Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.
Die Rekursbeantwortung der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Handelsgericht Wien wies die vorliegende Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit a limine zurück. Dagegen erhob die klagende Partei Rekurs, in eventu stellte sie aber auch einen Antrag gemäß § 230a ZPO, die Rechtssache an das Landesgericht Salzburg zu überweisen. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte die Entscheidung des Handelsgerichtes Wien. Dieses hob sodann seine Unzuständigkeitsentscheidung auf und überwies die Rechtssache an das Landesgericht Salzburg.
Die beklagte Partei erhob in der Klagebeantwortung die Einrede der Unzuständigkeit des Erstgerichtes, weil die Parteien in der dem Klagsanspruch zugrundeliegenden Vereinbarung vom 18.3. 1988 die Zuständigkeit des sachlich zuständigen Gerichtes in Wien urkundlich vereinbart hätten. Das Erstgericht verhandelte ua über die Unzuständigkeitseinrede, "erörterte mit den Parteien, ob es Anträge gäbe, sollte der Senat zu einer Unzuständigkeit gelangen", worauf "keine derartigen Anträge" gestellt wurden, und faßte sodann den Beschluß, wonach es örtlich unzuständig sei, das Klagebegehren ........... zurückgewiesen werde und die klagende Partei der beklagten Partei näher bestimmte Kosten zu bezahlen habe (ON 10). Nach Dartuung der wesentlichen Entscheidungsbegründung beantragte die klagende Partei durch ihren Rechtsvertreter, die Rechtssache gemäß § 261 Abs 6 ZPO an das nicht offenbar unzuständige Handelsgericht Wien (rück) zu überweisen. Die beklagten Parteien wendeten durch ihren Rechtsvertreter die Verfristung dieses Antrages ein. Die Frage des beisitzenden Richters des Erstgerichtes Dr.S*****, ob dieser Überweisungsantrag Rechtsmittelverzicht bedeute, wurde vom Klagevertreter bejaht (siehe dazu das Protokoll über die mündliche Streitverhandlung vom 27.9. 1993 ON 9 in der berichtigten Fassung). Auch die beklagten Parteien erklärten sodann Rechtsmittelverzicht gegen die Unzuständigkeits- entscheidung. Sodann wies das Erstgericht nach erneuter Beratung den Überweisungsantrag der klagenden Partei ab.
Das Gericht zweiter Instanz wies den Rekurs der klagenden Partei gegen den erstgerichtlichen Beschluß auf Klagszurückweisung zurück, weil die klagende Partei einen Rechtsmittelverzicht abgegeben habe, und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
Gemäß § 472 Abs 1 ZPO ist eine Berufung unzulässig, wenn sie von einer Person eingebracht wurde, welche auf die Berufung gültig Verzicht geleistet hat. Gemäß Abs 2 leg cit ist die Unwirksamkeit eines nach Verkündung des erstgerichtlichen Urteiles erklärten Verzichtes auf das Rechtsmittel der Berufung nicht davon abhängig, daß der Gegner die Verzichtleistung angenommen hat. Auch ein Rekurs (gegen einen erstgerichtlichen Beschluß) ist unzulässig, wenn auf das Rechtsmittel verzichtet wurde (MGA-ZPO14 Anm 2 zu § 526 Fasching IV, 436, Anm 5).
Der Rechtsmittelverzicht ist eine Parteienprozeßhandlung (dazu Fasching im Lehrbuch2 Rz 747ff), mit der in eindeutiger Weise die unbedingte Erklärung einer Partei gegenüber dem Gericht (oder auch außergerichtlich gegenüber dem Prozeßgegner) abgegeben wird, auf Rechtsmittel gegen eine bestimmte bereits gefällte und der Partei bereits in den Formen des Verfahrensrechtes (durch Zustellung oder Verkündung) eröffnete Entscheidung zu verzichten (Fasching aaO Rz 1701 ff mwN; MGA-ZPO14 § 472/5-11). Die Erklärung ist nach ihrem objektiven Inhalt auszulegen; auf einen durch den Erklärungsinhalt nicht gedeckten Parteiwillen oder auf die von einer Partei mit ihrer Erklärung verbundenen, aber nicht ausgesprochenen inneren Vorstellungen darf dabei nicht Bedacht genommen werden (Fasching aaO Rz 757 und 1704; vgl auch Kodek in Rechberger, Rz 2 zu § 472 und Gitschtaler in Rechberger, Rz 2 zu § 212). Der dem Gericht gegenüber abgegebene Rechtsmittelverzicht ist als Prozeßhandlung nur nach den allgemeinen Grundsätzen über die Anfechtbarkeit von Prozeßhandlungen bekämpfbar. Ein Widerruf ist schon zufolge des sofortigen Eintritts seiner Wirksamkeit unzulässig, eine Anfechtung wegen eines Willensmangels mit den Mitteln des materiellen Rechtes ist ausgeschlossen (Fasching aaO Rz 1705; EFSlg 39.201; 36.737 uva).
Im vorliegenden Fall hat der Rechtsvertreter der klagenden Partei in der mündlichen Streitverhandlung vom 27.9. 1993 nach der Verkündung des erstgerichtlichen Beschlusses auf Klagszurückweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit die ausdrückliche Frage des Gerichtes (des Beisitzers Dr.S*****), ob er mit dem danach gestellten Überweisungsantrag auf Rechtsmittel gegen diesen Beschluß verzichte, bejaht. Diese Prozeßerklärung der klagenden Partei ist ohne jede erkennbare (erklärte) Bedingung (etwa in dem im Rekurs dargelegten Sinn, der Verzicht gelte nur für den Fall, daß dem gestellten (Rück-) Überweisungsantrag stattgegeben werden sollte) gegenüber dem Gericht abgegeben worden und entspricht den oben dargestellten Bestimmtheitserfordernissen für eine Parteienprozeßhandlung. Der Rechtsmittelverzicht der klagenden Partei war daher wirksam und von der Vorinstanz von Amts wegen - wegen der eingetretenen formellen Rechtskraft des Zurückweisungsbeschlusses - zu beachten. Eine Umdeutung dieser Parteienerklärung in eine wie oben dargestellte bedingte Prozeßerklärung kommt aus den dargelegten Gründen und Erwägungen nicht in Betracht.
Demgemäß ist dem Rekurs der klagenden Partei kein Erfolg beschieden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 52, 50, 41 ZPO.
Das Rekursverfahren über einen Rekurs gegen den Beschluß, mit dem ein Rekurs als unzulässig zurückgewiesen wurde, ist mangels gegenteiliger Gesetzesanordnung (in § 521 a ZPO) nicht zweiseitig. Die Rekursbeantwortung der beklagten Parteien ist daher zurückzuweisen.
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