Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie - einschließlich der unangefochten gebliebenen Spruchteile - wie folgt zu lauten haben:
Die beklagten Parteien sind schuldig, Schallimmissionen auf die Wohnungen der Klägerin im Hause *****, im 3., 4. und 5. Stock, und zwar sowohl Körper- als auch Luftschall, welche durch den Betrieb der Personenliftanlage im Haus *****, entstehen, soweit zu unterlassen, als sie einen Schallpegel von C30 dB A - gemessen in auch nur einer der vorgenannten Wohnungen der Klägerin - überschreiten.
Die beklagten Parteien sind weiters schuldig, an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen ganztägig sowie an allen Tagen in den Nachtstunden von 22 Uhr bis 7 Uhr durch den Betrieb dieser Personenliftanlage ausgehenden Lärm, durch den die Sonn- und Feiertagsruhe sowie die nächtliche Ruhe in diesen Wohnungen der Klägerin gestört wird, zu unterlassen.
Das darüber hinausgehende Mehrbegehren wird abgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit 46.931,94 S (hierin enthalten anteilig 5.257,50 S Barauslagen und 7.234,49 S Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zu Handen ihrer Vertreterin binnen 14 Tagen 6.625 S an anteiliger Pauschalgebühr des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Im Übrigen werden die Kosten des Revisionsverfahrens gegeneinander aufgehoben.
Entscheidungsgründe:
Die ursprünglich zweitbeklagte Partei G*****, deren Parteienbezeichnung im Verfahren erster Instanz zufolge Verschmelzung mit der nunmehr aus dem Kopf dieser Entscheidung hervorgehenden zweitbeklagten Partei auf deren Firmenbezeichnung berichtigt worden war (§ 235 Abs 5 ZPO), ist Alleingesellschafterin der Erstbeklagten und war unter ihrer früheren Firma Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** mit der Grundstücksadresse *****, welche zwischenzeitlich an die B***** (nach der Aktenlage außerbücherlich) verkauft und übergeben wurde. Aufgrund dieses Veräußerungsvorganges wurde dem genannten außerbücherlichen Erwerber auch von der zweitbeklagten Partei der Streit verkündet und dieser zum Beitritt als Nebenintervenientin auf seiten beider beklagten Parteien aufgefordert, was jedoch nicht geschehen ist. Die Klägerin ist seit 1950 zu 2/5 Miteigentümerin der angrenzenden Liegenschaft EZ ***** mit der Adresse ***** mit mehreren Wohnungen, welche jeweils mit einer Wand an die Feuermauer des Gebäudes der Nachbarliegenschaft grenzen. Die Erstbeklagte betreibt auf der Liegenschaft der Zweitbeklagten einen Bäckerei- und Konditoreibetrieb, wobei zur Betriebsanlage im Gebäude auch ein Personenaufzug gehört.
Mit der am 5. 1. 1996 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die beklagten Parteien schuldig zu erkennen, diesen Personenaufzug (die erstbeklagte Partei im Rahmen ihrer Betriebsanlage) binnen drei Tagen bei sonstiger Exekution einzustellen. In der letzten Streitverhandlung am 18. 2. 1997 wurde dieses Klagebegehren dahingehend „präzisiert“, dass die beklagten Parteien schuldig seien, Schallimmissionen auf die Wohnungen der Klägerin im Hause *****, im 3., 4. und Stock, und zwar sowohl Körper- als auch Luftschall, welche durch den Betrieb der Personenliftanlage im Haus *****, entstehen, zu unterlassen, und zwar an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen, sowie zwischen 22 Uhr und 9 Uhr zur Gänze und im übrigen, soweit sie einen Schallpegel von 30 dB A, gemessen in auch nur einer der obgenannten Wohnungen der Klägerin, überschreiten.
Zur Begründung brachte die klagende Partei vor, dass der zur Tages- und Nachtzeit benützte Lift unangemessen laut und derart störend sei, dass die Belästigung den Grad einer Gesundheitsbeeinträchtigung erreiche. Trotz behördlicher Auflagen und durchgeführter Schallpegelmessungen wären die beklagten Parteien nicht bereit, diese auch über dem ortsüblichen Maß liegenden Lärmimmissionen abzustellen.
Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die beanstandeten Aufzüge seien bereits seit Jahren in Betrieb, die Betriebsanlagen seien vor Inbetriebnahme rechtskräftig genehmigt und sämtliche Auflagen erfüllt worden; die erstbeklagte Partei bestritt auch ihre passive Klagslegitimation. Die Aufzüge wiesen lediglich die normalen Betriebsgeräusche auf, die weder das ortsübliche Maß überschritten noch die ortsübliche Nutzung des Nachbachgrundstückes wesentlich beeinträchtigten.
Das Erstgericht erkannte die beklagten Parteien schuldig, Schallimmissionen - Luft- als auch Körperschall - auf die Wohnungen der Klägerin im 3., 4. und 5. Stock im Hause *****, jedenfalls an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie in der Zeit von 22:00 Uhr bis 9:00 Uhr und auch sonst, soferne sie 30 dB A überschreiten, zu unterlassen.
Über den eingangs bereits wiedergegebenen (und unstrittigen) Sachverhalt hinaus traf das Erstgericht hiebei noch folgende wesentlichen Feststellungen:
Die im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnungen grenzen mit einer Wand an die Feuermauer des Gebäudes auf der Liegenschaft *****, wo die erstbeklagte Partei ihren Bäckerei- und Konditoreibetrieb führt. An dieser Feuermauer befindet sich ein Personenaufzug in der Stiegenspindel im allgemeinen Stiegenhaus, der sowohl vom Personal der erstbeklagten Partei als auch von sonstigen Mitbewohnern des Hauses ***** benützt wird. Die Mitarbeiter der erstbeklagten Partei benützen den Lift hauptsächlich, um in die im 4. Stock gelegenen Garderoben und anschließend in die Bäckerei im 2. Stock zu kommen. Der Lift wird auch in den Nachtstunden mehrfach benützt.
Bei diesem Aufzug handelt es sich um ein Fabrikat der Firma Ing. Stefan Sowitsch, Baujahr 1940, FabriksNr 10101, mit einer Nennlast von 450 kg oder 6 Personen, einer Betriebsgeschwindigkeit von 0,65 m/Sekunde, einer Hubhöhe von 18 m und einem elektrischen Seilantrieb. Der Aufzug dient hauptsächlich der Personenbeförderung. Der Triebwerksraum ist oberhalb des Schachtes im Dachbodenbereich untergebracht und gegenüber dem Dachboden teilweise in Trockenbauweise abgetrennt. Im Bereich der Ablenkrolle für das Gegengewicht ist der Triebwerksraum zum Dachbodenbereich offen. Der Schacht befindet sich in der Stiegenspindel, das Gegengewicht in einem eigenen Gegengewichtsschacht. Die Dachwohnung der Klägerin liegt an der Seite des Triebwerkraumes, an der der Schaltkasten für die Aufzugssteuerung montiert ist.
Der Aufzug wurde zuletzt 1987 aufzugstechnisch saniert, wobei die Steuerung, der Geschwindigkeitsbegrenzer, der Antriebsmotor, das Getriebe, die Treibscheibe und die Tragseile erneuert, eine Schachttürverriegelung mit einer Fehlschließsicherung eingebaut und ein elektronisches Regelsystem für die Einfahrtsverzögerung zugebaut wurden.
Der Fußboden des Triebwerkraumes ist verfliest. Diese Verfliesung reicht bis an das Maschinenfundament und an die Führungsbefestigung. Die Ablenkrolle ragt in den Dachbodenbereich, wobei sie teilweise auf einer Holzkonstruktion und teilweise am Mauerwerk befestigt ist.
Im Triebwerksraum beträgt der Grundgeräuschpegel des Aufzugs beim Betrieb 46 dB A, der Schallpegel, der durch das Fahrgeräusch des Aufzugs verursacht wird, 64 dB A und jener beim Einfallen der Bremse und beim Bremsen 70 bis 81 dB A.
In die Wohnung der Klägerin dringt sowohl Körper- als auch Luftschall, der sich mit 24 dB A beim Grundfahrgeräusch, mit 34 dB A beim Fahrgeräusch des Aufzugs und mit 42 dB A beim Geräusch beim Stehenbleiben des Aufzugs im straßenseitigen Kabinett bei geschlossenen Fenstern bemisst. Die Übertragung des Körperschalls erfolgt durch den Anschluss des Estrichs und der Verfliesung des Bodens im Triebwerksraum an das Maschinenfundament, im Bereich der Befestigung der Tragkonstruktion der Ablenkrolle für das Gegengewicht am Mauerwerk und geringfügig bei der Aufhängung des Schaltkastens an der Wand. Für den Luftschall ist insbesondere das Anhalten und Bremsen des Aufzugs verantwortlich.
In den Nachtstunden ist es durch den eindringenden Schall in den Wohnungen der Klägerin nicht möglich, ohne Störung zu schlafen. Bei einem häufigen Betrieb der Aufzugsanlage werden die Hausbewohner im Gebäude ***** massiv in ihrem Schlaf gestört. Der Körperschall kann beim Schlafen an der Grenzmauer physisch wahrgenommen werden. Der eindringende Schall ist gesundheitsgefährdend und führt auf längere Sicht zu Erschöpfungszuständen, erhöhter Reizbarkeit, Leistungsminderung, Störung des vegetativ gesteuerten Körpersystems und letztendlich zu organischen Schäden. Auch untertags werden die Aufzugsgeräusche durch die Bewohner der Wohnungen der Klägerin wahrgenommen, jedoch weniger störend empfunden.
Es ist ortsüblich, dass im städtischen Raum Häuser mit Aufzügen erschlossen werden, wobei normalerweise bei elektrisch betriebenen Seilaufzügen der Triebwerksraum oberhalb des Schachtes liegt. Entsprechend der Ö-Norm B 8115-2: 1994-11 „Schallschutz und Raumakustik im Hochbau - Anforderungen an den Schallschutz“ soll der beim Betrieb einer haustechnischen Einrichtung mit kurzzeitigen, schwankenden Geräuschen in vor Lärm zu schützende Räume übertragene Schall den A‑bewerteten Schallpegel von 30 dB nicht übersteigen. Die genannte Ö‑Norm ist für die gegenständliche Aufzugsanlage relevant.
Der gegenständliche Lift erzeugt durchaus übliche Geräusche. Es ist jedoch nicht üblich, dass Körperschall und Luftschall im festgestellten Ausmaß in Wohnobjekte eines anliegenden Nachbargebäudes dringen.
Der Bäckerei- und Konditoreibetrieb wurde in einem Verfahren gemäß § 74 GewO bewilligt. Die Aufzugsanlage ist Bestandteil dieser Betriebsanlage. Vom Betrieb der erstbeklagten Partei gehen weitere Geräusche, die auf die Kälteaggregate der Klimaanlage zurückzuführen sind, aus, die sich mit 30 dB A im straßenseitigen Wohnraum in der Wohnung der Klägerin bemessen und als gleichförmiges Brummen wahrgenommen werden. Der Grundgeräuschpegel beträgt 23 dB A. Die Höhe bzw das Ausmaß von Schallimmissionen im Rahmen der Betriebsanlagengenehmigung der erstbeklagten Partei kann nicht festgestellt werden. Ob und welche Auflagen die Behörde bezüglich der Aufzugsanlage erteilt hat, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Für den Umbau der Liftanlage im Jahre 1987 wurde keine eigene Bewilligung eingeholt.
Am 11. 12. 1995 beantragte die erstbeklagte Partei beim zuständigen magistratischen Bezirksamt die Herausnahme der Personenaufzugsanlage aus der Betriebsanlagengenehmigung. Dieses Verfahren ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Von August 1996 bis Ende Februar 1997 hat das magistratische Bezirksamt für die Aufzugsanlage eine Benützungsregelung vorgeschrieben, wonach der Betrieb des Aufzugs von 22:00 Uhr bis 7:00 Uhr untersagt war.
Die Liftkosten werden von allen Mietern des Hauses ***** anteilig getragen.
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die passive Legitimation der erstbeklagten Partei, weil die festgestellten Störungen in zurechenbarer Weise ua durch deren Personal hervorgerufen würden, sodass die erstbeklagte Partei auch als Störer angesehen werden müsse. Da der Umbau der Aufzugsanlage im Jahr 1987 nicht mehr von der ursprünglichen Betriebsanlagengenehmigung des Bäckerei- und Konditoreibetriebes der erstbeklagten Partei erfasst sei, seien die vom Aufzug ausgehenden Immissionen auch nicht nach § 364a ABGB zu beurteilen; die Rechtskraft des seinerzeitigen Bewilligungsbescheides decke sie daher nicht. Bei der Beurteilung des Maßstabes der Unzumutbarkeit einer Beeinträchtigung seien die Schallwerte der zitierten Ö‑Norm heranzuziehen. Die in der Wohnung der Klägerin festgestellten Werte lägen darüber. Die im städtischen Bereich übliche und widmungsgemäße Benützung der Wohnung als Ort der Entspannung und der physischen und psychischen Regeneration sei insbesondere aufgrund der Gesundheitsschädlichkeit dieser Immissionen nicht gewährleistet und dadurch die ortsübliche Benützbarkeit beeinträchtigt. Die Klägerin sei auch nicht gehalten, eine unmittelbare Zuleitung von Immissionen zu dulden, wie dies für den festgestellten Körperschall zutreffe. Ansonsten handle es sich bei Lärmimmissionen regelmäßig um mittelbare Immissionen. Dem Klagebegehren sei daher stattzugeben (wobei allerdings das Erstgericht seinen Urteilsspruch gegenüber dem zuletzt erhobenen Begehren sprachlich umformulierte).
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Da für den Umbau der Liftanlage im Jahr 1987 keine behördliche Bewilligung eingeholt worden sei, gingen die Immissionen auf die Wohnungen der Klägerin nicht von einer behördlich genehmigten Anlage aus. In den festgestellten und von der Klägerin zu erduldenden Schallimmissionen könne, auch was deren Intensität anlange, keine ortsübliche Immission mehr erblickt werden; wenn es auch als Richtschnur dienen könne, dass die Bevölkerung überwiegend die Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr für die Nachtruhe in Anspruch nehme, sei daraus für den Standpunkt der beklagten Parteien im vorliegenden Fall nichts zu gewinnen, ziehe man die widmungsgemäße Nutzung der Wohnungen der Klägerin im innerstädtischen Wohnbereich und ihre Störung durch das gesundheitsgefährdende Eindringen des Schalls in Betracht; gleiches gelte auch hinsichtlich des Betriebes der Aufzugsanlage an Samstagen, Sonn- und Feiertagen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte außerordentliche Revision der beklagten Parteien, jedoch nur soweit, als sie für schuldig erkannt wurden, Schallimmissionen - Luft- als auch Körperschall - auf die Wohnungen der Klägerin jedenfalls an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie in der Zeit von 22 Uhr bis 9 Uhr (sohin gänzlich) zu unterlassen.
Die klagende Partei beantragt, die außerordentliche Revision ihrer Gegner mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Unterlassungspflicht der beklagten Parteien als Immissionsstörer teilweise zu extensiv angenommen hat, und dies daher vom Obersten Gerichtshof im Sinne der Rechtssicherheit (§ 502 Abs 1 ZPO) aufzugreifen und richtigzustellen ist; die Revision ist in diesem Sinne daher auch teilweise berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass die Anrufung des Obersten Gerichtshofes im Wege der vorliegenden außerordentlichen Revision im Hinblick auf das Datum der Entscheidung der zweiten Instanz vor dem 31. 12. 1997 noch nach der Rechtslage vor der WGN 1997 zu beurteilen ist.
Die beklagten Parteien bestreiten in ihrem Rechtsmittel nicht (mehr), dass sie grundsätzlich zur Hintanhaltung der von ihrem Aufzug ausgehenden Schallimmissionen verpflichtet sind, soweit sie den ortsunüblichen und Ö-Norm-widrigen Grenzwert von 30 dB A überschreiten. Auch die Passivlegitimation der erstbeklagten Partei ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Dass auch ein einzelner Miteigentümer (so die Klägerin) nachbarrechtliche Unterlassungsansprüche selbständig geltend machen kann, entspricht der herrschenden Auffassung (SZ 48/4; Oberhammer in Schwimann, ABGB II2 Rz 7 zu § 364).
Bei Geräuschimmissionen (gemäß § 364 Abs 2 ABGB) wird ein solches Verbot an den Lärmverursacher, einen bestimmten Geräuschpegel (gemessen nach dB) zu überschreiten, von der Rechtsprechung anerkannt; es bleibt dem Beklagten (Störer) überlassen, wie er sich an diese Beschränkung hält (NZ 1996, 118; RdU 1997, 90 [Wagner] = RdW 1997, 525 = immolex 1997, 109; RdU 1997, 140 = RdW 1997, 272), also welche Vorkehrungen er konkret zur Verhinderung der verbotenen Immissionen setzt (SZ 50/99, 65/145). In zwei, erst wenige Jahre zurückliegenden Entscheidungen, nämlich SZ 67/138 (= JBl 1995, 107 = RdU 1995/40 [Kerschner]) und SZ 70/201, hielt der Oberste Gerichtshof sogar Begehren, in einem bestimmten Haus störenden Lärm, durch den die Nachtruhe der Kläger gestört wird, zu unterlassen, ohne hiefür zusätzliche Messeinheiten anzugeben, für ausreichend bestimmt.
Auf eine der Klägerin zur Liftbetreibung erteilte Betriebsanlagengenehmigung (im Sinne des § 364a ABGB) berufen sich die Beklagten in ihrem Rechtsmittel - anders als noch in erster Instanz - ebenfalls nicht mehr (hiezu ausführlich jüngst 5 Ob 3/99y), sondern gestehen selbst zu, dass ihre Immissionsuntersagung nach § 364 Abs 2 ABGB zu beurteilen ist. Auch die zur erfolgreichen Erhebung einer Unterlassungsklage nach § 364 Abs 2 ABGB geforderte Wiederholungsgefahr (SZ 48/45, 50/99; Oberhammer aaO Rz 19 zu § 364) wird im Revisionsverfahren nicht bestritten.
Strittig ist im Revisionsverfahren nur mehr das von den Vorinstanzen ausgesprochene uneingeschränkte (generelle) Verbot von Immissionen an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie zwischen 22 Uhr und 9 Uhr schlechthin, also selbst dann, wenn dabei der zulässige Grenzwert nicht überschritten wird. Nach den Ausführungen zur Rechtsrüge wenden sich die Beklagten in ihrem Rechtsmittel nämlich nur (mehr) gegen ein Verbot jeglicher Immissionen in diesen angeführten Zeiten, also auch dann, wenn die Geräuschentwicklung nicht die (höchst-)zulässigen 30 dB A überschreitet.
Der Oberste Gerichtshof hat in den letzten Jahren bereits in mehreren (auch veröffentlichten) Entscheidungen die Beurteilung störender Lärmimmissionen zur Nachtzeit in Wohnhäusern zu prüfen gehabt (SZ 67/138 - Studentenverbindung; RdU 1997, 90 - Gaststättenlärm; RdU 1997, 140 - Kühlaggregate; SZ 70/201 - gastgewerbliche und private Unterhaltungsveranstaltungen; 5 Ob 180/98a - Küchengeräusche). Er hat dabei regelmäßig den öffentlich‑rechtlichen Vorschriften, welche der Erregung störenden Lärms entgegenwirken sollen, besondere Bedeutung beigemessen und ausgesprochen, dass ungebührlicher störender (und damit durch Unterlassungsklage nach § 364 Abs 2 ABGB untersagbarer) Lärm dann anzunehmen ist, wenn dieser nach seiner Art bzw Intensität das Wohlbefinden normal empfindender Menschen (Durchschnittsmenschen: RdU 1997, 140 = RdW 1997, 272) zu beeinträchtigen geeignet ist und dessen Erregung nicht dem beim Zusammenleben von Menschen gebotenen Verhalten entspricht, also jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die allgemein vorausgesetzt werden darf; es genügt, dass die Lärmerregung objektiv - somit von unbeteiligten Personen - als störend und ungebührlich empfunden werden kann. Es kommt demnach nicht bloß auf die Lautstärke an; zu beachten sind auch die Häufigkeit, Dauer und Zeit der Beeinträchtigung. Lärm bestimmter Intensität wird nämlich mitunter tagsüber noch nicht, wohl aber zur Nachtzeit von unbeteiligten Personen im besonderen Maß als störend empfunden (SZ 67/138 = JBl 1995, 107; SZ 70/201). Als Richtschnur könne nach diesen Entscheidungen dienen, dass die (durchschnittliche) Bevölkerung vorwiegend die Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr für die Nachtruhe in Anspruch nimmt, sodass innerhalb dieses Zeitraums selbst mit der üblichen Benützung von Räumen verbundene lärmerregende und die Nachtruhe anderer Personen störende Verrichtungen zu unterlassen sind. Auch die Tatsache, dass ein möglicherweise sonst zulässiges Geräusch infolge der Bauart des Hauses (namentlich mangelnder Schalldichtheit) weitergeleitet wird - wie dies aus der Feststellung des Erstgerichts, wonach der gegenständliche Lift „durchaus übliche Geräusche“ erzeugt, es jedoch „nicht üblich“ ist, dass der Schall im festgestellten Ausmaß in die Wohnobjekte des Nachbargebäudes dringt (Seite 6 = AS 153), geschlossen werden könnte - , geht zu Lasten des Lärmerregers (SZ 67/138, 70/201; jüngst auch 5 Ob 180/98a).
Die Vorinstanzen haben für die Erstreckung dieses (wie gezeigt, von der Rechtsordnung ausdrücklich als üblich angesehenen) Nachtzeitraumes um 3 Stunden bis täglich 9 Uhr (ganzwöchig) keine eigenständige Begründung abgegeben, sondern diese ungeprüft dem in der letzten Streitverhandlung „präzisierten“ Klagebegehren entnommen. Vorprozessual hat die Klägerin eine Lifteinstellung dabei nur bis 8:30 Uhr begehrt (Beilage O iVm Punkt f der Klage); in ihrer Parteienvernehmung hatte sie auf ihre vielfachen gesellschaftlichen, bis in die Nachtstunden hineinreichenden Verpflichtungen hingewiesen, sodass sie noch in den Morgenstunden unter besonderem Schlafmangel leide (Seite 6 in ON 20 = AS 139). Im Hinblick auf die wiedergegebenen Judikaturgrundsätze, in denen ausdrücklich auf die durchschnittliche Bevölkerung abgestellt wird, woran auch der erkennende Senat festhält, erscheint im hier zu beurteilenden Fall ein längeres als von 22 Uhr bis 7 Uhr reichendes Unterlassungsgebot jedenfalls ungerechtfertigt, wobei sich der Senat am Bescheid des magistratischen Bezirksamtes orientiert, wonach während der Monate August 1996 bis Februar 1997 seitens dieser Behörde der immissionsauslösende Liftbetrieb ebenfalls nur bis 7 Uhr behördlich untersagt worden war. Eine weitergehende, auf die besonderen, ausschließlich in der Person und Lebensführung der Klägerin begründeten Nachtschlafgewohnheiten eingehende Berücksichtigung ist damit nicht möglich und müssen diese Umstände demgemäß diesem objektiven Beurteilungsmaßstab hintangereiht werden und damit letztlich unberücksichtigt bleiben.
Daraus folgt zunächst, dass die Beklagten - was sie selbst nunmehr ausdrücklich zugestehen - Immissionen, die den Grenzwert von 30 dB A überschreiten, schlechthin zu unterlassen haben, weil Immissionen insoweit unzulässig sind, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benützung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Gelingt es hiebei den beklagten Parteien (aus welchen Gründen immer) nicht, Vorkehrungen zur Verhinderung der verbotenen Immissionen über diesen Wert hinaus zu erreichen, wird freilich tatsächlich - wie in der Revision beklagt - ein faktischer Stillstand der Liftanlage zur Vermeidung einer Exekutionsführung nach § 355 EO (SZ 50/99) unter Umständen unvermeidlich sein.
Gesondert zu beurteilen sind hingegen die daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen für die Sonntage und gesetzlichen Feiertage sowie während der Nachtzeiten. Dass der Lift auch an den bezeichneten Tagen für den Bäckerei- und Konditoreibetrieb der erstbeklagten Partei (und ihre Mitarbeiter) benötigt würde, haben die beklagten Parteien selbst nicht einmal behauptet. Allerdings wird der Lift auch von Mitbewohnern des Hauses ***** benützt, wobei das Gebäude jedenfalls vier Stockwerke aufweist (und sich im letzten Geschoß die Garderoben der Mitarbeiter der erstbeklagten Partei befinden). Auch wenn § 108 Abs 1 der geltenden Wiener Bauordnung ausdrücklich vorsieht, dass in Gebäuden mit mehr als drei Hauptgeschoßen alle Geschoße miteinander durch einen Personenaufzug verbunden sein müssen, kann dies kein „Freibrief“ für als ortsunüblich (unter Umständen sogar gesundheitsschädlich) erwiesene Lärmbelästigungen (Immissionen) sein.
Da die (wiederum durchschnittliche, innerstädtische) Bevölkerung an diesen besonderen Tagen - freilich stundenmäßig nicht näher fass- und damit objektivierbare - Ruhe- und Erholungszeiten zu beanspruchen pflegt, erachtet es der Oberste Gerichtshof für angebracht (und im Gesetzesauftrag des § 364 Abs 2 ABGB gedeckt), für diese Tage das Unterlassungsgebot an die beklagten Parteien nicht an einen starren dB-Wert zu knüpfen, sondern vielmehr an einem durch den Begriff der „Sonn- und Feiertagsruhe“ bewusst allgemein, jedoch vom Verständnis und Inhalt her für jedermann geläufigen - demgemäß auch keineswegs unüblich umschriebenen - Rahmen zu orientieren, den einzuhalten den beklagten Parteien obliegen wird. Selbiges hat auch für die bereits mit 22 Uhr bis 7 Uhr umschriebenen Nachtstunden zu gelten. Unter Hinweis auf die Vorjudikatur (SZ 67/130, 70/201) wurde bereits darauf hingewiesen, dass Lärm bestimmter Intensität tagsüber und zur Nachtzeit durchaus unterschiedlich als störend empfunden werden kann und auch tatsächlich so empfunden wird. Demgemäß wurden vom Obersten Gerichtshof in diesen Entscheidungen ebenfalls nur allgemein gehaltene Begehren, Lärm, durch den die Nachtruhe (der Kläger) gestört wird, zu unterlassen, für ausreichend bestimmt erachtet. Dies ist auch im hier zur Beurteilung anstehenden Fall zu bejahen, wobei der erkennende Senat selbstredend davon ausgeht, dass an die Orts‑(un‑)üblichkeit der von der Klägerin in ihren Wohnungen während der Sonn- und Feiertage einerseits und der Nachtstunden (auch an den verbleibenden anderen Tagen) andererseits zu duldenden Immissionen durchaus unterschiedliche Maßstabskriterien anzulegen sind, wobei wiederum von einer Gesamtbetrachtung auszugehen ist, was nach Art und Intensität das - ortsübliche - Wohlbefinden „normal empfindender Menschen“ im einen wie dem anderen Fall zu stören geeignet ist.
In diesem Sinne waren daher - in teilweiser Stattgebung der Revision - dem wesentlich umfassender gestellten Klagebegehren die aus dem Spruch ersichtlichen Einschränkungen einerseits und Verdeutlichungen andererseits aufzuerlegen.
Die Klägerin ist damit - gemessen am Gesamterfolg ihres bei Schluss der Verhandlung erster Instanz maßgeblichen Begehrens - in erster und zweiter Instanz mit rund 3/4 desselben als durchgedrungen anzusehen, weshalb ihr gemäß §§ 43 Abs 1, 50 ZPO die Hälfte dieser tarifmäßigen Kosten beider Instanzen (gemäß § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO hinsichtlich der darin aufgezählten Barauslagen 75 % entsprechend dem Ausmaß ihres Obsiegens) gebühren. Im Revisionsverfahren, in welchem von den beklagten Parteien nur mehr ein - gemessen am Gesamtbegehren - eingeschränkter Teil bekämpft wurde, heben sich hingegen Obsiegens- und Abwehrerfolg in etwa auf, sodass es für das Verfahren dritter Instanz bei einer Kostenaufhebung zu verbleiben hat, abgesehen wiederum die Hälftekosten der Pauschalgebühr (§ 43 Abs 1 letzter Satz ZPO), die jedoch bei einer Bemessungsgrundlage von 300.000 S nur 13.250 S und nicht - wie verzeichnet - 14.375 S beträgt.
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