OGH 2Ob608/89

OGH2Ob608/8928.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Heidemarie W***, Angestellte, 2351 Wiener Neudorf, Brauhausstraße 6/1/5, vertreten durch Dr. Kurt Lux, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Alois W***, Angestellter, 2351 Wiener Neudorf, Reisenbauerring 7/2/20, vertreten durch Dr. Friedrich Flendrovsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens sowie der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses beider Teile gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. August 1989, GZ 44 R 400/89-78, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 17. April 1989, GZ 1 F 2/86-65, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht, dem Revisionsrekurs des Antragsgegners hingegen teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluß in seinem Punkt 5 dahingehend abgeändert, daß die Antragstellerin verpflichtet wird, dem Antragsgegner eine weitere Ausgleichszahlung in Höhe von S 50.000,-

binnen drei Monaten bei Exekution zu bezahlen.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner als Ersatz des teilweise erfolgreichen Revisionsrekurses einen Kostenbeitrag von S 2.400,- (darin S 400,- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Die am 18. November 1961 geschlossene Ehe der Streitteile, welcher der am 25. Jänner 1969 geborene Sohn Markus entstammt, wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17. März 1986 aus dem Alleinverschulden des Mannes, des nunmehrigen Antragsgegners, geschieden.

Die Antragstellerin beantragt die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens - soweit dies im Revisionsrekursverfahren noch strittig ist - in der Weise, daß ihr die Ehewohnung (ein im Hälfteeigentum der Streitteile stehendes Reihenhaus in Wiener Neudorf) sowie ein in Rust gelegenes Superädifikat (eine Seehütte samt Segel- und Elektroboot) zugewiesen werden sollte, wogegen sie sich verpflichten würde, ihrem vormaligen Ehegatten, dem Antragsgegner, einen einmaligen Ausgleichsbetrag von S 135.000,- zu bezahlen. Der Betrag errechne sich unter Berücksichtigung von Ererbtem, welches sie für den Erwerb der Seehütte zur Verfügung gestellt habe, Passiven am Reihenhaus sowie Beteiligungen des Antragsgegners (näheres S. 2 f des angefochtenen Beschlusses). Der Antragsgegner beantragt, das Begehren der Antragstellerin abzuweisen. Er bestreitet insbesondere den angegebenen Wert des Einfamilienhauses und der Seehütte und behauptet, die Mittel zum Erwerb des Einfamilienhauses stammten von ihm; auch seine Familie habe Mittel zur Verfügung gestellt; der genannte Betrag, der von Seiten der Antragstellerin für den Erwerb der Seehütte zur Verfügung gestellt worden sei, sei geringer (näheres S. 3). Er beantragt die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens in der Weise, daß der Antragstellerin das Haus mit der Ehewohnung in Wiener Neudorf samt Inventar gegen Übernahme der damit verbundenen, noch offenen Verbindlichkeiten und gegen Leistung eines Ausgleichsbetrages von S 600.000,- übertragen werde; die Seehütte in Rust samt Zubehör sollte an ihn mit der Verpflichtung, den noch offenen, aushaftenden Kredit allein zurückzuzahlen, übertragen werden. In Anbetracht seines überdurchschnittlichen Einkommens sei eine Aufteilung im Verhältnis 60 : 40 angebracht.

Das Erstgericht teilte die Liegenschaft mit der Ehewohnung in Wiener Neudorf der Antragstellerin gegen Rückzahlung sämtlicher noch darauf haftender Lasten und die Seehütte in Rust dem Antragsgegner, ebenfalls gegen Übernahme sämtlicher Lasten, zu. Die Ausgleichszahlungsbegehren wies es ab und hob die Kosten des Aufteilungsverfahrens gegenseitig auf.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht, dem des Antragsgegners teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahingehend ab, daß es die Antragstellerin verpflichtete, dem Antragsgegner einen Ausgleichsbetrag in Höhe von S 200.000,-

binnen drei Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses sowie einen Kostenbeitrag von S 7.200,- zu bezahlen. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es zu.

Nach den getroffenen Feststellungen sind folgende Werte

aufzuteilen:

Ehewohnung samt verbliebenem Inventar

abzüglich der Darlehen S 1,440.000,-

Seehütte abzüglich Darlehen S 623.000,-

PKW-Wert zugunsten der Antragstellerin S 40.000,-

Unternehmensbeteiligungen S 115.000,-

zusammen S 2,218.000,-

Die Antragstellerin brachte aus von ihrer Seite stammendem Vermögen zusammen S 550.000,-, der Antragsgegner S 200.000,-

(aufgewerteter Erlös aus dem Verkauf seiner Eigentumswohnung im Jahr 1964) ein. Das Gehaltskonto des Antragsgegners war zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft mit S 100.000,-

überzogen.

Rechtlich folgerte das Rekursgericht hieraus, daß die Antragstellerin Werte von zusammen S 1,480.000,-, der Antragsgegner solche von S 738.000,- übernehme. Der Überhang von S 742.000,-

zugunsten der Antragstellerin vermindere sich um S 350.000,-, das sei die Differenz zwischen den eingebrachten Beträgen, auf S 392.000,-. Dieser Betrag sei zu halbieren, wodurch sich eine Ausgleichszahlung von (gerundet) S 200.000,- ergebe, deren Erbringung der Antragstellerin in der gesetzten Frist zumutbar sei. Gegen diesen Beschluß richten sich die Revisionsrekurse beider Teile.

Die Antragstellerin macht unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend und beantragt, den angefochtenen Beschluß im Sinn ihrer Rekursanträge abzuändern; hilfsweise begehrt sie die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses; jedoch müsse dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von S 200.000,- auferlegt werden.

Der Antragsgegner ficht den Beschluß insoweit an, als sein Begehren auf Auferlegung einer weiteren Ausgleichszahlung von S 300.000,- abgewiesen wurde, und beantragt die Abänderung in diesem Sinn; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Überdies beantragt er, dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind im Hinblick auf die Zulassung durch das Rekursgericht zulässig (§ 232 Abs 1 AußStrG), jedoch ist nur der Revisionsrekurs des Antragsgegners teilweise berechtigt.

1. Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Die Antragstellerin behauptet, der Kredit von S 200.000,- sei zweimal berücksichtigt worden. Diesbezüglich geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Das Rekursgericht berücksichtigte bei den von jeder Seite zu übernehmenden Werten lediglich die auf diesen noch haftenden offenen Lasten, das sind bei dem der Klägerin zugesprochenen Einfamilienhaus S 175.000,- und bei der Seehütte solche von S 200.000,- (S 9 f). Was den Vorwurf der Berücksichtigung des Minusstandes des Gehaltskontos des Antragsgegners mit S 100.000,- anlangt, hat das Rekursgericht dies gerade bei seiner Rechenoperation (offensichtlich versehentlich) unterlassen (S 10, 12); im übrigen wird die Antragstellerin hiezu auf die Erledigung des Rekurses des Antragsgegners verwiesen.

Ob die Kreditrückzahlungen des Antragsgegners im Unterhaltsverfahren bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt worden sind, ist für das Aufteilungsverfahren bedeutungslos. Hier sind nur die der Antragstellerin und dem Antragsgegner jeweils zugewiesenen Vermögensgegenstände zu bewerten, wobei selbstverständlich die darauf liegenden Lasten als wertmindernd zu berücksichtigen sind.

Im übrigen wendet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen die vom Rekursgericht nicht übernommene Berechnung des Erstgerichts, sodaß es sich erübrigt, hierauf einzugehen.

2. Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

Der Antragsgegner vermeint, daß im vorliegenden Fall die von den Unterinstanzen vorgenommene Aufteilung im (ungefähren) Verhältnis von 1 : 1 wegen seines ungleich höheren Einkommens unbillig sei, und strebt eine Aufteilung im Verhältnis von 60 : 40 zu seinen Gunsten an.

Gemäß § 83 Abs 2 EheG sind als Beitrag auch die Führung des gemeinsamen Haushalts und die Erziehung der Kinder zu werten (Pichler in Rummel, ABGB, Rz 4 zu §§ 83 f EheG). Sie werden in der Regel gegeneinander aufgewogen (EFSlg 38.873 ua). Der Beitrag durch Haushaltsführung ist auch dann zu berücksichtigen, wenn beide Gatten berufstätig sind (SZ 55/45 ua). Es entspricht der herrschenden Rechtsprechung, eine Aufteilung im Verhältnis von 1 : 1 auch dann vorzunehmen, wenn der Gatte wegen seines hohen Verdienstes rein betraglich wesentlich mehr als die Frau zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse beigetragen hat, diese aber - wie hier - zusätzlich die Lasten der Haushaltsführung und Kindererziehung getragen hat (SZ 54/149 uva; zuletzt 1 Ob 579/87). Gegenstände, die erst während der Ehe erworben, jedoch mit von einem Ehegatten eingebrachten Mitteln angeschafft worden sind, unterliegen der Vorschrift des § 82 Abs 1 Z 1 EheG nur dann, wenn der zum Erwerb von einem der beiden Ehegatten eingebrachte Vermögenswert noch klar abgrenzbar ist. Das aus z.B. geschenktem und somit ausgenommenem Geld angeschaffte Äquivalent bleibt, wenn es klar abgrenzbar und keine deutliche Umwidmung erfolgt ist, aus der Aufteilung ausgenommen (EvBl 1986/13 ua; zuletzt 4 Ob 533/87). Ausgehend von diesem Grundsatz hat das Rekursgericht berücksichtigt, daß der Antragsgegner zum Ankauf des Einfamilienhauses im Jahr 1964 S 100.000,- mitverwendet hat, die aus dem Verkauf seiner Eigentumswohnung stammten. Das Rekursgericht hat diesen Betrag wegen der inzwischen verstrichenen langen Zeit ohnedies auf S 200.000,- aufgewertet; daß es die Geldentwertung und die Wertsteigerung des Hauses (auf das Dreifache) nur teilweise, aber nicht zur Gänze berücksichtigte, liegt durchaus im Rahmen einer Aufteilung nach Billigkeit (vgl. §§ 83 Abs 1, 93, 94 Abs 1 EheG). Daß aus dem Verkaufserlös eines der Antragstellerin geschenkten Hauses S 550.000,- für die Anschaffung der Seehütte verwendet wurden, gestand der Antragsgegner stets selbst zu. Soweit er nun meint, diese Beträge seien nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht mehr "in natura" vorhanden seien, setzt er sich nicht nur mit der herrschenden Rechtsprechung, nach der Vermögenswerte, die an die Stelle einer in die Ehe eingebrachten Sache getreten sind, nicht der Aufteilung unterliegen (EvBl 1986/13, 4 Ob 533/87; 8 Ob 503/88 ua), sondern auch damit in Widerspruch, daß er für sich selbst die Berücksichtigung der aus dem Erlös des Verkaufs seiner Eigentumswohnung für die Anschaffung des Einfamilienhauses verwendeten (aufgewerteten) S 100.000,- begehrt.

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nur insoweit berechtigt, als das Rekursgericht bei der Berechnung der Ausgleichszahlung offensichtlich versehentlich den Debetsaldo von S 100.000,- auf dem Gehaltskonto des Antragsgegners nicht berücksichtigte, obwohl es auf S 10 (zweiter Absatz) seines Beschlusses dezidiert erklärte, daß dieser Debetsaldo zu berücksichtigen sei. Soweit der Antragsgegner allerdings weiterhin darauf beharrt, es handle sich um einen solchen von S 200.000,-, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Der Debetbetrag von S 100.000,- auf dem Gehaltskonto des Antragsgegners, den dieser in der Folge abdecken mußte, ist - wie das Rekursgericht im Grunde richtig erkannt hat - zu berücksichtigen, weil aus den Geldern dieses Kontos die gemeinsamen Anschaffungen des täglichen Lebens getätigt wurden und nicht nur Kredite, die zur Anschaffung, Herstellung oder Instandhaltung des Gebrauchsvermögens aufgenommen werden, sondern auch solche, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen, bei der Berechnung einer allfälligen Ausgleichszahlung mitzuberücksichtigen sind (6 Ob 832/83 ua). Hieraus folgt, daß als "eingebrachte Beträge" auf Seiten des Antragsgegners nicht nur S 200.000,- (aufgewerteter Beitrag zum Erwerb des Einfamilienhauses), sondern weitere S 100.000,-, insgesamt somit S 300.000,- zu berücksichtigen sind, so daß sich die Differenz zwischen den zu berücksichtigenden "eingebrachten Beträgen" (S. 12 der Rekursentscheidung) auf S 250.000,- vermindert. Der Mehrwert der der Antragstellerin zugewiesenen Vermögenswerte von S 742.000,- vermindert sich daher nur um S 250.000,-, die sie mehr als der Antragsgegner eingebracht hat, sodaß der Überhang der Antragstellerin S 492.000,- beträgt. Die Hälfte dieses Betrages hat die Antragstellerin nach Billigkeit (§ 94 Abs 1 EheG) dem Antragsgegner zu ersetzen; dies ergibt aufgerundet einen Betrag von S 250.000,-. Hieraus folgt, daß die der Antragstellerin aufzuerlegende Ausgleichszahlung um S 50.000,- zu erhöhen ist. Die Zahlungsfrist von drei Monaten entspricht ebenfalls der Billigkeit (§ 94 Abs 2 EheG); der Antragstellerin muß genügend Zeit bleiben, diesen Betrag notfalls durch die Aufnahme von Hypotheken auf das Einfamilienhaus aufzubringen.

Da der Rekurs des Antragsgegners teilweise (zu einem Sechstel) erfolgreich war, ist ihm nach Billigkeit auch ein Teil der Kosten des Revisionsrekurses zuzusprechen (§ 234 AußStrG).

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