OGH 2Ob625/90

OGH2Ob625/9010.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner, Dr. Schwarz und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Dietrich Roessler, Dr. Hans Pritz, Dr. Birgit Roessler-Thaler, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei ***** P***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Dietmar Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 746.036,80 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. Juli 1990, GZ 1 R 66/90-45, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30. Dezember 1989, GZ 13 Cg 443/87-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben; zugleich wird auch das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte zunächst die Zahlung von S 676.200,- samt Zinsen für die "Lieferung" eines Protokollkonverters (System 491), Protokoll einschließlich Anschlußkosten und Software, sowie von 16 ADS Handterminals und 16 Interface sowie Softwareanpassung und Inventurprogramm. Vereinbarungsgemäß sei der Probebetrieb vom 18. 6. 1986 als Feststellung der ordnungsgemäßen Lieferung anzusehen. Die von der Beklagten beabsichtigte Datenübermittlung von den einzelnen Filialen zur Zentrale nach Hallein habe einwandfrei funktioniert. Sollte es tatsächlich zu irgendwelchen Problemen bei der Datenübertragung gekommen sein, so liege dies nicht an den Geräten der Klägerin. Es sei auch keine ordnungsgemäße und fristgerechte Mängelrüge erfolgt. Die Beklagte habe wider Treu und Glauben gehandelt, weil sie bis zum Schreiben vom 15. 12. 1987 in keiner Weise auf die Fehlerhaftigkeit des Systems hingewiesen habe; Mängel der Akkumulatoren habe die Beklagte überhaupt erst während des Rechtsstreites geltend gemacht. Die angebliche Fehlerhaftigkeit der Akkumulatoren sei auf die unsachgemäße Behandlung durch die Beklagte zurückzuführen. Der von der Beklagten geltend gemachte Mangel sei derart gering, daß er ohne besondere Schwierigkeiten behoben werden könne.

In der Verhandlung vom 1. 3. 1988 dehnte die klagende Partei das Klagebegehren um S 69.836,80 aus und machte geltend, es handle sich "um verschiedene Rechnungen laut vorzulegenden Kontoauszug"; der Saldo sei auch anerkannt worden.

Die Beklagte bestritt und wendete ein, mit der Klägerin keinen bloßen Kaufvertrag abgeschlossen zu haben; die Klägerin habe es vielmehr übernommen, eine einwandfreie, gesicherte und funktionsfähige Datenübertragung von den einzelnen Filialen der Beklagten zur Zentrale nach Hallein zu bewerkstelligen. Es sollten die Daten der einzelnen Kassen bei den Filialen der Beklagten abgerufen und über Modems an die Zentrale in Hallein weitergeleitet werden. Auf diese Weise sollten auch die notwendigen Bestellungen der Filialen und die Inventur miterfaßt werden. Die Klägerin sollte auch die Kassen in den Filialen zum Zwecke des Abrufes der Kassendaten durch die Handterminals durch Einbau der von der klagenden Partei zur Verfügung gestellten Interface umrüsten. Bei Auftragserteilung habe sich die Beklagte das Recht des Rücktritts vorbehalten, sollte der Test in der Filiale Salzburg-Linzergasse nicht erfolgreich verlaufen. Da es der Klägerin lange Zeit hindurch nicht gelungen sei, eine einwandfreie, gesicherte Datenübertragung zur Zentrale der Beklagten herbeizuführen, sei mit Schreiben vom 23. 5. 1986 eine Nachfrist bis längstens 1. 7. 1986 gesetzt worden. Am 18. 6. 1986 sei es erstmals gelungen, eine Datenübertragung von der Filiale Linzergasse zur Zentrale in Hallein durchzuführen, dies allerdings nur mit Testdaten. Auf Grund dieser Ergebnisse seien die Kassen von 16 Filialen im Sinne des seinerzeitigen Auftrages umgerüstet worden. Die Umrüstung habe in der zweiten Hälfte 1986/Anfang 1987 stattgefunden. Vom vereinbarten Software-Programm sei allerdings nur das Kassendaten-, nicht jedoch das Bestell- und Inventurdatenpaket geliefert worden. Trotz zahlreicher Behebungsversuche sei der Klägerin eine gesicherte Datenerfassung und -übertragung nicht gelungen. Mit Schreiben vom 19. 11. 1987 sei die Klägerin letztmalig unter Fristsetzung bis 15. 12. 1987 aufgefordert worden, bei allen 16 Filialen die einwandfreie und gesicherte Datenerfassung und -übertragung herbeizuführen und die noch ausstehenden Software-Programme vollständig zu liefern. Für den Fall der Ergebnislosigkeit der Fristsetzung sei der Rücktritt vom Vertrag erklärt worden. Die Klägerin habe diese Nachfrist ungenützt verstreichen lassen. Da die vereinbarten Leistungen durch die Klägerin nicht erbracht worden seien, sei der Klagsanspruch auch nicht fällig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab, es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Auf Grund der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung sollte die Klägerin Handterminals plus Interface für ADS Datencassetten samt dazugehöriger Spezialsoftware liefern. Damit sollten die Daten der einzelnen Kassen bei den Filialen der Beklagten abgerufen und über Modems an die Zentrale in Hallein, wo die Buchhaltung für die Filialen geführt wird, weitergeleitet werden. Von der Klägerin sollte eine einwandfreie, gesicherte und funktionsfähige Datenübertragung von den Filialen an die Zentrale gewährleistet werden. Auf Grund dieser Vereinbarungen erstellte die Klägerin am 28. 5. 1984 ein Anbot über Handterminals inklusive Spezialsoftware und Interface. Unter Bezugnahme auf dieses Anbot bestellte die Beklagte zunächst 15 (später 16) ADS Handterminals plus Interface für ADS Kassen. Das Auftragsschreiben weist unter anderem folgenden Inhalt auf:

"Wir erteilen Ihnen diesen Auftrag vorbehaltlich eines erfolgreichen Tests mit der Filiale Salzburg-Linzergasse. Sollte dieser Test nicht unseren Anforderungen entsprechen, haben wir das Recht, von diesem Auftrag zurückzutreten."

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin in Österreich noch kein gleichartiges System installiert. In der Folge führte die Klägerin mehrere erfolglose Testversuche durch. Mit Schreiben vom 23. 5. 1986 wies der Vertreter der Beklagten daraufhin, daß kein einziges Mal eine vollständige und ausreichende Übertragung der Daten von der Filiale Salzburg-Linzergasse zur Zentrale nach Hallein gelungen sei. Für die Herbeiführung eines funktionsgerechten Einsatzes wurde der Klägerin eine Nachfrist bis 1. 7. 1986 gesetzt. Anläßlich eines Tests hatte die Klägerin die Meinung vertreten, das Nichtfunktionieren liege an den Modems. Daraufhin tauschte die Beklagte die Modems aus und ließ in der Folge von der Post die entsprechenden Einrichtungen installieren. Die Handterminals plus Interface wurden von der Klägerin, die in einem Schreiben vom 18. 6. 1986 auf erfolgreiche Tests verwies, Ende 1986/Anfang 1987 angebracht. Die Fakturierung erfolgte im Oktober und November 1986. Nach Aufnahme des Betriebs durch die Beklagte stellte sich heraus, daß eine Verwertung der Daten aus 4 Filialen nicht möglich war. In vielen Fällen wurden einzelne Daten ausgelassen und nicht übertragen. Zum Teil bewirkte die Verwendung der Handterminals eine "Sperre" der Kasse. Den Angestellten der Beklagten gelang es kein einziges Mal, ein richtiges Ergebnis der von allen Filialen übertragenen Zahlen zu erhalten. Die Beklagte wußte daher nicht, ob die übertragenen Daten vollständig sind, es konnte auch nicht geklärt werden, ob es sich um Zwischen- oder Endsummen handelte und auch nicht, welchen Filialen die Daten zuzuordnen waren. Eine einheitliche, vollständige und gesicherte Datenerfassung und -übertragung war nicht gegeben. Im Schreiben vom 19. 11. 1987 verwies der Beklagtenvertreter neuerlich auf das Nichtfunktionieren der Datenübertragung und setzte der Klägerin eine letzte Frist bis 15. 12. 1987 für eine einwandfreie Herstellung der Datenerfassung und -übermittlung im vereinbarten Umfang und die Lieferung eines Softwareprogramms (Inventur- und Bestelländerungsprogramm). Für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Nachfrist wurde Wandlung des gesamten Vertrages angedroht. Behebungsversuche der Klägerin blieben erfolglos, die gesetzte Nachfrist blieb ungenützt. Daraufhin wurden die von der Klägerin gelieferten Geräte demontiert und zur Verfügung gestellt.

Anläßlich der im Beweissicherungsverfahren durchgeführten Tests zeigte sich, daß die Übertragung der Kassendaten ab Handterminal bis zur EDV-Anlage einwandfrei funktionierte. Hingegen funktionierte die Übertragung der Steuerungsinformation nur eingeschränkt. Mit der Übertragung der Kassendaten über das Kassen-DÜ-Interface in das Handterminal wurden die Steuerungsinformationen falsch bzw. verdreht aufgebaut. Somit wurde (vom Sachverständigen) festgestellt, daß im Bereich Kassen-DÜ-Interface eine Programmschwäche (Hardware (?), Software (?) vorliegt, die eine ordnungsgemäße und zuverlässige Nachverarbeitung der Daten in der zentralen EDV nur eingeschränkt zuläßt. Auf Grund der Unregelmäßigkeit der Steuerungsinformationen bzw. der Übertragungsausfälle wären programmtechnische und organisatorische Maßnahmen zu setzen, die den durch die maschinelle Datenübertragung erwünschten Rationalisierungseffekt zum Teil aufheben würden. Die zur Datenübertragung notwendigen Geräte sind funktionstüchtig, lediglich die Batterien müßten mit "übermäßiger" Sorgfalt behandelt werden. Bei den ursprünglich gelieferten Batterien handelt es sich um eine nicht gängige "exotische Batterieform", die aber substituierbar wäre. Auf Grund der festgestellten Fehler läßt sich die Fehlerquelle in den Bereich Interface oder an der Schnittstelle Interface-Hardware-Software zuordnen.

Die ursprünglich gelieferten Akkumulatoren wurden durch eine totale Restentladung unbrauchbar. Bei regelmäßiger Aufeinanderfolge von korrekten Auf- und Entladungen kann die Erhaltung eines befriedigenden Ladezustandes sichergestellt werden. Das einmalige Vergessen eines Ladezyklus nach einer Entladung kann aber zu einer Zerstörung des Akkumulators führen, wenn nicht ordnungsgemäß mit ausgeschaltetem Handterminal eine Aufladung über einen Zeitraum von mindestens 8 Stunden erfolgt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, Gegenstand des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages sei die einwandfreie, gesicherte und funktionsfähige Datenübertragung von den einzelnen Filialen zur Zentrale nach Hallein. Die von der Klägerin gelieferte Anlage sei aber mangelhaft, die Mängel seien mehrfach und rechtzeitig gerügt worden. Mängelbehebungsversuche seien erfolglos geblieben, sodaß die Beklagte den Mangel als unbehebbar behandeln und Wandlung begehren konnte.

Das Berufungsgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung, erklärte die Revision für zulässig und führte zur Rechtsfrage aus, der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag sei als Werk- und nicht als Kaufvertrag zu beurteilen. Die Rügepflicht des § 377 HGB gelte lediglich für Werklieferungsverträge, nicht aber für (reine) Werkverträge. Im vorliegenden Fall liege ein Werkvertrag vor, die Beklagte treffe daher keine Rügepflicht.

Zur Abgrenzung zwischen Gewährleistungsansprüchen und Erfüllungsansprüchen führte das Berufungsgericht aus, daß die Annahme als Erfüllung die Zäsur zwischen diesen beiden Ansprüchen darstelle. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergäbe sich, daß diese Zäsur in der Richtung ausschließlicher Anwendung der Gewährleistungsregeln als vollzogen anzusehen sei. Das von der Klägerin gelieferte Werk sei aber mit erheblichen Mängeln behaftet. Bei wesentlichen, behebbaren Mängeln könne der Besteller wandeln, selbst wenn der Unternehmer bereit sei, den Mangel zu beheben. Als wesentlich seien solche Mängel anzusehen, die den ordentlichen Gebrauch der Sache hindern und nur mit erheblichem Aufwand an Zeit, Arbeit und Kosten beseitigt werden können. Bei unwesentlichen Mängeln könne der Besteller nach Fristsetzung Verbesserung verlangen und sodann vom Vertrag zurücktreten. Zufolge der mit Schreiben vom 19. 11. 1987 gesetzten und ungenützt verstrichenen Frist sei die Klägerin jedenfalls berechtigt gewesen, vom Vertrag abzugehen. Die Geltendmachung des Wandlungsanspruches durch Einrede bleibe dem Besteller vorbehalten, wenn er innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 933 ABGB dem Unternehmer den Mangel angezeigt habe. Führe der Unternehmer Verbesserungsarbeiten durch oder sage er eine Mängelbehebung zu, so beginne eine neue Gewährleistungsfrist mit der Vollendung der Verbesserung oder mit der gegebenen Zusage. In wiederholten Verbesserungsversuchen sei ein Anerkenntnis des Mangels und der Gewährleistungspflicht zu erblicken. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte bereits mit Schreiben vom 23. 5. 1986 nach mehrmaligen Testversuchen das Nichtfunktionieren der Übermittlung der Daten gerügt. Der Klägerin sei es aber nicht gelungen, die Mängel zu beheben. Da die Anzeige der Mangelhaftigkeit die einredeweise Geltendmachung der Gewährleistung perpetuiere, sei jedenfalls im Hinblick auf die nachfolgenden Werkleistungen und erfolglosen Verbesserungsversuche der Klägerin eine Verfristung der von der Beklagten geltend gemachten Gewährleistungsansprüche nicht gegeben. Den Gründen der Entscheidung des Erstgerichtes sei in ihrer Gesamtheit zu entnehmen, daß Ende Juli/Anfang August 1987 weitere Mängelbehebungsversuche erfolgten. Dem Einwand der fehlenden Sustantiierung der Mängelrüge sei entgegenzuhalten, daß der genaue Mangel für die Beklagte nicht erkennbar war, ihre Rüge habe sich nur darauf beschränken können, der Klägerin mitzuteilen, daß die bestellte Datenerfassung und -übertragung von den Filialen an die Zentrale nicht funktioniere.

Hinsichtlich des Begehrens auf Zahlung von S 69.836,80 (lt. Klagsausdehnung) führte das Berufungsgericht aus, daß insoweit die Klägerin ein anspruchsbegründendes Tatsachenvorbringen überhaupt nicht erstattet habe, ein konstitutives Anerkenntnis sei nicht erweislich gewesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat Berufungsbeantwortung erstattet und beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Berufung ist im Sinne ihres Aufhebungsantrags berechtigt.

Im Rahmen der Rechtsrüge macht die Klägerin geltend, daß die beklagte Partei gemäß § 381 Abs.2 HGB zur rechtzeitigen Rüge verpflichtet gewesen sei. Nur dann, wenn eine bewegliche Sache aus eigenem Stoff des Bestellers hergestellt werde, handle es sich um einen Werkvertrag, auf den die §§ 373 ff HGB nicht anwendbar seien. Überdies sei aus dem "Wunsch" der Beklagten eine "bestimmte" Datenübertragung zu erreichen, noch nicht abzuleiten, daß es sich um eine "individuell" zu erbringende Leistung handle. Allfällige individuelle Tätigkeiten für die Beklagte seien vom Vertragsgegenstand her vollkommen in den Hintergrund getreten. Es sei nicht darum gegangen, eine individuell bestimmte Datenübertragung zu schaffen, sondern darum, die Datenübertragung mit Standardgeräten und Standardsoftware durchzuführen. Bei einer Koppelung von Hardware und Software sei eine einheitliche Kaufsache anzunehmen, wenn nach der Verkehrsanschauung ein Hersteller Hard- und Software zur Bewältigung bestimmter typischer Aufgaben aufeinander abgestimmt anbiete. Die Geräte samt Software seien von Anfang an tauglich gewesen, der mangelnde Erfolg der Datenübertragung sei auf ein fehlerhaftes Modem, das von der Beklagten stammte, zurückzuführen gewesen.

Weiters rügt die klagende Partei es sei der Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht zu entnehmen, wann die tatsächliche Erfüllung erfolgt sei. Offensichtlich gehe das Berufungsgericht davon aus, daß die Erfüllung im Mai, Juni 1986 erfolgt sei, zu diesem Zeitpunkt sei aber die eigentliche Lieferung noch gar nicht geschehen. Dem Testversuch sollte keine andere Wirkung zukommen, als etwa einer gelungenen Probefahrt mit einem serienmäßigen Kraftfahrzeug vor dessen Lieferung. Der Beklagten sei es offensichtlich darauf angekommen, die grundsätzliche Eignung des vorgesehenen Gesamtsystems zunächst im Rahmen eines Versuches zu prüfen. Daraus folge, daß die vom Berufungsgericht hervorgehobene "Anerkennungs-" bzw. "Perpetuierungswirkung" nicht vorliege. Auch das Schreiben vom 23. 5. 1986 sei eine bloße Urgenz des Testversuches. Die einzige ausführlichere Mängelrüge sei im Schreiben vom 19. 11. 1987 erfolgt, im übrigen seien die Mängelrügen nicht ausreichend substantiiert gewesen.

Zur "Mängelrüge" bzw. zum "Mängelbehebungsversuch" Ende Juli/Anfang August 1987 wies die Klägerin darauf hin, daß diese Reparatur über ein Jahr nach dem Test vom 18. 6. 1986 erfolgt sei. Die vom Berufungsgericht hiezu vertretene Rechtsaufassung würde dazu führen, daß jede nach Ablauf der Gewährleistungsfrist durchgeführte Serviceleistung oder Reparatur, die ohnedies wieder eigene Gewährleistungspflichten auslöse, auch als Anerkenntnis von Gewährleistungspflichten das Gesamtwerk betreffend anzusehen sei. Diese Rechtsansicht sei aber unzutreffend. Es sei lediglich ein fehlerhaftes Interface, das etliche Monate nach Lieferung schadhaft geworden sei, ausgetauscht worden. Es könne nicht von einem bereits bei der Lieferung vorliegenden Mangel ausgegangen werden.

Schließlich verstoße das Verhalten der Beklagten gegen Treu und Glauben und sei aus diesem Grunde das Wandlungsbegehren nicht berechtigt. Der Beklagten hätte klar sein müssen, daß eine späte Wandlung die Klägerin wegen der Entwertung der Ware besonders hart treffen müßte. Es handle sich um Waren der Elektronik und der dazugehörigen Software, bei denen eine besonders rasche Entwertung anzunehmen sei.

Hiezu ist folgendes zu bedenken:

Rechtliche Beurteilung

Vor Eingehen in die Frage, welche Rechtsnatur der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag hat, ist zu prüfen, ob Teilbarkeit der von der klagenden Partei zu erbringenden Leistung gegeben ist. Die Teilbarkeit der Leistung beurteilt sich primär nach dem Willen der Vertragsparteien, erst subsidiär entscheidet die Verkehrsauffassung. Maßgebend ist der ausdrücklich oder stillschweigend erklärte Wille der Parteien. Haben sie den Konfliktfall nicht bedacht, ist unter Berücksichtigung der übrigen Geschäftsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten. Es ist zu prüfen, ob der Vertrag auch dann geschlossen worden wäre, wenn die Parteien das Ausbleiben eines Leistungsteiles bedacht hätten. Hiebei genügt es, daß die Leistung für einen Vertragspartner unteilbar ist und dies dem anderen erkennbar ist (Fischer-Czermak/Weilinger, Gewährleistung für geleaste EDV-Anlagen (Hard- und Software),

EDV & Recht 3/1989, 84 ff (85)). Eine von den Parteien gewollte Unteilbarkeit ist dann anzunehmen, wenn Hardware und Individualanwendersoftware, die vom Anbieter der Hardware speziell für die Bedürfnisse des Erwerbers adaptiert oder gar erst entwickelt wird, Gegenstand der Leistung sind. Der Käufer will bei einer solchen Leistung, die hinsichtlich der Software typisch werkvertragliche Elemente aufweist, die Hardware für den Verkäufer erkennbar nur dann, wenn die gerade für ihn "maßgeschneiderte" und auf die Hardware abgestimmte Software funktioniert (Gruber, Wandlung bei Verträgen über Hard- und Software, RdW 1989, 354 ff (356); Fischer-Czermak/Weilinger, aaO, 85). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sollte nun im vorliegenden Fall die Klägerin Handterminals plus Interface für ADS-Datenkassen samt dazugehöriger Spezialsoftware liefern; die Anlage sollte eine einwandfreie, gesicherte und funktionsfähige Datenübertragung von den Filialen an die Zentrale gewährleisten. Der beklagten Partei wurde auch das Recht eingeräumt, vom Vertrag zurückzutreten, falls die Tests hinsichtlich der Filiale Salzburg-Linzergasse nicht erfolgreich sein sollten. All diese Umstände lassen erkennen, daß jedenfalls für die beklagte Partei die von der Klägerin zu erbringende Leistung unteilbar sein sollte und dies der Klägerin auch erkennbar war (vgl. auch Iro, Leistungsstörungen bei gemeinsamer Anschaffung von Hardware und Software, RdW 1984, 266 ff; SZ 50/85 = EvBl. 1978/9 = JBl. 1978, 374).

Zur Frage der Abgrenzung Werkvertrag - Kaufvertrag ist der Klägerin wohl zuzubilligen, daß die Rechtsprechung in der BRD dazu noch unübersichtlich ist (siehe Heussen in Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, Kapitel 22 Rz 23). Nach herrschender Lehre (Krejci in Rummel2 Rz 127 zu § 1165, 1166; Bydlinski in Klang IV/22, 189 f, Koziol-Welser I8, 371) und Rechtsprechung in Österreich (SZ 38/69; SZ 41/133; HS 8346 uva.) ist für das Vorliegen eines Werkvertrages wesentlich, die bei der Werkerstellung erforderliche Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse, individuellen Umstände und Wünsche des Bestellers. Im vorliegenden Fall sollte durch die klagende Partei auch Spezialsoftware geliefert werden, sodaß erhebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Werkvertrags gegeben sind. Diese Frage braucht aber nicht endgültig geklärt werden, da gemäß § 381 Abs.2 HGB die für den Kauf von Waren getroffenen Vorschriften des Handelsgesetzbuches auch Anwendung finden, wenn aus einem von dem Unternehmer zu beschaffenden Stoffe eine nicht vertretbare bewegliche Sache herzustellen ist. Daraus ergibt sich, daß Verträge, die nach bürgerlich-rechtlicher Qualifizierung als Werkverträge anzusehen sind, gemäß § 381 Abs.2 HGB den Sonderregeln über den Handelskauf unterstehen. Ist allerdings eine bewegliche Sache aus eigenem Stoff des Bestellers herzustellen, so geht es um einen normalen Werkvertrag, auf den die §§ 373 ff HGB grundsätzlich nicht anwendbar sind (Kramer in Straube, HGB, Rz 4 und 6 zu § 382). Im vorliegenden Fall verpflichtete sich die klagende Partei zur Herstellung einer nicht vertretbaren Sache aus einem von ihr selbst zu beschaffenden Stoffe und zur Übertragung des Werkes an die Beklagte, sodaß entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes entweder ein Kauf- oder ein Werklieferungsvertrag vorliegt (vgl. HS 12.259). Jedenfalls aber war die Beklagte gemäß § 377 Abs.1 HGB zur unverzüglichen Untersuchung und Rüge allfälliger Mängel verpflichtet.

Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß nach herrschender Meinung ein Gläubiger Nichterfüllungsansprüche bis zur Annahme des Leistungsgegenstandes als Erfüllung geltend machen kann; danach, selbst wenn eine mangelhafte Sache in Unkenntnis des Mangels vorbehaltslos als Erfüllung angenommene wurde, kommen nur mehr Gewährleistungsansprüche in Betracht (Bydlinski in Klang IV/22, 153 ff, Koziol-Welser I8, 254; SZ 53/63; JBl. 1985, 743 ua.). Wo eine Ablieferung (formelle Übergabe) nicht erfolgt, muß, wenn der Unternehmer ohne besondere Übergabe die Wirkungsstätte verläßt, eine unverzügliche Beanstandung für die Wahrung der Rechte aus §§ 918 bzw. 920 genügen (Reischauer in Rummel2, Vor §§ 918 bis 933 Rz 8). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes läßt sich den Feststellungen der angefochtenen Entscheidung keinesfalls entnehmen, ob und wann eine vorbehaltslose Annahme der gelieferten Sache als Erfüllung (Schwimann/Binder, ABGB IV/1, Rz 36 zu § 918) erfolgte. Das Erstgericht hat diesbezüglich lediglich festgestellt, daß "nach Aufnahme des Betriebes durch die beklagte Partei" sich herausstellte, daß eine Verwertung der Daten aus 4 Filialen in der Zentrale nicht möglich war. Diese Feststellung ist aber viel zu unpräzise, um daraus eine vorbehaltslose Annahme als Erfüllung durch die beklagte Partei abzuleiten. Auch den Ausführungen des Berufungsgerichtes (S. 13 der Urteilsausfertigung) ist nicht zu entnehmen, wann und durch wen die Übernahme als Erfüllung erfolgte. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, daß das Berufungsgericht von Feststellungen ausgeht, die der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen sind. Das Erstgericht hat weder festgestellt, daß am 18. 6. 1986 ein Test durchgeführt wurde, noch daß am 14. 8. 1986 eine Auftragserteilung durch die Beklagte erfolgte. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, es könne den Feststellungen des Erstgerichtes eine Übernahme als Erfüllung entnommen werden, ist unrichtig. Vielmehr leidet das erstgerichtliche Verfahren an einem Mangel im Sinne des § 496 Abs.1 Z 3 ZPO, da mit den Parteien die Frage, ob, wann und durch wen eine Übernahme als Erfüllung erfolgte, nicht erörtert wurde und darüber auch keine präzisen Feststellungen vorliegen. Mit der in diesem Zusammmenhang in der Revisionsbeantwortung aufgestellten Behauptung, es liege eine funktionelle Verbindung mit einer unbeweglichen Sache vor und treffe die Beklagte keinesfalls eine Rügepflicht, wird gegen das für das Rechtsmittelverfahren grundsätzlich geltende Neuerungsverbot verstoßen.

Die Entscheidung des Erstgerichtes leidet aber auch insoweit an einem Begründungsmangel, als sich ihr nicht zweifelsfrei entnehmen läßt, weshalb eine einheitliche, vollständige und gesicherte Datenerfassung und -übertragung nicht gelang. Das Erstgericht hat diesbezüglich die Ausführungen der Sachverständigen (weitgehend wörtlich) wiedergegeben, ohne aber festzustellen, worin die Ursache dafür liegt, daß mit der Übertragung der Kassen-Daten über das Kassen-DÜ-Interface in das Handterminal die Steuerungsinformationen falsch bzw. verdreht aufgebaut wurden (Mängel der Hardware ? Mängel der Software ? Fehler der Geräte oder Anlagen der Beklagten?). Jedenfalls wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren präzise Feststellungen darüber zu treffen haben, ob und welche Mängel dem Werk der klagenden Partei anhaften. Dabei wird auch auf den Einwand der Beklagten, es sei nicht das gesamte Softwareprogramm geliefert worden, einzugehen sein. Danach wird sich das Erstgericht damit auseinander zu setzen haben, ob und wann eine Übergabe der Anlage an die Beklagte erfolgte. Sollte noch nicht übergeben worden sein, so wäre die Frage der rechtzeitigen Rüge irrelevant. Die Beklagte wäre vielmehr bei Verzug der Klägerin gemäß § 918 ABGB berechtigt gewesen, unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurückzutreten.

Sollte allerdings eine Übernahme bereits erfolgt sein, so ist auf die Frage des Verlustes der Gewährleistungsansprüche durch Unterlassung der rechtzeitigen Rüge nach § 377 HGB einzugehen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß der Verkäufer (Unternehmer) auch nachträglich auf den Einwand, die Mängelanzeige sei nicht oder verspätet erhoben worden, verzichten kann; ein solcher Verzicht kann auch konkludent erklärt werden. Dies ist nach Treu und Glauben der Fall, wenn der Verkäufer (Unternehmer) versucht, die Mängel zu beheben (Kramer in Straube, Rz 27 zu §§ 377, 378). Auch insoweit ist das Berufungsgericht von Feststellungen ausgegangen, die das Erstgericht nicht getroffen hat. Das Erstgericht hat weder ausdrücklich noch schlüssig (siehe S. 17 der Ausfertigung des Berufungsurteiles) einen Mängelbehebungsversuch Ende Juli/Anfang August 1987 festgestellt. Sollte also nach Übergabe der Anlage die Klägerin versucht haben, Mängel zu beheben, so wäre die Einrede der verspäteten bzw. unterbliebenen Mängelrüge unbeachtlich.

Hinsichtlich der Forderung über S 676.200,- samt Zinsen beruht die Entscheidung des Berufungsgerichtes sohin auf einer unrichtigen Rechtsansicht und liegen die aufgezeigten Feststellungs- bzw. Begründungsmängel des erstgerichtlichen Urteiles vor.

Hinsichtlich der Forderung auf Zahlung von S 69.836,80 macht die Klägerin unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, daß bereits das Erstgericht im Rahmen seiner Manuduktionspflicht auf entsprechende Ergänzung des Vorbringens zu drängen gehabt hätte. Das Berufungsgericht habe auch nicht berücksichtigt, daß der Zeuge P***** über Firmenpapier und Firmenstampiglie der Beklagten verfügte und sohin für diese vertretungsbefugt war.

Hinsichtlich dieses Anspruches leidet das Verfahren des Berufungsgerichtes an einem erheblichen Mangel. Während sich das Erstgericht mit dieser Forderung der Klägerin überhaupt nicht auseinandergesetzt und darüber auch keine Tatsachenfeststellungen getroffen hat, hat das Berufungsgericht ohne jede Beweisaufnahme die negative Feststellung getroffen, ein konstitutives Anerkenntnis sei nicht erweislich; das Berufungsgericht hat sich auch mit der Glaubwürdigkeit der Zeugen PO***** und PE***** und des Geschäftsführers der Klägerin auseinandergesetzt, ohne diese Personen gesehen und gehört zu haben. Das Berufungsgericht hat sohin gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen und dadurch eine Frage des Verfahrensrechtes, der zur Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtseinheit erhebliche Bedeutung zukommt, unrichtig gelöst.

Auf die Frage der Verletzung der Manuduktionspflicht durch das Erstgericht ist aber nicht einzugehen, da ein derartiger Verfahrensmangel in der Berufung nicht geltend gemacht wurde (EFSlg. 55.100; EFSlg. 57.817 ua.).

Es war daher der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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