European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00064.14X.0429.000
Spruch:
Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 20. Jänner 2014, GZ 4 Ob 214/13v, eine Wortfolge in § 193 Abs 2 ABGB idF KindNamRÄG 2013, hilfsweise § 193 Abs 2 ABGB idF KindNamRÄG 2013 zur Gänze, als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.
Begründung:
Die Erstantragstellerin und A***** S***** sind die Eltern des am ***** 1983 geborenen Drittantragstellers. Die Erstantragstellerin ist seit ***** 1997 mit dem am ***** 1973 geborenen Zweitantragsteller verheiratet. Am 18. 11. 2013 schlossen der Zweitantragsteller und der Drittantragsteller einen Adoptionsvertrag.
Mit dem am 23. 12. 2013 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrten die Antragsteller die Bewilligung der Adoption.
Das Erstgericht wies den Antrag ohne Durchführung eines weiteren Verfahrens ab. Da der Altersunterschied zwischen dem Wahlvater und dem Wahlkind nur rund zehn Jahre betrage, werde der in § 193 Abs 2 ABGB idF KindNamRÄG 2013 normierte Mindestaltersunterschied von 16 Jahren deutlich unterschritten.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und das gesetzlich vorgesehene Verfahren durchzuführen.
Rechtliche Beurteilung
Das Verfahren über den Revisionsrekurs ist von Amts wegen zu unterbrechen.
§ 193 Abs 2 ABGB idF KindNamRÄG 2013 lautet:
„Wahlvater und Wahlmutter müssen mindestens sechzehn Jahre älter als das Wahlkind sein.“
Der 4. Senat des Obersten Gerichtshofs stellte am 20. 1. 2014 zu 4 Ob 214/13v den Antrag an den Verfassungsgerichtshof, in § 193 Abs 2 ABGB idF KindNamRÄG 2013 die Wortfolge „mindestens sechzehn Jahre“, hilfsweise § 193 Abs 2 ABGB idF KindNamRÄG 2013 zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.
Der Bestand der angefochtenen Wortfolge in § 193 Abs 2 ABGB ist auch im vorliegenden Fall präjudiziell. In § 193 ABGB wird nicht ‑ wie in anderen adoptionsrechtlichen Bestimmungen (vgl etwa § 194 ABGB) ‑ zwischen eigenberechtigten und nicht eigenberechtigten Wahlkindern unterschieden. Der darin festgelegte Mindestaltersunterschied gilt daher auch bei der Erwachsenenadoption (vgl nur 2 Ob 279/08f zu § 180 Abs 2 ABGB aF).
Gemäß § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG kann das Verfahren ganz oder zum Teil von Amts wegen oder auf Antrag unterbrochen werden, wenn eine Vorfrage über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses den Gegenstand eines anderen anhängigen oder eines von Amts wegen einzuleitenden Verfahrens vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde bildet, die Lösung der Vorfrage im anhängigen Verfahren nicht ohne einen erheblichen Verfahrensaufwand möglich und mit der Unterbrechung keine unzumutbare Verzögerung verbunden ist.
Eine derartige Unterbrechungsmöglichkeit ist bei einem vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Verfahren nicht vorgesehen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass diese planwidrige Gesetzeslücke durch analoge Anwendung des § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG zu schließen ist (2 Ob 240/08w; RIS‑Justiz RS0116157 [T2]). Es ist nicht auszuschließen, dass der Verfassungsgerichtshof im Fall der Aufhebung der angefochtenen Wortfolge die Wirkung der Aufhebung über den Anlassfall hinaus erstreckt (Art 140 Abs 7 B‑VG).
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