämpft gelassen. Sie hätten am 11.5.1981 eine Zustimmungserklärung unterfertigt, aus welcher klar ersichtlich sei, daß ein Grundstück mit der Nummer 471/1 im öffentlichen Gut existiere. Die Kläger und ihre Rechtsvorgänger hätten das Wegegrundstück auch nicht wie ihr Eigentum benützt, sondern habe die beklagte Partei diesen Wegeanteil immer als öffentliches Gut betrachtet und entsprechend betreut. Der Anspruch der Kläger sei verjährt, die Ersitzungsvoraussetzungen seien nicht gegeben.
Das Erstgericht gab - ohne über das Hauptbegehren zu entscheiden - dem ersten Eventualbegehren statt und verurteilte die beklagte Partei, einverleibungsfähige Urkunden zur Ab- und Zuschreibung auszustellen.
Dabei wurden im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Der gegenständliche Weg 471/1 zweigt von der sogenannten Russenstraße in Richtung Süden ab, verläuft dann auf einer Strecke von einigen Metern in süd-südwestlicher Richtung zwischen den Liegenschaften der Eigentümer Peter und Andreas G*****, beschreibt sodann eine Linkskurve und führt über die Liegenschaft der Kläger in süd-südöstlicher Richtung bis zu deren südlicher Grenze, wo er eine leichte Rechtskurve beschreibt und sodann in die alte Edlingstraße einmündet. Im Bereich der Liegenschaft der Kläger verläuft der Weg an deren östlicher Grenze.
Als die Ehegatten P***** das Eigentum an der Liegenschaft EZ 62 erwarben, war das Wegegrundstück 471/1 zur Gänze öffentliches Gut und umfaßte ursprünglich eine Grundfläche von 1.172 m**2. Im Jahr 1951 erwarb der Rechtsvorgänger des Andreas G***** 100 m**2 um 6 S pro m**2. In der Folge bewarben sich andere Weganrainer um den Kauf weiterer Teile der Parzelle. Bei der Gemeinderatssitzung vom 31.8.1951 wurde die Meinung vertreten, die Parzelle sei unproduktives Land und belaste die beklagte Partei. Es wurde in dieser Sitzung beschlossen, rund 600 m**2 der Parzelle zu veräußern, die Restfläche verblieb im öffentlichen Gut. Dabei handelt es sich um den nördlich der Liegenschaft der Kläger gelegenen Teilabschnitt im Ausmaß von 136 m**2 und den auf dieser Liegenschaft verlaufenden Bereich im Ausmaß von 204 m**2 sowie um das südlich der südlichen Grundstücksgrenze gelegene Wegestück im Ausmaß von 61 m**2.
Mit Schreiben vom 21.7.1958 ersuchte Alois P***** die beklagte Partei um käufliche Überlassung "des Wegegrundstückes Restfläche Nr.471/1". Offenbar zur Vorbereitung der Gemeinderatssitzung wurde dieses Schreiben von einem der Gemeindebediensteten mit folgendem Vermerk versehen: "Dieses Restgrundstück ist in der Natur nur ein Wassergraben, der für die Gemeinde wertlos ist. Eine Mappenberichtigung wäre das Einfachste." Am 25.9.1958 fand eine öffentliche Gemeinderatssitzung statt, in der ua die von Alois P***** begehrte Abtretung der Wegeparzelle 471/1 behandelt wurde. Das Sitzungsprotokoll enthält den Vermerk, daß es sich bei dieser Wegeparzelle um den Rest eines ehemaligen Straßengrundstückes handelt. Die Straße sei aber seit 1916 nicht mehr als solche gebraucht worden und sei zur Zeit nur ein verwilderter Graben. Herr P***** könnte dieses Grundstück einebnen lassen und für verschiedene Zwecke verwenden. In dieser Gemeinderatssitzung wurde einstimmig beschlossen, die Parzelle Nr.471/1 vom öffentlichen Gut zum Gemeindegut umzuwandeln und dem Verkauf an Alois P***** um einen Betrag von 3 S pro m**2 zuzustimmen. Der Gemeinderatsbeschluß wurde durch Anschlag an der Gemeindetafel ordnungsgemäß kundgemacht.
Da beabsichtigt war, die grundbücherliche Durchführung im Rahmen eines Verfahrens gemäß §§ 15 ff LiegTeilG zu erledigen, wurde in der Folge das Vermessungsamt mit der Vorbereitung beauftragt und von diesem ein Anmeldungsbogen erstellt, in welchem, offensichtlich aufgrund eines Versehens, festgehalten wurde, daß der nördliche Teil der Wegeparzelle 471/1 im Ausmaß von 136 m**2 öffentliches Gut verbleiben sollte. Es wurden daher nur die an der östlichen Grundstücksgrenze der Liegenschaft P***** gelegenen 204 m**2 als an die Ehegatten P***** zu übertragen vermerkt; der südlich der nunmehr klägerischen Liegenschaft gelegene Wegteil im Ausmaß von 61 m**2 sollte im Sinne einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der beklagten Partei und einem anderen Wegeanrainer an diesen übertragen worden.
In Unkenntnis des unrichtigen Anmeldungsbogens und in der Meinung, der Gemeinderat habe die Veräußerung nicht nur der 204 m**2 an der östlichen Grundstücksgrenze, sondern auch der 136 m**2 nördlich davon beschlossen, bezahlte Alois P***** am 21.3.1960 an die beklagte Partei einen Betrag von S 1.300 ein, den er ausdrücklich als Akontozahlung widmete. Er war der Ansicht, seine Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Liegenschaftskauf erfüllt zu haben, und betrachtete sich fortan als Eigentümer des gesamten Grundstückes 471/1 abzüglich der in dessen südlichen Bereich befindlichen 61 m**2.
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Leoben vom 23.6.1960 wurde der Grundbuchstand entsprechend dem Ammeldungsbogen hergestellt und daher lediglich eine Teilfläche des Grundstückes 471/1 im Ausmaß von 204 m**2 an die Ehegatten P***** überschrieben (und in ein diesen gehörendes Grundstück einbezogen). Dieser Beschluß wurde ihnen ordnungsgemäß zugestellt, jedoch blieb ihnen die inhaltliche Unrichtigkeit verborgen.
In den folgenden Jahren wurden praktisch alle Erhaltungsarbeiten des Weges, insbesondere auch hinsichtlich jener 136 m**2, die immer noch als öffentliches Gut eingetragen waren, von den Ehegatten P***** sowie zum Teil auch von anderen Anrainern vorgenommen. Die beklagte Partei zeigte kein Interesse am Grundstück 471/1, wobei die Gemeindeorgane auch durchwegs der Ansicht waren, das Grundstück stehe im Eigentum der Ehegatten P*****. Diese Meinung wurde auch von ihnen selbst vertreten, sie traten auch als Eigentümer des Weges auf. Nach Abschluß des Übergabsvertrages vom 8.2.1974 zwischen dem Ehepaar P***** und den Klägern waren letztere von Anfang an der Meinung, das Grundstück 471/1 sei nunmehr in ihr Eigentum übergegangen. Sie besorgten sämtliche Erhaltungsarbeiten.
Im Jahre 1981 erfolgte anläßlich einer Teilung der an die östliche Grundgrenze der Liegenschaft der Kläger angrenzenden Liegenschaft eine Mappenberichtigung. Dabei wurde den Klägern eine von ihnen zu unterfertigende Zustimmungserklärung gemäß § 18 VermG vorgelegt. Im Namensverzeichnis der Zustimmungserklärung schien auch die beklagte Partei als Eigentümerin des Grundstückes 471/1 auf. Der Erstkläger war darüber sehr überrascht, weil er den Weg bislang für sein Eigentum gehalten hatte. Da ihm aber keine weiteren Unterlagen zur Verfügung standen, beriet sich die Zweitklägerin mit ihrer Mutter Maria P***** und erfuhr von dieser, daß der Weg ihr Eigentum sei, da die Ehegatten P***** auch dafür bezahlt hätten. Versuche, Unterlagen über die Geschehnisse der Jahre 1958 bis 1960 über die damalige Eigentumsübertragung zu finden, blieben jedoch vorerst erfolglos. Die Kläger entschlossen sich daher, die Zustimmungserklärung, in der festgehalten ist, daß die Eigentümer dem in der Natur festgelegten und im zugehörigen Plan dargestellten Grenzverlauf zustimmen und eine Änderung der in der Natur festgelegten Grenzen nicht stattgefunden hat, zu unterfertigen. Der Erstkläger unterfertigte die Urkunde als Miteigentümer der Liegenschaft EZ 62 und als Bürgermeister der beklagten Partei. Es war jedoch nicht beabsichtigt, den Verbleib der 136 m**2 des Weges 471/1 im öffentlichen Gut anzuerkennen, sondern waren die Kläger nach wie vor der Meinung, selbst Eigentümer zu sein.
Da der Weg ein beträchtliches Gefälle aufweist, kam es gelegentlich zu stärkeren Ausschwemmungen. Als 1985/1986 von der beklagten Partei Teile ihres Straßennetzes asphaltiert wurden und ein Teil des Straßenbelages übrigblieb, wurde über Vorschlag des Leiters des Bauhofes der beklagten Partei und nach Rücksprache mit dem damaligen Bürgermeister der Asphaltrest für die Deckung des Weges 471/1 verwendet. Diese Asphaltierungsarbeiten erfolgten ausschließlich über Initiative des Leiters des Bauhofes, der dabei in erster Linie den Schutz der Wasserleitung der beklagten Partei im Auge hatte.
Auch nach der Asphaltierung des Weges änderte sich bezüglich seiner Erhaltung nichts. Sämtliche Arbeiten wurden von den Klägern und zum Teil von anderen Anrainern durchgeführt.
1993 fand die Zweitklägerin nach dem Tod ihrer Mutter Maria P***** die Einzahlungsbestätigung aus dem Jahre 1960 über den Betrag von S
1.300 sowie andere Unterlagen über den seinerzeitigen Grundstückskauf. Weiters fand sie aber auch den Grundbuchsbeschluß von 1960 und versuchte, die Unklarheiten zu beseitigen. Sie wandte sich an die beklagte Partei, welche gleichfalls die Auffassung vertrat, die Kläger seien außerbücherliche Eigentümer des Grundstückes 471/1. Die Kläger stellten daher den Antrag, das Grundstück grundbücherlich aus dem öffentlichen Gut auszuscheiden und ihnen zuzuschreiben. Die beklagte Partei suchte am 6.6.1994 beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung um die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Eigentumsübertragung an, wobei jedoch von diesem Amt die Auffassung vertreten wurde, das Wegegrundstück sei nur so weit an die Rechtsvorgänger der Kläger verkauft worden, als es an deren Liegenschaft angrenze. Die Wegeparzelle 471/1 sei jedoch vom Verkauf nicht mitumfaßt gewesen. Wegen der unklaren Rechtsverhältnisse beschloß der Gemeinderat am 16.3.1995, die Kläger auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Rechtsvorgänger der Kläger hätten die strittige Wegeparzelle durch Kaufvertrag mit der beklagten Partei erworben. Es liege ein gültiger Titel vor, doch fehle es an einem modus. Die Kläger hätten daher Anspruch darauf, auch als bücherliche Eigentümer intabuliert zu werden. Da das Eigentum nicht der Verjährung unterliege, sei der entsprechende Einwand der beklagten Partei nicht berechtigt. Es sei dem Klagebegehren im Sinne des ersten Eventualbegehrens stattzugeben, weil die beklagte Partei kein willensbildendes Organ sei und daher eine Einwilligung nicht erteilen könne.
Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, daß das gesamte Klagebegehren (Haupt- und sämtliche Eventualbegehren) abgewiesen wurde. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Das Rechtsmittelgericht vertrat die Ansicht, es bedürfe keiner Auseinandersetzung mit der Beweisrüge der beklagten Partei, weil ihr Rechtsmittel, selbst wenn man vom festgestellten Sachverhalt im Zusammenhang mit der Veräußerung nicht nur von 136 m**2, sondern der gesamten Restfläche des Wegegrundstückes 471/1 ausgehe, begründet sei.
Nach der Gemeindeordnung 1953, die für die Beurteilung des mit der beklagten Partei abgeschlossenen Rechtsgeschäftes noch maßgebend sei, zerfalle das Gemeindeeigentum in das Gemeindevermögen, das öffentliche Gut und in das Gemeindegut. Der Kundmachung des in der Gemeinderatssitzung vom 25.9.1958 gefaßten Beschlusses lasse sich entnehmen, öffentliches Gut sei in "Gemeindegut" umgewandelt worden. Das Gemeindegut stelle jenes Gemeindeeigentum dar, das durch Nutzungsrechte aller Gemeindeangehörigen oder bestimmter Gruppen beschränkt sei. Die Entscheidung über den Verkauf des Gemeindegutes stehe gemäß § 30 Abs 3 GdO den Agrarbehörden zu. Sollte die betreffende Wegeparzelle in Gemeindegut umgewandelt worden sein, so falle eine Veräußerung nicht in die Kompetenz des Gemeinderates. Handle es sich aber weder um Gemeindegut noch um öffentliches Gut, so liege Gemeindevermögen vor, dessen Veräußerung der Zustimmung der Landesregierung bedürfe (§ 27 Abs 5 GdO). Beschlüsse des Gemeinderates, welche einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürften, seien erst mit dieser rechtswirksam. Die Erteilung der Genehmigung liege im freien Ermessen der Aufsichtsbehörde, die hiebei den Beschluß des Gemeinderates nicht nur auf seine Rechtmäßigkeit, sondern auch auf seine Zweckmäßigkeit überprüfen könne.
Daß der Gemeinderatsbeschluß vom 25.9.1958 und die damit beschlossene Veräußerung des Gemeindegutes von der Steiermärkischen Landesregierung genehmigt worden sei, sei weder behauptet worden noch im Verfahren hervorgekommen. Daß es die beklagte Partei verabsäumt habe, die aufsichtsbehördliche Genehmigung einzuholen, werde von dieser in einem Schreiben vom 6.6.1994 zugestanden und unter einem um die Erteilung ersucht. Eine solche sei aber nicht erfolgt.
Gemäß § 867 ABGB komme es bei der Frage der Gültigkeit eines von der Gemeinde abgeschlossenen Vertrages auf die Bestimmungen der Gemeindeordnung an. Derjenige, der mit einer Gemeinde einen Vertrag schließe, müsse die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen beachten und sie gegen sich auch dann gelten lassen, wenn er sie nicht kannte. Da hier der im Gemeinderat gefaßte Beschluß noch der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedurfte, könne ein ohne die erforderliche Genehmigung abgeschlossenes Rechtsgeschäft mit den Rechtsvorgängern der Kläger die beklagte Partei nicht binden. Mangels eines rechtswirksamen Titelgeschäftes könne die beklagte Partei nicht verpflichtet werden, in die Ab- und Zuschreibung einzuwilligen, oder diesbezüglich einverleibungsfähige Urkunden auszustellen, noch könne festgestellt werden, die Kläger seien Eigentümer.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Kläger mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Haupt- oder einem der Eventualbegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der Kläger nicht Folge zu geben bzw "nicht zuzulassen".
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie im folgenden noch darzulegen sein wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist im Sinne ihres Eventualantrages auf Aufhebung auch berechtigt.
Die Kläger machen in ihrem Rechtsmittel geltend, es sei unrichtig, daß die Entscheidung über den Verkauf des Gemeindegutes oder von Teilen derselben gemäß § 30 Abs 3 StmkGdO 1953 der Agrarbezirksbehörde zustehe. Nach dem seinerzeitigen Gemeinderatsbeschluß handle es sich erkennbar nicht um Gemeindegut im Sinne dieser Gesetzesstelle, weil keine Widmung zum Gebrauch für jedes Gemeindemitglied vorgenommen worden sei. Sollte irgendein Genehmigungsvorbehalt vorgelegen sein, könne dies nur ein solcher der Landesregierung gemäß § 27 Abs 5 StmkGdO 1953 sein. Die vom Erstgericht getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen enthielten hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer Zustimmung, auch wenn ein urkundlicher Nachweis nicht aufgetaucht sei. Bei fehlender Zustimmung der Landesregierung wäre zumindest der Geldbetrag nicht angenommen worden; tatsächlich sei daher eine Zustimmung vorgelegen, sie sei aber heute nicht mehr auffindbar.
Sollte eine aufsichtsbehördliche Genehmigung aber (noch) nicht erteilt worden sein, so sei das zwischen den Parteien abgeschlossene Geschäft schwebend unwirksam und könne schon vor der Erteilung der Genehmigung auf Zuhaltung des Verrtages, insbesonders auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde geklagt werden. Die Feststellung des Berufungsgerichtes, eine aufsichtsbehördliche Genehmigung sei nicht erfolgt, sei aktenwidrig.
Weiters sei die Frage der fehlenden aufsichtsbehördlichen Genehmigung mit den Parteien nicht erörtert und im erstgerichtlichen Verfahren niemals aufgegriffen worden. Die ohne Erörterung vom Berufungsgericht erfolgte Abänderung der Klagsstattgebung in eine Klagsabweisung verstoße gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung.
Überdies hätte sich das Berufungsgericht mit der Frage der Ersitzung beschäftigen müssen.
Hiezu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, daß gemäß § 30 Abs 3 StmkGdO 1953 die Entscheidung über den Verkauf des Gemeindegutes oder von Teilen desselben den Agrarbehörden zusteht. Gemeindegut sind gemäß § 30 Abs 1 leg cit Sachen, welche zum Gebrauch eines jeden Gemeindemitgliedes einer Gemeinde dienen. Insbesondere gehören zum Gemeindegut Grundstücke, welche von allen oder nur von gewissen Gemeindemitgliedern einer Gemeinde oder einer Ortschaft zur Deckung ihres Guts- und Hausbedarfes gemeinschaftlich oder wechselweise benützt werden. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der hier klagsgegenständlichen Liegenschaft nicht gegeben. Wie auch die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung darlegt, ist die Formulierung im Gemeinderatssitzungsprotokoll vom 25.9.1958, wonach der Gemeinderat der Umwandlung vom öffentlichen Gut zum Gemeindegut zustimmt, unrichtig, vielmehr liegt eine Umwandlung von öffentlichem Gut in "freies Gemeindevermögen" vor.
Zutreffend hat das Rechtsmittelgericht auch dargelegt, daß gemäß § 27 Abs 5 StmkGdO 1953 die Veräußerung von ungeweglichem Vermögen der Gemeinde untersagt ist und nur in Ausnahmefällen (überwiegendes wirtschaftliches oder finanzielles Interesse der Gemeinde, soziale Zwecke) aufgrund eines mit 2/3 Mehrheit gefaßten Gemeinderatsbeschlusses mit Zustimmung der Landesregierung erlaubt ist. Beschlüsse des Gemeinderates, welcher einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürfen, werden erst mit der Genehmigung rechtswirksam (§ 72 Abs 1 StmkGdO 1953). Wird eine solche Genehmigung nicht erteilt, so ist das Geschäft, das der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf, unwirksam. Wer mit einer juristischen Person öffentlichen Rechts einen Vertrag schließt, muß die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er sie nicht gekannt hat; die in Organisationsvorschriften enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe sind zum Schutz der Interessen der juristischen Person öffentlichen Rechts auch im Außenverhältnis wirksam (SZ 54/111; SZ 64/154 ua). Die Frage der aufsichtsbehördlichen Genehmigung wurde aber im Verfahren erster Instanz mit den Parteien nicht erörtert, es hat das Erstgericht auch keine Feststellungen darüber getroffen. Wenngleich das Fehlen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung von Amts wegen wahrzunehmen ist, dürfen die Gerichte, insbesonders auch die Rechtsmittelgerichte, die Parteien nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die diese nicht beachtet haben und auf die sie vom Gericht nicht aufmerksam gemacht wurden; das Gericht darf seine Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur dann stützen, wenn es den Parteien Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat (ecolex 1997/842 = ZVR 1997/147 mwN). Das Berufungsgericht hat nun dadurch, daß es das Klagebegehren mit der Begründung abgewiesen hat, die klagenden Parteien hätten die erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigung nicht behauptet und sie sei auch im Verfahren nicht hervorgekommen, gegen das Verbot, die Parteien mit einer Rechtsauffassung zu überraschen, verstoßen, weshalb das berufungsgerichtliche Verfahren mangelhaft geblieben ist. Zu der in der Revision angeführten Entscheidung JBl 1990, 36 ist darauf hinzuweisen, daß der dort behandelte Fall einer außergerichtlichen Bereinigung einer Grenze hier nicht vorliegt, weshalb daraus für die hier angenommene Genehmigungspflicht nichts zu gewinnen ist. Einer Erörterung bedarf ferner die Frage der aktiven Klagslegitimation, weil die Kläger den von ihnen behaupteten Kaufvertrag mit der beklagten Partei nicht selbst abgeschlossen haben.
Sollte es sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, daß die aufsichtsbehördliche Genehmigung verweigert wurde, dann wären die Klagebegehren abzuweisen. Entgegen der Ansicht der Kläger sind nämlich auch die Voraussetzungen der Ersitzung schon ausgehend von ihrem eigenen Vorbringen nicht gegeben. Gemäß § 1472 ABGB beträgt nämlich die Ersitzungszeit gegenüber der beklagten Partei 40 Jahre und beschloß der Gemeinderat erst am 25.9.1958, dem Verkauf an die Rechtsvorgänger der Kläger zuzustimmen.
Sollte über die aufsichtsbehördliche Genehmigung noch nicht entschieden worden sein, so wäre das zwischen den Parteien abgeschlossene Rechtsgeschäft - ob es zu einer Willenseinigung gekommen ist, ist noch offen, weil das Berufungsgericht die Beweisrüge der beklagten Partei nicht behandelt hat - schwebend unwirksam (Apathy in Schwimann, KommzABGB**2 Rz 9 zu § 867 mwN). Während dieses Schwebezustandes sind die Parteien verbunden, alles zu unternehmen, was zu seiner Beendigung erforderlich ist. Sie können aber selbst in den Fällen, in welchen das Rechtsgeschäft an sich durch gesetzliche Anordnung durch eine Behörde genehmigungspflichtig ist, schon vor der Erteilung der Genehmigung auf Zuhaltung des Vertrages, insbesondere auch auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde klagen (SZ 52/1; JBl 1988, 513; 6 Ob 547/95 ua). Dem steht auch nicht § 72 Abs 2 StmkGdO 1953, wonach bis zur Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde die Vollziehung eines Beschlusses, der einer solchen bedarf, zu unterbleiben hat, entgegen. Die Vollziehung besteht nämlich in der Übergabe der Liegenschaft und nicht in der Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes können daher die Klagebegehren nicht allein deshalb abgewiesen werden, weil zur Zeit eine aufsichtsbehördliche Genehmigung fehlt. Dabei steht entgegen der Meinung des Erstgerichtes dem Erfolg des Hauptbegehrens auch nicht entgegen, daß hier die Veräußerung von unbeweglichen Vermögen der Gemeinde der Gemeinderat willensbildendes Organ ist. Liegt ein entsprechender Beschluß vor, so bewirkt dieser nämlich die Verpflichtung der Gemeinde als Rechtsträger, die zur Vollziehung erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Dritten abzugeben. Das Gesagte gilt umso mehr, wenn den Klägern der Nachweis gelingt, daß die Veräußerung der strittigen Liegenschaft von der Aufsichtsbehörde genehmigt wurde, wobei allerdings auch in diesem Fall ein Urteil, das dem hier erhobenen Klagebegehren stattgibt, noch nicht die Eintragung des Eigentumsrechtes der Kläger im Grundbuch ermöglichen würde (vgl EvBl 1964/71).
Das Berufungsgericht wird sich somit im fortgesetzten Verfahren mit der in der Berufung der beklagten Partei enthaltenen Beweisrüge auseinanderzusetzen und sodann die Fragen der fehlenden aufsichtsbehördlichen Genehmigung und der Aktivlegitimation der Kläger mit den Parteien zu erörtern haben, wenn es die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes übernimmt.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 52 ZPO.
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