OGH 2Ob593/93

OGH2Ob593/9317.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg T*****, vertreten durch Dr.Hans Paternioner, Dr.Franz Niederleitner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Reinhold O*****, vertreten durch Dr.Hans Georg Mayer, Dr.Hans Herwig Toriser, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 485.429,31 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 14.September 1993, GZ 5 R 33/93-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 12.Oktober 1992, GZ 20 Cg 302/91-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.882,80 (darin enthalten S 1.813,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 27.November 1971 verstorbene Vater der Streitteile Franz O***** hatte dem Beklagten bereits am 5.Juli 1971 die Liegenschaften EZ 37, 70, 73 und 79 der KG S***** geschenkt. Während des langjährigen Verlassenschaftsverfahrens ist die Verlassenschaft urteilsmäßig verpflichtet worden, die Liegenschaften EZ 8, 34 und 35 der KG E***** an den Beklagten (als Legatar) herauszugeben, der Klägerin einen Pflichtteil von S 608.651 samt 4 % Zinsen seit 1. Februar 1972 und S 56.037,26 an Kosten zu bezahlen und dem Bruder der Streitteile Helmut O***** (aufgrund einer am 9.6.1970 zwischen ihm und seinem Vater geschlossenen Vereinbarung) die Liegenschaften EZ 9 und 10 der KG P***** und EZ 5 der KG S***** herauszugeben. Letztlich ist der Nachlaß mit einem Aktivum von S 78.370 und Passiven von S 96.189 dem bedingt erbserklärten Helmut O***** am 28.Februar 1988 eingeantwortet worden. Am 30.April 1991 wurde der Klägerin als betreibende Partei gegen die verpflichtete Partei Helmut O***** aufgrund des rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteils des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17.August 1981, GZ 16 Cg 2/77-42, in Verbindung mit der rechtskräftigen Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes St.Veit/Glan vom 26.Februar 1988, A 118/78-262, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 491.763,16 samt 4 % Zinsen seit 1.Februar 1972 und der Prozeßkosten von S 56.037,26, der Kosten des Antrages von S 8.516,08 und aller weiterer Exekutionskosten die Exekution durch Pfändung des der verpflichteten Partei als bedingt erbserklärten Erben in der Verlassenschaft nach dem am 17.November 1991 verstorbenen Franz O***** gegen den Drittschuldner und nunmehrigen Beklagten Reinhold O***** als Vermächtnisnehmer im Rechtsgrund des § 693 ABGB zustehenden Rückforderungsanspruches im Betrag von S 950.000 mehr oder weniger und die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung unbeschadet etwa früher erworbener Rechte dritter Personen bewilligt. Dem Drittschuldner (dem Beklagten) wurde die Zahlung der gepfändeten Forderung an die verpflichtete Partei verboten. Der verpflichteten Partei wurde verboten, über die gepfändete Forderung zu verfügen.

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von S 491.763,16 samt 4 % Zinsen seit 1.Februar 1972. Sie stützte sich insbesondere darauf, daß sie anstelle des Erben Helmut O***** gegenüber dem Beklagten als Legatar den Kondiktionsanspruch verfolge. Sie habe ihren Pflichtteil vom Nachlaß wegen dessen Überschuldung nicht erlangt. Der Beklagte sei weder zur Ausgleichsleistung, noch auch wenigstens dazu bereit, die der Klägerin vermachten und ihn belastenden Holzbezugsrechte zu erfüllen.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten nach (neuerlicher) Schätzung der Liegenschaften, der Klägerin den Betrag von S 485.429,31 samt 4 % Zinsen seit 27.11.1972 zu bezahlen und wies das Mehrbegehren von S 6.333,85 sA ab.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil über Berufung des Beklagten dahin ab, daß dieser insgesamt lediglich zur Zahlung von S 226.394,55 samt 4 % Zinsen seit 8.Mai 1981 verpflichtet und das Mehrbegehren von S 265.368,61 samt 4 % Zinsen seit dem 8.5.1991 und 4 % Zinsen aus S 491.763,16 vom 1.Februar 1972 bis 7.Mai 1991 abgewiesen wurde. Es stellte ergänzend den Inhalt mehrerer vom Klagevertreter an den Beklagtenvertreter gerichteter Zahlungsaufforderungsschreiben aus 1981, 1985 und 1988 fest, weiters die Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses vom 30.April 1991 an den Beklagten mit 8.Mai 1991.

In rechtlicher Hinsicht führte es im wesentlichen aus: Die Klägerin sei durch richterliche Verfügung (exekutive Überweisung) Einzelrechtsnachfolgerin des Erben Helmut O***** geworden und damit zur Geltendmachung seines aus § 693 ABGB ableitbaren Rückforderungsanspruches gegenüber dem Beklagten als Legatar im Umfang der Überweisung legitimiert. Nach den Feststellungen in ihrer Gesamtheit, insbesondere der zeitlich erst wesentlich später hervorgekommenen Unzulänglichkeit des Nachlasses, könne von einem Verzicht auch des Kurators auf das Abzugsrecht nicht ausgegangen werden. Der Rückforderungsanspruch (ein Kondiktionsanspruch im Sinne des § 1431 ABGB) verjähre in 30 Jahren. Dem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17.August 1981, GZ 16 Cg 2/77-42, mit dem der Klägerin ein Pflichtteilsbetrag von S 608.651 sA zugesprochen worden sei, komme für die vorliegende Entscheidung keine Bindungswirkung zu. Zwar könne ein Urteil in einem Vorprozeß auch dann, wenn es mangels Identität des Begehrens keine formelle Rechtskraftwirkung habe, doch zufolge der von ihm geschaffenen materiellen Rechtskraft zu einer inhaltlichen Bindung des später entscheidenden Gerichtes führen. Das sei der Fall, wenn die Parteien und der rechtserzeugende Inhalt identisch seien und beide Prozesse in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang stünden, daß die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in beiden Prozessen entscheidenden Rechtsfragen nicht gestatteten. Sei etwa in beiden Prozessen wesentlich, ob der Beklagte eine bestimmte Liegenschaft erworben habe oder nicht, werde die Verneinung dieser Frage im Vorprozeß, die zur Abweisung des Begehrens auf Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Beklagten geführt habe, auch für den Prozeß, in dem der Kläger sodann die Räumung der Liegenschaft durch den Beklagten begehre, als bindend angesehen. Soweit die Begehren nicht identisch oder ihre bloße Negation seien, müsse jedoch wenigstens Präjudizialität in der Weise vorliegen, daß der rechtskräftig entschiedene Anspruch eine Vorfrage, also das bedingende Rechtsverhältnis für den neuen Anspruch sei, sodaß über den neuen Anspruch nur dann entschieden werden könne, wenn gleichzeitig als Voraussetzung hiefür über den rechtskräftig entschiedenen Anspruch erkannt werde. So stehe etwa ein rechtskräftiges Urteil, mit dem das Nichtbestehen eines Mietvertrages einer bestimmten Partei gegenüber festgestellt worden sei, einer Klage auf Bezahlung des Mietzinses aus demselben behaupteten Rechtsverhältnis entgegen. Sogenannte Vorfragenentscheidungen innerhalb eines Urteils seien hingegen der Rechtskraft nicht fähig. Wenn also die gleiche Frage, die Gegenstand des anhängigen Prozesses sei, in einem anderen rechtskräftig erledigten Rechtsstreit zwischen anderen Parteien als Vorfrage behandelt und gelöst worden sei, komme dieser Lösung im Vorprozeß, der von der Dispositionsfreiheit der dortigen Prozeßparteien beherrscht gewesen sei, grundsätzlich keine Wirkung zu. Dies alles gelte auch für den vorliegenden Fall, in dem weder die Prozeßparteien, noch die rechtserzeugenden Sachverhalte völlig identisch seien, weshalb der Pflichtteilsanspruch der Klägerin im Vorprozeß und hier als Vorfrage durchaus unterschiedlich gelöst werden könnten.

Was die Höhe des Rückforderungsanspruches betreffe, so habe die Klägerin schon in ihrer Klage die Werte der Liegenschaften EZ 9 und 10 der KG P***** und EZ 5 der KG S***** von vornherein unter Hinweis auf die vor dem Tod des Erblassers diesbezüglich getroffene Vereinbarung aus der Berechnungsgrundlage ausgeschieden. Da sie an Stelle des Erben hinsichtlich dieser Werte ausdrücklich kein Abzugsrecht geltend gemacht habe, könne ein solches über das Begehren hinausgehend nicht zugestanden werden. Hievon ausgehend errechne sich der Rückforderungsanspruch mit S 226.394,55. Dem Erstgericht sei (bei der Division durch sechs) ein Rechenfehler unterlaufen.

Die Forderungsschreiben vom 16.9.1981, 29.7.1985 und 2.6.1988 habe der Klagevertreter namens der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter an den Beklagtenvertreter gerichtet. Selbst wenn auf die Möglichkeit der Pfändung und Überweisung des Rückforderungsanspruches der Verlassenschaft (oder des Erben) nach dem § 693 ABGB und auf die direkte Geltendmachung eines solchen Anspruches durch den Verlassenschaftskurator (oder Erben) in diesen Schreiben hingewiesen werden haben sollen, so sei mit diesen Schreiben ein dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegender Anspruch dennoch nicht ausdrücklich geltend gemacht und fällig gestellt worden. Demnach komme als frühester Zeitpunkt für den Beginn des Zinsenlaufes - auch diesbezüglich hätten die Vorentscheidungen keine bindende Wirkung - die Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses vom 30.4.1991 am 8. Mai 1991 in Betracht.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil den mit der vorliegenden Geltendmachung des Rückforderungsanspruches nach § 693 ABGB durch die Überweisungsgläubigerin verbundenen Rechtsfragen sowie jenen der Auswirkungen der Vorverfahren und dem Thema der Fälligkeit eine Rechtserheblichkeit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukomme.

Die Klägerin bekämpft dieses Urteil mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zutreffend geht die Klägerin von § 783 ABGB aus. Nach dieser Bestimmung haben sowohl die Erben als auch die Vermächtnisnehmer zur vollständigen Entrichtung des Pflichtteiles beizutragen, wenn dem Noterben der ihm gebührende Pflichtteil nicht oder nicht vollständig ausgemessen wurde. In Übereinstimmung mit der überwiegenden Lehre (Welser in Rummel2 § 783 Rz 3; Eccher in Schwimann § 783 Rz 1; Zemen, ÖJZ 1985, 65 f mwN; aM Kralik, Erbrecht 315 f) hat der Oberste Gerichtshof in jüngerer Zeit wiederholt ausgesprochen, daß § 783 ABGB die materielle Beitragspflicht des Legatars regelt und nicht als bloße Verweisung auf die Bestimmungen der §§ 692 f ABGB aufzufassen ist. Daher sind neben den Erben auch die Legatare mit der Verpflichtung zur Entrichtung des Pflichtteils im Verhältnis ihrer Beteiligung am Nachlaß belastet, ohne daß es dabei auf die Art der Erbfolge ankäme. Ist die Kürzung der Vermächtnisse aus diesem Grund notwendig, so sind die Erben zur Vornahme der Legatsreduktion berufen. Sie haben demgemäß dem Vermächtnisnehmer entsprechend gekürzte Legate auszufolgen oder, wenn diese - wie hier - bereits ungekürzt ausgefolgt wurden, zu viel Geleistetes zurückzufordern (vgl § 693 ABGB). Der Pflichtteilsberechtigte hat seine Forderung an den Nachlaß und nach der Einantwortung an den Erben zu richten und kann in der Regel nicht unmittelbar gegen die Vermächtnisnehmer vorgehen (SZ 63/39; NZ 1992, 271; EvBl 1992/184). Der Pflichtteilsberechtigte kann aber den Rückforderungsanspruch des Erben pfänden und sich überweisen lassen (Welser aaO § 693 Rz 5, § 783 Rz 5).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin diesen exekutiven Schritt gesetzt, nachdem sie gegen die Verlassenschaft mit Pflichtteilsklage einen Exekutionstitel erwirkt hatte. Mit der Überweisung zur Einziehung war sie legitimiert, den Kondiktionsanspruch des Erben auf Legatsreduktion gegen den Beklagten geltend zu machen. Daß sie im Exekutionsantrag als Rechtsgrundlage für diesen, von ihr beschriebenen Anspruch (nur) § 693 ABGB und nicht § 783 ABGB anführte, schadete ihr nicht.

Die Klägerin meint nun, es wäre die Rechtskraft des in ihrem Pflichtteilsstreit mit der Verlassenschaft ergangenen Urteils zu beachten gewesen. Sie erkennt selbst, daß die materielle Rechtskraft nur bei Identität des Anspruchs, der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhalts wirkt (Fasching, LB2 Rz 1513). Im vorliegenden Fall fehlt es schon an der Identität der Parteien: Der nunmehr beklagte Legatar war nicht Partei des Pflichtteilsprozesses.

Gründe für eine Rechtskrafterstreckung bestehen nicht: Die Klägerin ist zwar als Überweisungsgläubigerin Einzelrechtsnachfolger des Erben (Fasching aaO Rz 1526), dem gegenüber das im Pflichtteilsprozeß gegen die Verlassenschaft ergangene Urteil infolge Gesamtrechtsnachfolge wirkte. Dies ändert aber nichts daran, daß der Beklagte hinsichtlich des Pflichtteils der Klägerin nicht der Rechtsnachfolger einer damaligen Prozeßpartei ist.

Auch eine von der Klägerin behauptete gesetzliche Rechtskrafterstreckung liegt nicht vor: Die von ihr genannte Rechtskrafterstreckung bei Urteilen im Zuge einer Forderungsexekution im Rechtsstreit des Überweisungsgläubigers gegen den Drittschuldner über die überwiesene Forderung für und wider sämtliche Gläubiger, zu deren Gunsten die Forderung gepfändet wurde (§ 310 Abs 2 zweiter Satz EO), und gegen den Verpflichteten (Fasching aaO Rz 1527 mwN) betrifft eine ganz andere Konstellation. Diese Rechtskrafterstreckung hätte Bedeutung für die Wirkung des im vorliegenden Drittschuldnerprozeß zu fällenden Urteils gegen den Erben als Verpflichteten und gegen allfällige weitere Gläubiger, zu deren Gunsten die überwiesene Forderung auf Legatsreduktion gepfändet wäre. Mit dem im zwischen der Klägerin und der Verlassenschaft geführten Pflichtteilsprozeß ergangenen Urteil hat sie nichts zu tun. Auch der Versuch der Klägerin, auf dem Umweg über die Tatbestandswirkung des Urteils den auf die Parteien beschränkten Umfang der materiellen Rechtskraft zu erweitern, ist schon vom Ansatz her verfehlt (Fasching aaO Rz 1565). Schließlich sind auch die umfangreichen allgemeinen Revisionsausführungen zur Rechtsstellung eines Überweisungsgläubigers nicht geeignet, die behauptete gesetzliche Rechtskrafterstreckung, die einer neuerlichen Beurteilung des Pflichtteilsanspruches der Klägerin entgegenstehen soll, zu begründen. Der Beklagte war somit nicht gehalten, die im Pflichtteilsprozeß ermittelte Höhe dieses Ausspruches gegen sich gelten zu lassen.

Was die Bemessung des Beitrags des Beklagten anlangt, so wendet sich die Klägerin nicht grundsätzlich gegen die Berechnungsweise des Berufungsgerichtes, der sie sich in der Revision (wenn auch mit anderen Wertansätzen) selbst bedient. Sie meint aber unter Berufung auf § 794 ABGB, es wären - wenn man davon ausgehe, daß ihr Pflichtteil einer Neuberechnung zuzuführen sei - die im September 1992 (Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz) geltenden Werte heranzuziehen.

§ 794 ABGB betrifft aber die Bewertung von erbrechtlichen Anrechnungen, auch die Bewertung von bei der Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigenden Schenkungen (Welser aaO § 785 Rz 22; Eccher aaO

§ 794 Rz 1). Die vor dem Tod des Erblassers dem Beklagten geschenkten Liegenschaften wurden von den Vorinstanzen wertmäßig (Basis 1971) in die Pflichtteilsberechnung ohnehin einbezogen. Die von der Klägerin erwähnte berichtigende Auslegung des § 794 ABGB (vgl Welser aaO § 794 Rz 6; Eccher aaO § 794 Rz 2; SZ 57/7 und 90, 59/6) bezieht sich auf den Zeitraum zwischen Empfang (der Schenkung) und Erbanfall (beide hier 1971). Eine Aufwertung auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung im Legatsreduktionsprozeß findet in § 794 ABGB keine Rechtsgrundlage.

Aber auch hinsichtlich der dem Beklagten als Legat zugekommenen Liegenschaften sind nicht die für September 1992 geltenden Werte heranzuziehen. Während bei in Anschlag zu bringenden Schenkungen Wertveränderungen nach dem Erbanfall überhaupt unerheblich sind, nimmt der Pflichtteilsberechtigte, was die Berechnung des sogenannten Nachlaßpflichtteils betrifft, allerdings gemäß § 786 ABGB an Wertveränderungen bis zur wirklichen Zuteilung - worunter weder der Zeitpunkt der Einantwortung noch der tatsächlichen Ausschüttung, sondern jener der Festsetzung durch Vereinbarung oder gerichtliche Entscheidung (hier: im Pflichtteilsprozeß zwischen der Klägerin und der Verlassenschaft) zu verstehen ist - teil (Welser aaO § 786 Rz 2, 4, 11; Eccher aaO § 786 Rz 2, 4, 5 mwN). Die Vorinstanzen haben nun bei den aus dem Nachlaß stammenden Legatsliegenschaften die Wertänderungen bis 1979 berücksichtigt. Daß sich bis zum Schluß der Verhandlung im Pflichtteilsprozeß im Jahr 1981 eine weitere Veränderung ergeben hätte, hat die Klägerin nicht behauptet. Auf die Werte im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung im Legatsreduktionsprozeß kommt es hingegen auch für diese Liegenschaften nicht an.

Schließlich bringt die Klägerin noch vor, ihr seien gegenüber der Verlassenschaft Zinsen seit 1.Februar 1972 zugesprochen worden; auch in Ansehung dieser Zinsen liege eine gesetzliche Rechtskrafterstreckung vor. Hiezu ist zunächst auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen zur Hauptsache zu verweisen. Im übrigen verkennt die Klägerin, daß ihr zwar zur Hereinbringung ua dieser Zinsenforderung die Exekution bewilligt wurde, daß die ihr zur Einziehung überwiesene Forderung auf Legatsreduktion aber nicht gleichzeitig mit der Pflichtteilsforderung fällig wurde. Zum Zeitpunkt der Aufforderungsschreiben des Klagevertreters an den Beklagtenvertreter war die Klägerin zur Geltendmachung des nunmehr eingeklagten Anspruchs noch nicht legitimiert. Erst mit der Überweisung zur Einziehung erhielt sie das Recht zur Fälligstellung (§ 308 Abs 1 EO); zuvor befand sich der Beklagte noch nicht im Verzug. Es ist daher dem Berufungsgericht zuzustimmen, daß der Zinsenlauf jedenfalls nicht vor der Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses an den Beklagten beginnen konnte.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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