Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.348,80 (darin enthalten S 724,80 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger machte am 28.6.1982 gegen Dr.Viktor Franz P***** das Entgelt für im Jahr 1981 auftragsgemäß geleistete Tischlerarbeiten geltend. Am 21.12.1982 starb Dr.Viktor Franz P*****. Die Beklagten sind je zur Hälfte seine Erben mit der Rechtwohltat des Inventars. Nach Bekanntgabe der Bestellung eines Verlassenschaftskurators setzte der Kläger den unterbrochenen Prozeß gegen die Verlassenschaft fort. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 11.9.1984 führte die beklagte Partei unter anderem aus, daß die im Verlassenschaftsverfahren durchgeführte Gläubigerkonvokation ergeben habe, daß "die Aktiven nicht zur Abdeckung der Passiven ausreichen, und daher der Kläger nur quotenmäßige Deckung begehren könne" (AS 35). Mit Schritsatz vom 24.4.1987 gab der Verlassenschaftskurator bekannt, daß der Nachlaß mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, GZ 7 A 927/82-717, den beiden Beklagten je zur Hälfte eingeantwortet und er seines Amtes enthoben wurde (ON 41). In der Verhandlungstagsatzung vom 28.10.1987 (On 47) berichtigte der Kläger die Bezeichnung der beklagten Partei auf die beiden Beklagten. Gegen den Erstbeklagten trat in dieser Verhandlungstagsatzung Ruhen des Verfahrens ein. Nach dem Scheitern eines in dieser Tagsatzung in Aussicht gestellten außergerichtlichen Vergleichs mit der Zweitbeklagten beantragte der Kläger am 7.1.1988 die Verfahrensfortsetzung. In der Tagsatzung vom 3.3.1988 wurde über Antrag des Klägers, welchem die Zweitbeklagte zustimmte, das Verfahren "bis zur Feststellung des Reinnachlasses im Verlassenschaftsverfahren 7 A 927/82 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien hinsichtlich des Hälfteanteiles der Zweitbeklagten, längstens jedoch bis 31.1.1991 mit der Eröffnung, daß eine Verfahrensfortsetzung nur über Parteienantrag stattfinde, unterbrochen (ON 51, 52). Diesem Antrag lag die Erwartung zugrunde, daß bis zu dem Zeitpunkt der Reinnachlaß der Zweitbeklagten geklärt sein werde.
Am 22.3.1991 beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens. Er brachte vor, erst am 19.3.1991 die Möglichkeit zur Einsicht in den Verlassenschaftsakt bekommen zu haben, und gab die aus diesem Akt ersehene Tatsache bekannt, daß mit dem Beschluß vom 11.3.1987, ON 717 das Inventar mit Aktiven von S 4,069.352,41 zu Gericht angenommen und von der Aufnahme der Passiven gemäß § 105 AußStrG Abstand genommen wurde, sowie daß kein Nachlaßkonkursantrag gestellt wurde.
Die Zweitbeklagte wendete Verjährung der Klagsforderung wegen nicht fristgerechter Verfahrensfortsetzung ein und brachte zur Überschuldung des Nachlasses vor, "das Verlassenschaftsverfahren sei finanziell noch nicht abgeschlossen, da noch rund 15 Aktiv- und Passivprozesse mit einem Gesamtstreitwert von ca 1,7 Mio S anhängig seien, aber selbst wenn diese Prozesse günstig ausgingen, unter dem Strich nichts überbleibe". Dazu legte sie eine von ihr selbst verfaßte Aufstellung der Aktiven und Passiven zum Akt (Beil I). Zum "Nachweis der Nachlaßüberschuldung" beantragte sie ferner die Beischaffung zahlreicher Prozeß- und Exekutionsakten (AS 135).
Der unbezahlte restliche Werklohn des Klägers für die klagsgegenständlichen Tischlerarbeiten beträgt S 115.881,10 (dies ist nicht mehr bestritten).
Das Erstgericht verpflichtete die Zweitbeklagte unter - unbekämpft gebliebener - Abweisung eines Mehrbegehrens von S 1.000,-- sA zur Zahlung der Hälfte des offenen restlichen Werklohnes. Es stützte seine Entscheidung noch auf folgende weitere Feststellungen: Der Kläger meldete im Verlassenschaftsverfahren nach Dr.Viktor Franz P***** die Klagsforderung gegen den Nachlaß am 7.3.1983 an. Am 20.12.1983 fand in diesem Verfahren eine Gläubigerkonvokation statt, bei welcher die Klagsforderung und eine große Anzahl anderer Forderungen bestritten wurden. Während des Verlassenschaftsverfahrens wurde insbesondere über Betreiben der Zweitbeklagten eine große Anzahl von Gerichtsverfahren, sowohl auf der Aktiv-, als auch auf der Passivseite durchgeführt. Derzeit sind "nach Behauptung der Zweitbeklagten" noch ca 15 Verfahren anhängig. Am 11.3.1987 wurde der Nachlaß nach Durchführung eines komplizierten Abhandlungsverfahrens den Beklagten aufgrund ihrer bedingten Erbserklärungen je zur Hälfte eingeantwortet. In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht den Verjährungseinwand der Zweitbeklagten als unberechtigt und verwies diese mit ihrem weiteren Einwand, der Kläger könne wegen Überschuldung des Nachlasses nur quotenmäßige Befriedigung begehren, in das allfällige Exekutionsverfahren.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die beschränkte Haftung des mit der Rechtswohltat des Inventars eingeantworteten Erben bedeute keine Exekutionsbeschränkung, sondern sei nach herrschender Auffassung eine im Prozeß einzuwendende und zu prüfende Minderung der materiellrechtlichen Verpflichtungen. Es sei aber nicht Sache des Gläubigers, im Verfahren zu behaupten und zu beweisen, daß der Nachlaß zur Befriedigung seiner Forderung nicht (?) ausreiche, vielmehr habe der Schuldner die Unzulänglichkeit des Nachlasses konkret einzuwenden und zu beweisen. Mit der Klage nach § 35 EO könne eine solche Forderungskürzung nur dann geltend gemacht werden, wenn die gänzliche oder teilweise Unzulänglichkeit des Nachlasses und damit das entsprechende Erlöschen der gegen die Verlassenschaft bzw die Erben betriebenen Forderung nicht schon im Titelprozeß geltend gemacht hätte werden können. Dies habe die Rechtsprechung bisher aber nur dann angenommen, wenn das Ergebnis einer Gläubigerkonvokation nicht vor Schluß der Verhandlung erster Instanz eingewendet hätte werden können (JBl 1984, 317). Von einem Ergebnis der Gläubigerkonvokation könne aber erst dann gesprochen werden, wenn die Höhe aller Aktiva und Passiva endgültig feststehe. Denn sonst könne die Zweitbeklagte das von der Rechtsprechung geforderte konkrete Vorbringen über die Kürzung der klägerischen Forderung bei konkursmäßiger Befriedigung unter nachvollziehbarer Darstellung aller Aktiva und Passiva und unter Rücksichtnahme auf die Rangordnung der Forderungen für ihre Befriedigung nicht erstatten. Das Erstgericht habe sohin mit Recht die Überprüfung der Forderungskürzung unterlassen. Der Verjährungseinwand der Zweitbeklagten sei verfehlt, weil angesichts des Zwecks der Verfahrensunterbrechung, der auch mit Ablauf der Unterbrechungsfrist noch nicht erreicht war, der rund eineinhalb Monate nach dem Ende der Unterbrechungsfrist eingebrachte Verfahrensfortsetzungsantrag noch nicht den Schluß auf ein mangelndes Interesse des Klägers an der Verfahrensfortführung zulasse.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der Zweitbeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO), ist die betragsbeschränkte Haftung des bedingt erbserklärten Erben keine Exekutionsbeschränkung, sondern vielmehr eine Minderung der materiellrechtlichen Verpflichtung, die deshalb schon im (Titel)Prozeß einzuwenden und zu prüfen ist. Dabei obliegt es dem Erben (als Schuldner), die Unzulänglichkeit des Nachlasses konkret einzuwenden und zu beweisen. Diese Einwendung kann nur dann mittels Oppositionsklage geltend gemacht werden, wenn sie nicht schon im Titelverfahren erhoben hätte werden können (NZ 1991, 249; JBl 1984, 317; SZ 49/77 ua zuletzt 8 Ob 626/93; Welser in Rummel2 Rz 8 zu § 802 mwN). Dieser Einwand eines Erben muß jedoch derart konkret sein, daß er vom Prozeßgericht in einem darüber abzuführenden Beweisverfahren einer endgültigen Klärung in der Richtung zugänglich ist, ob und in welchem Maße eine Kürzung der Gläubigerforderung einzutreten hat. Der Verweis des Erben auf seine bedingte Erbserklärung, die (Tatsache der stattgefundenen) Gläubigerkonvokation gemäß §§ 133 ff AußStrG und eine Überschuldung des Nachlasses (wie mit der Aufstellung Blg I genügen hiezu ebensowenig wie der Hinweis auf an den Erben gestellte, noch offene (von ihm bestrittene) Forderungen (NZ 1991, 249; SZ 49/77 ua; 8 Ob 626/93). Dies trifft aber auch für den Hinweis auf "noch offene Aktiv- und Passivprozesse mit einem Streitwert von rund 1,7 Mio S" zu, weil allein daraus weder konkrete Schlußfolgerungen auf den tatsächlichen Status des Nachlaßvermögens möglich sind, noch die dem Vorbehaltserben nach der Einantwortung obliegende Befriedigung der Gläubiger nach der gesetzlichen Ordnung (siehe hiezu ausführlich NZ 1991, 249) nachvollzogen werden kann. Abgesehen davon, daß in einem Titelprozeß wie dem vorliegenden eine hypothetische und (wegen der Verschiedenheit der Parteien) ohne Bindungswirkung ausgestattete Klärung solcher Streitpunkte die Grenzen des beiden Parteien Zumutbaren übersteigt, geht doch aus dem Einwand der Beklagten mit Deutlichkeit hervor, daß ihr zur Zeit (des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz) die exakte Angabe des für die Beurteilung ihres Quotierungseinwandes maßgeblichen Vermögensstandes der Verlassenschaft nicht möglich ist. Für diese Beurteilung wären im übrigen nicht bloß die Tatsache des Bestandes einer Nachlaßüberschuldung durch Gegenüberstellung der Aktiven und der Passiven wesentlich, sondern auch andere Umstände, wie etwa die Anmeldung (oder Nichtanmeldung) der offenen Forderungen bei der Gläubigerkonvokation, oder der Zeitpunkt ihrer (teilweisen) Bezahlung sowie auch die richtige Bewertung der Nachlaßaktiven, zumal die im Verlassenschaftsverfahren ohne Mitwirkung der Gläubiger angenommenen Werte nicht bindend sind, und dergleichen mehr. Hätte die Zweitbeklagte ernstlich die Kürzung der klägerischen Forderung wegen Überschuldung des Nachlasses angestrebt, wäre es ihr freigestanden, den Nachlaßkonkurs zu beantragen, in welchem die Prüfung aller Forderungen und die entsprechende konkursmäßige Befriedigung bei Vorliegen der Konkursvoraussetzungen vorgenommen worden wäre.
Zutreffend haben daher die Vorinstanzen die Prüfung des Quotierungseinwandes der Zweitbeklagten unterlassen, weil dieser aufgrund der obigen Ausführungen und auch nach ihrem eigenen Prozeßvorbringen die Erstattung exakter Angaben im dargestellten Sinn nicht möglich ist, und dem Kläger die Hälfte seiner, der Höhe nach nicht mehr bestrittenen, Werklohnforderung zugesprochen.
Mit Recht hat das Berufungsgericht auch den Verjährungseinwand der Zweitbeklagten für nicht berechtigt erachtet, wobei es gemäß § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO genügt, auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung zu verweisen, gegen die in der Revision nichts Stichhältiges vorgetragen wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)