Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil und das erstgerichtliche Endurteil werden im Verschuldensausspruch abgeändert wie folgt:
"Die Ehe der Streitteile wird aus dem überwiegenden Verschulden der Klägerin geschieden."
Die Klägerin hat dem Beklagten die mit S 15.691,64 bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten S 1.156,72 Umsatzsteuer und S 1.633,33 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Klägerin hat dem Beklagten weiters die mit S 9.049,25 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 771,75 Umsatzsteuer und S 560,- Barauslagen) sowie die mit S 3.997,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 308,85 Umsatzsteuer und S 600,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile, die beide österreichische Staatsbürger sind, haben am 29.11.1958 die jeweils erste Ehe geschlossen, aus welcher die am 10.10.1961 geborene Tochter Ulrike stammt.
Aufgrund der von der Klägerin eingebrachten Scheidungsklage hat das Erstgericht die Ehe der Streitteile im ersten Rechtsgang aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten geschieden. Beide Parteien erhoben Berufung, wobei der Beklagte die Urteilsabänderung im Sinne des Ausspruches eines überwiegenden Verschuldens der Klägerin an der Scheidung beantragte. Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil, soweit es nicht den unangefochtenen Ausspruch über das Verschulden des Beklagten betraf und insoweit als Teilurteil aufrecht blieb, auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.
Im zweiten Rechtsgang schied das Erstgericht die Ehe der Streitteile aus deren gleichteiligem Verschulden. Sein Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt der Beklagte eine auf § 503 Abs.1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung dahin, daß das überwiegende Verschulden der Klägerin an der Scheidung der Ehe ausgesprochen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist gerechtfertigt.
Nach den erstgerichtlichen, vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen verlief das Eheleben der Streitteile, von geringfügigen Zwischenfällen abgesehen, über ca. 20 Jahre recht harmonisch. Im Jahre 1977 ließ die Klägerin mit Wissen des Beklagten eine Abtreibung an sich vornehmen, wobei der Beklagte zu den Kosten des Eingriffes S 3.000 beisteuerte. Ab dieser Zeit traten sodann immer häufiger Konflikte zwischen den Streitteilen auf, welche dadurch vergrößert wurden, daß die Klägerin immer wieder längere Zeit bei ihrer Freundin Elisabeth P*** verweilte. So verbrachte sie ca. einmal im Monat ein Wochenende bei dieser, ohne dem Beklagten mitzuteilen, wo sie sich aufhielt, was sich bis zu ihrem Auszug im Frühjahr 1982 so weit steigerte, daß sie kein Wochenende mehr zu Hause verbrachte. Im Laufe des Jahres 1979 nahm die Klägerin wiederholt an Ausflugsfahrten zu einem jugoslawischen Badeort und zu diversen Buschenschenken teil, bei welchen Johann K***, ein Omnibuslenker der GKB, jeweils der Buschauffeur war. Sie lernte diesen dadurch näher kennen und er war bei solchen Ausflügen vorwiegend, wenn auch nicht ausschließlich mit ihr zusammen und tanzte mit ihr, wobei bei anderen Reiseteilnehmern der Eindruck entstand, daß es sich bei der Klägerin um seine Ehefrau handle. Bei diesen Fahrten entstanden auch mehrere Fotos, auf denen Johann K*** mit der Klägerin abgebildet war. Diese bewahrte die Fotos in einem Album in der Ehewohnung auf. Als der Beklagte darauf aufmerksam wurde, erklärte sie ihm, bei dem auf dem Foto abgebildeten Mann handle es sich um einen Burgenländer. Erst später erfuhr der Beklagte, daß dies der in Stainz wohnhafte Johann K*** war, worauf er die Klägerin schlug. Auch im Raume Deutschlandsberg trafen sich die Klägerin und Johann K***. So begab sie sich immer wieder zur Haltestelle der GKB-Busse in Deutschlandsberg, um dort Johann K*** zu treffen, gelegentlich gingen die beiden von dort weg in Gasthäuser. Bis zum Jahre 1979 hatten die Streitteile ca. einmal monatlich einen gemeinsamen PKW-Ausflug nach Kitzeck unternommen, wo der Beklagte, der keinen Führerschein besitzt, Wein konsumierte. Seit dem Jahre 1980 chauffierte die Klägerin den Beklagten nicht mehr. Als sie sich in diesem Jahr in einer Grazer Klinik einer Gallenoperation unterziehen mußte, wurde sie von Johann K*** besucht. Einige Zeit nach dieser Operation verschwand die Klägerin für drei Tage aus der Ehewohnung und wohnte in dieser Zeit bei ihrer Mutter in Deutschlandsberg. Sie hinterließ dem Beklagten einen Zettel, auf dem stand, daß sie nicht mehr nach Hause komme. Ab dem Jahre 1980 begab sich die Klägerin etwa alle 14 Tage an den Arbeitsplatz ihrer Tochter Ulrike und wartete dort bis ca. 15 Uhr 45, von wo sie Johann K*** nach Dienstschluß abholte. Am 15.2.1980 entdeckte der Beklagte im Kasten der Klägerin eine leere Zigarettenschachtel, stellte die Klägerin deswegen zur Rede, da er nicht wünschte, daß sie rauchte, und wurde schließlich gegen sie tätlich, wodurch sie mehrere Blutergüsse im Bereiche der linken Brustseite, des linken Schulterblattes und am rechten Oberarm erlitt. Am 11.4.1980, dem Geburtstag des Beklagten, kochte die Klägerin zwar für ihre Familie, begab sich dann jedoch zu ihrer Freundin P*** und versprach dem Beklagten, um 22 Uhr zurück zu sein. Als sie sich verspätete, begab sich ihre Tochter zu Frau P*** und es entbrannte dort ein Streit zwischen Mutter und Tochter. Als die Klägerin schließlich um Mitternacht heimkehrte, kam es zu einer Auseinandersetzung mit dem Beklagten, in deren Verlauf er sie ohrfeigte, sodaß sie ein Monokelhämatom links erlitt. Immer häufiger kam es aus an sich unbdeutenden Anlässen auch zu verbalen Auseinanderpetzungen zwischen den Streitteilen, in deren Zuge der Beklagte die Klägerin unter anderem eine Hure nannte. Vom 31.7.1981 bis 15.8.1981 verbrachten die Klägerin und Johann K*** einen Urlaub auf der Insel Rab. Die Klägerin hatte gegenüber dem Beklagten, der einige Tage nach ihrer Abreise einen Betriebsurlaub antrat, vorgegeben, 14 Tage bei ihrer Schwester in Vorarlberg zu verbringen. Diese Urlaubsreise stellte auch einen Grund dafür dar, daß Regina K*** gegen ihren Ehemann Johann K*** eine Scheidungsklage einbrachte, aufgrund derer diese Ehe aus dem Alleinverschulden des Johann K*** rechtskräftig geschieden wurde, wobei als eine Eheverfehlung des Johann K*** das Unterhalten von ehewidrigen Beziehungen zu Paula Z***, also der Klägerin des vorliegenden Verfahrens, festgestellt wurde. In einem von Elisabeth P*** in Tomberg gemieteten Zweithaus, die sogenannte "Wippelkeuschen", hielt sich die Klägerin öfters auf und wurde dort wiederholt von Johann K*** besucht. Dieser brachte sie auch in seinem PKW zu diesem Haus, bei schlechten Straßenverhältnissen parkten sie das Fahrzeug und gingen zu Fuß weiter. Um nicht erkannt zu werden, hielt sich die Klägerin öfters die Hand vor das Gesicht. Sie besaß einen Schlüssel zum Haus und bewahrte ihn in einem Kosmetiktascherl auf. Als ihre Tochter einmal diesen Schlüssel bekam und solcherart Zugang zur Unterkunft ihrer Mutter hatte, entdeckte sie dort eine Quittung über den Betrag von S 10.000, ausgestellt auf den Namen ihrer Mutter und Johann K***. Im August 1981 besuchte die Klägerin gemeinsam mit Johann K*** ein Gasthaus in Trahütten. Im Herbst 1981 trafen sich die Klägerin, deren Tochter Ulrike und Johann K*** in einem Kaffeehaus. Im Laufe der Unterhaltung bot Johann K*** der Tochter der Klägerin das "Du" an. Die Klägerin und Johann K*** sprachen sich bereits seit längerer Zeit in dieser Form an. Der letzte Geschlechtsverkehr zwischen den Streitteilen fand im Juni 1981 statt. Wegen der "für sie unerträglich gewordenen familiären Verhältnisse" bat die Klägerin ihre Mutter, in die Ehewohnung der Streitteile zu ziehen. Diese lebte sodann von Anfang Dezember 1981 bis Ende März 1982 dort. In diesem Zeitraum wurde der Beklagte gegen die Klägerin nicht tätlich. Mit der Begründung, daß sie sich bedroht fühle und Zeugen für etwaige Vorfälle haben wolle, bat die Klägerin auch andere Personen, sich in der Ehewohnung aufzuhalten. So hielt sich Wolfgang F*** vom 29.3.1982 bis 7.4.1982 zwischen 17 Uhr bzw 18 Uhr und 23 Uhr ständig in der Wohnung der Streitteile auf. Auch Elisabeth P*** und Albin P*** waren häufig anwesend. Da der Beklagte diese Situation als bedrückend empfand, verbrachte er die meisten Abende auswärts. Wenn er alkoholische Getränke zu sich nahm, kam es zu Auseinandersetzungen mit den Anwesenden. So wollte er am 17.3.1982 in leicht alkoholisiertem Zustand Wolfgang F*** zum Verlassen der Ehewohnung zwingen. Auch zwischen der Tochter der Streitteile und den in der Ehewohnung anwesenden Personen kam es zu Auseinandersetzungen, zumal sich die Tochter auf die Seite ihres Vaters gestellt hatte. Im Zuge einer Auseinandersetzung wurde sie am 1.3.1982 von Elisabeth P*** geohrfeigt und von Wolfgang F*** aus der elterlichen Wohnung gedrängt. Auch mit ihrer Mutter kam es zu Auseinandersetzungen. Die Klägerin forderte von der Tochter dieser von ihr geschenkte S 12.000 zurück und bezichtigte sie nach Verweigerung der Geschenkrückgabe des Diebstahls. Bei diversen Streitigkeiten zwischen den Streitteilen forderte der Beklagte die Klägerin häufig auf, den Mund zu halten, und fügte auch hinzu, daß sie "ihrer Wege gehen könne, falls ihr etwas nicht passe". Um den Beklagten im gegenständlichen Scheidungsverfahren ehewidrige Beziehungen nachweisen zu können, beauftragte die Klägerin die Zeugen Wolfgang F*** und Albin P***, den Beklagten zu beobachten. Tatsächlich traf sich der Beklagte ab dem Jahre 1982 gelegentlich mit Theresia K***, mit der ihn eine lange Bekanntschaft verband, zumal er längere Zeit bei ihrer Tante gewohnt hatte. Die beiden duzten einander. Am 4.2.1982 holte Theresia K*** den Beklagten gegen 19 Uhr von der Ehewohnung der Streitteile ab, brachte ihn zu ihrer Mutter und setzte ihn gegen 21 Uhr wieder zu Hause ab. Am 11.12.1982, einem Faschingdienstag, trafen sich Theresia K*** und der Beklagte beim Schulzentrum in Deutschlandsberg, merkten jedoch, daß sie beobachtet wurden, und trennten sich. Am 7.4.1982 verließ die Klägerin endgültig mit der Begründung die Ehewohnung, daß sie sich vom Beklagten bedroht fühle, wobei sie verschiedene Gegenstände mitnahm. Weitere Gegenstände, darunter Bettwäsche und Geschirr sowie Kleidung, holte sie sich sodann noch zweimal aus der Ehewohnung. Als sie sich nochmals zur Ehewohnung begab,mußte sie feststellen, daß der Beklagte das Türschloß gewechselt hatte. Er gab ihr trotz Aufforderung keinen Schlüssel. Persönliche Gebrauchsgegenstände der Klägerin befanden sich aber nicht mehr in der Wohnung und die Klägerin wäre auch, wenn der Beklagte das Schloß nicht geändert hätte, nicht mehr in die Ehewohnung zurückgekehrt. Nach ihrem Auszug aus der Ehewohnung lebte die Klägerin bei ihrer Mutter in Köflach. Am 9.7.1982 traf der Beklagte nach Dienstschluß die Theresia K*** beim Einkaufen und entschloß sich, sie zu begleiten. Als sie merkten, daß sie verfolgt wurden, erhöhte K*** die Fahrgeschwindigkeit, mißachtete Geschwindigkeitsbeschränkungen und schüttelte die Verfolger ab, der Beklagte stieg schließlich aus und fuhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause. Auch am 27.8.1982 trafen sich Theresia K*** und der Beklagte in Deutschlandsberg, die beiden fuhren sodann nach Heimschuh. Als sie auf die von der Klägerin beauftragten Verfolger aufmerksam wurden, erhöhte Theresia K*** wiederum die Fahrgeschwindigkeit, es kam wiederum zu einer Verfolgungsjagd und die Verfolger verloren schließlich den PKW der Theresia K*** aus den Augen. Am 3.9.1982 wurden die beiden wiederum in Deutschlandsberg beobachtet. Als die Klägerin von Theresia K*** Fotos machen wollte und diese sich die Handtasche vor das Gesicht hielt, schlug der Beklagte der Klägerin mit der Hand ins Gesicht, sodaß diese Prellungen und einen Bluterguß im Bereich des rechten Jochbeines erlitt. Auch zwischen Elisabeth P*** und dem Beklagten kam es zu einem Handgemenge. Aufgrund dieses Vorfalles wurde der Beklagte rechtskräftig des Vergehens der Körperverletzung strafgerichtlich schuldig erkannt. Von Mitte Juli 1983 bis 10.8.1983 mietete die Klägerin unter ihrem Mädchennamen "Paula O***" in einer Pension im Gamsgebirge ein Zweibettzimmer. Sie wurde mehrmals in der Woche von einem Mann besucht, der sich beim Wirt unter dem Namen K*** vorstellte. Manchmal gingen die beiden auch gemeinsam weg. Der Beklagte, der bis Mai 1986 als Sägearbeiter beschäftigt war, gab der Klägerin bis zu ihrem Auszug ein monatliches Wirtschaftsgeld von ca. 3.000 S. Nach ihrem Auszug leistete er keinen Unterhalt mehr und wurde aufgrund einer Unterhaltsklage der Klägerin mit rechtskräftigem Urteil zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von S 3.000 verpflichtet. Da der Beklagte wegen seiner Pensionierung seit Mai 1982 monatlich nur mehr S 7.500 bezieht, brachte er eine Herabsetzungsklage ein. Wegen Unterhaltsrückständen läuft gegen ihn ein Exekutionsverfahren.
In seiner rechtlichen Beurteilung erklärte das Erstgericht, die im Einvernehmen der Streitteile im Jahre 1977 vorgenommene Abtreibung eines Kindes sei als erstes Symptom eines Auseinanderlebens der Ehegatten zu werten, nach der Ausweitung des bestehenden Konfliktes habe sich die Klägerin immer mehr dem Johann K*** zugewendet und mit diesem ehewidrige Beziehungen aufgenommen. Der Beklagte habe die Klägerin mehrmals geschlagen, beschimpft und sich schließlich seiner Bekannten Theresia K*** zugewendet, das Türschloß an der Ehewohnung geändert und der Klägerin nach ihrem Auszug keinen Unterhalt mehr gezahlt. Eine Eheverfehlung eines Ehegatten habe jeweils die Ursache für eine Eheverfehlung des anderen dargestellt. Im Hinblick auf diese Entwicklung müsse von einem "ungefähr gleichen Verschulden" der Streitteile an der Zerrüttung der Ehe ausgegangen werden.
Das Berufungsgericht hielt weder die Rüge der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung noch die Rechtsrüge für gerechtfertigt. Die Klägerin habe durch die Aufnahme intensiver und anhaltender ehewidriger Beziehungen zu Johann K*** im Jahre 1979 die Zerrüttung der Ehe eingeleitet. Ihr falle weiters zur Last, daß sie das Wochenende in immer zunehmenderem Ausmaß außer Haus, vor allem bei ihrer Freundin, verbracht, in der Folge den Beklagten durch Dritte überwachen habe lassen und schließlich im April 1982 aus der Ehewohnung ausgezogen sei. Der Beklagte hingegen habe die Klägerin in den Jahren 1980 bis 1982 zumindest viermal tätlich angegriffen, sie auch beschimpft, sich schließlich seiner langjährigen Bekannten Theresia K*** zugewendet, kaum mehr um die Klägerin gekümmert, das Türschloß ausgewechselt und ihr auch keinen Unterhalt mehr gezahlt. Die Abwägung der beiderseitigen Verschuldensanteile ergebe, daß der Beitrag der Klägerin zur Zerrüttung der Ehe schwerer wiege als der des Beklagten. Nach ständiger Rechtsprechung sei der Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Schuld des einen Ehegatten erheblich schwerer sei als die des anderen und gegenüber dem eindeutigen Verschulden des einen Teiles fast völlig in den Hintergrund trete. Daß das Verschulden des Beklagten an der Ehezerrüttung gegenüber jenem der Klägerin aber so eindeutig geringer wäre, könne hier nicht gesagt werden.
Dagegen bringt der Beklagte in der Revision vor, ausschließlich die Klägerin habe Initiativen gesetzt, welche zur Zerrüttung der Ehe geführt hätten. Der chronologische Ablauf der Ereignisse und die Darstellung, wie es zur Zerrüttung der Ehe gekommen sei, zeige, daß die Ursachen für die Auseinandersetzungen von der Klägerin gesetzt worden seien, während das dem Beklagten zur Last fallende Fehlverhalten nur in Reaktionshandlungen liege und nach der eingetretenen Zerrüttung der Ehe erfolgt sei. Insgesamt überwiege jedenfalls das Verschulden der Klägerin an der Zerrüttung der Ehe bei weitem, sodaß der Ausspruch ihres überwiegenden Verschuldens gerechtfertigt erscheine.
Diesen Ausführungen ist im Ergebnis zu folgen.
Bei der Beurteilung, ob die Schuld des einen Ehegatten überwiegt, ist nach ständiger Rechtsprechung neben dem jeweiligen Gewicht der Verfehlungen insbesondere entscheidend, wer mit der schuldhaften Zerrüttung der Ehe den Anfang gemacht hat, und in welchem Umfang zu der schließlich eingetretenen Zerrüttung der Ehe beigetragen wurde. Der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens eines der Ehegatten setzt voraus, daß dessen Verschulden ganz erheblich schwerer ist als das des anderen, dieses also weitgehend in den Hintergrund tritt.
Vorliegendenfalls ist davon auszugehen, daß es nach der einvernehmlich erfolgten Abtreibung zwischen den Streitteilen zu einer Konfliktsituation gekommen war. Diese noch keinem von ihnen anlastbare Situation wurde nach den erstgerichtlichen Feststellungen aber dadurch verschärft, daß sich die Klägerin immer wieder, durchschnittlich einmal monatlich sogar über das Wochenende, bei ihrer Freundin aufhielt, ohne den Beklagten über ihren Aufenthaltsort zu informieren. Diese Aufenthalte steigerten sich bis zu ihrem Auszug aus der Ehewohnung im April 1982 derart, daß sie überhaupt kein Wochenende mehr zu Hause war. Schon im Jahre 1979 hatte die Klägerin Beziehungen zu Johann K*** aufgenommen, wobei sie versuchte, den Beklagten diesbezüglich zu täuschen. Ihre früheren Vergnügungsfahrten mit dem Beklagten stellte sie zur Gänze ein. Nach einer im Jahre 1980 an ihr vorgenommenen Gallenoperation, anläßlich welchen Spitalsaufenthaltes sie von Johann K*** besucht wurde, verschwand sie drei Tage aus der Ehewohnung und teilte dem Beklagten mit, daß sie nicht mehr nach Hause kommen werde. Ihre Beziehungen zu Johann K*** intensivierten sich und im Sommer 1981 verbrachte sie wiederum unter Täuschung des Beklagten mit diesem einen 14-tägigen Auslandsurlaub, was die Ehefrau des Johann K*** zum Anlaß für die sodann aus dessen Verschulden erfolgte Scheidung der Ehe nahm. Vom Dezember 1981 bis März 1982 holte die Klägerin ihre Mutter in die Ehewohnung und schließlich zeitweise auch ganz fremde Personen, was der Beklagte als bedrückend empfand, aber hinnahm. Am 7.4.1982 zog die Klägerin schließlich aus der Ehewohnung mit der Begründung aus, daß sie sich vom Beklagten bedroht fühle. Demgegenüber ist festgestellt, daß der Beklagte von Dezember 1981 bis März 1982 gegen sie nicht tätlich geworden war. Die Klägerin hatte nach ihrem Auszug nicht mehr die Absicht, in die Ehewohnung zurückzukehren. Bis zu diesem Auszug fällt dem Beklagten im wesentlichen zur Last, daß er gegen die Klägerin dreimal tätlich geworden war und sie auch mit dem Ausdruck "Hure" beschimpft hatte. Dieses Verhalten muß aber - von einer Ausnahme abgesehen - in Zusammenhang mit dem vorangegangenen ehewidrigen Verhalten der Klägerin, insbesondere ihrem erwiesenen Verhältnis zu Johann K***, gesehen und beurteilt werden. Bei der Feststellung der Zerrüttungsursachen und deren Gewicht ist hinsichtlich des Beklagten daher im wesentlichen seine Tätlichkeit gegenüber der Klägerin wegen ihres Rauchens als selbständige, vom ehewidrigen Verhalten der Klägerin unabhängige Eheverfehlung erheblich. Von weitaus überragender Bedeutung für die Zerrüttung der Ehe der Streitteile ist aber ganz offenkundig das dargestellte eindeutige Streben der Klägerin aus der ehelichen Lebensgemeinschaft, welche schon im Jahre 1980 dem Beklagten schriftlich erklärte, nicht mehr in die Ehewohnung zurückkehren zu wollen und schließlich ohne durch ein unmittelbar vorangegangenes Verhalten des Beklagten veranlaßt zu sein, im April 1982 endgültig aus der Ehewohnung auszog. Durch diesen Schritt wurde die im wesentlichen von der Klägerin seit dem Jahre 1979 fortschreitend bewirkte Ehezerrüttung ganz offenkundig sodann auch zu einer unheilbaren. Allen nachfolgenden Begebnissen kommt daher, zumal sie auch minderen Gewichts sind, keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Die Ehe der Streitteile wurde solcherart im weitaus überwiegenden Ausmaß aus dem Verschulden der Klägerin zerrüttet. Im Sinne der eingangs dargelegten Grundsätze war daher entgegen der Ansicht der Unterinstanzen ihr überwiegendes Verschulden an der Scheidung der Ehe auszusprechen. Die Entscheidung über die Prozeßkosten gründet sich auf § 43 Abs.1 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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