OGH 2Ob569/88

OGH2Ob569/8830.8.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Niederreiter als Richter in der Pflegschaftssache des mj. Patrick W***, geboren am 27. September 1985, infolge Revisionsrekurses des Vaters Franz W***, derzeit ohne Beruf, Unterkainisch 40, 8990 Bad Aussee, vertreten durch Dr. Hans Skroch, Rechtsanwalt in Bad Aussee, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 27. Mai 1988, GZ R 5/88-48, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bad Aussee vom 4.12.1987, GZ P 8/87-39, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am 27.9.1985 geborene Patrick W*** ist ein eheliches Kind des Franz und der Anita W***. Die Eltern des Kindes leben seit Ende 1986 dauernd getrennt; der Vater lebt bei seinen Eltern in Unterkainisch (Bad Aussee), die Mutter in Wels. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 16.September 1987, 2 C 9/87-11, wurde die Ehe der Eltern des Kindes aus dem überwiegenden Verschulden des Vaters geschieden. Ob dieses Urteil bereits in Rechtskraft erwachsen ist, ist dem Akt nicht zu entnehmen.

Das Kind befand sich nach der Trennung der Eltern zunächst beim Vater.

Zu Beginn des Jahres 1987 stellten sowohl der Vater als auch die Mutter den Antrag, ihnen die Elternrechte allein zu übertragen (ON 1 und 2).

Mit rechtskräftigem Beschluß vom 23.7.1987 (ON 10) räumte das Erstgericht der Mutter ein Besuchsrecht dergestalt ein, daß es sie ermächtigte, das Kind an jedem ersten und dritten Wochenende im Monat am Freitag um ca 14 Uhr beim Vater abzuholen und mit dem Kind nach Wels zu fahren; in diesem Beschluß wurde die Mutter verpflichtet, das Kind sodann jeweils bis spätestens Sonntag 19 Uhr dem Vater in dessen Wohnung in Bad Aussee zurückzustellen. Im August 1987 brachte die Mutter nach Ausübung des ihr zuerkannten Besuchsrechtes das Kind nicht mehr zum Vater zurück. Gegen sie zur Durchsetzung der Rückstellung des Kindes an den Vater rechtskräftig angeordnete Maßnahmen nach § 19 AußStrG (ON 19, 23) blieben erfolglos.

Mit Beschluß vom 9.9.1987 (ON 25) übertrug das Erstgericht die Elternrechte dem Vater. Diese Entscheidung wurde über Rekurs der Mutter mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 22.10.1987 (ON 36) aufgehoben; dem Erstgericht wurde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Seither erfolgte keine Entscheidung über die Zuteilung der Elternrechte.

Die Mutter stellte den Antrag, den Vater ab 20.8.1987 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.000,- für das Kind zu verhalten (ON 20).

Der Vater sprach sich dagegen aus.

Das Erstgericht wies diesen Antrag der Mutter im wesentlichen mit der Begründung ab, daß der Vater eines Kindes zu einer Geldalimentation des ohne seinen Willen außer Haus lebenden Kindes nicht verpflichtet sei. Er habe auch nicht generell oder grundsätzlich für einen Geldunterhalt des gegen seinen Willen von der Mutter aus dem ehelichen Haushalt verbrachten Kindes aufzukommen, sondern es sei hiebei zu beurteilen, bei welchem Elternteil das Wohl des Kindes besser gewährleistet sei. Im vorliegenden Fall, in dem sich das Kind durch ein Zuwiderhandeln der Mutter gegen anderslautende rechtskräftige Beschlüsse in ihrer Gewahrsame befinde, habe die Mutter kein Recht, vom Vater einen Geldunterhalt für das Kind zu verlangen.

Dem gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Rekurs der Mutter gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es hob die Entscheidung des Erstgerichtes auf und trug diesem eine neuerliche, nach Verfahrensergänzung zu fällende Entscheidung auf. Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, mangels einer Entscheidung über die Zuteilung der Elternrechte an den Vater sei dessen Begehren, den Unterhalt für das Kind durch Naturalverpflegung im eigenen Haushalt zu leisten, nicht berechtigt. Lediglich durch Zuteilung des Kindes infolge Gerichtsbeschlusses oder durch Einigung der Eltern erlange der Vater das Recht zur Naturalverpflegung. Stehe ihm aber dieses Recht nicht zu, müsse er seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung durch Leistung einer Geldrente nachkommen. Der Vater habe daher im vorliegenden Fall entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes Geldunterhalt zu leisten. Es müßten die Lebensverhältnisse der Eltern erhoben und die Behauptungen des Vaters über seine Einkommensverhältnisse auf ihre Richtigkeit überprüft werden.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig. Im außerstreitigen Verfahren ist auch gegen Aufhebungsbeschlüsse grundsätzlich ein Rechtsmittel zulässig (EFSlg.39.713 uva). Die Frage, ob der Vater zur Leistung von Geldunterhalt für ein gegen seinen Willen bei der Mutter befindliches Kind verpflichtet ist, betrifft nicht die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche im Sinne des § 14 Abs 2 AußStrG. Sachlich ist das Rechtsmittel des Vaters aber nicht berechtigt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals entschieden und hält auch diesfalls daran fest, daß, zumindest solange eine Entscheidung über die Zuteilung der Elternrechte nicht vorliegt, der Vater für das von der Mutter - wenn auch gegen seinen Willen - außerhalb seines Haushaltes untergebrachte Kind die Unterhaltsleistung in Geld nicht mit dem Hinweis darauf verweigern kann, die Mutter entziehe ihm das Kind widerrechtlich. Die Entziehung des Unterhaltes für das Kind kann kein zulässiges Mittel dafür abgeben, die mit rechtlichen Maßnahmen zu erwirkende Rückgabe des Kindes in die Verpflegung des Vaters zu erzwingen (EFSlg 25.587 mwN; EFSlg 28.674). Die Fälle, in denen ausgesprochen wurde, der Unterhaltspflichtige könne nicht zum Ersatz der Kosten von Unterhaltsleistungen verhalten werden, wenn der Unterhalt dem Kind gegen seinen Willen außerhalb seines Haushaltes gereicht wurde, waren solche, in denen das Sorgerecht dem Unterhaltspflichtigen zuerkannt (SZ 28/112) oder dem Verwendungskläger verweigert war (EvBl 1961/289).

Bei geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten hat das Gericht, wenn keine entsprechende Vereinbarung der Eltern besteht, im Sinne des § 177 Abs 2 ABGB zu entscheiden, welchem Elternteil die Elternrechte künftig allein zustehen. Der eheliche Vater kann nur dann das berechtigte Begehren stellen, den Unterhalt des Kindes im eigenen Haushalt als Naturalverpflegung zu leisten, wenn ihm das Kind in diesem Sinne überlassen wird (EFSlg 25.588). Im vorliegenden Fall wurde eine Entscheidung im Sinne des § 177 Abs 2 ABGB bisher nicht getroffen. Die Anordnungen, die das Erstgericht im Zusammenhang mit der von ihm getroffenen Besuchsrechtsregelung traf, sind keine Entscheidung im Sinne dieser Gesetzesstelle.

Zutreffend hat das Rekursgericht daher erkannt, daß der Vater die ihm auf Grund des Gesetzes obliegende Unterhaltsleistung für das Kind (§ 140 ABGB) nicht mit dem Hinweis darauf verweigern kann, er sei mit der Unterbringung und Betreuung des Kindes im Haushalt der Mutter nicht einverstanden.

Dies mußte, da die erforderlichen Feststellungen zur Höhe des Unterhaltsanspruches des Kindes nicht getroffen wurden, zwangsläufig zur Aufhebung der Entscheidung des Erstgerichtes führen. Dem Revisionserkurs des Vaters muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

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