Spruch:
Unter den Voraussetzungen des § 53a AO. kommen der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis urteilsgleiche Wirkungen zu.
Die Rechtskraftwirkung kann vom Ausgleichsschuldner nicht mit einer Feststellungsklage bekämpft werden. Er muß sich vielmehr mit seinen "Einwendungen" in den Schranken des § 35 EO. halten.
Entscheidung vom 21. Dezember 1955, 2 Ob 652/55.
I. Instanz: Bezirksgericht Salzburg; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.
Text
Am 17. Jänner 1953 wurde über das Vermögen des Josef K., des Alleininhabers der Fa. Josef K., Maschinen- und Apparatebau in S. (im folgenden: Kläger) zu Sa 1/53 des Landes- als Handelsgerichts Salzburg das Ausgleichsverfahren eröffnet. In seinem Ausgleichsantrag hat der Kläger, der auch Lieferungsverpflichtungen zu erfüllen hatte, den betroffenen Gläubigern zur Wahl gestellt, entweder auf Lieferung zu bestehen und dabei eine Hinausschiebung der Lieferfrist hinzunehmen oder ihren Auftrag zu stornieren und die Rückerstattung der Anzahlung zu begehren; sollten sie spätestens bei der Ausgleichstagsatzung von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machen, so würde angenommen, daß sie Stornierung und Rückzahlung begehrten. Die Beklagte hatte beim Kläger eine Blechtafelkurbelschere gekauft (Kaufpreis 198.700 S), beharrte auf Lieferung (ordnungsgemäße Übergabe der am Erfüllungsort bereits eingelangten Schere) und nahm in ihrer ersten Forderungsanmeldung vom 16. Februar 1953 ein Stimmrecht für 198.700 S in Anspruch. Da die Blechschere später geliefert und übernommen, ihre Lieferung freilich aber auch bemängelt wurde, änderte die Beklagte am 30. März 1953 ihre ursprüngliche Forderungsanmeldung dahin ab, daß sie nunmehr für Demontage, neuerliche Montage, Arbeitszeitverlust und Kaufpreisminderung einen Geldbetrag von 30.000 S forderte und für diesen "Kaufpreisminderungs- bzw. Schadenersatzbetrag von 30.000 S" das Stimmrecht beanspruchte. In einer besonderen Eingabe vom 31. März 1953 nahm der Kläger zu verschiedenen Forderungen, darunter auch zu der geänderten Anmeldung der Beklagten, Stellung und anerkannte die auf 30.000 S "eingeschränkte" Forderung "auf Grund gegebener Garantieerklärung". Dieser geänderten Sachlage entsprach auch die die Forderung der Beklagten betreffende Eintragung im Anmeldungsverzeichnis unter Post 155: "Anmeldung des Begehrens auf Vertragserfüllung ... begehrt Stimmrecht für 198.700 S ... eingeschränkt auf 30.000 S. Anerkannt." In der (erstreckten) Ausgleichstagsatzung am 9. April 1953 wurde der Ausgleich angenommen, mit Beschluß vom 29. Juni 1953 wurde er rechtskräftig bestätigt. Da der Kläger in der Folge seinen Ausgleichszahlungsverpflichtungen nicht nachkam, führten mehrere Gläubiger, unter ihnen auch die Beklagte, gegen ihn Exekution. Am 6. September 1954 wurde der Beklagten zu 3 a E 5110/54 des Bezirksgerichtes Salzburg auf Grund eines vollstreckbaren Auszuges aus dem Anmeldungsverzeichnis die Fahrnisexekution zur Hereinbringung bereits fällig gewordener Ausgleichsraten in der Höhe von 10.000 S bewilligt.
Gegen diese Exekution erhob der Kläger am 2. November 1954 mit der gegenständlichen Klage "Einwendungen". Er begehrte die Fällung des Urteils, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Anmeldungsverzeichnis auf einen Geldbetrag von 30.000 S, bezüglich dessen wegen 10.000 S die oben bezeichnete Exekution geführt werde, rechtsunwirksam und erloschen sei; die Exekution sei nach rechtskräftiger Entscheidung über die "Einwendungen" einzustellen, bis dahin aber aufzuschieben. Das Substrat der Klage besteht im wesentlichen in der Behauptung, die Streitteile hätten im Jänner und Februar 1953 den in Frage stehenden Lieferungsanspruch und die ihm entsprechende Lieferungsverpflichtung bereinigt; die Beklagte habe erst in der Ausgleichstagsatzung am 9. April 1953 ihre Forderungsanmeldung geändert, eine Anerkennung des geänderten Rechtstitels sei nicht erfolgt.
Beide Untergerichte haben das Klagebegehren abgewiesen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Als Verfahrensmangel rügt der Revisionswerber den Umstand, daß die Untergerichte seine Klage als Oppositionsklage und nicht als Feststellungsklage gewertet haben. Auf diese Weise sucht er der dem § 35 EO. entsprechenden Beschränkung der Klagsgrunde auszuweichen. Sein Versuch ist - abgesehen davon, daß die Subsumtion unter den § 503 Z. 2 ZPO. völlig verfehlt ist -, aus mehrfachen Gründen zum Scheitern verurteilt. Die Behauptung, nicht nach § 35 EO., sondern nach § 228 ZPO. geklagt zu haben, wird erstmalig in der Revisionsinstanz aufgestellt und ist angesichts des eindeutigen Inhalts der Klage unhaltbar. Der Kläger hat "Einwendungen gegen den Exekutionsanspruch" erhoben und ein durchaus übliches Oppositions-Klagebegehren gestellt, hingegen mit keinem Wort auch nur erwähnt, daß er ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinn des § 228 ZPO. habe. Die Argumentation der Revision, die Klage sei deshalb keine Oppositions-, sondern eine Feststellungsklage, da sie sich "inhaltlich auf die zwischen Forderungsanmeldung und Ausgleichstagsatzung vom 9. April 1953 erfolgte Erfüllung des angemeldeten Anspruches grunde", also auf Ereignisse vor der Ausgleichstagsatzung zurückgreife, stellt die Dinge auf den Kopf. Offenbar hat der Revisionswerber schließlich einsehen müssen, daß sein Klagsvorbringen keinerlei Durchschlagskraft in der Richtung des § 35 EO. haben kann; daraus aber rückschließen zu wollen, daß er dann eben nicht nach § 35 EO. geklagt habe, ist abwegig. Der Revisionswerber übersieht jedoch auch, daß der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis - wenn die vom § 53a AO. geforderten Voraussetzungen, wie im gegenständlichen Fall, erfüllt sind - urteilsgleiche Wirkungen zukommen, daß also die Eintragung nicht etwa nur Vollstreckbarkeit, sondern auch Rechtskraft und Tatbestandswirkung äußert (Bartsch - Pollak, Kommentar zur Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 3. Aufl. II S. 446; Petschek, die Feststellung von Forderungen gegenüber dem Schuldner im Konkurs und im Ausgleichsverfahren, ZBl. 1925, S. 244; für das deutsche Recht vgl. Bley, Vergleichsordnung, 2. Aufl. S. 781, Anm. 4 zu § 85). Der Kläger steht daher einem dem § 53a AO. genügenden Prüfungsergebnis wie einem rechtskräftigen Urteil gegenüber und ist gar nicht in der Lage, die Rechtskraftwirkung mit einer Feststellungsklage zu bekämpfen. Er muß sich vielmehr mit seinen "Einwendungen" in den Schranken des § 35 EO. halten, kann also mit Erfolg grundsätzlich nur solche Tatumstände ins Treffen führen, die nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind, oder - falls es sich um eine Gerichtsentscheidung handelt - Tatsachen, von denen er im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren nicht wirksam Gebrauch machen konnte. Die maßgebliche Zäsur steht im Fall des § 53a AO. nicht eindeutig fest. Man könnte sie vielleicht auf den Beginn der Abstimmung oder bei einer Vertagung der Ausgleichstagsatzung, wie im gegenständlichen Fall, auf den Beginn der neuen Abstimmung verlegen (so für das deutsche Recht Bley a. a. O. S. 780 Anm. 3). Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung SZ. X 270 im Interesse des Schuldners auf den Zeitpunkt der Abgabe der dem Schuldner nach § 31a Abs. 2 AO. obliegenden Erklärung abgestellt, weil der Schuldner nur bis zu diesem Zeitpunkt von allfälligen anspruchshindernden Tatsachen Gebrauch machen konnte (vgl. auch Petschek a. a. O. S. 244). Danach kann der Kläger jetzt nur mehr Tatsachen vorbringen, die sich nach dem 31. März 1955 ereignet haben oder die ihm bis dahin unbekannt waren, denn an diesem Tag hat er dem Ausgleichsgericht gegenüber die Erklärung abgegeben, daß er die "eingeschränkte" Forderung der Beklagten "auf Grund gegebener Garantierklärung" anerkenne. Im gegenständlichen Verfahren bringt er jedoch lediglich Tatsachen vor, die sich im Jänner und Februar 1953 ereignet haben und ihm auch schon damals bekannt waren. Mit diesem Vorbringen vermag er den bekämpften Exekutionstitel nicht zu entkräften.
Auch die formalrechtlichen Einwendungen des Klägers sind nicht stichhältig. Seine Ausführungen über die Erfordernisse einer korrekten Forderungsanmeldung im Ausgleichsverfahren gehen ins Leere, weil die Beklagte diesen Erfordernissen ohnehin genügt hat, denn sie hat unter Bekanntgabe eines neuen Rechtsgrundes ihre ursprüngliche Forderungsanmeldung geändert. Dabei hat sie den geänderten Tatbestand angeführt und auch den neuen Rechtsgrund bezeichnet. Zu einer solchen Abänderung ihrer Forderungsanmeldung war sie grundsätzlich berechtigt (vgl. Bartsch - Pollak a. a. O. S. 367). Der Kläger hat die geänderte ("eingeschränkte") Forderung überdies schriftlich anerkannt. Er war nicht gehalten, sein Anerkenntnis zu begrunden (Bartsch - Pollak a. a. O. S. 333). Tat er dies dennoch durch den Beisatz "auf Grund gegebener Garantieerklärung" - ein Beisatz, der im Anmeldungsverzeichnis gar nicht aufscheint -, so war dies durchaus überflüssig. Aus diesem Beisatz aber jetzt schließen zu wollen, daß der Kläger nicht einen fixen Forderungsbetrag, sondern nur einen Forderungshöchstbetrag anerkannt habe, geht nicht an. Die in diesem Zusammenhang in der Revision vorgetragenen Behauptungen - die Beklagte habe es unterlassen, ihre Anmeldung zu ändern oder zu berichtigen, und mache jetzt, entgegen ihrer Forderungsanmeldung, eine Forderung aus dem Titel der Gewährleistung oder des Schadenersatzes geltend, der Ausgleichsverwalter aber habe in das Anmeldungsverzeichnis die Erklärung des Schuldners aufgenommen, daß er nur aus dem Titel der Garantie einen Anspruch bis zum Betrag von 30.000 S anerkenne - sind einfach aktenwidrig.
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