Normen
ABGB §33
ABGB §37
ABGB §163
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §12
ABGB §33
ABGB §37
ABGB §163
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §12
Spruch:
Auch wenn in einem bei einem inländischen Gericht anhängigen Rechtsstreit ausländisches Recht anzuwenden ist, gelten doch die inländischen Verfahrensvorschriften.
Entscheidung vom 24. November 1954, 2 Ob 668/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der minderjährige Finne Anne M. (geb. am 29. Mai 1945), dessen außereheliche Mutter norwegische Staatsangehörige ist, hat den Beklagten auf Feststellung der Vaterschaft und Leistung des Unterhaltes geklagt.
Der Beklagte hat Klagsabweisung beantragt, den Geschlechtsverkehr zugegeben und Mehrverkehr eingewendet.
Vom Gerichte erster Instanz wurde das Klagebegehren mit der Begründung abgewiesen, daß gemäß § 12 der IV.
Durchführungsverordnung zum Ehegesetz die materiellrechtlichen Bestimmungen des norwegischen Rechtes zur Anwendung kommen und daß nach diesen weder die aktive noch die passive Legitimation der Prozeßparteien gegeben sei.
Das Berufungsgericht hat dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und dem Erstgerichte die Ergänzung des Verfahrens und die neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Es führte aus, der Erstrichter sei nicht berechtigt gewesen, die Aktivlegitimation und die Passivlegitimation zu prüfen, da der Beklagte in dieser Richtung keine Einwendungen erhoben habe. Solche Einwendungen wären auch unbegrundet, denn das norwegische Recht kenne die Vaterschaftsfeststellung durch das Gericht. Da der Erstrichter von einer unrichtigen Rechtsansicht aus keinerlei Beweise durchgeführt hat, sei das Urteil aufzuheben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Im Rekurs macht der Beklagte geltend die in § 13 des norwegischen Gesetzes vom 10. April 1915, über Kinder, deren Eltern nicht die Ehe miteinander geschlossen haben, getroffene Regelung, wer klagen und wer geklagt werden kann, gehöre dem materiellen Rechte an und sei daher vom österreichischen Gerichte zu beachten. Daß der Beklagte die aktive und die passive Klagslegitimation bestritten habe, sei seinem Vorbringen zu entnehmen gewesen.
Der Beklagte habe auch einen Anspruch darauf, daß die im norwegischen Rechte vorgesehene Vorgangsweise eingehalten werde, und er dürfe nicht schlechter gestellt werden wie ein norwegischer Staatsangehöriger.
Der Rekurs ist nicht begrundet.
Es war davon auszugehen, daß das österreichische Gericht an die inländischen Verfahrensvorschriften gebunden ist - gleichviel, ob sie für eine Partei günstig oder ungünstig sind - und daß es ausländische Normen nur bei Prüfung materiellrechtlicher Fragen anwenden kann.
Die Aktivlegitimation und die Passivlegitimation sind vom Gerichte auch ohne Einwendungen insoweit zu prüfen, als die Schlüssigkeit des Klagsvorbringens in Frage kommt. Da bei Beurteilung des Klagsanspruches gemäß § 12 der IV. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz norwegisches Recht anzuwenden ist, mußte jedenfalls geprüft werden, ob dem Kläger nach diesem Recht ein Anspruch auf Feststellung der Vaterschaft und Leistung des Unterhaltes zusteht.
Die Bestimmungen darüber, welche der Parteien das Verfahren ins Rollen zu bringen hat, in welcher Form und bei welcher Behörde der Anspruch geltend zu machen ist, gehören dem Verfahrensrechte an und sind daher für das österreichische Gericht nicht verbindlich.
Entscheidend ist, daß das norwegische Recht eine Feststellung der Vaterschaft und eine Verpflichtung des Beischläfers zur Leistung des Unterhaltes vorsieht. Dies genügt für die Berechtigung des Kindes, vor dem österreichischen Gerichte das Begehren auf Feststellung der Vaterschaft und Leistung des Unterhaltes gegen den Beischläfer zu stellen. Es sind daher die aktive und die passive Klagslegitimation gegeben. Aus diesem Gründe war der angefochtene Beschluß zu bestätigen.
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