OGH 2Ob434/52

OGH2Ob434/5211.6.1952

SZ 25/166

Normen

EO §210
EO §213 (1)
EO §216
EO §217
EO §234 (1)
EO §210
EO §213 (1)
EO §216
EO §217
EO §234 (1)

 

Spruch:

Wenn die Anfechtung des Meistbotsverteilungsbeschlusses auf eine Gesetzwidrigkeit oder einen Verstoß gegen die allgemeinen Verteilungsgrundsätze der §§ 216, 217 EO. gestützt wird, dann sind auch diejenigen Beteiligten zum Rekurse legitimiert, die in der Verteilungstagsatzung keinen Widerspruch erhoben haben oder nicht anwesend waren.

Unter "öffentliches Buch" in den §§ 210 und 213 Abs. 1 EO. ist nur das Hauptbuch, nicht aber die Urkundensammlung zu verstehen.

Entscheidung vom 11. Juni 1952, 2 Ob 434/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Mittersill; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.

Text

Auf einer am 19. Oktober 1951 zwangsversteigerten Liegenschaft ist unter C Postzahl 9 das Pfandrecht für die Darlehensforderung des Friedrich E. in der Höhe von 28.000 S samt 4% Zinsen und eine Nebengebührenkaution von 2800 S einverleibt. Nachdem Friedrich E. am 4. Oktober 1951 für diese Forderung Barzahlung verlangt hatte, brachte er in seiner am 12. Feber 1952 zur Meistbotsverteilung erstatteten Anmeldung vor, daß er die Aufwertung seiner Forderung im Sinn der ihrer Sicherstellung zugrunde gelegten Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 28. Juni 1949 auf 40.500 S s. A. begehre. Bei der Verteilungstagsatzung am 13. Feber 1952 wiederholte Friedrich E. seine Anmeldung; ein Widerspruch wurde gegen diese Anmeldung nicht erhoben. Die Genossenschaft X., Reg. Gen. m. b. H., zu deren Gunsten auf der Liegenschaft unter C Postzahl 21 das Pfandrecht für eine Forderung von 5818 S samt 9% Zinsen seit dem 10. Mai 1949 und Kosten von 620.34 S einverleibt ist und der mit dem Beschluß des Erstgerichtes vom 20. Feber 1951 der Beitritt zu der bereits eingeleiteten Zwangsversteigerung bewilligt worden war, war bei der Verteilungstagsatzung, zu der sie ihre Forderung am 14. Jänner 1952 schriftlich angemeldet hatte, nicht zugegen.

Das Erstgericht wies in dem Verteilungsbeschluß (ONr. 90) dem Hypothekargläubiger Friedrich E. im Rang des Kapitals den Betrag von 43.824 S und im Rahmen der Nebengebührenkaution weitere 1455.20 S zur vollständigen Berichtigung seiner Forderung durch Barzahlung zu und befriedigte aus dem Meistbot die übrigen der Genossenschaft X. im Rang vorausgehenden Hypothekargläubiger mit Ausnahme des unmittelbaren Vormannes Jakob R., der nur mehr mit dem Teilbetrage von 108.80 S auf seine mit 1999.83 S angemeldete Forderung zum Zuge kam; durch die unangefochten gebliebene Entscheidung des Rekursgerichtes über den Rekurs eines anderen Hypothekargläubigers ist übrigens die Zuweisung an Jakob R. auf 7.58 S herabgesetzt worden.

Das Rekursgericht wies den von der Genossenschaft X. erhobenen Rekurs mit der Begründung zurück, daß sie die Frage, ob das für Friedrich E. einverleibte Pfandrecht auch die Wertsicherung umfasse, durch einen Widerspruch gegen seine Anmeldung nach § 213 EO. hätte aufrollen müssen und daß ihr daher gemäß § 234 EO. die Möglichkeit eines Rekurses genommen sei.

Der Oberste Gerichtshof hat den von der Genossenschaft X. bekämpften Beschluß des Rekursgerichtes aufgehoben und die Sache an dieses zur neuerlichen Entscheidung über den Rekurs zurückverwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wenn auch nach § 213 Abs. 1 EO. dem bei der Verteilungstagsatzung anwesenden Hypothekargläubiger, der beim Ausfallen eines angemeldeten Anspruches noch zum Zuge kommen könnte, gegen die Höhe der an Kapital und Nebengebühren angesprochenen Beträge der Widerspruch offen steht, so kommt doch die Bestimmung des § 234 Abs. 1 EO., nach der die zur Verteilungstagsatzung erschienenen Berechtigten nur im Umfang des ihnen gemäß § 213 zustehenden Widerspruchsrechtes zur Anfechtung des Verteilungsbeschlusses befugt sind, dann nicht zur Anwendung, wenn diese Anfechtung darauf gestützt wird, daß die Zuweisung aus der Verteilungsmasse gegen zwingende Vorschriften oder auch nur gegen die allgemeinen Verteilungsgrundsätze der §§ 216 und 217 EO. erfolgt sei (Neumann - Lichtblau, S. 753; Entsch. vom 15. Oktober 1935, 1 Ob 351/35, AnwZ. 1936 S. 13). Bei einem Verstoß gegen die allgemeinen Verteilungsgrundsätze sind daher auch jene Gläubiger rekursberechtigt, die einen Widerspruch nicht erhoben haben (E. vom 16. Juli 1929, Rsp. 1929 Nr. 388).

Eine Verletzung der allgemeinen Verteilungsgrundsätze wird dem Erstgericht und auch dem Rekursgericht von der Rekurswerberin mit Recht zum Vorwurf gemacht, weil bei der Verteilung nicht nur der im Akt erliegende Grundbuchsauszug, sondern auch die Urkundensammlung berücksichtigt worden ist. In Übereinstimmung mit der Lehre (Neumann - Lichtblau, S. 661; Walker - Jaitner, S. 232) und der überwiegenden Rechtsprechung (E. vom 4. Mai 1927, ZBl. 1927 Nr. 307; E. vom 14. Juni 1932, ZBl. 1932 Nr. 311 und E. vom 13. Juni 1951, 1 Ob 403/51) ist unter dem Begriff "öffentliches Buch" im Sinne der §§ 210, 213 Abs. 1 EO. das gleiche zu verstehen, was in § 214 Abs. 1 unter "Buchauszügen", die in ihrer Ergänzung bis zum Tag der Anmerkung der Zuschlagserteilung dem Verteilungsbeschluß zugrunde zu legen sind, gemeint ist, nämlich, daß er nur das Hauptbuch, nicht aber auch die Urkundensammlung erfaßt. Dieser Grundsatz gilt (im Gegensatz zur Ansicht Neumanns) nicht nur für die Berücksichtigung nicht angemeldeter Forderungen, sondern auch bei angemeldeten, selbst wenn der Anmeldung die dem Exekutionstitel zugrunde liegenden Urkunden in Ur- oder Abschrift angeschlossen werden, jedoch der Inhalt der Urkunde von dem des vorliegenden Grundbuchsauszuges abweicht.

Schließlich hält aber der Oberste Gerichtshof auch an seiner seit dem Inkrafttreten der Verordnung über wertbeständige Rechte vom 16. November 1940, DRGBl. I S. 1521, wiederholt, zuletzt in der Entscheidung vom 28. Dezember 1951, 1 Ob 903/51, vertretenen Ansicht fest, daß Wertsicherungsklauseln, die mit den Preisveränderungen von Waren und dergleichen, Wertpapieren oder ausländischen Zahlungsmitteln in Zusammenhang gebracht sind, der dinglichen Wirkung entbehren, daher nicht verbücherungsfähig sind und auch nicht in Verteilungsbeschlüssen zum Nachteil anderer bücherlich Berechtigter Berücksichtigung finden können.

Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Rekursgerichte die sachliche Erledigung des Rekurses der Genossenschaft X. aufzutragen.

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