OGH 2Ob520/93

OGH2Ob520/9327.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Gemeinnützige ***** GesellschaftmbH, *****, vertreten durch Dr. Gottfried Eypeltauer und Dr. Alfred Hawel, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Dr. Hans Jörg F*****, *****, vertreten durch Dr. Robert Plaß, Rechtsanwalt in Leoben, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 5. November 1992, GZ R 824/92-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 20. Juli 1992, GZ 9 C 457/91f-12 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben, die angefochtene Entscheidung aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist Eigentümerin des Hauses ***** in L*****. Das Haus wurde nicht von der klagenden Partei errichtet und im Jahre 1978 in die klagende Partei eingebracht.

Der Beklagte ist Mieter der in diesem Hause gelegenen Wohnung Tür 1 mit einer Gesamtfläche von 131 m2 bestehend aus zwei Vorzimmern, einer Küche, vier Zimmern, einem Kabinett, einem Bad und einem Klosett samt dazugehörigem Kellerabteil und Dachboden.

Mit der am 13. September 1991 erhobenen Aufkündigung begehrte die klagende Partei, dem Kläger die Räumung dieses Bestandobjektes aufzutragen. Sie brachte dazu im wesentlichen vor, der Beklagte bewohne die Wohnung seit dem 1. August 1978. Geschäftsgrundlage des Mietvertrages, mit dem die Wohnung dem Beklagten zu einem festen, unveränderlichen Mietzins ohne Wertsicherung überlassen wurde, sei dessen Tätigkeit als Chefarzt bei der Betriebskrankenkasse D***** gewesen, wodurch er betriebsangehörigen Mietern gleichgestellt worden sei. Es sei ausdrücklich der Verlust der Betriebsangehörigen-Eigenschaft als wichtiger Kündigungsgrund vereinbart worden. Das Mietverhältnis sei als indirektes Werkswohnverhältnis zu qualifizieren und unterliege daher nach § 1 Abs 2 Z 2 MRG nicht dem Mietrechtsgesetz. Die klagende Partei sei nach § 20 Abs 2 WGG idF. des 1. Wohnrechtsänderungsgesetzes berechtigt, das Mietverhältnis aufzukündigen, wenn sich der Mieter weigere, einer Mieterhöhung auf einen kostendeckenden Mietzins zuzustimmen. Die klagende Partei sei auf Grund einer Vereinbarung mit der V***** zur Vorschreibung eines kostendeckenden Mietzinses ab 1. Jänner 1991 verpflichtet. Sie habe daher dem Beklagten im November 1990 eine Mietvertragsänderung angeboten, wonach statt des bisherigen starren Mietzinses von S 4,- pro Quadratmeter und pro Monat der nach dem WGG und der Entgeltrichtlinienverordnung kalkulierte Mietzins treten sollte. Der Beklagte habe seine Zustimmung zur Mietvertragsänderung verweigert, sodaß die klagende Partei zur Aufkündigung berechtigt sei.

Der Beklagte beantragte die Aufhebung der Aufkündigung und wendete ein, die Wohnung zuerst von der V***** AG gemietet zu haben. Mit der klagenden Partei sei am 12. Mai 1981 einvernehmlich der Mietvertrag geschlossen worden. Der Beklagte sei als Chefarzt der Betriebskrankenkasse D*****, einer Körperschaft öffentlichen Rechts, Betriebsfremder. Dies ergebe sich auch daraus, als vom Beklagten schon von vorneherein ein höherer Mietzins als von Betriebsangehörigen eingehoben worden sei. Diese hätten zur Teilabdeckung der Betriebskosten lediglich einen Betrag von S 1,-

pro Quadratmeter und Monat bezahlen müssen, während der Beklagte einen für Instandsetzungsarbeiten zweckgebundenen Mietzins von S 4 ,- pro Quadratmeter bezahlen mußte. Der Kündigungsgrund sei daher rechtlich verfehlt, weil das Mietverhältnis nicht nach dem WGG sondern nach dem MRG zu beurteilen sei. Seit Bezug der Wohnung sei kein eine Mietzinserhöhung rechtfertigender Umstand eingetreten. Der Beklagte habe eine Zustimmung zur einseitig ausgesprochenen Erhöhung des Grundmietzinses nicht erteilt. Eine Klage über einen angeblichen Mietzinsrückstand sei unter Anspruchsverzicht zurückgezogen worden. Falls das Mietverhältnis dennoch nach dem WGG zu beurteilen sei, bestreite der Beklagte die Verpflichtung der klagenden Partei zur Einhebung eines kostendeckenden Mietzinses nicht, doch sei der Aufkündigung nicht zu entnehmen, in welcher Höhe die klagende Partei ein kostendeckendes Entgelt behaupte und in welcher Höhe ein Zahlungsrückstand bestehe.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf.

Es ging dabei von nachstehendem Sachverhalt aus:

Für die Vergaben von Wohnung der Wohnungsträger V***** und G***** war im Jahre 1978 der Werkswohnungsausschuß des Werkes D***** vergabeberechtigt. Die zu vergebenden Wohnungen wurden dabei je nach der beruflichen Eigenschaft der Wohnungswerber entweder als Werkswohnungen (WW) oder als Privatwohnungen (PW) qualifiziert. Die an den Beklagten überlassene Wohnung wurde im Vergabeprotokoll als Privatwohnung (PW) bezeichnet. Im Mietvertrag vom 12. Mai 1981 wurde dem Beklagten die Wohnung ab 1. Jänner 1979 überlassen und unter anderem festgehalten, daß die Wohnung zu einer Wohnanlage gehört, die zur Unterbringung von Betriebsangehörigen der V***** AG oder einer Konzerngesellschaft dient. Den Betriebsangehörigen gleichgestellt gelten V***** Pensionisten bzw. Witwen nach V***** Angehörigen oder V***** Pensionisten, nicht aber allenfalls im gemeinsamen Haushalt lebende Kinder. Als Grundmietzins wurde der Betrag von S 524,-, der für Instandsetzungsarbeiten zweckgebunden war, vereinbart. Festgehalten wurde, daß der betriebsfremde Mieter neben dem Grundmietzins den verhältnismäßigen Anteil an den jeweils anfallenden Betriebskosten (Wasser, Müllabfuhr, Hausbeleuchtung, Versicherungen usw.), den auf die Wohnung entfallenden Anteil der Grundsteuer und die anteiligen Stromkosten für Gemeinschaftseinrichtungen und die Kosten der Instandhaltung, soweit sie nicht in den Erlösen aus dem Grundmietzins ihre Bedeckung finden, zu entrichten hat. Betriebsangehörige hatten zur Teilabdeckung der Betriebskosten S 1,-

pro m2 und Monat zu bezahlen. Die Summe aus Grundmietzins und Betriebskostenanteil war entsprechend den jeweiligen Erhöhungen der Ist-Löhne zu valorisieren.

Im Jahre 1985 teilte die klagende Partei den Mietern mit, daß der eingehobene Betriebskostenbeitrag nicht mehr kostendeckend sei und der von den Mietern entrichtete Betriebskostenbeitrag zunächst um S 1,50 pro m2 angehoben werde; eine weitere Erhöhung sei für 1. Jänner 1986 vorgesehen. In diesem Jahre erklärte sich der Beklagte auch bereit, sich an der Erneuerung der Heizanlage des Hauses zu beteiligen und bezahlte den von der klagenden Partei in Rechnung gestellten Betrag von S 13.750,-.

Am 12. November 1990 gab die klagende Partei dem Beklagten bekannt, zur Einhebung kostendeckender Entgelte verpflichtet zu sein. Der zulässige monatliche Nettomietzins für die Wohnung betrage S 3.395,15 zuzüglich USt. Sie ersuchte den Beklagten dieser Mietenerhöhung zuzustimmen und verwies für den Fall der Verweigerung der Zustimmung auf die Möglichkeit der Kündigung des Mietverhältnisses.

Der Beklagte ersuchte um Aufklärung, wie sich der von der klagenden Partei begehrte Nettomietzins errechne, obwohl seinerzeit ein Grundmietzins von S 524,- monatlich verbindlich vereinbart worden sei. Die klagende Partei verwies in ihrem Antwortschreiben auf die in § 20 Abs 2 idF des 1. Wohnrechtsänderungsgesetzes den gemeinnützigen Bauvereinigungen eingeräumte Möglichkeit der Aufkündigung von Werkswohnungen, bei denen bislang nicht kostendeckende Mieten entrichtet worden seien, falls sich der Mieter weigere, einer Erhöhung des Entgeltes auf kostendeckendes Niveau zuzustimmen und übermittelte eine Aufgliederung über die Zusammensetzung des neuen monatlichen Nettomietzinses.

Der Beklagte vertrat in der Folge den Standpunkt, nur den vertraglich vereinbarten Mietzins bezahlen zu müssen. Er hielt aber gleichzeitig fest, daß für den Fall der Anwendbarkeit des WGG die Verpflichtung der klagenden Partei zur Einhebung eines kostendeckenden Mietzinses nicht bestritten werde, doch sei seit dem Abschluß des Mietvertrages kein im WGG vorgesehener Tatbestand eingetreten, der eine Erhöhung rechtfertige.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß im konkreten Fall eine "mittelbare Dienstwohnung" im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 MRG nicht vorliege. Es handle sich vielmehr um eine Privatwohnung, weshalb eine auf § 20 Abs 2 WGG gestützte Kündigung nicht gerechtfertigt sei. Die von der klagenden Partei einseitig vorgenommene Erhöhung des Mietzinses sei zu Unrecht erfolgt, weil im Mietvertrag auf Vorschriften der Gemeinnützigkeit nicht verwiesen worden sei. Für eine konkludente Vereinbarung der Veränderlichkeit des Mietzinse bestünden keine Anhaltspunkte.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es ließ die Mängel- und Beweisrüge unerörtert, weil das Begehren bereits aus rechtlichen Gründen nicht berechtigt sei.

Durch das erste Wohnrechtsänderungsgesetz sei mit Wirkung vom 25. Juli 1987 die Änderungskündigung zur Anhebung bestimmter Entgelte auf die im § 14 WGG vorgesehenen Beträge eingeführt worden. Im zweiten Wohnrechtsänderungsgesetz sei mit Wirkung vom 1. März 1991 in § 20 Abs 1 WGG das Verhältnis zum MRG und damit auch der Anwendungsbereich der mietrechtlichen Vorschriften des WGG eindeutig und abschließend geregelt. Das gemeinnützigkeitsrechtliche Statut der gemeinnützigen Bauvereinigung verdränge nur dann wohnzivilrechtlich das MRG gegenüber dem Mieter oder Nutzungsberechtigten, wenn die Baulichkeit von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung errichtet worden sei. Das Haus, in dem sich das aufzukündigende Bestandobjekt befinde, sei nicht von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung errichtet worden. Dies bedeute für die ausschließlich nach § 20 Abs 1 WGG vorzunehmende Prüfung der (Un-)Anwendbarkeit des WGG, daß das vorliegende Bestandverhältnis kündigungsrechtlich nicht unter die die Änderungskündigung normierende Bestimmung des WGG idF des zweiten WÄG zu subsumieren sei und daher eine ausschließlich auf § 20 Abs 2 Z 1 WGG gestützte Aufkündigung nicht zielführend sein könne. Auch bei Anwendbarkeit des WGG wäre für die klagende Partei nichts gewonnen. Im Mietvertrag seien die Höhe des Grundmietzinses ebenso wie die Kündigungsmöglichkeiten detailliert geregelt worden. Vertragsänderungen seien von einer schriftlichen Vereinbarung abhängig gemacht worden. Derartige Vereinbarungen einer Bauvereinigung seien nur dann rechtsunwirksam, als sie zum Nachteil des Vertragspartners von den Bestimmungen der §§ 14 bis 20 und 22 WGG abwichen. Da dies hier nicht zuträfe, sei es der klagenden Partei auch verwehrt, ungeachtet ihrer mit dem Beklagten getroffenen vertraglichen Abmachungen über den zu entrichtenden Mietzins einseitig dessen Erhöhung vorzuschreiben.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil eine Rechtsprechung zur Frage, inwieweit die grundsätzliche Durchsetzbarkeit der Änderungskündigung von der Neufassung des § 30 Abs 1 WGG betroffen und somit eingeschränkt worden sei, fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Rechtswirksamerklärung der Aufkündigung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des Eventualantrages berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof kann sich der in der Revision vertretenen Rechtsmeinung, für die Anwendbarkeit der im § 20 Abs 2 Z 1 WGG vorgesehenen Möglichkeit der "Änderungskündigung" komme es nicht auf die Tatsache der Errichtung der Baulichkeit durch eine gemeinnützige Bauvereinigung an, auf Grund der Entstehungsgeschichte sowie des Zwecks dieser Bestimmung nicht verschließen.

Im Geltungsbereich des Mietengesetzes (MG) unterlagen nur solche Benützungsverhältnisse nicht den Schutzbestimmungen dieses Gesetzes, die die Überlassung der Wohnung - wenn auch entgeltlich - auf die Dauer des Dienstverhältnisses beschränkten, so daß das Bestandverhältnis zugleich mit dem Dienstverhältnis endete und der Benützungstitel erlosch (MietSlg 33.147; EvBl 1962/62; JBl 1960,307 ua.). Dienst- oder Werkwohnungen unterlagen daher bei Fehlen dieser untrennbaren Verknüpfung zwischen einem Dienst- und Bestandverhältnis den Kündigungsschutzbestimmungen des MG.

Mit dem Mietrechtsgesetz BGBl 1981/520 wurde in § 1 Abs 2 Z 2 festgehalten, daß dieses Gesetz und somit die Kündigungsvorschriften auf Wohnungen, die auf Grund eines Dienstverhältnisses oder im Zusammenhang mit einem solchen unter anderem als Werkswohnung überlassen wurden, nicht anzuwenden ist.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu bereits ausgesprochen, daß durch die weite Formulierung dieser Bestimmung die Grenzen des Anwendungsbereiches der Kündigungsschutzvorschrift deutlich enger gezogen werden als nach der bisherigen Rechtslage (MietSlg 37.230/9 = RdW 1985, 218; 1 Ob 527/84) und die Kündigungsschutz- bestimmungen des MRG auch schon dann nicht anzuwenden sind, wenn der Dienstvertrag Geschäftsgrundlage des Mietverhältnisses war. § 49 Abs 1 MRG normierte für die Fälle, in denen nach dem MRG der Kündigungsschutz des MG verloren gegangen war, also in jenen, bei denen der Dienstvertrag Geschäftsgrundlage des Mietverhältnisses war, eine befristete Weitergeltung der §§ 19-23 MG bis zum 31.12.1988 (MRG idF Nov BGBl 1985/559). Nach Ablauf dieser Frist wären daher Werkswohnungen dieser Gruppe nicht mehr unter dem Kündigungsschutz des MRG gestanden (vgl dazu Würth, 1. WÄG und Fragen des WGG in WoBl 1988,60).

Bestandverträge im Verhältnis zu gemeinnützigen Bauvereinigungen unterlagen seit Inkrafttreten des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes WGG der Bestimmung des § 20 dieses Gesetzes.

§ 20 WGG hatte in der Urfassung (BGBl 1979/139) folgenden Wortlaut:

"Soweit auf den Nutzungsvertrag über eine Wohnung (Geschäftsraum) die Bestimmungen des Mietengesetzes nicht Anwendung finden, gelten die Vorschriften über die Kündigungsbeschränkungen (§§ 19 bis 23 des Mietengesetzes, ausgenommen § 21 Abs 2 letzter Satz) nach Maßgabe der folgenden Absätze sinngemäß, es sei denn daß der Nutzungsgegenstand nach dem 31. Dezember 1967 durch Neu-, Um-, Auf-, Ein- oder Zubauten ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel geschaffen wurde oder wird."

Diese Bestimmung war als Anpassungsvorschrift für genossenschaftliche Nutzungs- verträge durch eine Einbeziehung in den Anwendungsbereich der Kündigungsbeschränkungen des damals noch geltenden Mietengesetzes gedacht. Durch das Mietrechtsgesetz, das die Rechtsvereinheitlichung auch gegenüber der Gemeinnützigkeit ausdrücklich als Ziel genannte hatte (P III des AllgTeils der Erl zur RV zum MRG [425 Blg NR 15. GP]), wurden in dessen § 1 Abs 1 Nutzungsverhältnisse ausdrücklich den Mietverträgen gleichgesetzt. Unter dem Begriff des Mietvertrages wurde nämlich auch der genossenschaftliche Nutzungsvertrag, sowie unter dem Mietzins auch das auf Grund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrages zu bezahlende Nutzungsentgelt verstanden. Damit bedurfte es der Verweisungsvorschrift des § 20 Abs 1 WGG nicht mehr. Ihm wurde vielmehr durch die spätere Bestimmung des § 1 Abs 1 MRG materiell derogiert (Würth aaO). Dies bedeutete aber auch, daß auf Werkswohnungen im oben dargestellten weiteren Sinn die Kündigungsschutzbestimmungen des MRG, aber auch des WGG auf Grund des § 1 Abs 2 MRG nicht Anwendung fanden. Die Novelle vom 12.12.1985 BGBl 1985/559 über die Änderung des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und des Wohnhaussanierungsgesetzes beabsichtigte die Anpassung der Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes an das Mietrechtsgesetz in der durch diese Novelle bestehenden Fassung. Dabei wurde nunmehr im Text des § 20 Abs 1 WGG in der zuvor wiedergegebenen Fassung das Wort "Mietengesetz" durch das Wort "Mietrechtsgesetz" und die "Kündigungsbeschränkungen (§§ 19 bis 23 des Mietengesetzes, ausgenommen § 21 Abs 2 letzter Satz)" durch "§§ 29 bis 36 (ausgenommen § 33 Abs 2 letzter Satz ) des Mietrechtsgesetzes" ersetzt. Die Novellierung dieser bereits materiell derogierten Bestimmung ist aber als Wiederinkraftsetzung anzusehen und hatte zur Folge, daß diese Kündigungsschutzvorschriften für von Gemeinnützigen Bauvereinigungen im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis vergebene Werkswohnungen, wieder eingeführt wurden (vgl AB 214 Beil 17. GP zum 1. Wohnrechtsänderungsgesetz ). Das 1. Wohnrechts- änderungsgesetz WÄG (BG vom 3.7.1987 BGBl 340) erklärte in der Neufassung des § 20 WGG in Abs 1 die in § 1 Abs 3 MRG nicht ausgenommenen Bestimmungen auch dort anwendbar, wo sie nach § 1 Abs 2 und 4 MRG nicht gälten. Damit wurde eine einheitliche Neuregelung für alle Miet- und Nutzungsverhältnisse gemeinnütziger Bauvereinigungen geschaffen. Ausdrücklich wurde bestimmt, daß die §§ 2, 7 bis 14, 21 - ausgenommen dessen Abs 1 Z 7 - und die §§ 23 bis 42 des Mietrechtsgesetzes auf die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes aus dem Titel eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages auch in den Fällen anzuwenden sind, in denen § 1 des Mietrechtsgesetzes anderes bestimmt. Danach unterlagen ab Inkrafttreten dieses Gesetzes (25.7.1987) alle Miet und Nutzungsverträge mit einer gemeinnützigen Bauvereinigung dem MRG, soweit dies durch § 1 Abs 3 MRG vorgesehen war. § 20 Abs 2 WGG hat aber in diesem Zusammenhang die "Änderungskündigung" eingeführt. Danach kann eine gemeinnützige Bauvereinigung ab 1. Jänner 1989 im Sinne des § 30 des MRG den Miet- oder Nutzungsvertrag kündigen, wenn sich der Mieter oder Nutzungsberechtigte weigert, der Erhöhung des Entgeltes für die Überlassung des Gebrauches seines Miet- oder Nutzungsgegenstandes auf den Betrag zuzustimmen, der nach den Vorschriften des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zu entrichten wäre, wenn für das Miet- oder sonstige Nutzungsverhältnis gemäß § 1 Abs 2 Z 2 des MRG auch seit dem 1. Jänner 1986 nicht dessen §§ 30 bis 36, wohl aber §§ 19 bis 23 des MG anzuwenden waren. Diese Regelung stellte auf die Fälle ab, in denen nach § 49 MRG der Kündigungsschutz des MG befristet bis zum 31.12.1988 weitergalt, in denen also der Dienstvertrag Geschäftsgrundlage des Mietvertrages war, ohne daß das Bestehen des Mietvertrages von dem des Dienstverhältnisses abhängig gemacht worden war. Für diese Bestandverhältnisse galt zwar das MRG, doch konnte eine Änderungskündigung vorgenommen werden.

Mit dem 2. WÄG (BGBl 1991/68) wurde mit Wirkung vom 1.3.1991 § 20 WGG mit neuem Inhalt versehen und das Verhältnis zum MRG in Abs 1 deutlicher und abschließend geregelt. Danach stellt diese Vorschrift im Gegensatz zur früheren Bestimmung des § 20 WGG idF 1. WÄG ausdrücklich nur auf Baulichkeiten ab, die von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden sind. Dadurch ist zwar klargestellt, daß mangels einer derartigen Errichtung durch eine gemeinnützige Bauvereinigung das Mietverhältnis nach § 1 MRG zu beurteilen ist. Dies hätte aber für den Fall der oben dargestellten Dienstwohnungen im weiteren Sinne zur Folge, daß das Bestandverhältnis im Sinne des § 1 Abs 2 Z 2 MRG von den Kündigungsschutzbestimmungen des MRG zur Gänze ausgenommen wäre. Daß dies vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein konnte, ergibt sich aus der Weitergeltung des § 20 Abs 2 WGG, in welchem die bereits durch das 1. WÄG zum Schutz der Mieter von Dienstwohnungen im weiteren Sinne eingeführte "Änderungskündigung" ausdrücklich beibehalten wurde, um eine freie Kündbarkeit dieser Dienstwohnungen zu vermeiden. Die Änderungskündigung zur Erzielung des nach § 14 Abs 1 WGG zulässigen Entgelts ist daher für Altverträge zulässig, jedoch nur für Mietverhältnisse mit gemeinnützigen Bauvereinigungen über Dienstwohnungen, bei denen der Dienstvertrag Geschäftsgrundlage des Mietvertrages war, ohne daß das Bestehen des Mietvertrages von dem des Dienstverhältnisses abhängig gemacht worden war (Würth in Rummel2 Rz 11 zu § 20 WGG idF 2. WÄG), wobei es nach der Meinung des erkennenden Senates nicht darauf ankommt, ob die Baulichkeit auch von der gemeinnützigen Bauvereinigung errichtet wurde.

Das Berufungsgericht hat nun ausgehend von einer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht, die Tatsachenrüge der Berufungswerberin, wonach es sich entgegen den Feststellungen des Erstgerichtes um eine solche Dienstwohnung gehandelt habe, bei denen der Dienstvertrag Geschäftsgrundlage des Bestandvertrages war, unerörtert gelassen.

Sollte dies der Fall sein, kann der klagenden Partei die Einbringung einer auf § 20 Abs 2 Z 1 WGG gestützten Änderungskündigung nicht verwehrt sein. Dabei wird aber zu beachten sein, daß bei Zutreffen der Voraussetzungen über die neue Höhe in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 2 MRG ein anfechtbarer Beschluß über den Rückstand der erhöhten Miete zu ergehen hat, durch dessen Nachzahlung die Kündigung unwirksam wird (Würth aaO, Rz 10).

Nicht zu billigen ist auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, auch bei Anwendbarkeit des WGG bestehe keine Kündigungsmöglichkeit nach diesem Gesetz, weil zwischen den Streitteilen eine detaillierte Regelung über die Höhe des Grundmietzinses und der Kündigungsmöglichkeiten getroffen worden sei und derartige Vereinbarungen nur dann rechtsunwirksam seien, wenn sie zum Nachteil des Vertragspartners der Bauvereinigung von den Bestimmungen der §§ 14 bis 20 und 22 WGG abweichen. Es ist nämlich gerade der Sinn einer Änderungskündigung im Sinne des § 20 Abs 2 WGG, einem Vermieter, der wegen eines bindenden Mietvertrages keinen Anspruch hat, einen den Bestimmungen des WGG entsprechenden Mietzins zu erhalten, die Möglichkeit zu geben, das Mietverhältnis zur Auflösung zu bringen, wenn sich der Mieter weigert, einen entsprechenden Mietzins zu leisten.

Da der Sachverhalt nicht abschließend beurteilt werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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