OGH 2Ob531/89

OGH2Ob531/8929.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Warta und Dr. Redl als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 1.Februar 1988 verstorbenen Franz Z***, zuletzt Wachtelweg 4, 4063 Hörsching, infolge Revisionsrekurses der unehelichen Tochter Marion B***, geboren am 14.April 1983, vertreten durch die Mutter Dorothea B***, Angestellte, Wachtelweg 4, 4063 Hörsching, diese vertreten durch Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 18.Jänner 1989, GZ 18 R 837/88-29, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 7.November 1988, GZ A 108/88-24, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Erblasser hinterließ neben dem ehelichen Sohn zwei uneheliche Kinder, darunter Marion B***. Das Erstgericht nahm die vom ehelichen Sohn auf Grund des Gesetzes zum gesamten Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung an. Die auf Grund des Gesetzes von Marion B*** zur Hälfte des Nachlasses abgegebene bedingte Erbserklärung wurde mit der Begründung zurückgewiesen, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 754 Abs 2 ABGB gehe der eheliche Nachkomme dem unehelichen bei Berufung auf das gesetzliche Erbrecht vor. Es stehe daher zweifelsfrei fest, daß das Erbrecht der unehelichen Tochter nicht bestehe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der unehelichen Tochter Marion B*** nicht Folge. Es erachtete die von Marion B*** im Rekurs angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 754 Abs 2 ABGB als nicht gegeben. Art 14 MRK und das erste Zusatzprotokoll zur MRK enthielten keine Vorschriften über das Erbrecht. Auch nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes sei eine Ungleichbehandlung von ehelichen und unehelichen Kindern bei Vorliegen wichtiger Gründe zulässig. Marion B*** bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs. Sie führt im wesentlichen aus, auf Grund der im Verfassungsrang stehenden Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) sei eine Zurückweisung des Erbrechtes auf Grund einfach-gesetzlicher Bestimmungen, insbesondere jener des § 754 Abs 2 ABGB, nicht zulässig. Eine Ungleichbehandlung von ehelichen und unehelichen Kindern wäre nur bei sehr gewichtigen Gründen zulässig, welche hier aber nicht vorlägen. Für die Bestrebung zur Abschaffung der Regelung des § 754 Abs 2 ABGB seien nicht nur rechts- und sozialpolitische Überlegungen, sondern auch eine Diskrepanz zum österreichischen Verfassungsrecht ausschlaggebend. Marion B*** begehrt im Revisionsrekurs die Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses dahin, daß ihre bedingte Erbserklärung angenommen werde; hilfsweise stellt sie den Antrag, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Bestimmung des § 754 Abs 2 ABGB zu beantragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Anfechtung eines Gesetzes als verfassungswidrig ist zwar auch anläßlich der Erledigung eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG möglich (JBl 1981, 423), zu einer derartigen Anfechtung besteht jedoch kein Anlaß. Wie der Oberste Gerichtshof in JBl 1981, 423 ausgesprochen hat, bezieht sich Art 14 MRK ausdrücklich auf den Genuß der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten. Nur diese sind ua auch ohne Rücksicht auf die Geburt oder sonstigen Status gewährleistet. Die MRK sagt über die Frage des Erbrechtes überhaupt nichts. Aber auch das erste Zusatzprotokoll zur MRK vom 13.12.1957, BGBl 1958/210, enthält nur in Art 1 die Bestimmung, daß jede natürliche Person ein Recht auf Achtung ihres Eigentums hat. Auch damit werden Bestimmungen, welche das Erbrecht im Hinblick auf die eheliche oder uneheliche Geburt verschieden regeln, nicht ausgeschlossen. Mit der Menschenrechtskonvention und dem Zusatzprotokoll steht § 754 Abs 2 ABGB daher nicht in Widerspruch. Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt nicht vor. Dieser in Art 7 B-VG und Art 2 StGG enthaltene Grundsatz bedeutet die Verpflichtung von Gesetzgebung und Vollziehung, sich bei der rechtlichen Behandlung der Staatsbürger nur von objektiven Unterschiedsmerkmalen, dh nur von sachlich gerechtfertigten Möglichkeiten, leiten und nur in der Person begründete Erwägungen beiseite zu lassen (VfSlg 2724, 2884, 3240). Es verstößt daher eine ungleiche Behandlung ehelicher und unehelicher Kinder nur dann gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn hiefür keine sachlichen Erwägungen bestimmend waren (JBl 1981, 423). Die Gründe, von denen sich der Gesetzgeber bei Schaffung des § 754 Abs 2 ABGB leiten ließ, waren keinesfalls unsachlich. In den EB zum Ue KindG, 6 BlgNR XII.GP, wurde ausgeführt, daß die Grundsätze des Erbrechtes im Gegensatz zu denen des Familienrechtes die Bewahrung des Vermögens in der Familie erheischen, weil in aller Regel nur das tatsächliche und ideelle Zusammenwirken der Familienmitglieder das nachgelassene Vermögen geschaffen hat. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß das ue Kind in der Familie als Eindringling empfunden werden würde, was zu schwersten Zerwürfnissen innerhalb der väterlichen Familie führen könnte. Der Umstand, daß derzeit Bestrebungen im Gange sind, diese Vorschrift zu ändern und das ue Kind erbrechtlich dem ehelichen gleich zu stellen, vermag daran, daß die geltende gesetzliche Regelung ihre sachliche Rechtfertigung hat, nichts zu ändern, zumal die Familie als rechtliche Institution nach wie vor ein wesentliches Element der rechtlichen Ordnung menschlicher Beziehungen ist (VfSlg 4678). Österreich hat auch zum Europäischen Übereinkommen vom 15.10.1975, BGBl 313/1980, über die Rechtsstellung des ue Kindes, hinsichtlich des Erbrechtes einen Vorbehalt gemacht und diesen kürzlich für fünf weitere Jahre erneuert.

Da somit keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 754 Abs 2 ABGB bestehen, mußte der außerordentliche Revisionsrekurs als unzulässig zurückgewiesen werden. Aus diesem Grund ist es nicht erforderlich, zu erheben, ob die ue Mutter der Revisionsrekurswerberin tatsächlich deren gesetzliche Vertreterin ist. (Das am 6.3.1989 eingebrachte Rechtsmittel ist überdies auch verspätet, denn die Entscheidung des Rekursgerichtes wurde am Freitag, dem 17.2.1989, zugestellt, die 14-tägige Rekursfrist endete daher am Freitag, dem 3.3.1989.)

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