OGH 2Ob58/71

OGH2Ob58/7117.6.1971

SZ 44/95

Normen

ABGB §549
ABGB §1327
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §12 Abs1 Z4
ABGB §549
ABGB §1327
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §12 Abs1 Z4

 

Spruch:

Die Verpflichtung zur Errichtung einer Grabstätte trifft den Nachlaß bzw die Erben nach ihrer Erbquote

Der Schädiger hat die Kosten eines Grabmales nach § 1327 ABGB zu ersetzen, wenn der Erbe die Absicht hat, ein solches zu errichten; daß das Grabmal schon errichtet oder in Auftrag gegeben wurde, ist nicht erforderlich

OGH 17. 6. 1971, 2 Ob 58/71 (OLG Innsbruck 1 R 214/70; LG Innsbruck 1 Cg 40/69)

Text

Rudolf D, der Ehemann der Erstklägerin und Vater der Zweit- bis Viertkläger, verunglückte am 26. 5. 1964 bei einem Verkehrsunfall tödlich. Der Beklagte wurde als Lenker eines an diesem Unfall beteiligten Kraftfahrzeuges wegen Vergehens nach § 335 StG verurteilt.

Die Kläger, denen der Nachlaß nach Rudolf D zu je einem Viertel eingeantwortet worden war, begehrten vom Beklagten den Ersatz des am Kraftfahrzeug des Rudolf D entstandenen Totalschadens sowie sonstiger ihnen infolge des Verkehrsunfalles erwachsenen Schäden und die Feststellung der Haftung des Beklagten ihnen gegenüber für alle künftigen unfallskausalen Schäden. Die Erstklägerin begehrte überdies die Zahlung einer Rente für entgangenen Unterhalt.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er wendete insbesondere ein 50%iges Eigenverschulden des Rudolf D ein, bestritt einzelne Klagsposten auch der Höhe nach und die Berechtigung des Feststellungsbegehrens.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, den Klägern je S 8666.67, weiters der Erstklägerin S 58.393.56 an kapitalisierter Rente für die Zeit vom 1. 6. 1964 bis 31. 7. 1970 und ab S 1069.17 zu bezahlen. Es stellte die Haftung des Beklagten für 1. 8. 1970 für die Dauer des Witwenstandes eine Monatsrente von vier Fünftel künftiger Unfallsschäden der Kläger fest. Es wies das Mehrbegehren der Kläger nach Zahlung weiterer je S 5404.17 sowie der Erstklägerin nach Bezahlung weiterer S 123.994.24 an kapitalisierter und weiterer S 1395.53 anlaufender monatlicher ab 1. 8. 1970 Rente ab (eine ausdrückliche Abweisung des Feststellungsmehrbegehrens unterblieb). Beide Teile erhoben Berufung, doch hatte nur die der Kläger teilweisen Erfolg. Das Berufungsgericht sprach den Klägern je S

10.833.34 und der Erstklägerin an kapitalisierter Rente S 88.692.60, an laufender Rente monatlich S 1539.17 ab 1. 8. 1970 zu und stellte die Haftung des Beklagten für alle künftigen Schäden, insbesondere für den Klägern unfallsbedingt entgangene Unterhaltsleistungen fest. Abgewiesen wurde ein Mehrbegehren der Kläger von weiteren je S 3237.50 und der Erstklägerin von S 92.695.20 an kapitalisierter sowie von monatlich S 925.53 an laufender Rente ab 1. 7. (?) 1970.

Infolge Revision der klagenden Partei hob der Oberste Gerichtshof das angefochtene Urteil und das Urteil des Erstgerichtes hinsichtlich der Abweisung des Begehrens sämtlicher Kläger nach Zahlung weiterer je S 2000.- sowie im Kostenpunkt auf und verwies im Umfange dieser Aufhebung die Rechtssache zur Fortsetzung der Verhandlung und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Die Revision des Beklagten blieb erfolglos.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Erstgericht wies die Teilforderung von insgesamt S 8000.- für den Grabstein mit der Begründung ab, daß diesbezüglich bisher nur ein Kostenvoranschlag vorliege, ein Grabstein bisher nicht gesetzt, Rudolf D im Grab seines Vaters beigesetzt und sein Name auf der bereits vorhandenen Marmortafel angebracht worden sei. Da den Klägern insoweit Kosten nicht erwachsen seien, sei die Forderung unberechtigt. Das Berufungsgericht billigte diese Rechtsansicht mit dem Beifügen, Kosten iS des § 1327 ABGB entstunden erst mit der tatsächlich erfolgten Ausgabe und diese sei Voraussetzung für den Ersatzanspruch.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.

Daß der Begriff "Kosten" iS des § 1327 ABGB auch die Begräbniskosten umfaßt, ist in Lehre und Rechtsprechung unbestritten, ebenso, daß zu den Begräbniskosten auch die Kosten für ein angemessenes Grabmal gehören (Ehrenzweig, Recht der Schuldverhältnisse, § 392, IV; E unter 2 a zu § 549 ABGB und unter 50 b zu § 1327 ABGB bei MGA[28]). Diese Kosten sind demjenigen zu ersetzen, "der sie zu tragen verpflichtet ist oder sie tatsächlich getragen hat" (vgl § 12 Abs 1 Z 4 EKHG; Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz S 175 f). Die Sonderhaftpflichtgesetze stellen eine Fortbildung des bürgerlich-rechtlichen Schadenersatzrechtes dar und sind daher für die Auslegung des § 1327 ABGB heranzuziehen. Die Verpflichtung zur Errichtung einer Grabstätte trifft den Nachlaß, vorliegend im Endergebnis die Kläger nach Maßgabe ihrer Erbquote (Weiß bei Klang[2] III 147). Es fehlen jedoch bisher ausreichende Feststellungen darüber, ob und in welchem Umfang die Kläger ihrer Verpflichtung nachzukommen beabsichtigen. Die Erstklägerin bekundete, als Partei vernommen, ihre Absicht, ein Grabmal gemäß dem bereits eingeholten Kostenvoranschlag errichten zu lassen. Die Ausführung dieser Absicht ist nach dieser Aussage bisher mangels vorhandener Mittel unterblieben. Feststellungen in dieser Richtung liegen bisher nicht vor, sind jedoch erforderlich. Denn sollte die Absicht der Kläger, ein angemessenes Grabmal errichten zu lassen, als erwiesen angenommen werden, dann stunde dem Zuspruch des dafür erforderlichen Betrages der Umstand nicht entgegen, daß dieses Grabmal bisher weder errichtet noch in Auftrag gegeben wurde. Welche Folgen es hätte, wenn die Kläger ihre Absicht nicht verwirklichten, ist in diesem Verfahren nicht zu erörtern. Die Erstklägerin gab weiter an, daß derzeit auf der Grabstelle ein Kupferkreuz mit Dornenkrone und einem Granitsockel stehe, in dem eine Marmortafel eingelassen sei. Ob ein Grabmal in der von der Klägerin in Aussicht genommenen Ausführung dem Gebrauch des Ortes, dem Stand und dem Vermögen des Verstorbenen angemessen sei, wird erst durch ergänzende Beweisaufnahmen, allenfalls durch Vernehmung eines Sachverständigen, zu klären sein.

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