OGH 2Ob539/90

OGH2Ob539/905.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*** B***, Schottengasse 6, 1011 Wien, vertreten durch Dr.Peter Semlitsch und Dr.Wolfgang Klobassa, Rechtsanwälte in Voitsberg, wider die beklagte Partei Helmut M***, Geschäftsführer, 26er-Schützengasse 29, 8020 Graz, vertreten durch Dr.Robert A.Kronegger und Dr.Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 82.078,80 s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 7.Februar 1990, GZ 5 R 232/89-40, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 17.Juli 1989, GZ 17 Cg 139/87-34, und das diesem vorangegangene Verfahren ab der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. Mai 1988 als nichtig aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung

Mit ihrer am 22.4.1987 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die S*** Gesellschaft m b H die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 82.078,80 s A mit der Begründung, daß ihr der Beklagte diesen Betrag für die Lieferung und den Einbau von Fenstern und Fensterbänken schulde.

Der Beklagte bestritt die sachliche Berechtigung der Klagsforderung und wendete aufrechnungsweise Gegenforderungen ein. Er bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin, die in der Folge ihre Bezeichnung in "I***-B*** Vertriebsgesellschaft m b H" berichtigte, mit der Begründung, daß er bereits mit Schreiben vom 3.12.1985 von der C***-B*** (in der Folge als CA-BV bezeichnet) verständigt worden sei, daß die Klägerin ihre Forderung gegen den Beklagten an dieses Bankinstitut abgetreten habe und Zahlungen schuldbefreiend nur an diese Bank geleistet werden könnten. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 28.10.1987, 4 S 147/87, wurde über das Vermögen der I***-B*** Vertriebsgesellschaft m b H (in der Folge als I*** bezeichnet) der Konkurs eröffnet. Dieses Konkursverfahren ist noch anhängig. Mit Beschluß vom 27.1.1988 (ON 12) sprach das Erstgericht aus, daß das Verfahren im Hinblick auf die Konkurseröffnung über das Vermögen der Klägerin unterbrochen wird.

Mit einem am 18.4.1988 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragte die CA-BV mit der Behauptung, daß ihr die Klägerin ihre Forderung gegen den Beklagten abgetreten habe, daß sie absonderungsberechtigt sei und daß es der Masseverwalter ihr überlassen habe, als Absonderungsberechtigte das Verfahren fortzuführen, auf Seiten der klagenden Partei den Parteiwechsel durch Eintritt der CA-BV als Klägerin zuzulassen und das Verfahren fortzusetzen.

Das Erstgericht beraumte hierauf eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung für den 26.5.1988 (ON 14) an, in der die beklagte Partei erklärte, damit einverstanden zu sein, "daß die CA-BV nunmehr als klagende Partei in dieses Verfahren anstelle der seinerzeitigen Firma S*** = Firma I*** eintritt; dies mit Rücksicht auf die Abtretung dieser Forderung an die CA-BV".

Die Klagsforderung wurde bereits vor Einbringung der vorliegenden Klage von der S*** Gesellschaft m b H der CA-BV abgetreten; der Beklagte wurde davon mit Schreiben vom 3.12.1985 verständigt.

Nach dem in der Folge ausschießlich mit der CA-BV als Klägerin und dem Beklagten abgeführten Verfahren entschied das Erstgericht, daß die Klagsforderung mit S 67.078,80 und die eingewendete Gegenforderung mit S 12.241,60 zu Recht besteht. Es verurteilte daher den Beklagten, der CA-BV S 54.837,20 s A zu bezahlen und wies das Mehrbegehren von S 27.241,60 s A ab.

Dieses Urteil des Erstgerichtes wurde in seinem klagsstattgebenden Teil vom Beklagten und im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens mit einem Betrag von S 21.337,60 s A von der CA-BV mit Berufung bekämpft.

Aus Anlaß dieser Berufungen hob das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluß das Urteil des Erstgerichtes und das diesem vorangegangene mit der CA-BV durchgeführte Verfahren im Umfang der Anfechtung ab der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26.5.1988 als nichtig auf. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte im wesentlichen aus, der zur Zeit der Konkurseröffnung über das Vermögen der I*** anhängige Rechtsstreit sei ex lege unterbrochen worden; dem Beschluß des Erstgerichtes vom 27.1.1988 (ON 12) sei nur deklarative Bedeutung zugekommen. Das nach § 7 KO unterbrochene Verfahren hätte nur nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluß gemäß § 165 Abs 2 ZPO etwa vom Masseverwalter oder dem Gegner des Gemeinschuldners (§ 7 Abs 2 KO) wiederaufgenommen werden können. Die CA-BV - auch die Voraussetzungen nach dem 3. Absatz des § 7 KO seien nicht gegeben - habe kein Antragsrecht gehabt und es liege für die Aufnahme des Verfahrens kein Gerichtsbeschluß vor. Im übrigen beträfen selbst Rechtsstreitigkeiten über Absonderungsansprüche grundsätzlich das zur Konkursmasse gehörige Vermögen. Die mit dem Absonderungsrecht belasteten Sachen hörten nicht auf, Massebestandteil zu sein. Auch die Freigabe des strittigen Anspruches durch den Masseverwalter im Sinne des § 8 KO, die an sich in jeder Form und auch stillschweigend erfolgen könne - sollte man das Schreiben des Masseverwalters vom 16.12.1987 (Beilage B) überhaupt in diese Richtung auslegen können - , bedeute noch nicht eine Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens. Mangels gesetzlicher Aufnahme des Verfahrens leide das nach dem Eintritt der Unterbrechung des Rechtsstreites gefällte Urteil und auch das dieser Entscheidung vorausgegangene Verfahren ab der Tagsatzung vom 26.5.1988 an dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO, der aus Anlaß der zulässigen Rechtsmittel wahrzunehmen sei. Sei schon die Aufnahme des Verfahrens, die ja erfolgt sein müsse, um einen Parteiwechsel vornehmen zu können, nicht gesetzeskonform, so um so mehr noch dieser gewillkürte Parteiwechsel selbst. Daß ein Fall vorliege, in dem das Gesetz den Parteiwechsel ausdrücklich gestatte, sei nicht einmal behauptet worden. Die Bestimmungen der §§ 19 Abs 2, 23 Abs 1 und 155 ZPO seien unanwendbar, ebenso auch die des § 234 ZPO wegen der hier erfolgten Abtretung der Forderung weit vor der Streitanhängigkeit. Der Versuch des Parteiwechsels zu dem Zweck, an die Stelle der unrichtigen klagenden Partei die richtige (= sachlegitimierte) Partei zu setzen, sei als Parteiänderung auch mit Zustimmung des Prozeßgegners grundsätzlich unzulässig. Da der Klägerin I*** dadurch, daß ab der Tagsatzung vom 26.5.1988 die CA-BV die Stellung einer klagenden Partei ausdrücklich und allein für sich in Anspruch genommen habe, die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, entzogen worden sei, sei das Verfahren auch aus diesem Grund ab und einschließlich dieser Tagsatzung als nichtig gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO aufzuheben. In einem solchen Fall fehle auch der eintretenden Partei im bisherigen Verfahren das rechtliche Gehör. Eine analoge Anwendung des 5. Absatzes des § 235 ZPO komme hier bereits deshalb nicht in Betracht, weil eine Zustimmung der ursprünglichen Klägerin oder an ihrer Stelle des Masseverwalters zu einem Parteiwechsel nicht aktenkundig sei. Auch diese Gründe führten zur amtswegigen Aufhebung des Urteiles und des vorangegangenen Verfahrens im angefochtenen Umfang.

Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses begründete das Berufungsgericht damit, daß es sich bei den Voraussetzungen für die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreites und für einen einvernehmlich gewillkürten Parteiwechsel im Zusammenhang mit einem behaupteten Forderungsübergang um Rechtsfragen des Verfahrensrechtes handle, denen erhebliche Bedeutung zukomme.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der CA-BV mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß zu beheben und dem Berufungsgericht die Durchführung des Berufungsverfahrens aufzutragen; hilfsweise wird beantragt, "den angefochtenen Beschluß aufzuheben und an eine der Unterinstanzen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen". Der Beklagte hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Rekurs der CA-BV keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.

Auch die Rekurswerberin geht zutreffend daon aus, daß der zwischen der I*** und dem Beklagten anhängig gewesene Rechtsstreit im Sinne des § 7 Abs 1 KO durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der I*** unterbrochen wurde.

Die Wirkung dieser Unterbrechung ergibt sich aus § 163 ZPO. Sie besteht im wesentlichen darin, daß das Gericht - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen - keinerlei Prozeßhandlungen setzen durfte und daß auch Parteienhandlungen - wiederum abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen - unzulässig waren (siehe dazu Fasching, Kommentar II 791 ff und Zivilprozeßrecht2 Rz 598 f). Die nach § 7 Abs 1 KO eingetretene Unterbrechung kann nur durch die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens beseitigt werden. Die Form der Aufnahme ist im § 164 ZPO bestimmt. Danach hat der zur Aufnahme Berechtigte einen Antrag auf Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung, allenfalls deren Fortsetzung, wenn aber die Unterbrechung während des Laufes einer Frist zur Vornahme einer Prozeßhandlung eintrat, einen Antrag auf neuerliche Bestimmung einer Frist für diese Prozeßhandlung zu stellen, und zwar gemäß § 165 Abs 1 ZPO bei dem Gericht, bei welchem die Rechtssache zum Zeitpunkt des Eintrittes des Unterbrechungsgrundes anhängig war. Die Aufnahme eines unterbrochenen Verfahrens kann nur durch Gerichtsbeschluß erfolgen, der mit Rekurs anfechtbar ist (SZ 45/19; JBl 1973, 46; RZ 1986/40 ua).

Gemäß § 7 Abs 2 KO (die Vorschrift des § 7 Abs 3 KO ist für den vorliegenden Fall ohne Belang) kann das gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochene Verfahren vom Masseverwalter, von den Streitgenossen des Gemeinschujdners und vom Gegner aufgenommen werden. Lehnt der Masseverwalter den Eintritt in einen Aktivprozeß des Gemeinschuldners ab (§ 8 Abs 1 KO), kann das Verfahren gemäß § 8 Abs 3 KO vom Gemeinschuldner, von dessen Streitgenossen und vom Gegner aufgenommen werden.

An allen diesen Voraussetzungen für die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens fehlt es im vorliegenden Fall. Der diesbezügliche Antrag der CA-BV (ON 13) stammt von keiner dazu berechtigten Person und es wurde darüber auch kein Gerichtsbeschluß gefaßt.

Der von der I*** gegen den Beklagten geführte Rechtsstreit blieb daher weiterhin unterbrochen.

Daraus ergibt sich aber die Unzulässigkeit des vorgenommenen gewillkürten Parteiwechsels durch den mit Zustimmung des Beklagten erfolgten Eintritt der CA-BV in den Rechtsstreit als Klägerin anstelle der I***. Abgesehen davon, daß die im § 234 ZPO normierten Voraussetzungen nicht vorlagen, weil die Klagsforderung bereits vor Klagseinbringung an die CA-BV abgetreten wurde (siehe dazu Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1198), handelt es sich sowohl bei der Eintrittserklärung des Rechtsnachfolgers als auch bei der nach § 234 zweiter Satz ZPO erforderlichen Zustimmung des Gegners um Prozeßhandlungen (Fasching aaO Rz 1206), die infolge der im § 163 ZPO normierten Unterbrechungswirkung solange nicht wirksam gesetzt werden können, als das Verfahren unterbrochen ist.

Unter diesen Umständen begründet die Fortsetzung des Verfahrens trotz eingetretener Unterbrechung mit einer anderen Partei den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (siehe dazu Fasching aaO Rz 598; SZ 51/150 mwN), der, worauf der Beklagte in seiner Rekursbeantwortung zutreffend hinweist, vom Berufungsgericht nur aus Anlaß zulässiger Rechtsmittel wahrgenommen werden durfte. Solche lagen dem Berufungsgericht aber vor, weil im Verhältnis zwischen der CA-BV und dem Beklagten eine Unterbrechung des Verfahrens nach der Vorschrift des § 7 Abs 8 KO nicht eingetreten war.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht somit der Sach- und Rechtslage. Dem Rekurs der CA-BV mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die gegenseitige Aufhebung der Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 51 Abs 2 ZPO.

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