OGH 2Ob56/12t

OGH2Ob56/12t24.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Sol, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** M*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei Dr. H***** Z*****, vertreten durch Mag. Dagmar Hoppstädter, Rechtsanwältin in Weißkirchen an der Traun, wegen Unterlassung (Streitwert 7.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 7. Dezember 2011, GZ 22 R 267/11p-18, womit das Urteil des Bezirksgerichts Wels vom 16. August 2011, GZ 5 C 1557/10d-11, abgeändert wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Die Revision wegen Nichtigkeit wird verworfen.

Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird abgeändert und das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.021,42 EUR (darin 228,90 EUR USt und 648 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin der von ihr bewohnten Liegenschaft mit dem Haus S*****straße 5 in *****. Der Beklagte ist ihr Nachbar und bewohnt die Liegenschaft S*****straße 3. Wenn man aus der R*****straße kommt, führt die S*****straße mit einer Breite von etwa 7 m in Richtung Norden. Auf der linken Seite endet im Bereich des Hauses Nr 3 eine Grüninsel und ist die Fahrbahn 8,7 m breit. Unmittelbar nach dieser Grüninsel, die als Fixpunkt bezeichnet wird, ist der Gehsteig durch schräge Steine über eine Länge von 4 m abgeböscht. Hier kann man zur Garage des Hauses Nr 3 zufahren. Danach ist 7 m lang die Gehsteigkante nicht abgeschrägt. Etwa in diesem Bereich, nämlich am Ende der genannten Zufahrtsmöglichkeit, befindet sich das der Straße nächstgelegene Hauseck des Hauses Nr 5. Nach diesen 7 m ist die Gehsteigkante wieder 4 m lang für das Zufahren zur Garage und zum Vorplatz des Hauses Nr 5 abgeschrägt. Ca 8 m nach dem Fixpunkt, also dem Ende der Grüninsel, ist auf der gegenüberliegenden Straßenseite ebenfalls eine Zufahrt zu einem Parkplatz für einen Wohnblock. Hier besteht eine Anböschung durch Granitsteine, die vor der Gehsteigkante angebracht sind. Diese Zufahrtsmöglichkeit ist 7,5 m lang. Ca 5 m danach ist auf der rechten Seite eine in die Fahrbahn ragende Grüninsel. Dort ist die Fahrbahn wieder 7 m breit. In weiterer Folge sind dann rechts immer wieder solche Grüninseln vorhanden. Dazwischen besteht die Möglichkeit zum Parken von Fahrzeugen. Im genannten Bereich der S*****straße besteht eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h. Verkehrszeichen, die das Parken betreffen, sind nicht angebracht.

Das Wohnmobil des Beklagten ist 6,5 m lang, wobei die letzten 80 cm durch einen Fahrradhalter bedingt sind, der am hinteren Ende des Fahrzeugs angebracht ist. Dort beträgt die Höhe nur etwa 80 cm. Das Wohnmobil selbst ist 2,5 m hoch und 2,2 m breit und kann daher knapp zwischen den beiden Zufahrtsmöglichkeiten zu den Häusern Nr 3 und Nr 5 geparkt werden, ohne in diese Zufahrten hineinzuragen. In dieser Parkposition ist das Wohnmobil direkt vor dem Haus der Klägerin.

Durch die Bauart des Wohnmobils ist die Sicht stark behindert, wenn man von der Garage bzw dem Vorplatz des Hauses Nr 5 ausparkt, insbesondere wenn dies rückwärts geschieht. In Richtung R*****straße kann man dann praktisch nicht sehen, bis die Flucht des stehenden Fahrzeugs erreicht wird. In einer solchen Position ragt ein üblicher Pkw bis zu 2,5 m weit in die Fahrbahn hinein und hat somit einen Platzbedarf von fast 5 m. Bei der dortigen Fahrbahnbreite von 8,7 m verbleiben dann 3,7 m. Ein normal rechts fahrender Verkehrsteilnehmer, der sich von der R*****straße her annähert, wird bei diesem Fahrmanöver nicht behindert.

Die Sicht in die andere Richtung ist durch einen Kurvenverlauf mit etwa 40 m begrenzt. In diese Richtung behindert das abgestellte Fahrzeug die Sicht nicht.

Wenn auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Bereich vor oder nach der Zufahrt zum Parkplatz Fahrzeuge parken, könnte es zu einem Unfall kommen, weil Fahrzeuge, die an den geparkten Fahrzeugen vorbeifahren, unweigerlich in den Fahrkanal des ausfahrenden Fahrzeugs geraten. Ein sicheres Ausparken wäre also nur mit Hilfe eines Einweisers möglich.

Die Sichtbehinderung ist geringfügig geringer, wenn die Front des Wohnmobils von der R*****straße weg gerichtet ist. Bei einem Anhalten mit der Front zur R*****straße ist durch den Kastenaufbau des Wohnmobils die Sicht stärker behindert.

Ein Parken des Wohnmobils vor dem Haus des Beklagten wäre nur direkt vor dessen Einfahrt bzw Zufahrt möglich, wobei auch in diesem Fall das Fahrzeug geringfügig in den Bereich des Hauses der Klägerin ragen würde.

Im Bereich, wo die Fahrbahn nur 7 m breit ist, würde aufgrund der Fahrzeugbreite die Restbreite, die dann für den Verkehr zur Verfügung stünde, weniger als 5 m betragen. Auf der gegenüberliegenden Seite vor dem Haus des Beklagten wäre ebenfalls nur knapp ein Anhalten möglich, weil das Wohnmobil dann, wenn es auch hier nicht in den Bereich des Hauses der Klägerin geraten sollte, wieder im Bereich der Grüninsel bzw im nur 7 m breiten Bereich stehen müsste. Dann verbliebe zumindest in einem kleinen Teilbereich nicht die erforderliche Restbreite von 5 m. Ein Parken nach der Grüninsel im 8,7 m breiten Bereich unmittelbar vor der rechts gelegenen Parkplatzzufahrt wäre möglich. Diesfalls wäre zwar für die Ausfahrt aus dem Vorplatz des Hauses der Klägerin die Sicht nicht behindert, wohl aber für die aus dem Parkplatz kommenden Fahrzeuge. Würde die Grüninsel entfernt und wäre die Grundbreite von 8,7 m auch im weiter entfernten Bereich vorhanden, wäre ein Parken auch vor dem Haus des Beklagten möglich.

Der Beklagte erhielt über seinen Antrag mit Bescheid vom 18. 5. 2010 eine straßenpolizeiliche Bewilligung zum Abstellen eines Kraftfahrzeugs ohne polizeiliche Kennzeichentafel (Wechselkennzeichen) befristet bis 31. 5. 2011 auf dem Standpunkt S*****straße auf Höhe Nr 3. Tatsächlich stellt der Beklagte das Wohnmobil ohne Kennzeichen nicht auf der Höhe des Hauses S*****straße 3 ab, sondern vor dem Haus Nr 5, ohne jedoch die abgeschrägte Zufahrtsmöglichkeit und Abfahrtsmöglichkeit zu den Stellplätzen des Hauses, die von der Klägerin benützt werden, in Anspruch zu nehmen.

Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung des Abstellens von Fahrzeugen, insbesondere seines Wohnmobils, auf der Westseite der S*****straße auf Höhe der Liegenschaft Nr 5. Der Beklagte habe sein Wohnmobil ohne Kennzeichen jahrelang vor der Liegenschaft der Klägerin so sichtbehindernd abgestellt, dass das Ein- und Ausfahren zu und von Vorplatz und Garage beträchtlich erschwert werde. Dadurch werde eine massive Gefahrenquelle geschaffen. Das Abstellen des Wohnmobils des Beklagten sei darüber hinaus rechtswidrig, weil es ohne behördliche Kennzeichen erfolge. Die behördliche Genehmigung beziehe sich nämlich nur auf das Abstellen auf Höhe des Hauses des Beklagten, nicht aber auch auf den tatsächlich benützten Platz. Die körperliche Sicherheit der Klägerin und sonstiger Benützer ihrer Haus- und Grundstückszufahrt und das Eigentum der Klägerin würden konkret erheblich gefährdet. Der Beklagte sei nicht bereit, sein Wohnmobil anderswo abzustellen.

Der Beklagte wandte die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein, da es sich beim gegenständlichen Sachverhalt um eine Verwaltungssache handle, die von den Verwaltungsbehörden abzuhandeln sei. Im Übrigen wendete er ein, die von ihm mit seinem Wohnmobil benützte Parkfläche könne von jedermann zum Abstellen von Fahrzeugen benützt werden. Das Wohnmobil befinde sich auch nur auf der vor seiner Liegenschaft befindlichen Parkfläche, die nicht im Eigentum der Klägerin stehe, sodass ihr die Aktivlegitimation fehle. Das Wohnmobil stelle keinerlei Behinderung der Klägerin beim Ein- und Ausfahren dar und rage auch nicht in den abgeschrägten Einfahrtsbereich zur Liegenschaft der Klägerin.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die schon wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, da die Bewilligung des Klägers, das Wohnmobil ohne Kennzeichentafel auf öffentlichem Grund abzustellen, nur im Bereich des Hauses S*****straße 3 erteilt worden sei, habe der Beklagte durch sein Abstellen des Wohnmobils ohne Kennzeichen beim Haus S*****straße 5 gegen § 82 Abs 2 StVO verstoßen. Da das Abstellen jedoch auf öffentlichem Grund erfolgt sei, sei die Klägerin nicht aktiv legitimiert. Dies wäre sie nur dann, wenn durch das Abstellen ihr Zu- und Abfahrtsbereich versperrt oder teilweise versperrt wäre. Hätte das Wohnmobil ein ordnungsgemäßes Kennzeichen, wäre das Abstellen an der betreffenden Stelle rechtmäßig, auch wenn es die Sicht beim Ausfahren von den Stellplätzen der Klägerin behinderte. Ein gesetzlicher Anspruch auf Unterlassen des Parkens oder Abstellens von Fahrzeugen, die eine Ausfahrt sichtmäßig behinderten, bestehe nicht. Der Klägerin bleibe die Möglichkeit einer Anzeige bei der Polizei.

Auf den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs ging das Erstgericht nicht ein.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und dem Klagebegehren statt und führte Folgendes aus: Das Eigentum einer an einer Straße mit Gehsteig liegenden Liegenschaft umfasse auch das Recht, über den Gehsteig im Bereich der Abschrägung von der Liegenschaft auf die öffentliche Straße zu gelangen. Ein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht liege in einem solchen Fall nicht nur dann vor, wenn ein auf der Straße abgestelltes Fahrzeug in die durch die Gehsteigabschrägung gekennzeichnete Ausfahrt rage oder diese ganz verstelle, es genüge vielmehr, dass ein abgestelltes Fahrzeug im Bereich der Einfahrt eine Erschwerung der Ausübung des Ausfahrtsrechts darstelle, wenn also das Zu- und Abfahren erheblich erschwert oder gefährlich werde. Sowohl bei der Besitzstörung als auch bei einem Eingriff in das entsprechende Eigentum bestehe daher ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch. Nach Reischauer stehe selbst in Verbindung mit dem öffentlichen Straßenverkehr unter Umständen eine Unterlassungsklage gegen einen Gefährdenden zu. In diesem Sinn habe das Landesgericht Innsbruck der Unterlassungsklage eines Radfahrers, der eine bestimmte Strecke immer wieder befahren habe und befahren werde, gegen den Lenker eines Linienbusses stattgegeben, der ihn zweimal hintereinander in einem zu geringen Seitenabstand überholt habe. Wenn ein Verkehrsteilnehmer vor einer Hausausfahrt einen bestimmten Hausbewohner schon mehrmals gefährdet habe, so sei eine künftige Gefährdung auch für jene die Ausfahrt benützenden Hausbewohner gegeben, die bisher (zufälligerweise) noch nicht konkret gefährdet worden seien. Bei Anwendung dieser Ansicht Reischauers auf den konkreten Fall ergebe sich „zweifellos“ ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten infolge der Gefährdung ihres Eigentumsrechts bzw auch ihrer körperlichen Integrität, zumal das Ausfahren aus dem Grundstück der Klägerin infolge der durch das abgestellte Wohnmobil massiv eingeschränkten Sichtmöglichkeit, die das Beiziehen eines Einweisers erfordere, der nicht immer zur Verfügung stehe, wesentlich gefährlicher werde. §§ 82 f StVO seien Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB, deren Zweck der Schutz der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sei. Zum Verkehr in seiner Gesamtheit zählten auch aus Grundstückseinfahrten herausfahrende Fahrzeuge, sodass zwischen dem Verstoß des Beklagten gegen § 82 StVO und der Gefährdung der Klägerin beim Ausfahren aus ihrem Grundstück „zweifellos“ auch der Rechtswidrigkeitszusammenhang gegeben sei. Die Verletzung des Schutzgesetzes durch den Beklagten gebe der Klägerin den klageweise geltend gemachten Unterlassungsanspruch.

Mit dem Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs setzte sich auch das Berufungsgericht nicht auseinander.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, zumal zwar Entscheidungen zu vergleichbaren Sachverhalten im Besitzstörungsverfahren existierten, eine entsprechende oberstgerichtliche Rechtsprechung zu Unterlassungsklagen aufgrund von entgegen den Bestimmungen der StVO abgestellten Fahrzeugen nicht habe aufgefunden werden können.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Beklagen aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen. Hilfsweise wird die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils beantragt, hilfsweise dazu die Aufhebung und die Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils berechtigt.

Der Beklagte wiederholt in der Revision den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs mit der bereits in erster Instanz gegebenen Begründung. In der Rechtsrüge führt er zusammengefasst aus, bei den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen seien Gefährdungen aufgrund von rechtswidrigem Verhalten erfolgt. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte sein Wohnmobil innerhalb der öffentlichen Parkfläche abgestellt und daher gegen keine Normen verstoßen. Mangels rechtswidrigen Verhaltens bestehe der Unterlassungsanspruch nicht zu Recht. Wenn die Klägerin von ihrer Grundstückszufahrt ausfahre, befinde sie sich überdies gemäß § 19 Abs 6 StVO stets im Nachrang, daher nicht im fließenden Verkehr und sei somit nicht vom Schutzzweck des § 82 StVO erfasst.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

1. Zur geltend gemachten Nichtigkeit:

Die Vorinstanzen haben sich weder im Spruch ihrer Entscheidungen noch in den Gründen (RIS-Justiz RS0043405 [T21]) mit der vom Beklagten erhobenen Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs befasst. Dem Obersten Gerichtshof ist daher die Prüfung dieses Einwands nicht verwehrt.

Die Nichtigkeit liegt jedoch nicht vor. Die Klägerin macht nicht den im Verwaltungsverfahren zu entscheidenden Anspruch des Staats auf verwaltungsrechtliche Bestrafung des Klägers wegen Verstoßes gemäß § 82 Abs 2 StVO, sondern vielmehr einen auf verschiedene Umstände gestützten zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend. Ein solcher gehört vor die ordentlichen Gerichte.

Die Revision wegen Nichtigkeit war somit zu verwerfen.

2. Zur Rechtsrüge:

Aufgrund der gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts allseitig zu prüfen. Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf ihr Eigentumsrecht, ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf die Verletzung von Schutzgesetzen.

2.1. Zum behaupteten Eigentumseingriff:

Das Berufungsgericht hat im Gefolge von Kodek, Besitzstörung 298, dadurch, dass das Aus- und Einfahren für die Klägerin erheblich erschwert oder gefährlich werde, eine Besitzstörung durch den Beklagten und somit auch einen Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin bejaht.

Diesen Ausführungen ist Folgendes zu entgegnen: Gemäß § 24 Abs 3 lit b StVO ist das Parken vor Haus- und Grundstückseinfahrten verboten. Nach den ErlBem zur StVO (zitiert bei Pürstl, StVO13 § 24 Anm 14) kann von einer Hauseinfahrt nicht gesprochen werden, wenn die Randsteine des Gehsteigs vor einem Haustor nicht abgeschrägt sind. Das Parkverbot gemäß § 24 Abs 3 lit b StVO gelte nur auf die Breite und nur unmittelbar vor der Einfahrt.

Da nach den Feststellungen das Wohnmobil des Beklagten nicht in den Bereich des abgeschrägten Gehsteigs im Bereich der Zufahrt zum Stellplatz bzw zur Garage der Klägerin hineinragte, hat der Beklagte somit nicht gegen § 24 Abs 3 lit b StVO verstoßen. Trüge sein Wohnmobil ein behördliches Kennzeichen, wäre es an der festgestellten Stelle rechtmäßig geparkt. Nach Kodek, Besitzstörung 300, stellt ein nach der StVO zulässiges Parken, auch wenn dieses zwangsläufig Auswirkungen auf die Parkmöglichkeiten anderer Fahrzeuge hat, jedenfalls keine Besitzstörung dar.

Unter Besitzstörung versteht man jede tatsächliche Beeinträchtigung der Herrschaft (Kodek in Fasching/Konecny 2, § 454 Rz 36). Da aber die tatsächliche Beeinträchtigung unabhängig davon ist, ob ein dort abgestelltes Wohnmobil ein Kennzeichen trägt oder nicht, folgt daraus, dass der Beklagte durch sein Abstellen an der festgestellten Stelle den Besitz der Klägerin nicht gestört hat. Daher liegt auch der vom Berufungsgericht aufgrund einer Besitzstörung bejahte Eingriff in das „entsprechende“ Eigentum der Klägerin nicht vor. Auf einen Eigentumseingriff kann der Unterlassungsanspruch somit nicht gegründet werden.

2.2. Zur behaupteten Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Klägerin:

Soweit sich das Berufungsgericht auf die Ausführungen von Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1294 Rz 26, und die Entscheidung des Landesgerichts Innsbruck, ZVR 1998/36, stützt, wird Folgendes erwogen:

Reischauer aaO führt weiter aus, für eine Unterlassungsklage im Straßenverkehr müsse - wie auch sonst - eine konkrete Gefährdung der körperlichen Integrität oder sonstiger absoluter Rechtsgüter einer bestimmten Person durch denselben Gefährder drohen.

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist ein von der Rechtsordnung als absolut anerkanntes Persönlichkeitsrecht (RIS-Justiz RS0008996; RS0023550). Es gibt eine allgemeine Rechtspflicht, niemanden in seiner Sicherheit zu gefährden (RIS-Justiz RS0023559). Die Gefährdung absolut geschützter Rechte ist grundsätzlich verboten (RIS-Justiz RS0022946). Das Persönlichkeitsrecht auf körperliche Unversehrtheit löst individuelle zivilrechtliche Ansprüche, insbesondere einen Unterlassungsanspruch aus (RIS-Justiz RS0008993 [T3]).

Wer also von einem anderen in seiner körperlichen Integrität konkret gefährdet wird oder wem eine solche Gefährdung droht, hat gegen den Gefährdenden bei Wiederholungsgefahr einen Unterlassungsanspruch. Nur darauf gestützt hat das Landesgericht Innsbruck in der Entscheidung ZVR 1998/36 den Unterlassungsanspruch des klagenden Radfahrers bejaht, der vom beklagten Busfahrer wiederholt in einem zu knappen und daher gefährdenden Seitenabstand überholt bzw „geschnitten“ wurde. Hier war die unmittelbare konkrete Gefährdung der körperlichen Integrität des Klägers evident, weshalb entsprechend der zitierten Rechtsprechung dem Unterlassungsbegehren stattgegeben wurde, ohne dass ein allfälliger Verstoß gegen Gebote oder Verbote der StVO geprüft werden musste.

Im vorliegenden Fall liegt eine dem Fall von ZVR 1998/36 vergleichbare konkrete Gefährdung der körperlichen Integrität der Klägerin durch das geparkte Wohnmobil nicht vor, weshalb darauf ein Unterlassungsanspruch nicht erfolgreich gestützt werden kann.

2.3. Zur behaupteten Verletzung von Schutzgesetzen durch den Beklagten:

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das Parken seines Wohnmobils an der festgestellten Stelle, für die die Bewilligung nicht erteilt wurde, ohne Kennzeichentafeln gemäß § 82 Abs 2 StVO verboten. Der Beklagte hat daher durchaus rechtswidrig gehandelt.

Gemäß § 82 Abs 1 StVO ist für die Benützung von Straßen zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs eine Bewilligung erforderlich. Die §§ 82 und 83 StVO sind Schutznormen im Sinne des § 1311 ABGB, deren Zweck der Schutz der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs ist (RIS-Justiz RS0027673; vgl auch RS0027655).

Zunächst ist hier zu bedenken, dass ja dieselbe Sichtbehinderung auch vorläge, wenn das Wohnmobil des Beklagten mit einer Kennzeichentafel versehen und daher dort rechtmäßig geparkt wäre.

Ob hier der Rechtswidrigkeitszusammenhang gegeben ist, kann aber letztlich dahingestellt bleiben: Selbst wenn man den Rechtswidrigkeitszusammenhang bejahte, könnte die Klägerin zwar im Schadensfall allenfalls einen auf § 82 Abs 2 StVO iVm § 1311 ABGB gestützten Schadenersatzanspruch geltend machen. Für einen Unterlassungsanspruch eines Verkehrsteilnehmers gegen einen anderen aufgrund dessen Verstoßes gegen eine Vorschrift der StVO fehlt aber eine Anspruchsgrundlage. So meint auch Reischauer aaO zutreffend, mit der Unterlassungsklage könne nicht die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung schlechthin gegen Beliebige erzwungen werden. Als Popularklage tauge sie nicht.

Die Ahndung von Verstößen gegen die StVO steht somit grundsätzlich den Verwaltungsbehörden, nicht aber Privaten im Weg der Unterlassungsklage zu.

3. Da sich bereits aus diesen rechtlichen Erwägungen die nicht bestehende Berechtigung des Klagsanspruchs ergibt, erübrigt sich eine Behandlung der Rüge von Verfahrensmängeln.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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