OGH 2Ob579/88

OGH2Ob579/886.12.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm P***, Pensionist, Heiliger Weg 17, D-4600 Dortmund 1, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Dietrich Clementschitsch und Dr. Wolfgang Flucher, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei R*** St. Andrä im Lavanttal reg.Gen.m.b.H., 9433 St. Andrä im Lavanttal, vertreten durch Dr. Heinz Sacher, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wegen Einwilligung in die Ausfolgung eines Gerichtserlages von S 832.375,-, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 25. November 1987, GZ 3 R 447/87-14, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 10.September 1987, GZ 3 C 1180/87-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.924,35 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 1.265,85, keine Barauslagen) und die mit S 16.698,- bestimmten Kosten des Verfahrens über den Revisionsrekurs (darin Umsatzsteuer von S 1.518,-, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger stellte im vorliegenden Rechtsstreit in seiner beim Bezirksgericht Wolfsberg eingebrachten Klage das Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, in die Ausfolgung des zu 1 Nc 24/87 des Bezirksgerichtes Feldkirchen erliegenden Gerichtserlages von S 832.375,- an ihn einzuwilligen; er erklärte, den Streitgegenstand mit S 20.000,- zu bewerten.

Nach dem Inhalt des im Akt erliegenden Protokolles über die erste Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28.8.1987 (ON 2) trug in dieser Tagsatzung zunächst die klagende Partei die Klage vor und stellte die darin ersichtlichen Sach- und Beweisanträge (Abs 1). Die beklagte Partei bestritt das Klagevorbringen und beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung (Abs 2). Sodann wendete die Beklagte die sachliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Wolfsberg ein, weil der für die Zuständigkeit maßgebliche Streitwert S 832.375,- betrage; sie stellte daher den Antrag, die Klage zurückzuweisen. Schließlich bemängelte die Beklagte die Bewertung des Streitgegenstandes durch den Kläger; dann trug sie im einzelnen substantiierte Sacheinwendungen gegen den Klagsanspruch vor. Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Frage der Zuständigkeit ein.

Mit Beschluß vom 10.9.1987 (ON 3) erklärte sich das Bezirksgericht Wolfsberg zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache sachlich unzuständig und wies die Klage zurück. Es begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß bei Ansprüchen auf Ausfolgung eines gerichtlichen Erlages dessen Höhe für den Streitwert maßgebend sei. Da im vorliegenden Fall die Zustimmung zur Ausfolgung eines gerichtlichen Erlages von S 832.375,- verlangt werde, sei für die Entscheidung dieser Rechtssache nicht das Bezirksgericht, sondern der Gerichtshof erster Instanz zuständig.

Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde vom Kläger mit Rekurs bekämpft (ON 4).

Am 2.10.1987 langte ein Ersuchen der Beklagten um Berichtigung des Protokolles über die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28.8.1987 beim Erstgericht ein, in dem im wesentlichen geltend gemacht wurde, daß die Beklagte in dieser Tagsatzung zunächst die Einrede der Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Wolfsberg erhoben, dann den vom Kläger angegebenen Streitwert bemängelt und dann erst das Klagebegehren bestritten und Klagsabweisung beantragt habe (ON 5).

Mit Beschluß vom 5.10.1987 (ON 6) berichtigte das Erstgericht das Protokoll über die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28.8.1987 dahin, daß der zweite Absatz mit dem Text "Die beklagte Partei bestreitet das Klagevorbringen und beantragt kostenpflichtige Klagsabweisung" zu entfallen habe. Auch diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde vom Kläger mit Rekurs bekämpft (ON 10).

Mit Beschluß vom 25.11.1987 (ON 13) gab das Rekursgericht dem Rekurs des Klägers gegen den Beschluß des Erstgerichtes ON 6 Folge und änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es den Antrag der Beklagten auf Berichtigung des Protokolles über die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28.8.1987 zurückwies. Gleichfalls mit Beschluß vom 25.11.1987 (ON 14) gab das Rekursgericht dem Rekurs des Kläges gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 10.9.1987 (ON 3) Folge; es änderte diese Entscheidung im Sinne der Verwerfung der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit ab. Dazu führte das Rekursgericht im wesentlichen aus, daß im vorliegenden Fall der Streitwert S 832.375,- betrage und es auf eine abweichende Bewertung durch den Kläger nicht ankomme. Nach dem Inhalt des gemäß § 215 ZPO vollen Beweis machenden Protokolles über die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28.8.1987 habe die Beklagte zunächst das Klagevorbringen bestritten und die Abweisung der Klage beantragt und sich damit in die Verhandlung in der Hauptsache eingelassen. Erst dann habe sie die Einrede der (prorogablen) Unzuständigkeit erhoben. Im Sinne der Vorschrift des § 441 ZPO könne daher die von der Beklagten eingewendete sachliche Unzuständigkeit des Erstgerichtes nicht mehr wahrgenommen werden.

Infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Rekursgerichtes vom 25.11.1987 (ON 13) änderte der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 14.6.1988, 2 Ob 502/88 (ON 19), diese Entscheidung des Rekursgerichtes dahin ab, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wurde.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes vom 25.11.1987 (ON 14) richtet sich der nunmehr vorliegende Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern. Der Kläger hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Revisionsrekurs der Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch sachlich berechtigt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seinem in diesem Verfahren ergangenen Beschluß vom 14.6.1988, 2 Ob 502/88, ausgeführt, daß nach Lehre und Rechtsprechung bei Klagen auf Zustimmung zur Ausfolgung eines gerichtlichen Erlages dieser Erlagsbetrag den Streitwert bestimmt, daß hier eine Bewertung des Streitgegenstandes durch den Kläger oder das Gericht nicht stattzufinden hat (Fasching, Kommentar I 353; SZ 15/102; GesRZ 1978,82 uva) und daß daher der im vorliegenden Fall maßgebliche Streitwert S 832.375,- beträgt. Zur Entscheidung über die vorliegende Klage ist daher im Sinne der §§ 49, 50 JN nicht das Bezirksgericht, sondern der Gerichtshof sachlich zuständig. Wie sich aus dem (nunmehr rechtskräftig berichtigten) Protokoll über die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28.8.1987 ergibt, hat die Beklagte die Einrede der (prorogablen) sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichtes erhoben, bevor sie sich in die Verhandlung über die Hauptsache einließ. Es steht somit die Vorschrift des § 441 zweiter Satz ZPO der Stattgebung dieser berechtigten Unzuständigkeitseinrede nicht entgegen. Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses der Beklagten der angefochtene Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens und des Verfahrens über den Revisionsrekurs beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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