OGH 2Ob674/85

OGH2Ob674/8517.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Marie-Nieves A, geboren am 17. Oktober 1975, infolge Revisionsrekurses des Hans Joachim A, 1060 Wien, Esterhazygasse 9 A/6, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 4. September 1985, GZ 43 R 615/85-148, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 5.Juni 1985, GZ 5 P 283/82-136, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Da das Erstgericht in seinem Unterhaltsbemessungsbeschluß vom 9.7.1984, ON 104, den ehelichen Vater für die Zeit vom 11.1.1983 bis 29.8.1983 zu Unterhaltsleistungen von monatlich S 1.400 und ab 30.8.1983 zu monatlich S 1.200 verpflichtete, ohne dabei die von ihm bis dahin freiwillig geleisteten monatlichen Unterhaltsbeiträge zu berücksichtigen, hob das Rekursgericht diesen Beschluß im Umfange des Leistungsbefehles auf (ON 116) und verwies die Sache insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Erstgericht errechnete hierauf die vom Vater in der Zeit vom 11.1.l983 bis 9.7.1984 zu erbringenden Unterhaltsleistungen mit S 23.937 und die von ihm in dieser Zeit mit Ausnahme der Monate August 1983 und Juli 1984, in welchen die Minderjährige sich bei ihm befand, freiwillig geleisteten monatlichen Unterhaltsbeiträge von S 480 mit einem Gesamtbetrag von S 8.005. Für die beiden vorgenannten Monate nahm es "Fixkosten" der Mutter von S 800 an. Diese beiden Beträge von S 800 und S 8.005 zog es vom Betrag von S 23.937 ab und verpflichtete den Vater zur Zahlung eines bis zum 9.7.1984 solcherart gegebenen Unterhaltsrückstandes von S 15.132. In seinem Rekurs behauptete der Vater, der Unterhaltsrückstand errechne sich nicht mit S 15.132,-, sondern lediglich mit S 11.988, weshalb die Abänderung des angefochtenen Beschlusses in diesem Sinne beantragt werde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge. Es führte u.a. aus, entgegen der Ansicht des Rekurswerbers verliere die Minderjährige auch während der Zeit ihrer Besuche beim Vater nicht ihren Anspruch auf den festgesetzten Unterhaltsbeitrag, soweit der Besuchszeitraum nicht das übliche Maß überschreite. In seinem auf § 16 AußStrG gestützten Revisionsrekurs macht der Vater die Beschwerdegründe der Aktenwidrigkeit und der Nichtigkeit geltend. Er bringt vor, die Unterinstanzen hätten aktenwidrig angenommen, daß der von ihm für den Monat Jänner 1983 freiwillig geleistete Unterhaltsbeitrag von S 480 im Hinblick auf die Unterhaltsfestsetzung am 11.1.1983 zu aliquotieren sei. Richtigerweise müsse dieser Betrag jedoch zur Gänze angerechnet werden. In den Entscheidungsgründen der unterinstanzlichen Beschlüsse liege im übrigen ein unlösbarer Widerspruch und damit eine Nichtigkeit: Es werde davon gesprochen, daß für zwei Monate je S 400 an Fixkosten der Mutter, also insgesamt S 800, zu berücksichtigen seien. Tatsächlich würden sodann aber nur S 800 zu seinen Gunsten in Abzug gebracht statt richtig 1.800 S, denn er sei für die beiden Besuchsmonate nicht voll unterhaltspflichtig, sodaß diesbezüglich Unterhaltsleistungen von S 2.600 abzüglich der Fixkosten der Mutter von S 800 entfielen. Somit ergebe sich folgende Berechnung:

Unterhaltsrückstand 23.937,B

abzüglich nicht zu leistender Unter-

haltsbeträge für die beiden Besuchsmonate 1.800,B

abzüglich freiwillig geleisteter Zahlungen,

und zwar statt unrichtig S 8.005 richtig 8.260,B

13.977,B.

Somit werde die Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses dahin beantragt, daß dem Vater lediglich die Zahlung eines Unterhaltsrückstandes von S 13.977 auferlegt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht schon nach § 14 Abs2, erster oder zweiter Fall, AußStrG, unzulässig. Das Rekursgericht hat nämlich einerseits über einen 2.000 S übersteigenden Betrag entschieden und anderseits liegt keine Unterhaltsbemessungssache vor, weil die Frage, in welchem Ausmaß der Unterhaltsschuldner die ihm auferlegten Leistungen schon erbracht hat und ob bestimmte Zahlungen als Erfüllung der auferlegten Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen sind, den Grund des Unterhaltsanspruches betrifft (EFSlg.28.421, ÖAmtsVmd 1984, 100 ua.). Der Revisionsrekurs ist aber deswegen unzulässig, weil keiner der vom Rechtsmittelwerber behaupteten bzw. in § 16 AußStrG angeführten Beschwerdegründe vorliegt. Eine Aktenwidrigkeit setzt voraus, daß das Gericht in seiner Entscheidung den Inhalt eines Beweismittels unrichtig wiedergegeben und infolgedessen zur Feststellung eines fehlerhaften Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkte gelangt ist.

Darin, daß das Rekursgericht vorliegendenfalls in Übereinstimmung mit dem Erstgericht die Ansicht vertrat, für die Zeit vom 11.1.1983 bis 31.1.1983 sei nicht der gesamte vom Vater für den Monat Jänner 1983 freiwillig geleistete Unterhaltsbetrag von S 480 anzurechnen, sondern lediglich der aliquote Anteil für den erstgenannten Zeitraum, kann somit keine Aktenwidrigkeit erkannt werden. Beim diesbezüglichen Rekursvorbringen handelt es sich vielmehr um die Behauptung einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Hinsichtlich der vom Rechtsmittelwerber behaupteten Nichtigkeit des rekursgerichtlichen Beschlusses übersieht er, daß das Rekursgericht entgegen dem Erstgericht die Ansicht vertrat, er habe als Vater auch für die Zeiten, während welcher die Minderjährige sich besuchsweise bei ihm befindet, den vollen Unterhaltsbeitrag zu leisten. Das Rekursgericht übernahm somit nicht die erstgerichtlichen Berechnungen über Beiträge zu den Fixkosten, sondern liegt seinem Beschluß die Annahme zugrunde, daß der Vater für die gesamte Zeit voll unterhaltspflichtig sei. Ob dies der Fall ist, bildet eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Die behauptete Nichtigkeit des rekursgerichtlichen Beschlusses wegen eines "unlösbaren Widerspruches" liegt somit nicht vor. Eine solche würde im übrigen im Sinne der nach der Rechtsprechung grundsätzlich analog anzuwendenden Nichtigkeitsgründe der Zivilprozeßordnung, hier somit des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO, einen Widerspruch im Spruche der rekursgerichtlichen Entscheidung oder einen völligen Mangel einer Begründung dieser Entscheidung voraussetzen; die - wie hier erfolgte - Behauptung eines bloßen Widerspruches in den Entscheidungsgründen genügt also nicht.

Den im § 16 AußStrG weiters angeführten Beschwerdegrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit hat der Vater zwar nicht genannt. Nach der ständigen Rechtsprechung (SZ 46/107; 1 Ob 690/81 ua) genügt jedoch die inhaltliche Geltendmachung dieses Beschwerdegrundes, er muß also nicht ausdrücklich so bezeichnet werden. Auch wenn das Vorbringen des Vaters unter diesem Gesichtspunkt betrachtet wird, ist für ihn jedoch nichts gewonnen.

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt im Sinne der Judikatur nur dann vor, wenn ein Fall ausdrücklich und so klar im Gesetz geregelt ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 39/103; JBl1975, 547 und 661 uva). Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß einerseits die freiwilligen Unterhaltsleistungen des Vaters für Jänner 1983 in der Höhe von S 480 auf die vom Unterhaltsbemessungsbeschluß erfaßte Zeit vom 11.1.1983 bis 31.1.1983 nur aliquot, also nur mit S 325, anzurechnen seien und andererseits die Unterhaltspflicht des Vaters auch während der Besuche der Minderjährigen bei ihm andauere, steht mit keiner gesetzlichen Regelung in Widerspruch. Auch eine offenbare Gesetzwidrigkeit der rekursgerichtlichen Entscheidung ist somit nicht gegeben.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher mangels Vorliegens einer der im § 16 AußStrG taxativ aufgezählten Beschwerdegründe als unzulässig zurückzuweisen.

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