OGH 2Ob545/84

OGH2Ob545/8410.4.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Kurt B*****, vertreten durch Dr. Michael Stern, Rechtsanwalt in Wien, wider den Gegner der gefährdeten Partei Karl D*****, vertreten durch Dr. Ingobert Schuler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen einstweiliger Verfügung, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 28. Februar 1984, GZ R 107/84-61, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bludenz vom 28. Dezember 1983, GZ C 177/82 -56, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung richtet (Punkt III) zurückgewiesen.

Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Die gefährdete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Gegner der gefährdeten Partei entschloss sich im Jahre 1976, Liegenschaften zu verkaufen, um Schulden in der Höhe von etwa 1,5 Mio S abdecken zu können. Er führte Verkaufsgespräche sowohl mit der gefährdeten Partei als auch mit Wilfried T*****.

Die gefährdete Partei behauptete in ihrem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, ihr Gegner habe ihr die Liegenschaften um einen Kaufpreis von 1,5 Mio S verkauft. Der Gegner wendete ein, er habe die Liegenschaften an Wilfried T***** verkauft. Mit einstweiliger Verfügung vom 21. 7. 1976 wurde dem Gegner der gefährdeten Partei die Veräußerung, Belastung und Verpfändung der Liegenschaften verboten. Dieses Verbot wurde im Grundbuch eingetragen. Das in der Rechtfertigungsklage gestellte Klagebegehren, den Gegner der gefährdeten Partei schuldig zu erkennen, der gefährdeten Partei Zug um Zug gegen Bezahlung eines Betrags von 1,5 Mio S in die Einverleibung des Eigentumsrechts der gefährdeten Partei an den Liegenschaften einzuwilligen, wurde rechtskräftig abgewiesen. Daraufhin hob das Erstgericht die einstweilige Verfügung auf und ordnete die Löschung der Grundbuchseintragung an.

Der Gegner der gefährdeten Partei beantragte gemäß § 394 EO einen Ersatzbetrag von 962.214,95 S. Er brachte vor, mit dem von Wilfried T***** zu bezahlenden, sofort fälligen Kaufpreis, hätte er alle seine Gläubiger befriedigen können. Aufgrund der einstweiligen Verfügung sei der Kaufpreis jedoch nicht entrichtet worden. Dadurch seien dem Kläger Prozess- und Exekutionskosten sowie Zinsenbelastungen in der Höhe des begehrten Ersatzbetrags entstanden.

Das Erstgericht sprach aus, dass die gefährdete Partei ihrem Gegner für alle diesem durch die einstweilige Verfügung verursachten Vermögensnachteile Ersatz zu leisten habe und setzte die Höhe des zu leistenden Ersatzbetrags mit 506.204,20 S fest. Das Mehrbegehren von 456.524,76 S wurde abgewiesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der gefährdeten Partei nicht Folge. Dem Rekurs des Gegners der gefährdeten Partei gab es teilweise Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass unter Einbeziehung des vom Erstgericht zugesprochenen Betrags ein Betrag von 526.094,94 S zugesprochen und das Mehrbegehren von 445.634,02 S abgewiesen wurde.

Zur Begründung des abändernden Teils führte das Rekursgericht aus, das Erstgericht habe zu Unrecht Prozesskosten im Rechtsfall der Zürich Versicherungs-Gesellschaft im Betrag von 12.488,15 S nicht berücksichtigt. Im Rechtsfall der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten habe das Erstgericht um 7.402,59 S zu wenig für Zinsen zugesprochen.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der gänzlichen Abweisung des Ersatzantrags.

Soweit der Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichts (Zuspruch eines Betrags von 506.204,20 S) gerichtet ist, ist er unzulässig. Gemäß § 528 Abs 1 ZPO in der Fassung der Zivilverfahrensnovelle 1983 sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz, soweit dadurch der angefochtene Beschluss bestätigt wurde, nämlich unzulässig. Dadurch wurde vom Grundsatz des Judikats 56 neu, nach welchem nur vollbestätigende Beschlüsse unanfechtbar waren, abgegangen. Nach der neuen Rechtslage ist der Rekurs gegen jeden bestätigenden Teil einer zweitinstanzlichen Entscheidung unzulässig (Petrasch in ÖJZ 1983, 203).

Der Zulässigkeit des Revisionsrekurses gegen den abändernden Teil steht die Vorschrift des § 528 Abs 1 Z 2 ZPO nicht entgegen. Bei dem vom Rekursgericht zuerkannten Betrag von 12.488,15 S handelte es sich zwar um Prozesskosten, jedoch nicht um solche, die im Verfahren über die Erlassung der einstweiligen Verfügung aufgelaufen sind (vgl SZ 50/104), sondern um die Kosten eines anderen Verfahrens, das durch die einstweilige Verfügung verursacht worden war. Daher handelt es sich hiebei um keine Entscheidung im Kostenpunkt iSd § 528 Abs 1 Z 2 ZPO. Bei dem Betrag von 7.402,59 S handelt es sich um Zinsen, die der Gegner der gefährdeten Partei, verursacht durch die einstweilige Verfügung, einem Dritten bezahlen musste. Diese Zinsen werden als Entschädigungsbetrag gemäß § 394 Abs 1 EO geltend gemacht und nicht als Nebengebühren iSd § 54 Abs 2 JN und sind daher beim Streitwert zu berücksichtigen. Der Beschwerdegegenstand hinsichtlich des abändernden Teils beträgt daher insgesamt 19.890,74 S, weshalb auch die Vorschrift des § 528 Abs 1 Z 5 ZPO dem Revisionsrekurs nicht entgegensteht.

Hinsichtlich des abändernden Teils ist der Revisionsrekurs daher zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurswerber vertritt den Standpunkt, sein Gegner habe den erlittenen Nachteil selbst herbeigeführt. Hätte er nämlich den Kaufvertrag nicht mit Wilfried T*****, sondern mit der gefährdeten Partei abgeschlossen, dann wäre kein Schaden entstanden. Außerdem hätte Wilfried T***** trotz der einstweiligen Verfügung den Kaufpreis gleich bezahlen können. Nicht durch die einstweilige Verfügung, sondern durch die verspätete Zahlung durch Wilfried T***** sei der Nachteil des Gegners der gefährdeten Partei eingetreten.

Diese Ausführungen sind verfehlt. Es war dem Gegner der gefährdeten Partei überlassen, wem er die Liegenschaften verkauft. Wie im Rechtfertigungsprozess geklärt wurde, kam zwischen der gefährdeten Partei und ihrem Gegner kein Kaufvertrag zustande. Trotzdem erwirkte die gefährdete Partei mit der Behauptung, die Liegenschaften gekauft zu haben, eine einstweilige Verfügung. Wegen des aufgrund der einstweiligen Verfügung im Grundbuch eingetragenen Verbots, die Liegenschaften zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden, konnte der Käufer Wilfried T***** nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden. Er war daher auch nicht verpflichtet, den Kaufpreis zu bezahlen. Der Vermögensnachteil des Gegners der gefährdeten Partei, der darauf zurückzuführen ist, dass er den Kaufpreis für die Liegenschaften durch Jahre hindurch nicht bekam, wurde daher durch die einstweilige Verfügung verursacht, weshalb die gefährdete Partei gemäß § 394 Abs 1 EO zum Ersatz verpflichtet ist.

Dem Revisionsrekurs war daher, soweit er überhaupt zulässig ist, ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, 78 EO.

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