OGH 2Ob671/55

OGH2Ob671/557.12.1955

SZ 28/255

Normen

ABGB §181
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §13
ABGB §181
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §13

 

Spruch:

Die nach spanischem Recht in Spanien durchgeführte Adoption eines österreichischen Kindes ist auch in Österreich wirksam; es ist daher der Antrag auf vormundschaftsbehördliche Genehmigung zurückzuweisen.

Entscheidung vom 7. Dezember 1955, 2 Ob 671/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die am 1. Februar 1948 geborene Renate Maria Sch. ist außer der Ehe geboren. Sie und ihre Mutter sind österreichische Staatsbürger. Vormund des Kindes ist das Städtische Bezirksjugendamt für den XX. Bezirk.

Am 25. Oktober 1953 kam das Kind mit einer Caritas-Aktion nach Spanien. Da die spanischen Pflegeeltern die mj. Renate Maria lieb gewonnen hatten, vergewisserten sie sich der Zustimmung der Mutter und adoptierten das Kind in Spanien nach spanischem Recht. Das spanische Gericht überprüfte die Adoptionsvoraussetzungen, stellte das Vorliegen der erforderlichen mütterlichen Einwilligung fest, erkundete auch den Willen des Kindes - dieses erklärte, bei seinen spanischen Pflegeeltern bleiben zu wollen und der Adoption zuzustimmen -, kam nach Abschluß seiner Erhebungen zu dem Ergebnis, daß die Voraussetzungen der Art. 173 ff. des spanischen bürgerlichen Gesetzbuches erfüllt seien, auch das vorgesehenen Rechtsverfahren eingehalten worden sei, und sprach in seinem Beschluß vom 9. Februar 1955 aus, daß das Pflegeelternpaar zu der von ihm angestrebten Adoption berechtigt sei und daher ermächtigt werde sowie die Bewilligung erhalte, die Adoption durchzuführen. Auf Grund dieses Bewilligungsbeschlusses gaben die Pflegeeltern am 23. Februar 1955 vor dem Notar in Barcelona die Adoptionserklärung ab, und der bevollmächtigte Vertreter der Mutter nahm die Adoption mit Dank an.

Das zum Vormund bestellte Bezirksjugendamt war gegen diese Adoption eingestellt. Die Mutter wollte den Widerstand des Bezirksjugendamtes brechen, war zuerst der Meinung, daß in Österreich ein Adoptionsvertrag geschlossen werden müsse, und beantragte deshalb am 24. September 1975 beim Erstgericht, einen besonderen Kurator zum Abschluß des Adoptionsvertrages zu bestellen. Dann aber informierte sie sich eingehender über die Rechtslage, ließ die Adoption in Spanien in der bereits geschilderten Weise durchführen und stellte beim Erstgericht - um allfälligen Schwierigkeiten bei der Berichtigung der Standesregister zu begegnen - den Antrag auf pflegschaftsbehördliche (richtig vormundschaftsbehördliche) Genehmigung der bereits vollzogenen Adoption.

Das Erstgericht ging davon aus, daß die Adoption nach spanischem Recht zustandegekommen und gemäß § 13 der 4. DVzEheG. auch in Österreich wirksam sei, ohne daß es hiezu einer vormundschaftsbehördlichenGenehmigung bedürfe, und wies den Antrag zurück.

Das Bezirksjugendamt erhob Rekurs.

Das Rekursgericht hob den erstinstanzlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht auf, nach Verfahrensergänzung in der Sache zu entscheiden. Es meinte, daß die grundsätzlichen Bestimmungen des ABGB. über das Erfordernis der Einwilligung der Mutter, des Vormundes und des Gerichtes - also der § 181 ABGB. - durch den § 13 der 4. DVzEheG. nicht beseitigt worden seien und daß daher eine österreichische vormundschaftsgerichtliche Einwilligung (Genehmigung) vonnöten sei, um der Adoption in Österreich Wirksamkeit zu verleihen.

Der Oberste Gerichtshof stellte auf den Revisionsrekurs der außerehelichen Mutter den Beschluß der ersten Instanz wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Ansicht des Rekursgerichts, daß der § 13 der 4. DVzEheG. den § 181 ABGB. nicht beseitigt habe, ist gewiß richtig, führt aber noch nicht zu dem Schluß, daß der § 181 ABGB. in jedem Adoptionsfall angewendet werden müßte. Seine Anwendbarkeit setzt vielmehr voraus, daß die Regeln des österreichischen internationalen Privatrechts eine Anwendung des österreichischen Rechts - und damit auch des § 181 ABGB. - verlangen. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn der Annehmende Österreicher ist; denn der hier maßgebliche § 13 der 4. DVzEheG. läßt bei der Adoption ausschließlich die Staatsangehörigkeit des Annehmenden entscheiden, ordnet also für den gegenständlichen Fall die Anwendung spanischen Rechtes an (Abs. 1), und macht bei der Adoption eines österreichischen Kindes durch einen Ausländer den einzigen Vorbehalt, daß die nach österreichischem Recht erforderliche Einwilligung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem Familienverhältnis steht, erfolgt sein müsse (Abs. 2). Wurde diesem Vorbehalt Rechnung getragen, so ist die im Ausland nach ausländischem Recht vollzogene Adoption eines österreichischen Kindes durch einen Ausländer auch in Österreich ohne weiteres wirksam; für eine zusätzliche vormundschaftsbehördliche Genehmigung bleibt kein Raum. Ist dem Vorbehalt nicht entsprochen, so ist die ausländische Adoption des österreichischen Kindes in Österreich unwirksam, könnte aber dann auch gar kein Substrat für eine österreichische vormundschaftsbehördliche Genehmigung abgeben. Aus diesen Erwägungen prinzipieller Natur kann der Oberste Gerichtshof seine vom Rekursgericht zitierte Entscheidung JBl. 1952 S. 542 = SZ. XXV 110, die einerseits das Vorliegen der österreichischen Gerichtsbarkeit für die Bestätigung einer nach ausländischem Recht zustandegekommenen Adoption verneint, anderseits aber die Mitwirkung des österreichischen Gerichtes als Pflegschaftsbehörde nach § 181 ABGB. ins Auge faßt, im zweiten Belang grundsätzlich nicht mehr aufrecht erhalten.

Es ist also nicht auf § 181 ABGB., sondern auf § 13 der 4. DVzEheG. abzustellen. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Adoption nach spanischem Recht durchzuführen war, was auch in beurkundeter Form geschehen ist. Nach § 13 Abs. 2 der 4. DVzEheG. bleibt jetzt nur noch zu untersuchen, ob nicht etwa die von dieser Gesetzesstelle zur Einwilligung berufenen Personen übergegangen worden sind. Davon kann aber keine Rede sein. Zu diesem Personenkreis zählen nämlich nur der eheliche Vater, die Mutter und der allfällige Ehegatte des Wahlkindes, während die im § 13 Abs. 2 der 4. DVzEheG. noch erwähnte Einwilligung des Kindes - die im gegebenen Fall sogar vorliegt - für den österreichischen Rechtsbereich als überflüssig angesehen wird (vgl. Chlanda in ÖJZ. 1949 S. 585 ff.). Eine Zustimmung des Vormundes oder des Vormundschaftsgerichtes sieht der § 13 Abs. 2 der

4. DVzEheG. hingegen nicht vor (Chlanda a. a. O. S. 586). Sie könnte demnach höchstens dort in Frage kommen, wo das maßgebliche ausländische Recht von sich aus eine Zustimmung oder Mitwirkung des Vormundes oder des Vormundschaftsgerichtes verlangt. Das trifft für das spanische Recht nicht zu; denn der Art. 178 des spanischen bürgerlichen Gesetzbuches fordert die Zustimmung eines Vormundes zur Adoption nur dann, wenn das Wahlkind entmundigt ist; bei minderjährigen Wahlkindern verlangt es nur die Zustimmung derjenigen Personen, die auch zur Eheschließung ihre Erlaubnis zu geben hätten, bei unehelichen Kindern daher (gemäß Art. 46 des spanischen bürgerlichen Gesetzbuches) primär die - vorliegendenfalls ohnedies eingeholte und beurkundete - Zustimmung der Mutter (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl. I (S. 1), 26). Die Adoption der mj. Renate Maria Sch. bedurfte somit weder nach österreichischem internationalem Privatrecht noch nach spanischem Recht der Mitwirkung des Vormundes oder des Vormundschaftsgerichts.

Im übrigen hat das Erstgericht richtig erkannt, daß das spanische Recht bei der Adoption nicht das Vertrags-, sondern das Antragsprinzip verfolgt - was sich deutlich aus den Art. 178 f. des spanischen bürgerlichen Gesetzbuches ergibt (vgl. Bergmann a. a. O. 26) -, so daß nicht einmal eine allfällige Mitwirkung des Vormundes und des Vormundschaftsgerichtes beim Abschluß eines Adoptionsvertrages in Betracht gezogen werden kann (vgl. in diesem Zusammenhang Chlanda a. a. O. S. 589).

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