OGH 2Ob38/90

OGH2Ob38/9025.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosemarie F***, Angestellte, Burgstraße 29, CH-9000 St. Gallen, vertreten durch Dr. Otto Haselauer und Dr. Klaus Steiner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien

  1. 1.) Josef E***, Kraftfahrer, Edramsberg 41, 4073 Wilhering,
  2. 2.) M*** W***, Ufer 20, 4073 Wilhering, und
  3. 3.) V*** DER Ö*** B***,

    Versicherungs-AG, Praterstraße 1-7, 1020 Wien, alle vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner und Dr. Walter Müller, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 149.578,67 sA, Zahlung einer Rente von monatlich S 6.925,85 und Feststellung infolge Rekurses aller Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 19. Dezember 1989, GZ. 12 R 68/89-25, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 23. Juni 1989, GZ. 9 Cg 401/86-18, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Auf die Kosten des Rekursverfahrens ist gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen.

Text

Begründung

Der Ehegatte der Klägerin wurde am 26. 9. 1983 bei einem Verkehrsunfall in Oberösterreich getötet. Die Haftung der beklagten Parteien - jene der Drittbeklagten bis zur vereinbarten Haftpflichtversicherungssumme - für 2/3 der zukünftigen Schäden der Klägerin wurde mit Teilurteil rechtskräftig festgestellt. Gegenstand des Rekursverfahrens ist lediglich das auf Unterhaltsentgang gegründete Begehren der Klägerin auf Leistung eines Kapitalbetrages und einer monatlichen Rente.

Das Erstgericht gab sowohl dem auf Zahlung eines Kapitalbetrages gerichteten Begehren als auch dem Rentenbegehren teilweise statt, teilweise wies es diese beiden Begehren ab (die Wiedergabe der Beträge ist für die Entscheidung über die Rekurse nicht erforderlich). Die Rente wurde entsprechend dem Antrag der Klägerin bis 13. 6. 2018 zuerkannt. Das Erstgericht stellte zur Frage des Unterhaltsentganges folgenden Sachverhalt fest:

Der am 13. 6. 1943 geborene Maschineningenieur Rudolf Richard F*** erzielte gemeinsam mit der Klägerin, die damals als Verkäuferin beschäftigt war, im Jahr 1981 ein Bruttoeinkommen von sfr 63.995 (davon verdiente die Klägerin sfr 9.486) und im Jahr 1982 sfr 69.843 (davon die Klägerin sfr 9.854). Die von diesem Gesamteinkommen zu bezahlenden Kranken- und Unfallversicherungsbeiträge betrugen in jedem Jahr sfr 1.699. Der Ehegatte der Klägerin bezahlte vom Gesamteinkommen Staats- und Gemeindesteuern von sfr 5.955 im Jahr 1981 (davon sfr 518,65 Kirchensteuer), von sfr 7.788,20 im Jahr 1982 (davon sfr 723,90 Kirchensteuer), an direkten Bundessteuern in den Jahren 1981 und 1982 je sfr 783,60. Im Jahr 1983 erhielt Ing. Rudolf Richard F*** ein monatliches Bruttoeinkommen von sfr 5.100 zuzüglich Kinderzulage von sfr 140 abzüglich der Beiträge für Altersvorsorge und Arbeitslosenvorsorge von zusammen sfr 262,65, damit ein monatliches Nettosalär von sfr 4.977,35. Außerdem wurde im Jahre 1983 eine Erfolgsbeteiligung für das Jahr 1982 von netto sfr 1.375,30 ausbezahlt. Vom 1. 1. 1983 bis 26. 9. 1983 hatte Ing. F*** an Staats- und Gemeindesteuern sfr 6.256,80 (darin sfr 587,30 Kirchensteuer) und an direkten Bundessteuern sfr 951,55 zu entrichten. Die Klägerin war im Jahr 1983 nicht berufstätig, sie begann erst ab Oktober 1984 wieder zu arbeiten und bezieht derzeit ein monatliches Nettoeinkommen von sfr 1.500. Bis Juli 1988 wäre das Bruttosalär von Ing. F*** bei Fortsetzung seiner Tätigkeit als Verkaufsingenieur um 18 bis 20 % gestiegen. Damit wäre auch eine Erhöhung der Beiträge an Alters- und Arbeitslosenvorsorge sowie der jährlich zu entrichtenden Steuern verbunden gewesen, in welchem Ausmaß kann nicht festgestellt werden. Das Monatseinkommen von Ing. F*** wurde zu dessen Lebzeiten zunächst zur Bestreitung der fixen Haushaltskosten, wie der Betriebskosten, deren Höhe nicht festgestellt werden kann, verwendet. Die Ausgaben für den Unterhalt der Töchter der Ehegatten F***, Isabella, geboren 1967 und Manuela, geboren 1969, beliefen sich monatlich auf etwa je sfr 600. Das nach Abzug der Versorgungsbeiträge für die Kinder und der fixen Haushaltskosten verbleibende Resteinkommen wurde je zur Hälfte von der Klägerin und deren Ehemann verbraucht. Die Tochter Isabella ist seit August 1986 selbsterhaltungsfähig. Die Klägerin erhielt eine monatliche Witwenrente von sfr 953 im Jahr 1985, von sfr 995 im Jahr 1987 und von sfr 1.036 ab 1988. Wie hoch die Witwenrente in den Jahren 1983, 1984 und 1986 war, kann nicht festgestellt werden. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, das monatliche Nettoeinkommen des getöteten Ehemannes der Klägerin sei für das Jahr 1983 mit rund sfr 4.300 zu veranschlagen, für die fixen Haushaltskosten erscheine ein Betrag von sfr 1.000 angemessen. Bei Berechnung des Unterhaltsentganges der Klägerin sei auf die tatsächlichen Verhältnisse und nicht darauf, wie die Aufteilung aufgrund der Gesetzeslage erfolgen hätte müssen, Rücksicht zu nehmen. Nach Abzug der fixen Haushaltskosten und der Unterhaltsbeiträge für die Kinder sei jedem Ehegatten die Hälfte des Resteinkommens, somit etwa sfr 1.050 zugeflossen. Zuzüglich der fixen Haushaltskosten errechne sich ein Betrag von sfr 2.050, von welchem die Klägerin Anspruch auf Ersatz von 2/3 habe, also von rund sfr 1.300. Darauf sei jeweils die Witwenrente als zu berücksichtigender Vorteil anzurechnen. Die nicht feststellbare Höhe der Witwenpension für die Jahre 1983, 1984 und 1986 setzte das Erstgericht unter Berücksichtigung der für die Jahre 1985, 1987 und 1988 festgestellten Beträge mit einem jeweils etwas geringeren Betrag fest, als er im folgenden Jahr ausbezahlt wurde. Die Selbsterhaltungsfähigkeit von Isabella F*** falle bei Bemessung des entgangenen Unterhaltes nicht ins Gewicht, weil davon auszugehen sei, daß sich die Unterhaltspflicht von Ing. F*** gegenüber seiner zweiten Tochter in der Zwischenzeit auf mindestens sfr 700 erhöht hätte und der Klägerin, da nunmehr zwei von vier Familienmitgliedern fehlten, nicht mehr fixe Haushaltskosten in der Höhe von sfr 1.000 bis 1.800, sondern allenfalls von sfr 700 zugestanden werden könnten. Für die Zeit ab Juli 1988 erscheine es zwar berechtigt, der Rentenbemessung das um etwa 18 % höhere fiktive Bruttoeinkommen von sfr 6.100 zugrundezulegen. Da die davon zu entrichtenden Steuern nicht annähernd ermittelt werden könnten, sei aber wiederum nach § 273 Abs. 1 ZPO vorzugehen. Gehe man davon aus, daß auch die Steuern um rund 18 %, also auf sfr 960 gestiegen wären, so würde sich das monatliche Nettoeinkommen mit rund sfr 5.100 errechnen. Der fiktive Unterhaltsentgang betrage damit nach Abzug der fixen Haushaltskosten (für 3 Familienmitglieder: 2 Erwachsene und eine Tochter) und des um ebenfalls etwa 20 % erhöhten Unterhaltsbeitrages für die zweite Tochter von sfr 720 vom Nettoeinkommen die Hälfte von sfr 3.630, also rund sfr 1.800. Rechne man nun die tatsächlichen fixen Haushaltskosten, die nur mehr mit sfr 750 zu veranschlagen seien, hinzu, so ergebe sich ein Betrag von sfr 2.550, von welchem die Beklagten 2/3, das seien sfr 1.700, zu ersetzen hätten. Da jedoch die vom gestiegenen Bruttoeinkommen zu entrichtenden Steuern nicht annähernd ermittelt werden könnten, erscheine es gerechtfertigt, nicht diesen Betrag abzüglich der Witwenrente von sfr 1.035 als Rente ab Juli 1988 festzulegen, sondern einen Wert, der zwischen diesem Betrag und jenem gelegen sei, der in der Vorperiode, umgerechnet in österreichischen Schillingen, an Rente zuzuerkennen sei. Auf dieser Grundlage machte das Erstgericht eine Aufstellung über die Berechnung der der Klägerin in den einzelnen Perioden zustehenden (teilweise kapitalisierten) Rentenbeträge, die es der Klägerin zusprach.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien, soweit sie sich gegen die Entscheidung über das (teilweise kapitalisierte) Rentenbegehren richteten, Folge und hob die Entscheidung des Erstgerichtes insoweit unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Gericht zweiter Instanz erachtete die (nur von den Beklagten erhobene) Tatsachenrüge als nicht berechtigt und führte zu den Rechtsrügen beider Parteien aus, nach der herrschenden Lehre und Rechtsprechung sei ein eigenes Einkommen der Ehefrau bei Bemessung ihrer Unterhaltsansprüche nach § 1327 ABGB nur in jenen Fällen zu berücksichtigen, in denen die Witwe das eigene Einkommen schon zu Lebzeiten ihres Gatten freiwillig zur Gänze oder teilweise zur Bestreitung ihres Unterhaltes verwendet habe. Auch die seit 1. 1. 1976 bestehende Gesetzeslage erfordere kein Abgehen von dieser Rechtsprechung. Das Eigeneinkommen aus einer nach dem Tod des Mannes aufgenommenen Berufstätigkeit müsse sich allerdings die Witwe nicht als Vorteil auf ihre Ansprüche anrechnen lassen. Im konkreten Fall sei festgestellt worden, daß die Klägerin in den Jahren 1981 und 1982 als Verkäuferin beschäftigt gewesen sei, sie im Jahr 1983 nicht berufstätig gewesen sei, ab Oktober 1984 aber wieder zu arbeiten begonnen habe und derzeit ein monatliches Nettoeinkommen von sfr 1.500 beziehe. Diese Feststellungen reichten jedoch nicht aus, um verläßlich beurteilen zu können, ob das Einkommen der Klägerin ab Oktober 1984 bei der Rentenbemessung zu berücksichtigen sei oder nicht. Habe die Ehegattin vor dem Tod des Mannes gearbeitet und ein Einkommen zur Bestreitung des Unterhaltes erzielt, sei sie dann nur relativ kurzfristig einer eigenen Berufstätigkeit nicht nachgegangen und habe die Absicht bestanden, in Zukunft wieder ein Einkommen zur Bestreitung des Unterhaltes zu erzielen, dann könne das spätere Einkommen bei der Rentenbemessung nicht unberücksichtigt bleiben, nur weil die Gattin zufällig im Todeszeitpunkt, aus welchen Gründen immer, gerade nicht berufstätig gewesen sei. In diesem Punkt sei daher das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben, den Parteien werde Gelegenheit zu geben sein, geeignete Beweise anzubieten, die dann durchzuführen sein werden. In der Rechtsrüge der Beklagten werde zutreffend darauf verwiesen, daß die voraussichtliche Lebenserwartung des Ing. F*** und damit auch die zeitliche Begrenzung der Rentenleistung im Verfahren erster Instanz nicht erörtert worden seien. Die Bestreitung des Rentenbegehrens durch die Beklagten inkludiere auch die Bestreitung des Begehrens auf Rentenleistung bis zum 31. 6. 2018. Nach der herrschenden Rechtsprechung sei der Witwe eine Rente für die nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu bestimmende wahrscheinliche Lebensdauer des Getöteten zuzusprechen. Hiefür sei der Anspruchswerber beweispflichtig. Hiebei sei bei unselbständig Erwerbstätigen zu berücksichtigen, daß, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, mit einem bestimmten Alter das Arbeitseinkommen durch eine Alterspension ersetzt worden wäre. Dies hänge aber ferner davon ab, ob nach der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Entwicklung auch nach diesem Zeitpunkt mit einem Unterhaltsentgelt des anspruchsberechtigten Hinterbliebenen zu rechnen sei. Die Rente sei mit dem Erreichen des Pensionsalters des Getöteten zu begrenzen, sofern nicht der Geschädigte beweise, daß die Pensionierung des Getöteten den Unterhaltsanspruch nicht geschmälert hätte. Zum Beweis für die Frage der zeitlichen Dauer der begehrten Rente habe die Klägerin ihre Parteienvernehmung unter Vorbehalt weiterer Beweismittel angeboten. Es werde ihr ebenfalls Gelegenheit zu bieten sein, weitere Beweise anzubieten. In beiden Berufungen werde eine vom Erstgericht bei Ermittlung des Nettoeinkommens des Ing. F*** bzw. bei Festsetzung der Unterhaltshöhe zu großzügig gehandhabte Auf- bzw. Abrundung der einzelnen Beträge gerügt, so beim monatlichen Nettoeinkommen eine Aufrundung von sfr 60, das seien ca. S 500 und bei dem der Klägerin zukommenden monatlichen Unterhalt eine Abrundung von sfr 66,66, das seien ca. S 555. Auch das Berufungsgericht sei der Ansicht, daß derart große Auf- bzw. Abrundungen bei Beträgen, die das monatliche Einkommen bzw. den monatlichen Unterhalt betreffen, nicht vertretbar seien, das Erstgericht werde daher bei der neuerlichen Rentenbemessung die entsprechenden Beträge zumindest annähernd genau zu ermitteln haben. Die Klägerin rüge weiters die erstgerichtliche Annahme, daß die Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter Isabella ab August 1986 bei der Bemessung ihres Unterhaltes deshalb nicht ins Gewicht falle, weil sich einerseits die Unterhaltsverpflichtung des Ing. F*** gegenüber seiner zweiten Tochter in der Zwischenzeit auf mindestens sfr 700 erhöht hätte und der Klägerin fixe Haushaltskosten nur mehr in Höhe von sfr 700 zugestanden werden könnten. Auch wenn sicherlich bei Festsetzung der Höhe dieser Beträge die Bestimmung des § 273 ZPO herangezogen werden müsse, so müsse aber trotzdem vorerst einmal versucht werden, die entsprechenden Beträge unter Heranziehung der vorhandenen Beweismittel wenigstens annähernd einer Klärung zuzuführen. Die Klägerin, die auch zu dieser Frage als Beweismittel geführt worden sei, sei in ihrer Parteienvernehmung zu diesem Komplex nicht befragt worden, woraus sich ebenfalls eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens ergibt. Die Klägerin werde daher auch dazu zu vernehmen sein. Erst dann, wenn die angebotenen Beweise zu keiner Klärung führen würden, könnte von der Bestimmung des § 273 ZPO Gebrauch gemacht werden. Weiters rüge die Klägerin die Berechnung ihrer monatlichen Rente ab Juli 1988. Das Erstgericht gehe ab diesem Zeitpunkt von einer fiktiven Erhöhung des Bruttoeinkommens von 18 % aus, was an sich unbekämpft sei, es berücksichtige jedoch einerseits eine lineare Erhöhung der Steuerbelastung im Ausmaß von ebenfalls 18 %, gehe aber dann weiters nochmals von einer progressiven Steuererhöhung aus und führte aus diesem Grund die an sich mit sfr 1.700 ermittelte Rente abzüglich der Witwenrente von sfr 1.035, was S 5.500 ergebe, auf den Betrag von S 3.300. Dem Erstgericht sei zwar zuzugestehen, daß auch nach dem Schweizer Steuersystem nicht eine lineare, sondern eine progressive Steuerbelastung gegeben sein werde. Jedoch könne auch in dieser Frage, ob wenigstens eine annähernde Klärung zu versuchen, die entscheidungswesentliche Feststellung der voraussehbaren Steuerbelastung nicht bloß nach Ermessen im Sinne des § 273 ZPO geklärt werden. Die Frage der voraussichtlichen Steuerbelastung könnte durch den Auftrag an die Klägerin zur Vorlage einer Bestätigung der Schweizer Steuerbehörden über die Höhe der Besteuerung bei einem um 18 % gestiegenen Einkommen einer Klärung zugeführt werden. Allenfalls müßte ein Gutachten eines Steuerberaters zu dieser Frage eingeholt werden.

Sowohl die Klägerin als auch die Beklagten bekämpfen den Beschluß des Berufungsgerichtes mit Rekursen, in denen unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und jeweils beantragt wird, die Entscheidung des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß das Ersturteil im Sinne der eigenen Berufung abgeändert, der Berufung des Gegners hingegen keine Folge gegeben werde.

Die Parteien beantragen jeweils, dem Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind nicht berechtigt.

In beiden Rekursen wird die Ansicht des Berufungsgerichtes zur Frage der Berücksichtigung des Einkommens, das die Klägerin aufgrund einer nach dem Tod ihres Ehemannes aufgenommenen Beschäftigung bezieht, bekämpft. Die Klägerin vertritt den Standpunkt, auf dieses Einkommen sei auf keinen Fall Bedacht zu nehmen, die beklagten Parteien sind hingegen der Ansicht, es komme - ähnlich wie im Fall des § 66 EheG - auf die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit an. Es sei nicht zweifelhaft, daß der Klägerin die Erwerbstätigkeit zumutbar sei.

Beiden Ansichten kann nicht gefolgt werden. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß sich die Witwe das Eigeneinkommen aus einer nach dem Tod ihres Mannes aufgenommenen Berufstätigkeit nicht auf ihre Ansprüche nach § 1327 ABGB anrechnen lassen muß, wohl aber ein Einkommen, das sie schon zu Lebzeiten des Mannes freiwillig zur Gänze oder teilweise zur Bestreitung ihres Unterhaltes verwendet hat (EFSlg. 43.544, 48.673, 48.674 je mwN ua.). Nach § 1327 ABGB ist der durch den Tod des Unterhaltspflichtigen entgangene Unterhalt zu ersetzen, nach ständiger Rechtsprechung kommt es daher darauf an, welche Unterhaltsleistungen tatsächlich erbracht wurden (EFSlg. 57.032 uva.). Für die Beurteilung der Frage, welche tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen entgangen sind, ist es aber ohne Bedeutung, ob dem hinterbliebenen Ehegatten eine Berufstätigkeit zumutbar ist, der Hinweis der Beklagten auf § 66 EheG ist verfehlt. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß der Hinterbliebene auch nicht besser gestellt sein soll, als wenn der Unterhaltspflichtige nicht getötet worden wäre (EFSlg. 48.669, 57.022 ua.). Übte die Klägerin zur Zeit des Todes ihres Ehemannes nur vorübergehend keine Berufstätigkeit aus, bestand aber schon damals die Absicht, wieder einer Beschäftigung nachzugehen, dann wäre die Klägerin durch die Zuerkennung einer Rente ohne Rücksicht auf ihr Einkommen begünstigt. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, in diesem Fall könne das Einkommen nicht unberücksichtigt bleiben, ist daher zu billigen (vgl. EFSlg. 27.249, wo der Oberste Gerichtshof ausführte, bei bei Ermittlung des durch den Tod der Ehefrau Entgangenen sei auch zu berücksichtigen, daß sie im Zeitpunkt ihres Todes beabsichtigte, ihre Berufstätigkeit aufzugeben.) Die zu dieser Frage vom Berufungsgericht angeordnete Verfahrensergänzung ist daher erforderlich.

Die Beklagten führten in ihrem Rekurs weiters aus, das Berufungsgericht hätte unter Anwendung des § 273 ZPO zu dem Ergebnis kommen müssen, daß der den Kindern geleistete Unterhalt monatlich mindestens je sfr 800 betragen müsse, außerdem sei nicht von einer gleichteiligen Einkommensverwendung durch die Ehegatten auszugehen, sondern davon, daß für die Klägerin maximal 40 % verwendet worden seien. Diese Ausführungen lassen außer acht, daß ein Unterhaltsaufwand von monatlich sfr 600 für jede der Töchter feststeht und ebenso, daß das Resteinkommen je zur Hälfte von der Klägerin und deren Ehemann verbraucht wurde. Für eine Anwendung des § 273 ZPO ist daher kein Raum, bei der rechtlichen Beurteilung muß von den Feststellungen über die Unterhaltsleistungen an die Tochter und über die Aufteilung des verbleibenden Einkommens an beide Ehegatten ausgegangen werden.

Die Klägerin wendet sich auch dagegen, daß das Berufungsgericht eine Verfahrensergänzung für die zeitliche Begrenzung der Rente als notwendig erachtete. Sie führt aus, die Rente sei mit der mutmaßlichen Lebenserwartung ihres Ehemannes zu begrenzen, eine befriedigende Feststellung des mutmaßlichen Todestages sei nicht möglich, Beweisaufnahmen zu diesem Thema wären hypothetisch, es hätte daher bei der bis zur Vollendung des 75. Lebensjahres zuerkannten Rente belassen werden müssen.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß für die Annahme, der mutmaßliche Todestag des Ehemannes der Klägerin wäre der Tag der Vollendung des 75. Lebensjahres gewesen, keinerlei Anhaltspunkt besteht. Gewiß ist eine Feststellung, wann der Ehegatte der Klägerin ohne den Unfall tatsächlich gestorben wäre, unmöglich. Ohne jegliche Grundlage kann der mutmaßliche Todeszeitpunkt, mit dem nach ständiger Rechtsprechung die Rente jedenfalls zu begrenzen ist (EFSlg. 36.233, 46.109, 57.033 uva.) aber nicht festgelegt werden (vgl. etwa EFSlg. 29.450, wo auf die vom Statistischen Zentralamt veröffentlichten Sterbetafeln verwiesen wurde). Schon aus diesem Grund erweist sich das Verfahren auch hinsichtlich der zeitlichen Begrenzung des Rentenanspruches als ergänzungsbedürftig. Außerdem kann nicht von vornherein gesagt werden, daß die Erreichung des Pensionsalters ohne jede Bedeutung ist. Die neuere Rechtsprechung lehnt es zwar überwiegend ab, die Rente nach § 1327 ABGB generell mit Erreichen des Pensionsalters zu begrenzen, sie vertritt aber die Ansicht, die Frage, ob ein derartiger Anspruch nur bis zum Pensionsalter zusteht, hänge von den Umständen des Einzelfalles ab (EFSlg. 36.236, 36.237, 46.109, 46.111). Auch deshalb ist die vom Berufungsgericht angeordnete Verfahrensergänzung notwendig. Dabei ist zu berücksichtigen, daß für die Frage, wann der Ehemann der Klägerin voraussichtlich in den Ruhestand getreten wäre und ob er ab diesem Zeitpunkt ein wesentlich geringeres Einkommen bezogen hätte (vgl. EFSlg. 36.237) nicht österreichische Erfahrungswerte herangezogen werden können, sondern die Schweizer Verhältnisse maßgebend sind.

Schließlich führt die Klägerin in ihrem Rekurs noch aus, zur Ermittlung der Steuerbelastung des fiktiven Einkommens sei keine Verfahrensergänzung erforderlich, da ohnedies das Schreiben des Steueramtes St. Gallen vom 6. 9. 1988 vorgelegt worden sei. Ob dieses Schreiben hinreichende Anhaltspunkte über die Höhe der Steuerbelastung des fiktiven Einkommens des Getöteten enthält, hat der Oberste Gerichtshof nicht zu beurteilen. Das Berufungsgericht erachtete das Verfahren hinsichtlich der Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens des Getöteten als ergänzungsbedürftig, und zwar unter anderem hinsichtlich der Steuerbelastung. Den diesbezüglichen, nicht auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung beruhenden Aufträgen des Berufungsgerichtes kann der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten. Dies gilt auch für die Ausführungen des Berufungsgerichtes über den Wegfall einer Sorgepflicht und die Verminderung der fixen Haushaltskosten.

Aus diesen Gründen war beiden Rekursen ein Erfolg zu versagen. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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