Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Entscheidung als Zwischen- und Teilurteil zu lauten hat:
"1. Das Klagebegehren, die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 1,831.413,75 zu bezahlen, besteht dem Grunde nach zu Recht.
2.) Es wird festgestellt, daß die beklagte Partei dem Kläger für alle künftigen Schäden aus der im Juni 1984 erlittenen Infektion mit E.Coli und Klebsiella pneumoniae-Keimen haftet. Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen wird dem Endurteil vorbehalten."
Text
Entscheidungsgründe:
Bei dem am 14. Februar 1983 geborenen Kläger trat im Juni 1984 als Folge einer akuten Infektion mit E.Coli und Klebsiella pneumoniae-Keimen während eines stationären Aufenthaltes im Landeskrankenhaus ***** ein Schockzustand auf, der durch verminderte Sauerstoffversorgung des Gehirns zu einer cerebralen Schädigung führte.
Der Kläger brachte vor, diese Folge sei auf Fehler der behandelnden Ärzte sowie auf Mängel in der Gesamtorganisation des Landeskrankenhauses zurückzuführen. Er begehrte einen Schadenersatzbetrag von S 1,831.413,75 sowie die Feststellung, daß ihm die beklagte Partei für sämtliche kausalen Schäden aus den bei seinem Aufenthalt im allgemeinen öffentlichen ***** Landeskrankenhaus ***** im Zeitraum vom 4. Juni 1984 bis 7. Juni 1984 sowie vom 14. Juni 1984 bis 16. Juni 1984 erlittenen Gesundheitsbeeinträchtigungen haftet.
Die beklagte Partei wendete ein, der Kläger sei fehlerfrei behandelt worden, auch ein Organisationsverschulden liege nicht vor.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus: "Das Klagebegehren besteht dem Grunde nach zu Recht." Es ging hiebei von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:
Der Kläger wurde am 4. Juni 1984 von der Kinderärztin wegen einer Mundschleimhautentzündung in das Landeskrankenhaus ***** eingewiesen. Er wurde dort an der Kinderabteilung aufgenommen, was aufgrund der in der Einweisungsdiagnose aufscheinenden hoch fieberhaften, mit Durchfällen und Inappetenz verbundenen Erkrankung medizinisch gerechtfertigt war. Der Kläger wurde nach sachgerechter Behandlung am 7. Juni 1984 wieder entlassen.
In der Zeit vom 22. Mai 1984 bis 4. Juni 1984 waren in der Kinderabteilung des Landeskrankenhauses ***** sieben Fälle der Infektion mit pathogenen E.Coli-Bakterien und ebenso viele mit Klebsiella pneumoniae aufgetreten. Das Auftreten derartiger Hospitalismuskeime und damit verbundener Durchfallerkrankungen ist auf einer Kinderabteilung grundsätzlich als normal anzusehen. Verbindliche Richtlinien über das Verhängen einer Aufnahmesperre in einer derartigen Situation gibt es nicht. Die Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme ist vom Abteilungsvorstand im Einzelfall zu beurteilen. Bei Auftreten von zwei bis vier schweren gleichartigen Durchfallerkrankungen ist aber aus medizinischer Sicht an eine Aufnahmesperre zu denken. Die bereits bestehenden sechs Vorerkrankungen aufgrund von Infektionen mit E.Coli-Bakterien bedeuteten für den Kläger im Zeitpunkt der Aufnahme am 4. Juni 1984 eine erhöhte Ansteckungsgefahr. Eine Aufnahmesperre war aus medizinischer Sicht in diesem Zeitpunkt jedoch nicht unumgänglich. Die Eltern des Klägers wurden bei der Aufnahme über das Bestehen einer Häufung von Infektionen mit E.Coli-Bakterien nicht informiert. In der Zeit vom 5. Juni 1984 bis 7. Juni 1984 traten weitere neun Infektionen mit pathogenen E.Coli-Bakterien auf der Kinderstation auf. Am 7. Juni 1984 wurde daraufhin vom Abteilungsvorstand eine Aufnahmesperre verhängt, welche bis zum 20. Juni 1984 andauerte. Aus medizinischer Sicht war in dieser Situation die Setzung von hygienischen Maßnahmen, nämlich Mantelwechsel bei Eintreten und Verlassen der Krankenzimmer für Personal und Besucher sowie Desinfektion der Hände bei jeder Berührung von Patienten odes des Bettes eines Patienten geboten. Tatsächlich wurden keine derartigen Maßnahmen getroffen. Der zuständige Hygienebeauftragte war im Juni 1984 im Landeskrankenhaus ***** nicht anwesend, er wurde von der Aufnahmesperre auch später nicht informiert. Ein Stellvertreter war nicht bestellt. Eine Kommunikation zwischen dem pathologischen Institut und der Kinderabteilung hinsichtlich der Mitteilung der Häufung von positiven Befunden bestand nicht. Es gab auch keine Kommunikation über Infektionsfragen, Verhütung von Infektionen oder deren Eindämmung zwischen dem pathologischen Institut, der Spitalsdirektion, dem Hygienebeauftragten und der Kinderabteilung. Die Maßnahmen zur Verhinderung einer Weiterverbreitung und der spitalsinterne Informationsfluß waren daher mangelhaft.
Beim Kläger wurde am 7. Juni 1984, dem Tag seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, eine Stuhlprobe entnommen und dem pathologischen Institut übersendet, wo eine Stuhlkultur angelegt wurde, deren Befund am 12. Juni 1984 vorlag. Aus ihm war das Vorhandensein von pathogenen E.Coli- und Klebsiella pneumoniae-Bakterien im Stuhl des Klägers ersichtlich. Auch ein Antibiogramm wurde hinsichtlich der pathogenen E.Coli-Bakterien erstellt, welches ebenfalls am 12. Juni 1984 vorlag. Die Anlage einer Blutkultur ist bei derartigen nicht akuten Erkrankungsfällen unüblich.
Hinsichtlich der Herkunft der pathogenen Keime ist eine Akquirierung durch den Kläger im Spital zwar wahrscheinlich, eine Aufnahme außerhalb des Spitals aber ebenfalls möglich, da diese Keime unter Umständen auch erst nach fünf Tagen wirksam werden können. Entsprechend der Entlassungsdiagnose vom 7. Juni 1984 wurde beim Kläger eine Nachbehandlung mit Antibiotika bis zum 10. Juni 1984 angeordnet und durchgeführt. Das verwendete Antibiotikum war gegen die pathogenen E.Coli- und Klebsiella pneumoniae-Bakterien nicht wirksam, es begünstigte sogar deren Entwicklung. Eine Information der Eltern des Klägers oder des nachbehandelnden Arztes durch das Landeskrankenhaus ***** über die Ergebnisse der Stuhluntersuchung erfolgte nicht. Eine solche Nachinformation ist in der Praxis der Spitäler auch nicht üblich. Eine Mitteilung des Ergebnisses der Stuhlkultur und des Antibiogrammes hätte eine gezielte medikamentöse Bekämpfung der E.Coli-Stämme ermöglicht. Am 12. Juni 1984 traten beim Kläger verstärkte Durchfälle und Erbrechen auf, was zu einem starken Flüssigkeits- und Elektrolytverlust führte. Am 14. Juni 1984 um 9 Uhr 40 wurde der Kläger neuerlich in die Kinderstation des Landeskrankenhauses ***** aufgenommen. Ob der Befund des pathologischen Institutes am 14. Juni 1984 der Krankengeschichte des Klägers bereits angeschlossen war und ob er bei der zweiten Aufnahme des Klägers dem aufnehmenden Arzt vorlag, war nicht zweifelsfrei feststellbar. Die Einweisungsdiagnose des Klägers lautete auf Dyspepsie (Brechdurchfall). Der Allgemeinzustand des Klägers war schlecht. Seit dem 7. Juni 1984 war ein Gewichtsverlust von 1 kg, das sind ca 10 % des ursprünglichen Körpergewichtes, eingetreten. Zudem wies der Kläger ein getrübtes Sensorium auf. Der Zustand des Klägers war infolge der schweren Dehydration schlecht. Ein Transport in ein anderes Krankenhaus wäre in Begleitung eines Arztes möglich gewesen. Bei der zweiten Aufnahme des Klägers in die Kinderabteilung bestand bereits seit 8 Tagen eine Aufnahmesperre. Obwohl der Kläger als Kontaktkind anzusehen war, bedeutete seine neuerliche Aufnahme in die gesperrte Abteilung eine Erhöhung seines Gesundheitsrisikos. Die Eltern des Klägers wurden auch bei der Zweitaufnahme nicht darüber aufgeklärt, daß eine Aufnahmesperre vorliege und welche Risken mit einer Aufnahme in dieser Situation verbunden seien. Nach der Aufnahme wurde zunächst eine Infusionstherapie gegen die Dehydration verordnet, was sachlich gerechtfertigt war. In der Nacht vom 14. Juni auf den 15. Juni stieg das Fieber des Klägers auf 40 GradC um ein Uhr früh an, worauf mit antipyretischer Therapie begonnen wurde, was wegen der Resistenz der pathogenen Keime gegen die angewendeten Medikamente keinen Erfolg brachte. Am 15. Juni 1984 um 13 Uhr 45 wurde das Stationspersonal von der Mutter eines anderen Kindes darauf aufmerksam gemacht, daß der Kläger weine und am ganzen Körper zittere. Zu diesem Zeitpunkt war beim Kläger Schocksymptomatik mit Zentralisation aufgetreten. Es erfolgte eine Schockbehandlung, die, sieht man von der mangelnden Berücksichtigung der bereits seit 12. Juni vorliegenden Ergebnisse der ersten Stuhlkultur sowie des Antibiogramms ab, fachgerecht war. Dennoch blieb der Schockzustand des Klägers weiterhin aufrecht. Um 17 Uhr desselben Tages betrug das Fieber 41,5 GradC. Am 16. Juni 1984 um 3 Uhr trat beim Kläger ein Lugenödem auf, worauf eine hochdosierte Therapie erfolgte. Der Kläger wurde maschinell beatmet. Wären die Befunde aufgrund der am 7. Juni 1984 erfolgten Stuhlprobe berücksichtigt worden, hätten die Infektionsfolgen möglicherweise vermieden werden können. Am 15. Juni 1984 wurde beim Kläger eine Blutkultur sowie eine weitere Stuhlkultur angelegt. Die Ergebnisse lagen am 18. und 19. Juni 1984 vor. Wären die Kulturen bereits am 14. Juni 1984 angelegt worden, wären ihre Ergebnisse am 17. Juni bzw 18. Juni 1984 vorgelegen, wären für die Behandlung am 15. und 16. Juni aber auch in diesem Fall nicht verwertbar gewesen. Nach Eintritt des Schockzustandes war der Kläger transportunfähig. Erst am Morgen des 16. Juni 1984 war der Zustand des Klägers soweit stabil, daß eine Verlegung an die Intensivstation des ***** Kinderspitals möglich war.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß, da das Landeskrankenhaus ***** keine eigene Rechtspersönlichkeit besitze, ein Behandlungsvertrag zwischen dem Kläger und dem Rechtsträger des Landenkrankenhauses, nämlich dem Land *****, abgeschlossen worden sei. Die Behandlung werde nach den Maßstäben des § 1299 ABGB geschuldet, Ärzte und Personal des Krankenhauses seien als Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 1313 a ABGB anzusehen. Wohl treffe die Beweislast für eine Sorgfaltsverletzung den geschädigten Kläger, es komme ihm jedoch die Beweiserleichterung des prima facie-Beweises zu. Unter diesem Gesichtspunkt sei ihm jedoch der Nachweis eines haftungsbegründenden Sachverhaltes gelungen. Es liege sowohl eine kausale ärztliche als auch organisatorische Sorgfaltsverletzung vor. Die interstationäre Kommunikation sei mangelhaft gewesen, insbesondere die Weiterleitung von Befunden, darüber hinaus liege aber auch mangelhafte Beobachtung des Klägers vor, sowie unzureichende hygienische Maßnahmen. So sei die Verhängung der Stationssperre zu spät erfolgt. Die Mängel seien nach Auskunft des Sachverständigen wohl im Bereich des in der Spitalpraxis Üblichen und Vertretbaren gewesen, das Gericht könne jedoch dieser Argumentation nicht folgen. Darüber hinaus hafte die beklagte Partei auch aus einer Unterlassung einer ausreichenden ärztlichen Aufklärungspflicht. Diese wäre umso leichter möglich gewesen, als der Patient minderjährig gewesen sei, so daß eine negative Beeinflussung seines Gesundheitszustandes durch umfangreiche Aufklärung nicht zu befürchten gewesen sei. Bei der zweiten Aufnahme habe bereits eine Sperre der Kinderabteilung bestanden. Es sei zu wesentlichen Häufungen von E.Coli-Infektionen gekommen, so daß die Eltern des Klägers bezüglich der erhöhten Gesundheitsgefährdung durch die neuerliche Aufnahme in das Krankenhaus aufzuklären gewesen wären. Der schlechte Gesundheitszustand des Klägers zu diesem Zeitpunkt habe es nicht gehindert, in Begleitung eines Arztes eine Überstellung in ein anderes Krankenhaus vorzunehmen. Da eine Gesundheitsschädigung im Zeitpunkt der zweiten Aufnahme zweifellos im Bereich der Wahrscheinlichkeit gelegen sei, wäre eine ausdrückliche Zustimmung der Eltern nach ausführlicher Aufklärung erforderlich gewesen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge, und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz übernahm folgende Feststellungen des Erstgerichtes nicht: Das bei der ersten Entlassung verwendete Antibiotikum sei gegen die Keime nicht wirksam gewesen, sondern habe deren Entwicklung sogar begünstigt; der Kläger sei, obwohl er als Kontaktkind anzusehen gewesen sei, neuerlich in die gesperrte Abteilung aufgenommen worden (hier ist offensichtlich die Feststellung gemeint, daß die zweite Aufnahme ein Gesundheitsrisiko bedeutete); ein Transport des Klägers in ein anderes Krankenhaus wäre am Tag der zweiten Aufnahme in Begleitung eines Arztes möglich gewesen. Die in der Berufung ebenfalls bekämpften Feststellungen über die unzureichenden Hygienemaßnahmen übernahm das Berufungsgericht.
In rechtlicher Hinsicht teilte das Berufungsgericht die Ansicht des Erstgerichtes, die beklagte Partei hafte aufgrund des Behandlungsvertrages gemäß § 1298 ABGB, wobei der Maßstab des § 1299 ABGB anzuwenden sei. Zur Meinung des Erstgerichtes, den Kläger treffe die Beweislast für eine Sorgfaltsverletzung, es komme ihm jedoch die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises zu, führte das Berufungsgericht aus, über die Reichweite der im § 1298 ABGB normierten Umkehr der Beweislast bezüglich des Verschuldens würden in Rechtsprechung und Lehre unterschiedliche Meinungen vertreten. Koziol (Österreichisches Haftpflichtrecht II2 116 f) führe aus, daß auch bei Arzthaftung zwischen deliktischer und vertraglicher Haftung zu unterscheiden sei, da bei letzterer die Beweislastumkehr eintrete. Harrer (Schwimann, ABGB, Rz 5 zu § 1298) weise auf das uneinheitliche Bild der Rechtsprechung zu dieser Frage mit zahlreichen Nachweisen hin und stelle im wesentlichen auf den Einzelfall ab. Reischauer (Der Entlastungsbeweis des Schuldners, Verschulden und Beweislast, ZVR 1978, 101 sowie in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1298) differenziere zwischen Erfolgs- und Sorgfaltsverbindlichkeiten. Nur für Erfolgsverbindlichkeiten gelte die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB. Hier sei das Abweichen vom geschuldeten Erfolg Nichterfüllung. Bei Sorgfaltsverbindlichkeiten hingegen bestehe die Nichterfüllung in der Sorgfaltsverletzung. Diese sei regelmäßig als Ursache des entstandenen Schadens vom Kläger zu beweisen. Eine Beweislastumkehr würde zu einer, die ärztliche Tätigkeit behindernden Erfolgshaftung führen (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 26 zu § 1298). Der Oberste Gerichtshof habe erstmalig in JBl 1990, 723 unter Berufung auf Reischauer dessen Unterscheidung und die daraus gezogenen Konsequenzen kurz aber zustimmend wiedergegeben. Damit habe sich Binder unter ausführlicher Darstellung der sonstigen Lehre kritisch auseinandergesetzt (JBl 1990, 814). Er habe insbesondere darauf hingewiesen, daß das Motiv des Gesetzgebers für die im § 1298 ABGB angeordnete Umkehr der Beweislast darin liege, daß der Schuldner hinsichtlich der in seiner Sphäre liegenden Umstände die bessere Einsicht und damit Beweismöglichkeit habe. Der zu einem bestimmten Verhalten Verpflichtete könne eher darüber berichten, welche Hindernisse sich ihm bei den Erfüllungshandlungen in den Weg stellten. Selbst wenn man daher die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB auf Sorgfaltsverbindlichkeiten nicht anwende, sei auf die daraus resultierende Konsequenz Bedacht zu nehmen, daß der Kläger wesentlich häufiger in Beweisnotstand gerate. Auf den vorliegenden Fall angewendet, bedeutet dies, daß von einer Sorgfaltsverpflichtung der beklagten Partei bzw ihrer Erfüllungsgehilfen auszugehen sei, die darin bestehe, daß dem Kläger eine sorgfältige und sachgerechte ärztliche Behandlung nach dem Maßstab des § 1299 ABGB geschuldet worden sei. Treffe die beklagte Partei die Verpflichtung zum Entlastungsbeweis, so sei er ihr keineswegs gelungen. Lege man die Beweislast dem Kläger auf, so müsse ihm jedenfalls der prima-facie-Beweis zugestanden werden, da gerade der vorliegende Fall zeige, welche Schwierigkeiten es dem Kläger bereite, die für ihn maßgeblichen organisatorischen Abläufe in der Anstalt der beklagten Partei nachzuweisen. Im einzelnen sei hiezu auszuführen: Im Landeskrankenhaus ***** wurde die Setzung von hygienischen Maßnahmen unterlassen, obwohl diese nach dem Stand der ärztlichen Wissenschaft geboten waren. Damit waren die Maßnahmen zur Verhinderung einer Weiterverbreiterung der pathogenen E.Coli-Bakterien mangelhaft. Der verantwortliche Hygienebeauftragte war im Spital nicht anwesend und wurde auch mit den Vorfällen nicht befaßt. Damit wurde für den Kläger eine wesentliche Gefahrenquelle im Krankenhaus geschaffen, die als typische Ursache für die Akquirierung der Keime durch ihn im Spital anzusehen ist. Demgemäß hat das Erstgericht auch dem Sachverständigengutachten folgend festgestellt, daß es wahrscheinlich sei, daß der Kläger die genannten Keime anläßlich seines Krankenhausaufenthaltes aufgenommen hat. Daß es daneben auch theoretisch möglich ist, diese Keime außerhalb des Spitals aufzunehmen, bedeutet keine Erschütterung des Anscheinsbeweises. Das Wesen dieses Beweises liege darin, daß jene Tatsachen bewiesen werden, aus denen sich ein regelmäßiger und typischer Geschehensablauf ergebe. Seine Widerlegung erfolge nicht durch das Aufzeigen abstrakter anderer Möglichkeiten, sondern durch den Nachweis konkreter Tatsachen, die auch die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes ergeben. Solche konkrete Umstände, aus denen sich eine Ansteckung des Klägers außerhalb des Krankenhauses ergeben könnte, habe jedoch die beklagte Partei nicht einmal behauptet. Der zweite wesentliche Sorgfaltsverstoß liege darin, daß bei der zweiten Aufnahme des Klägers in das Krankenhaus am 14. Juni 1984 die Ergebnisse der vorangegangenen Stuhlbefundung nicht verwertet worden seien. Dieser Stuhlbefund sei aus Anlaß der Entlassung des Klägers am 7. Juni 1984 beim pathologischen Institut des Landeskrankenhauses ***** in Auftrag gegeben und am 12. Juni 1984 fertiggestellt worden. Ob der Befund aus organisatorischen Mängeln am 14. Juni 1984 der Krankengeschichte noch nicht angeschlossen gewesen sei, oder ob der aufnehmende Arzt den vorhandenen Befund nicht beachtet habe, sei für die Haftung der beklagten Partei ohne Bedeutung. Nach der Feststellung des Erstgerichtes hätte eine Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Stuhlkultur und des damit erstellten Antibiogrammes eine gezielte medikamentöse Bekämpfung der E.Coli-Stämme ermöglicht. Zwar sei die Schockbehandlung grundsätzlich fachgerecht gewesen, es sei jedoch die Berücksichtigung der Ergebnisse der Stuhlkultur schuldhaft unterlassen worden, was möglicherweise die Infektionsfolgen vermieden hätte. Auch hier könne vom Kläger nicht verlangt werden, daß er den strengen Kausalitätsbeweis in der Richtung erbringe, daß die Berücksichtigung des Befundes vom 12. Juni 1984 mit Sicherheit einen günstigeren Heilungsverlauf mit sich gebracht hätte. Es müsse vielmehr der Nachweis genügen, daß die Heilungschancen des Klägers durch ausreichende Berücksichtigung des Befundes wesentlich verbessert worden wären, was inbesondere für die Auswahl des Antibiotikums zutreffe. Dem Kläger sei daher auch ohne Beweislastumkehr der Nachweis gelungen, daß die Beklagte für eine haftungsbegründende Sorgfaltsverletzung einzustehen habe.
Die beklagte Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise stellt die beklagte Partei einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Ausführungen der Revision, das Berufungsgericht habe sich mit der Beweisrüge nicht ausreichend auseinandergesetzt, es habe ohne Beweiswiederholung die erstrichterlichen Feststellungen zur Unterlassung von Hygienemaßnahmen erweitert und habe andere Feststellungen übergangen, sind nicht berechtigt, die behaupteten Verfahrensmängel liegen daher nicht vor. Dies bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
Ihre Rechtsrüge stützt die beklagte Partei insbesondere auf die Unterscheidung zwischen Erfolgsverbindlichkeiten und Sorgfaltsverbindlichkeiten, die Reischauer - im Gegensatz zu anderen Autoren - bei Beurteilung der Frage der Beweislastumkehr gemäß § 1298 ABGB vornimmt (vgl die vom Berufungsgericht angeführte Literatur). In der Entscheidung JBl 1990, 723 folgte der Oberste Gerichtshof dieser Unterscheidung. Im vorliegenden Fall ist es nicht erforderlich, darauf einzugehen, weil für die Beurteilung des Verschuldens der Sachverhalt ausreichend geklärt ist. Die Frage der Beweislast ist hier also nicht von Bedeutung (Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 3 zu § 1298).
Bei Beurteilung der Frage, ob eine schuldhafte Verletzung vertraglicher Pflichten vorliegt, ist davon auszugehen, daß der Kläger aufgrund des Behandlungsvertrages jedenfalls Anspruch darauf hatte, daß er im Krankenhaus gewissenhaft betreut und sein Wohl gewahrt wird, eine Verpflichtung, die Ärzte schon nach dem Ärztegesetz trifft (§ 7 Abs 1 ÄrzteG 1949 und § 22 Abs 1 ÄrzteG 1984). Wird ein Kleinkind in eine Krankenhausabteilung aufgenommen, in der eine gefährliche Infektionskrankheit aufgetreten ist und werden keinerlei Maßnahmen getroffen, um der Gefahr einer Ansteckung im Krankenhaus zu begegnen, dann kann gewiß nicht von einer gewissenhaften, dem Wohl des Kranken dienenden Betreuung gesprochen werden. Die Revisionsausführungen sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung herbeizuführen. Daraus, daß im Ersturteil im Anschluß an die Feststellungen über die während des ersten Krankenhausaufenthaltes des Klägers aufgetretenen Infektionen mit E.Coli-Bakterien und die am Tag der ersten Entlassung verfügte Aufnahmesperre ausgeführt wird, "in dieser Situation" war die Setzung von hygienischen Maßnahmen geboten, kann nicht abgeleitet werden, daß derartige Maßnahmen vor der Entlassung des Klägers nicht erforderlich gewesen wären. Zu berücksichtigen ist, daß bis zur ersten Aufnahme des Klägers bereits sieben Infektionsfälle aufgetreten waren und bereits bei Auftreten von zwei bis vier schweren gleichartigen Durchfallserkrankungen aus medizinischer Sicht an eine Aufnahmssperre zu denken ist. Daraus folgt, daß - mag es auch nicht vorwerfbar sein, daß nicht bereits vor der ersten Aufnahme des Klägers eine Aufnahmssperre angeordnet wurde - eine Gefahr für die Patienten bestand, die auch erkennbar war und daß daher bereits damals Maßnahmen zu treffen gewesen wären, um eine Ansteckung möglichst hintanzuhalten. Da derartige Maßnahmen nicht erfolgten, wurde die Pflicht aus dem Behandlungsvertrag verletzt. Die Verletzung der objektiv gebotenen Sorgfaltspflicht ist bewiesen, so daß - auch nach der Ansicht Reischauers (in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1298, Seite 2193 unten) - bezüglich des subjektiven Verschuldens die Beweislast umgekehrt ist (JBl 1990, 525). Ein Beweis, daß die Unterlassung nicht vorwerfbar ist, wurde nicht erbracht, weshalb die beklagte Partei für die Folgen der schuldhaften Vertragsverletzung haftet.
Voraussetzung eines Ersatzanspruches des Klägers ist allerdings ein Kausalzusammenhang zwischen den vorwerfbaren Unterlassungen und dem eingetretenen Schaden. Den Beweis für die Verursachung des Schadens durch den in Anspruch genommenen Schädiger hat grundsätzlich der Geschädigte zu tragen und zwar auch in den Fällen des § 1298 ABGB (Koziol2 I 333; Holzer-Posch-Schick, Arzt- und Arzneimittelhaftung in Österreich 20; JBl 1986, 576). Bei möglicherweise mit Behandlungsfehlern zusammenhängenden Gesundheitsschäden von Patienten sind allerdings wegen der besonderen Schwierigkeiten eines exakten Beweises an den Kausalitätsbeweis geringere Anforderungen zu stellen (3 Ob 560/84, 8 Ob 1527/90 ua). Eine Unterlassung ist für den Schadenseintritt dann kausal, wenn die pflichtgemäße Handlung den Eintritt des Schadens weniger wahrscheinlich gemacht hätte als deren Unterlassung (3 Ob 560/84 ua). In diesem Sinn gelangten beide Vorinstanzen zu dem Ergebnis, es sei der Beweis des natürlichen Kausalzusammenhanges erbracht worden. Dabei handelt es sich um eine irrevisible Tatsachenfeststellung (Koziol2 I 324; JBl 1986, 576; 3 Ob 560/84). Es ist wahrscheinlich, daß der Kläger im Krankenhaus angesteckt wurde. Ein weiterer Beweis kann von ihm nicht verlangt werden. Wohl besteht auch die Möglichkeit, daß die Infektion schon vor seiner Aufnahme in das Krankenhaus erfolgte, es mag auch sein, daß eine im Krankenhaus erfolgte Ansteckung auch durch ordnungsgemäße Hygienemaßnahmen nicht unbedingt verhindert worden wäre. Es wäre aber Sache der beklagten Partei, die eine schuldhafte Vertragsverletzung zu vertreten hat, gewesen, derartiges unter Beweis zu stellen (14 Ob 140, 141/86; 6 Ob 702/89, teilweise wiedergegeben in Holzer-Posch-Schick aaO 22; 6 Ob 588/90; 8 Ob 1527/90).
Eine Haftung der beklagten Partei ist daher schon wegen der auf vertragswidriges schuldhaftes Verhalten zurückzuführenden Infektion zu bejahen, weshalb auf die Frage weiterer schuldhafter Handlungen und Unterlassungen des Krankenhauspersonals anläßlich des zweiten Krankenhausaufenthaltes nicht mehr eingegangen werden muß.
Die beklagte Partei haftet daher für den Schaden des Klägers. Eine Schadensteilung ist - wie der erkennende Senat schon in JBl 1986, 576 ausführte - in einem solchen Fall nicht vorzunehmen. Eine Konkurrenz des Haftungsgrundes mit Zufall, wie sie in JBl 1990, 524 angenommen wurde, besteht nicht. Aus diesen Gründen war der Revision ein Erfolg zu versagen. Zu berücksichtigen ist jedoch, daß der Kläger ein Leistungs- und ein Feststellungsbegehren stellte und dem Ersturteil zu entnehmen ist, daß es sich auf beide Begehren bezieht. Ein Zwischenurteil, das Klagebegehren bestehe dem Grunde nach zu Recht, kommt aber nur beim Leistungsbegehren in Frage, beim Feststellungsbegehren ist neben dem Grund kein Betrag im Sinne des § 393 Abs 1 ZPO strittig. Die Bejahung der Haftung der beklagten Partei dem Grunde nach führt daher dazu, daß dem Feststellungsbegehren mit Teilurteil stattzugeben ist, zumal das Bestehen eines Feststellungsinteresses im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft sein kann. Das Feststellungsurteil bezieht sich allerdings nur auf künftige Ansprüche (SZ 54/99; ZVR 1980/289; 2 Ob 2/91 ua). Die Entscheidung war daher mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe zu bestätigen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf den §§ 52 Abs 2 und 393 Abs 4 ZPO.
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