Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Umfang der Anordnung der Sachwalterschaft bestätigt.
Im Übrigen, sohin hinsichtlich der Bestellung von Mag. Susanne F***** zum Sachwalter, werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben.
Dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht bestellte dem Betroffenen Frau Mag. Susanne F***** vom Verein für Sachwalterschaft Vöcklabruck zur Sachwalterin gemäß § 273 Abs 3 Z 2 ABGB und zwar zur Besorgung bestimmter in diesem Beschluss angeführter Angelegenheiten.
Es ging dabei davon aus, es liege derzeit beim Betroffenen ein pseudodementer Zustand vor, der durch eine ausgeprägte Depressivität gekennzeichnet sei. Auffällig sei das regressive Rückzugsverhalten des Betroffen, indem er schwierigen und belastenden Situationen durch Repräsentation seiner Hilflosigkeit auszuweichen versuche. Es sei derzeit seine Geschäftsfähigkeit nicht gegeben. Er sei insbesondere in materiellen Belastungssituationen infolge einer als psychische Krankheit anzusehenden Pseudodemenz handlungsunfähig. Die vom Verein für Sachwalterschaft namhaft gemachte Sachwalterin sei insbesondere im Hinblick auf ihre juristische Ausbildung als zur Betreuung des Betroffenen geeignet.
Das vom Betroffenen angerufene Rekursgericht bestätigte mit Punkt 3 seines Beschlusses vom 25. 10. 2000 die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.
Das Rekursgericht verneinte einen Mangel des Verfahrens erster Instanz wegen Unterlassung der Einholung eines weiteren Gutachtens und führte im Übrigen aus, es sei nach den vorliegenden Verfahrensergebnissen unzweifelhaft, dass der Betroffene aufgrund der derzeit gegebenen geistigen Behinderung zur Besorgung der der bestellten Sachwalterin überwiesenen Angelegenheiten nicht in der Lage sei.
Nach § 273 Abs 2 ABGB sei allerdings die Bestellung eines Sachwalters unzulässig, wenn der Betroffene durch andere Hilfe in die Lage versetzt werden könne, seine Angelegenheiten im erforderlichen Ausmaß zu besorgen. Die Bestellung eines Sachwalters sei dann unzulässig, wenn der Betroffene sich der Hilfe anderer in rechtlich einwandfreier Weise bedienen könne. Dabei müsse aber ein bestimmtes Maß von Einsichtsfähigkeit und Urteilsfähigkeit beim Betroffenen vorhanden sein. Hier sei aber das Verhalten des Betroffenen in den der Sachwalterin zur Besorgung überwiesenen Angelegenheiten durch praktisch gänzliche geistige Verweigerung gekennzeichnet; demnach reiche eine bloß unterstützende Hilfe im Sinne des § 273 Abs 2 ABGB nicht aus, sondern sei eine Sachwalterbestellung erforderlich.
Bei der Auswahl der Person des Sachwalters sei nach der Prioritätenreihung des § 281 ABGB vorzugehen. Demnach sei - sofern die Besorgung der Angelegenheit der behinderten Person nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erfordere - primär der gesetzliche Vertreter bzw eine dem Behinderten nahestehende Person als Sachwalter zu bestellen. Eine vom Sachwalterverein namhaft gemachte Person sei zu bestellen, wenn eine nach § 281 Abs 1 ABGB geeignete Person nicht vorhanden sei. Dem Gericht stehe bei der Auswahl einer Person zum Sachwalter ein gewisser Ermessensspielraum zu. Die Auswahl des Sachwalters habe sich besonders an der Art der zu besorgenden Angelegenheiten zu orientieren. Hier sei kein naher Angehöriger aktenkundig, der die fachliche Eignung aufweise, die für den Betroffenen zu erledigenden Agenden zu besorgen; gegen die Bestellung von Mag. Susanne F***** vom Verein für Sachwalterschaft V***** bestünden aufgrund ihrer einschlägigen Erfahrungen keine fachlichen Bedenken.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Betroffenen mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Bestellung eines Sachwalters für unzulässig erklärt und das Sachwalterverfahren eingestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht - wie im Folgenden noch darzulegen sein wird - den im Außerstreitverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz nicht ausreichend beachtet hat; er ist im Sinne seines Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Der Betroffene macht in seinem Rechtsmittel geltend, das Rekursgericht habe in seinem Beschluss vom 17. 1. 2001, 21 R 12/01, ausgeführt, er sei durchaus in der Lage, selbst darzulegen, weshalb die Bestellung eines Sachwalters nicht erforderlich sein solle. Das Gericht sei daher selbst davon in Kenntnis gewesen, dass bei ihm keine geistige Behinderung vorliege und sohin auch kein Grund gegeben sei, einen Sachwalter zu bestellen. Das Rekursgericht hätte feststellen müssen, dass das vom Erstgericht eingeholte Gutachten falsch und unvollständig sei. Die Untergerichte wären daher verpflichtet gewesen, dem Antrag auf Einholung eines anderen Sachverständigengutachtens Folge zu geben. Überdies hätte aber nicht Mag. F***** zum Sachwalter bestellt werden können, weil der Betroffene durch seine Tochter, die Juristin sei, vertreten werden könne.
Hiezu wurde erwogen:
Insoweit der Betroffene den von den Vorinstanzen der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt bekämpft, ist darauf vom Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht einzugehen. Auch Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Rekursgericht verneint hat, können nicht mit Revisionsrekurs geltend gemacht werden (EFSlg 82.862). Die Bestellung eines Sachwalters an sich ist daher nicht zu beanstanden.
Bei der Auswahl der Person, die zum Sachwalter zu bestellen ist, ist die Reihenfolge der Tatbestände in § 281 ABGB als Reihung der Prioritäten zu verstehen (Schlemmer in Schwimann**2, ABGB Rz 1 zu § 281; 2 Ob 296/98p). Es ist daher - sofern die Besorgung der Angelegenheiten der behinderten Person nicht im konkreten Fall vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert - primär der gesetzliche Vertreter (wenn der Behinderte minderjährig ist) bzw eine dem Behinderten nahestehende Person als Sachwalter zu bestellen; eine vom Sachwalterverein namhaft gemachte Person ist dagegen erst dann zu bestellen, wenn eine nach § 281 Abs 1 ABGB geeignete Person nicht vorhanden ist (1 Ob 252/97h; 2 Ob 296/98p).
Im vorliegenden Fall hat nun das Erstgericht nicht versucht, eine dem Betroffenen nahestehende Person im Sinne des § 281 Abs 1 ABGB ausfindig zu machen. Richtig ist zwar - wie das Rekursgericht ausführt - dass zunächst kein naher Angehöriger aktenkundig war, der die fachliche Eignung aufweist, die für den Betroffenen zu erledigenden Agenden zu besorgen. Doch ist eine solche Person nicht nur dann zum Sachwalter zu bestellen, wenn sie aktenkundig ist, sondern besteht vielmehr aufgrund des im außerstreitigen Verfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 2 Abs 2 Z 5 und 6 AußStrG) die Verpflichtung der Gerichte, nachzuforschen, ob eine solche Person vorhanden ist. Dieser Verpflichtung ist das Erstgericht nicht nachgekommen.
Es waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit aufzuheben und wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren (allenfalls nach weiterer Vernehmung des Betroffenen und der in seinem Revisionsrekurs namhaft gemachten Tochter) zu ermitteln haben, ob nicht doch eine geeignete nahestehende Person vorhanden ist. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die bestellte Person analog § 200 ABGB grundsätzlich zur Übernahme der Sachwalterschaft verpflichtet ist (ÖA 1998/70; 2 Ob 296/98p mw).
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