Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrt vom Beklagten für die Lieferung von Jachtausstattung DM 6.871,94 und DM 1.489,41 sowie an Frachtkosten DM 451,40 und an vorprozessualen Kosten DM 462,04. Der Beklagte wendete ein, aufgrund einer am 2.12.1989 von der klagenden Partei gelieferten Motorjacht Gegenforderungen in einer den Klagsbetrag bei weitem übersteigenden Höhe zu haben.
Das Erstgericht wies mit Beschluß das Begehren auf Zahlung vorprozessualer Kosten zurück, mit Urteil gab es dem Klagebegehren hinsichtlich des Betrages von DM 8.812,75 samt 4 % Zinsen statt; das Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen.
Zur Frage des anzuwendenden Rechtes betreffend den Ankauf der Jacht ist unstrittig, daß der in Deutschland wohnhafte Uwe B***** für den Beklagten bei der klagenden Partei urgierte, sie möge ein Angebot an den Beklagten senden; dies erfolgte auch, worauf der Abschluß des Kaufvertrages in Köln getätigt wurde. Die Kaufverträge betreffend die Jachtausstattung erfolgten gesondert durch den Beklagten mittels Fax aus Wien nach Deutschland.
Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:
Der Beklagte erwarb von der klagenden Partei mit Kaufvertrag vom 2.12.1989 eine Jacht, welche ihm bzw einer von ihm dazu bestimmten Person am 15.6.1990 ausgeliefert wurde. Unabhängig von diesem Kaufvertrag bestellte er am 27.6.1990 diverse Jachtausstattung um insgesamt DM 8.361,35 zuzüglich Frachtkosten, welche sich schließlich auf DM 451,40 beliefen.
In weiterer Folge machte der Beklagte Ansprüche aus der ursprünglichen Lieferung der Jacht geltend, welche spätestens mit 19.9.1991 zur Gänze betragsmäßig bezifferbar waren.
Zu den Ansprüchen der klagenden Partei infolge Lieferung von Jacht-Ausstattung gab der Beklagte vor Einleitung des Prozesses mit Schreiben seines Vertreters vom 5.11.1991 folgende Erklärung ab:
"....Die meinem Mandanten daraus zustehende Forderung errechnet sich wie folgt:.....DM 28.131.... Unter Berücksichtigung der von ihrer Mandantin geltend gemachten Forderung - ohne daß diese damit anerkannt wird - von DM 8.812,75 verbleibt vielmehr eine Forderung meines Mandanten von DM 19.318,25...."
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, gemäß § 36 Satz 2 IPR-Gesetz sei für die Frage des anzuwendenden Rechtes der Ort der Niederlassung der klagenden Partei, in deren Rahmen die Verträge geschlossen wurden, maßgeblich und daher deutsches Recht anzuwenden. Zur Wirksamkeit einer außergerichtlichen Aufrechnung hätte es einer unbedingten Erklärung bedurft, welche erst in der Tagsatzung vom 16.6.1992 erfolgt sei. Die vorher abgegebenen Erklärungen würden der Bedingungsfeindlichkeit des § 388 BGB widersprechen und seien daher unwirksam. Zum Zeitpunkte der erstmaligen vorbehaltslosen Anerkennung der Klagsbeträge am 16.6.1992 sei die sechsmonatige Gewährleistungsfrist, welche am 15.6.1990 zu laufen begonnen habe, längst abgelaufen gewesen. Auch im Falle einer Unterbrechung der Verjährung habe die Verjährungsfrist gemäß § 217 BGB am nächsten Tag von Neuem zu laufen begonnen. Spätestens per 19.9.1991 habe der Beklagte die Mängel selbst behoben bzw beheben lassen; daß die Verjährung nach diesem Zeitpunkt unterbrochen worden sei, sei gar nicht behauptet worden. Schließlich bestehe kein ausreichend enger Zusammenhang zwischen dem Ankauf der Jacht bzw dem der Jachtausstattung mehr als ein halbes Jahr danach, so daß mangels bedingungsloser außergerichtlicher Aufrechnungserklärung während aufrechter Verjährungsfrist allfällige Ansprüche des Beklagen aus dem Vertragsverhältnis Jachtankauf den Ansprüchen der klagenden Partei aus dem gegenständlichen Kaufvertrag nicht mehr wirksam entgegengehalten werden könnten.
Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung mit der Maßgabe, daß ausgesprochen wurde, die Klagsforderung bestehe mit DM 8.812,75 zu Recht, die Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weshalb die beklagte Partei schuldig sei, der klagenden Partei DM 8.812,75 samt 4 % Zinsen seit 1.8.1990 in öS zum Mittelkurs der Wiener Börse Devise - Ware am Vortag der Zahlung binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf weitere 8 % Zinsen bzw auf Zinsen bereits seit 13., 15. bzw. 21.7.1990 wurde abgewiesen.
Das Berufungsgericht schloß sich der Rechtsmeinung des Erstgerichtes, es sei deutsches Recht anzuwenden, an, da eine Rechtswahl weder schlüssig noch ausdrücklich getroffen worden sei. Es komme daher § 36 IPR-Gesetz zur Anwendung, wonach auf das Recht des Gläubigers, dem Geld geschuldet werde, abzustellen sei.
Nach diesem Recht sei die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung nur dann zulässig, wenn ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den beiden Forderungen bestehe, was hier nicht der Fall sei.
Zur Frage der Verjährung der eingewendeten Gegenforderung führte das Berufungsgericht weiter aus, daß die Verjährungsfrist hinsichtlich der Jacht, die am 2.12.1989 gekauft wurde, am 15.6.1990, dem Tag der Übergabe, zu laufen begonnen habe. Durch die Mängelrügen vom 6.8.1990 und 15.11.1990 und das darauf folgende Anerkenntnis der klagenden Partei vom 4.12.1990 sei eine Unterbrechung der Verjährungsfrist gemäß § 208 BGB eingetreten. Der Lauf einer neuerlichen Verjährungsfrist beginne in einem solchen Fall gemäß § 217 BGB mit dem nächsten Tag, somit dem 5.12.1990. Mit diesem Datum sei aber gleichzeitig eine Hemmung der Verjährung gemäß § 639 Abs 2 BGB eingetreten, welche Bestimmung nach herrschender Lehre und Rechtsprechung für den Kauf analog anzuwenden sei. Nach dieser Gesetzesstelle sei die Verjährung solange gehemmt, bis der Unternehmer (Verkäufer) das Ergebnis seiner Prüfung dem Besteller (Käufer) mitteile oder ihm gegenüber den Mangel für beseitigt erkläre. Im vorliegenden Fall habe die klagende Partei mit Abschlußbericht vom 17.5.1991, der dem Beklagten mittels Fax am 18.7.1991 zukam, die Reparatur für beendet erklärt. Damit sei am 18.7.1991 die Hemmung der Verjährung beendet gewesen, so daß die bis zum 4.12.1990 noch nicht abgelaufene Zeit der sechsmonatigen Verjährung ab 15.6.1990 weitergelaufen sei. Damit sei zum Zeitpunkt der Erhebung des Einspruches am 30.1.1992, mit dem der Beklagte eine prozessuale Aufrechnung geltend gemacht habe, die sechsmonatige Verjährungsfrist jedenfalls abgelaufen, gleichgültig ob man von der am 5.12.1990 neu zu laufen begonnenen oder von der ursprünglichen ab 15.6.1990 - die vom 4.12.1990 bis 18.7.1991 gehemmt war - ausgehe. Eine neuerliche Unterbrechnung oder Hemmung der Verjährungsfrist sei weder behauptet worden, noch habe sich Derartiges im Verfahren ergeben. Eine außergerichtliche Aufrechnung könne gemäß § 388 BGB nur unbedingt und ohne Zeitbestimmung erfolgen. War aber zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung die Gegenforderung bereits verjährt, könne eine Aufrechnung nicht mehr vorgenommen werden.
Die ordentliche Revision wurde zugelassen, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes "zum Problem sowohl des IPR als auch der Aufrechnung mit verjährten Gegenforderungen nach deutschem Recht" fehle.
Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß eine Verfahrensergänzung im Hinblick auf die aufrechnungsweise geltend gemachte Gegenforderung durchzuführen sei.
Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Partei nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist unzulässig, weil den in der angefochtenen Entscheidung als erheblich bezeichneten Rechtsfragen nicht die Bedeutung des § 502 Abs 1 ZPO zukommt - eine gegen § 502 Abs 1 ZPO verstoßende Zulassung bindet den Obersten Gerichtshof nicht (Fasching, LB2 Rz 1828) - und andere erhebliche Rechtsfragen im Rechtsmittel der beklagten Partei nicht aufgezeigt werden.
Der Beklagte vertritt in seiner Revision die Meinung, Wien sei Abschlußort gewesen, so daß schlüssig zwischen den Parteien die Anwendung österreichischen Rechts vereinbart worden sei. Nach österreichischem Recht sei auch eine bedingte Aufrechnungserklärung möglich. Selbst wenn man aber von der Anwendbarkeit deutschen Rechtes ausgehe, seien die vom Beklagten abgegebenen Aufrechnungserklärungen durchaus ausreichend; soweit dem Beklagten bekannt, sei auch nach dem Recht der BRD eine Aufrechnung mit verjährten Forderungen ohne weiteres möglich, wenn sich die Forderungen einmal aufrechenbar gegenüberstanden.
Hiezu wurde erwogen:
Gemäß § 35 Abs 1 IPRG sind Schuldverhältnisse nach dem Recht zu beurteilen, das die Parteien ausdrücklich oder schlüssig bestimmt haben; einer schlüssigen Bestimmung steht gleich, wenn sich aus den Umständen ergibt, daß die Parteien eine bestimmte Rechtsordnung als maßgebend angenommen haben. Eine ausdrückliche Rechtswahlvereinbarung wurde im vorliegenden Fall ohne Zweifel nicht getroffen. Eine schlüssige Rechtswahl liegt aber erst dann vor, wenn nach den Umständen kein vernünftiger Grund übrig bleibt, am Rechtswahlwillen der Parteien zu zweifeln (Schwimann in Rummel2, Rz 5 zu § 35 IPRG, EvBl 1987/2). Von der Lokalisierung bestimmter Umstände des Schuldverhältnisses wie vereinbarter Erfüllungsort, Abschlußort, Wohnsitz bzw Sitz der Parteien uä geht nur mittelbare Indizwirkung aus; sie rechtfertigen den Schluß auf die Geltungsannahme einer bestimmten Rechtsordnung durch die Parteien nur, wenn die Lokalisierungsindizien in überwältigender, jede andere Anknüpfung als zufällig deklasierender Mehrheit auf eine bestimmte Rechtsordnung hinweisen (Schwimann aaO, Rz 6 b zu § 35 IPRG mwN; 2 Ob 525/93). Dies ist aber hier nicht der Fall, weshalb auf die Frage, ob der Abschlußort in Österreich oder in Deutschland gelegen ist, nicht weiter einzugehen ist. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die Parteien eine bestimmte Rechtsordnung als maßgebend angenommen hätten (§ 35 Abs 1 zweiter Halbsatz IPRG). Auch eine solche konkuldent geäußerte Geltungsannahme liegt nicht vor, weil keine Indizien dafür bestehen, daß die Parteien schon bei Vertragsabschluß die Maßgeblichkeit des deutschen Rechtes übereinstimmend vorausgesetzt hätten (ZVR 1990/122). Die von den Vorinstanzen vertretene Ansicht, gemäß § 36 IPRG sei wegen des in Deutschland gelegenen Sitzes der klagenden Partei auf die Geschäftsbeziehung der Streitteile deutsches Recht anzuwenden, steht somit im Einklang mit Lehre und Rechtsprechung, so daß insoweit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind.
In diesem Zusammenhang sei ergänzend darauf hingewiesen, daß auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.4.1980, BGBl Nr.96/1988 (UN-Kaufrecht) auf die beiden dem vorliegenden Rechtsfall zugrundeliegenden Kaufverträge nicht anzuwenden ist, weil dieses Abkommen in Deutschland erst seit 1.1.1991 gilt (von Caemmerer(Schlechtrien Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Rz 17 vor Art 1 bis 6). Dieses Übereinkommen ist auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, a) wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind oder b), wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen (Art 1 Abs 1). Zum Zeitpunkt des Abschlusses der beiden streitgegenständlichen Kaufverträge war das zitierte Überenkommen nur in Österreich in Kraft und führen, wie schon oben ausgeführt, die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung deutschen Rechtes, sohin eines Staates, in dem das Übereinkommen nicht in Kraft war (s Karollus, UN-Kaufrecht, 37).
Aber auch der zweiten, vom Berufungsgericht als erheblich eachteten Rechtsfrage, nämlich jener, ob mit verjährten Forderungen aufgerechnet werden kann, kommt eine Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu. Wenngleich § 390 BGB grundsätzlich vorsieht, daß die Verjährung die Aufrechnung dann nicht ausschließt, wenn die Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war, enthält § 479 Satz 1 BGB betreffend den Anspruch des Käufers auf Schadenersatz eine Sondervorschrift, die die Möglichkeit der Aufrechnung mit einer verjährten Forderung einschränkt (von Feldmann in Münchner KommzBGB3, Rz 3 zu § 390). Gemäß § 479 Satz 1 BGB kann der Anspruch auf Schadenersatz nach der Vollendung der Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn der Käufer vorher eine der im § 478 BGB bezeichneten Handlungen vorgenommen hat. Es entspricht hiebei herrschender Lehre und Rechtsprechung (H.P.Westermann in Münchner KommzBGB2, Rz 3 zu § 479; Huber in Soergel, KommzBGB12, Rz 4 zu § 479 jeweils mwN), daß durch die rechtzeitige Rüge nur die Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Kaufpreisanspruch aus demselben Kaufvertrag, auf den der Schadenersatzanspruch gestützt ist, aufrechterhalten bleibt, nicht aber gegen sonstige Ansprüche des Verkäufers. Die Aufrechnung mit einer verjährten Gegenforderung aus einem anderen Kaufvertrag als jenem, auf den Schadenersatzanspruch gestützt ist, ist hingegen grundsätzlich nicht möglich. Auch insoweit steht sohin die Rechtsansicht der Vorinstanzen in Einklang mit der herrschenden Lehre und Rechtsprechung in Deutschland, so daß auch zu dieser Frage die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind.
Auch sonstige Rechtsfragen erheblicher Bedeutung werden in der Revision nicht aufgezeigt, wobei auch darauf hinzuweisen ist, daß es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes ist, zur Fortentwicklung deutschen Rechtes beizutragen. Als weitere Rechtsfrage wird nämlich in der Revision des Beklagten lediglich geltend gemacht, daß die vom Beklagten abgegebenen Aufrechnungserklärungen durchaus ausreichend seien. Diesbezüglich haben die Vorinstanzen zutreffend unter Hinweis auf § 388 BGB ausgeführt, daß eine bedingte oder betagte außergerichtliche Aufrechnung nicht zulässig ist (von Feldmann, aaO, Rz 3 zu § 389). Daß zum Zeitpunkt der prozessualen Aufrechnung die sechsmonatige Verjährungsfrist bereits abgelaufen war, wird in der Revision gar nicht bekämpft.
Die Revision der beklagten Partei war sohin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Da die klagende Partei nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Beklagten hingewiesen hat, hat sie die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
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