Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 6.789,42 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.131,57 S an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit der als Pachtvertrag bezeichneten Vereinbarung vom 28.7.1958 nahm die Beklagte die Liegenschaft EZ 3194 KG Inzersdorf von den damaligen Miteigentümern gegen einen jährlichen Bestandzins ("Pachtschilling") von 4.800 S, wertgesichert für die Dauer von 30 Jahren unkündbar in Bestand. Nach Punkt IV. dieses Vertrages sollte die "Pächterin" berechtigt sein, das "gepachtete" Grundstück ohne Einschränkung auf eine bestimmte Benützungsart zu verwenden. Insbesondere wurde ihr gestattet, auf dem Grundstück, das zur Zeit des Abschlusses des Vertrages ebenso wie die Nachbarliegenschaft ein Acker war, nach eingeholter Genehmigung der Behörde Bauten aller Art aufzuführen, die aber nicht in das Eigentum der "Verpächter" übergehen, sondern im Eigentum der "Pächterin" bleiben sollten. Zur Sicherstellung des Eigentums der "Pächterin", verpflichteten sich die "Verpächter", entsprechende zur Eintragung im Grundbuch taugliche Urkunden auszustellen. Nach Beendigung dieses "Pachtvertrages" sollten die Bauwerke, wenn nicht eine andere Einigung mit den "Verpächtern" erzielt werde, vollständig entfernt und soweit zumutbar, der "heutige Zustand" wiederhergestellt werden. Für den Fall, daß bei Beendigung des Vertrages die "Pächterin" die auf dem Grundstück aufgeführten Bauten nicht binnen 4 Wochen entfernt hätte, so sollten die "Verpächter" das Recht haben, die Entfernung dieser Bauten selbst in die Hand zu nehmen, sich soweit als möglich aus dem gewonnenen Material schadlos zu halten und für den Rest Schadenersatz zu begehren (Punkt VI.). Außer dem "Pachtschilling" übernahm die Pächterin auch die Bezahlung der laufenden Grundsteuer des gepachteten Grundstückes vom 1.August 1958 an, jeweils aber nur bis zur Höhe von 5 % des jeweiligen auf die Steuerperiode entfallenden "Pachtschillings". Sollte es zur Erhöhung der Grundsteuer wegen Errichtung von Bauten auf dem Pachtgrund kommen, so sollte diese Erhöhung der Grundsteuer uneingeschränkt die "Pächterin" treffen (Punkt VII.). Die "Verpächter" räumten der Pächterin auf die Liegenschaft auf die Dauer des "Pachtvertrages" das Vorkaufsrecht ein und bewilligten die Einverleibung des "Bestandrechtes" sowie des Vorkaufsrechtes, jeweils bis einschließlich 31.7.1988 (Punkt VIII.).
Bei Vertragsabschluß "deponierte" die Beklagte, daß das Grundstück als Lagerplatz benötigt werde. Konkrete Planungen zur Errichtung von Bauwerken wurden zumindest zur Zeit des Abschlusses des Vertrages den Bestandgebern nicht mitgeteilt. Über eine konkrete Nutzung des Grundstückes wurde bei Vertragsabschluß nichts gesprochen. Den Bestandgebern war es "völlig egal, was die Beklagte auf dem Grund macht", wesentlich war die Erzielung eines regelmäßigen Einkommens für die Mehrheitseigentümerin. Unterschriften auf Ansuchen um Baugenehmigung wurden von den Bestandgebern jeweils auf Grund des Vertrages geleistet. An Bauwerken wurden unter anderem eine Garage und eine Kfz-Werkstätte errichtet. Seit 1970 sind die Klägerinnen je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft. Der Pachtschilling wurde jährlich für die Zeit vom 1.8. bis 31.7. des Folgejahres im vorhinein bezahlt. Zuletzt betrug der Pachtschilling 20.171 S. Da dieser von den Klägerinnen nicht angenommen wurde, hinterlegte diesen die Beklagte bei Gericht. Mit den beiden getrennt im September und Oktober 1988 eingebrachten und zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen begehrten die Klägerinnen von der Beklagten die Räumung der gegenständlichen Liegenschaft und die Bezahlung von 120.000 S als Benützungsentgelt für die Zeit von August bis Oktober 1988. Von ihren Rechtsvorgängern sei mit der Beklagten ein Pachtvertrag ab 1.8.1958 auf die Dauer von 30 Jahren abgeschlossen worden. Trotz Ablauf des Bestandverhältnisses habe die Beklagte die Liegenschaft nicht geräumt. Als Benützungsentgelt werde ein Betrag von monatlich 40.000 S geltend gemacht.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klagebegehren, weil der Vertrag gemäß § 23 Abs 2 MG als auf unbestimmte Zeit erneuert gelte und die klagenden Parteien den Pachtschilling nicht angenommen hätten, sodaß er gerichtlich hinterlegt worden sei. Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ab. Bei dem gegenständlichen Bestandvertrag, bei dem der Beklagten das Recht eingeräumt worden sei, auf der Liegenschaft Superädifikate zu errichten, handle es sich um einen Mietvertrag. Nach ständiger Rechtsprechung fiele auch die Grundstücksmiete mit Geschäftsraumsuperädifikat in den analogen Anwendungsbereich des § 1 MRG. Die Befristung des gegenständlichen Bestandvertrages sei infolge Widerspruchs zu den zwingenden Bestimmungen des MRG daher nicht durchsetzbar und das Räumungsbegehren daher abzuweisen gewesen. Wegen Annahmeverweigerung der Klägerin habe die Beklagte den geschuldeten Bestandzins zu Recht bei Gericht hinterlegt; das Zahlungsbegehren sei daher auch nicht gerechtfertigt. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Das Berufungsgericht billigte vorerst die Qualifizierung des gegenständlichen Bestandvertrages als Mietvertrag durch das Erstgericht, weil einerseits die von den Vertragsteilen gewählte Bezeichnung des Vertrages rechtlich ohne Bedeutung sei und die nach dem Inhalt des "Pachtvertrages" an sich gegebene Möglichkeit, auch eine Fruchtziehung in irgendeiner Form auf dem Grundstück durchzuführen, den Nachweis für das Vorliegen eines Pachtvertrages nicht zu ersetzen vermöge, zumal nicht behauptet worden und auch nicht hervorgekommen sei, daß das Bestandobjekt tatsächlich landwirtschaftlich genutzt worden sei. Da der Beklagten eine leerstehende Fläche überlassen und ihr gestattet worden sei, "auf dem Grundstück nach eingeholter Genehmigung der Behörde Bauten aller Art aufzuführen", die in ihrem Eigentum verbleiben und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses vollständig entfernt werden sollten, sei zu prüfen, ob das Mietverhältnis den Kündigungsbeschränkungen der §§ 30 bis 33 MRG unterliege. Gemäß § 1 Abs 1 MRG gelte dieses Bundesgesetz für die Miete von Wohnungen, einzelnen Wohnungsteilen oder Geschäftsräumlichkeiten aller Art samt den etwa mitgemieteten Haus- oder Grundflächen und für die genossenschaftlichen Nutzungsverträge über derartige Objekte. Unbebaute Flächen wie beispielsweise Lagerplätze seien in der beispielsweisen Aufzählung, die in den "Geschäftsräumlichkeiten aller Art" in Klammern folge, im Unterschied zu § 1 Abs 1 MG nicht mehr enthalten. Der grundsätzliche Anwendungsbereich des MRG sei daher auf die Raummiete beschränkt (vgl. Würth-Zingher2, Anm. 2 zu § 1 MRG). Da der Beklagten ein unbebautes Grundstück, nämlich ein Acker übergeben worden sei, scheide die unmittelbare Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen der §§ 30 bis 33 MRG auf das gegenständliche Mietverhältnis aus. Es entspräche jedoch ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre, daß die Kündigungsschutzbestimmungen des MRG analog auf Bestandverträge über Grundstücke anzuwenden seien, wenn nach dem Willen der vertragschließenden Parteien auf der Bestandfläche ein Superädifikat errichtet wurde, das als Wohnung oder Geschäftsraum dienen solle (vgl. MietSlg 37.223, 38.256, 38.485, Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht Rz 28 zu § 1 MRG, Schilcher in Korinek-Krejci, HBzMRG 53 ff). Durch die Errichtung einer Garage und einer Kfz-Werkstätte seien jedenfalls Superädifikate errichtet worden, die als Geschäftsräumlichkeiten im herkömmlichen Sinn zu bezeichnen seien, sodaß das Erstgericht zu Recht die analoge Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen des MRG bejaht habe. Bedenken dagegen könnten nur insofern entstehen, als der Vertragsabschluß offensichtlich nicht zu dem Zweck der Errichtung von Superädifikaten gedient habe, sondern deren Errichtung der Bestandnehmerin freigestellt worden sei, sodaß sich im Zusammenhang mit der Größe der überlassenen Fläche die Frage erhebe, ob nicht die erst (nach Belieben) zu errichtenden Räumlichkeiten in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung gegenüber der geschäftlichen Verwendung des unbebauten Grundstücks gänzlich in den Hintergrund träten (vgl. MietSlg 36.236/48). Eine nähere Erörterung dieser Frage zunächst durch Erforschung des Parteiwillens könne aber hier insofern entfallen, als für den Fall, daß eine analoge Anwendung des Kündigungsschutzes des MRG demnach zu verneinen wäre, die Bestimmung des § 49 Abs 1 zweiter Satz MRG Anwendung zu finden habe: Der am 28.7.1958 auf mehr als ein halbes Jahr abgeschlossene Mietvertrag über eine Geschäftsräumlichkeit im Sinne des § 1 Abs 1 MG sei gemäß § 23 Abs 2 MG als auf unbestimmte Zeit erneuert anzusehen, da vor Ablauf der Mietzeit unter Einhaltung des gesetzlichen Kündigungstermins weder der Mieter erklärt habe, die Miete nicht fortzusetzen, noch der Vermieter die Auflösung der Miete aus wichtigen Gründen begehrt habe. Der gegenständliche Mietvertrag habe daher den Kündigungsbeschränkungen des Mietengesetzes unterlegen. Für Mietverhältnisse, für die bis zum Inkrafttreten des MRG der Kündigungsschutz des MG gegolten habe, die aber dem Kündigungsschutz des MRG nicht mehr unterlägen, insbesondere für Mietverhältnisse über selbständig gemietete Lagerplätze oder ähnlichen Geschäftszwecken dienende (unbebaute) Grundstücke, sehe § 49 Abs 1 zweiter Satz MRG eine mit 31.12.1988 befristete Weitergeltung der §§ 19 bis 23 MG vor (vgl. Würth-Zingher2 Anm. 3 zu § 49 MRG; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht Rz 2 zu § 49; MietSlg 37.590/9 uva). Eine Auflösung des gemäß § 23 Abs 2 MG auf unbestimmte Zeit verlängerten Mietverhältnisses habe daher nur aus wichtigen Gründen erfolgen können. Zwar sei die mündliche Streitverhandlung erst im Jahr 1989 geschlossen worden, sodaß die Bestimmung des § 49 Abs 1 zweiter Satz MRG zu diesem Zeitpunkt keine Anwendung mehr finden könne (vgl. Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht Rz 3 zu § 49 MRG). Den Klägerinnen wäre die Möglichkeit offen gestanden, eine außergerichtliche Auflösungserklärung abzugeben. Daß eine solche tatsächlich abgegeben worden wäre, sei von den Klägerinnen aber nicht behauptet, sondern vielmehr die Behauptung aufrechterhalten worden, daß das Bestandverhältnis infolge des bedungenen Zeitablaufs bereits am 31.7.1988 erloschen sei. Das Erstgericht habe daher die Klagebegehren mit Recht abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision der Klägerinnen mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der vollständigen Stattgebung der Klagebegehren abzuändern; hilfsweise wird hinsichtlich beider Begehren ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf den - hier zu Recht noch nach altem Recht ergangenen - Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes zulässig, aber nicht berechtigt. Zu Unrecht wenden sich die Klägerinnen vorerst gegen die Qualifikation des vorliegenden Bestandvertrages als Mietvertrag durch die Vorinstanzen. Während Miete die Überlassung eines Grundstückes zum bloßen Gebrauch darstellt, liegt Pacht dann vor, wenn die Liegenschaft zum Gebrauch und zur Fruchtziehung überlassen wird und vor allem eine Betriebspflicht vereinbart wird. Daß hier der Bestandzweck auf die Fruchtziehung und auf die Betriebspflicht gerichtet gewesen wäre, wurde nicht einmal behauptet. Da die Bezeichnung des Vertrages durch die Parteien rechtlich unerheblich ist, kann in der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Vertrages als Mietvertrag durch die Vorinstanzen kein Rechtsirrtum erblickt werden.
Im übrigen halten die Revisionswerberinnen an ihrem Rechtsstandpunkt fest, die Vorinstanzen hätten ihren beiden Klagebegehren stattgeben müssen. Sie wenden sich dabei insbesondere gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, sie hätten keine Auflösungserklärung abgegeben, weshalb das Bestandverhältnis nicht erloschen sei. Das Berufungsgericht sei wohl zutreffend davon ausgegangen, daß die Bestimmung des § 49 Abs 1 zweiter Satz MRG keine Anwendung mehr finde, es habe aber übersehen, daß sie "ihre (Auflösungserklärung) durch Klage, also durch das gerichtlich geltend gemachte Auflösungs- und Räumungsbegehren aufrecht erhalten hätten", und bei der Tagsatzung vom 19.1.1989 die bisherigen Verfahrensergebnisse gemäß § 138 ZPO wiederholt worden seien. Da ab 1.1.1989 die Bestimmung des § 23 MG nicht mehr gegolten habe, gelte der auf bestimmte Zeit abgeschlossene Pachtvertrag nicht als auf unbestimmte Zeit erneuert, weshalb ihrem Klagebegehren stattzugeben gewesen wäre. Dem kann nicht gefolgt werden.
Die Vorinstanzen sind mit Recht davon ausgegangen, daß der vorliegende Mietvertrag dem Kündigungsschutz des MG unterlag und gemäß § 23 MG als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt, weil bis zum Ablauf der vereinbarten Mietzeit (Juli 1988) weder von der Beklagten erklärt worden war, die Miete über den vereinbarten Beendigungstermin nicht fortzusetzen, noch von den Klägerinnen die Auflösung der Miete aus wichtigen Gründen begehrt worden war (vgl. MietSlg 39.406/19). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß nach § 49 Abs 1 Satz 2 MRG bei Mietverträgen wie dem vorliegenden ab 1.1.1989 das Endigungsrecht des MG nicht mehr gilt, weil dieser Bestimmung keine rückwirkende Kraft zukommt, es somit bei der im Jahr 1988 eingetretenen Wirkung des damals noch anzuwendenden § 23 MG verbleibt. Zur Beendigung dieses Verhältnisses hätte es jedenfalls einer nach dem 31.12.1988 ergangenen empfangsbedürftigen Willenserklärung der Klägerinnen bedurft, mit welchen sie der Beklagten gegenüber zum Ausdruck hätten bringen müssen, das bestehende Mietverhältnis durch diese Erklärung einseitig aufzulösen. Daß die Klägerinnen eine solche Auflösungserklärung abgegeben haben, wurde von ihnen nicht behauptet. Aus den vorliegenden Klagen ist für sie daraus nichts abzuleiten, weil sie dabei jeweils von der Anname ausgingen, das Bestandverhältnis sei bereits durch Zeitablauf erloschen. Aus der Wiederholung der Verhandlungsergebnisse nach § 138 ZPO ist für die Revisionswerberinnen daher nichts zu gewinnen. Kann somit nicht davon ausgegangen werden, daß es zu einer einseitigen Auflösung des Mietverhältnisses mit der Beklagten durch die Klägerinnen gekommen ist, so kommt dem auf titellose Benützung gestützten Räumungsbegehren sowie dem Begehren auf Zahlung von Benützungsentgelt keine Berechtigung zu. Die Abweisung der beiden Klagebegehren durch die Vorinstanzen entspricht daher der Sach- und Rechtslage.
Unter diesen Umständen kann es dahingegestellt bleiben, ob nach den besonderen Umständen der vorliegenden Vereinbarung ein Fall der Flächenmiete gegeben wäre, der nach Lehre und Rechtsprechung der Raummiete gleichzustellen wäre, eine Frage, deren Beantwortung - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte - jedenfalls einer näheren Erforschung der Parteienabsicht bei Abschluß des Vertrages bedurft hätte.
Damit erweist sich aber die Revision als unberechtigt, weshalb ihr kein Erfolg beschieden sein konnte.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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