Spruch:
Die Revision und der Revisionsrekurs der beklagten Partei werden zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S
12.428 (darin enthalten S 2.071,48 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens und des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Streitteile sind in aufrechter Ehe verheiratet. Im August 1998 wurde die eheliche Lebensgemeinschaft durch gesonderte Wohnungsnahme des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei (in der Folge Beklagter) aufgehoben. Die Klägerin und gefährdete Partei (in der Folge Klägerin) ist mit dem am 14. 1. 1983 geborenen gemeinsamen Sohn in der ehelichen Wohnung verblieben.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Zahlung monatlicher Unterhaltsbeiträge von S 10.000 ab 1. 9. 1998 abzüglich geleisteter Zahlungen von S 3.500 für September und je S 3.000 für Oktober und November 1998. Der Beklagte verfüge über ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 40.000; sie selbst habe nur bis September 1998 monatlich S 6.000 verdient, diese Beschäftigung jedoch unverschuldet verloren und sei am Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sein Durchschnittseinkommen betrage S 35.847 monatlich netto, während die Klägerin monatlich S 8.000 verdient habe, welches Einkommen zu erzielen ihr weiterhin zumutbar sei, weil die Streitteile beiderseitige Berufstätigkeit und gemeinsame Haushaltsführung vereinbart hätten. Er leiste Naturalunterhalt durch Weiterzahlung der Wohnungskosten für die Ehewohnung, die sich die Klägerin zu 2/3 anrechnen lassen müsse.
Mit einstweiliger Verfügung vom 11. 11. 1998 ON 8 wurde der Beklagte rechtskräftig zur Leistung einstweiliger monatlicher Unterhaltsbeiträge von S 3.000 ab 1. 12. 1998 verpflichtet. Das Erstgericht ging dabei davon aus, dass es der Klägerin möglich und zumutbar sei, ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 6.000 zu erzielen.
Am 1. 4. 1999 beantragte die Klägerin die Erlassung einer weiteren einstweiligen Verfügung, mit der dem Beklagten die Zahlung zusätzlicher einstweiliger monatlicher Unterhaltsbeiträge von S 7.000 ab 1. 4. 1998 aufgetragen werde. Es habe sich nunmehr herausgestellt, dass der Beklagte die Miete für die Ehewohnung nicht mehr zahle und dass sie ihre bisherige Beschäftigung schuldlos verloren habe.
Der Beklagte beantragte die Abweisung dieses Antrages, weil er die Miete stets pünktlich bezahlt habe und es lediglich im März 1999 auf Gurnd eines Computerfehlers bei seiner Bank zur Nichtweiterleitung seiner Einzahlung gekommen sei.
Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten mit Urteil zur Leistung monatlicher Unterhaltsbeiträge von S 600 vom 1. 10. bis 3. 11. 1998, S 3.600 vom 1. 12. 1998 bis 31. 3. 1999 sowie S 3.350 ab 1. 4. 1999 und wies das Mehrbegehren ab. Weiters verpflichtete es den Beklagten zusätzlich zu den mit der früheren einstweiligen Verfügung zugesprochenen Beträgen zur Leistung weiterer einstweiliger Unterhaltsbeiträge von S 350 ab 1. 4. 1999 und wies ein Mehrbegehren ab. Es traf zusammengefasst nachfolgende Feststellungen:
Der Beklagte zog am 18. 8. 1998 nach einer heftigen Auseinandersetzung mit der Klägerin aus der Ehewohnung aus, um weitere Streitigkeiten und eine Eskalation zu vermeiden. Sein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen - im relevanten Zeitraum - betrug S 35.460,43. Die Klägerin hatte im September 1998 noch ein Nettoeinkommen von S 6.000 bezogen, dann aber schuldlos ihre Beschäftigung verloren und ist seither auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar. Für die Ehewohnung zahlt der Beklagte - mit Einverständnis der Klägerin - regelmäßig die Betriebskosten von monatlich durchschnittlich S 1.212, sowie die Miete von S 6.092 bis 31. 3. 1999 bzw S 6.323 seit 1. 4. 1999. Lediglich bei der Überweisung der Miete für März 1999 kam es auf Grund eines Computerfehlers bei seiner Bank einmal zu einer Zahlungsverzögerung.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass der Klägerin ab 1. 10. 1998 die Erzielung eines eigenen Einkommens nicht mehr zugemutet werden könne. Während ihr für September 1998 im Hinblick auf die Sorgepflicht des Beklagten für den gemeinsamen Sohn noch 36 % des Familieneinkommens abzüglich ihres eigenen, somit S 8.925,46 zustünden, betrage ihr Unterhaltsanspruch ab Oktober 1998 29 % des monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens des Beklagten, somit S 10,283,52. Hierauf habe sie sich die vom Beklagten erbrachten Naturalleistungen anrechnen zu lassen, wobei zwischen der Miete und den Betriebskosten zu unterscheiden sei. Im Hinblick auf § 97 ABGB betreffe die Miete ausschließlich das familienrechtliche Verhältnis zwischen den Ehegatten, weshalb hier im Gegensatz zu den Betriebskosten kein Anteil des Sohnes berücksichtigt werden müsse. Bei beiden Posten sei auch kein Anteil des Beklagten selbst zu berücksichtigen; hinsichtlich der Betriebskosten ergebe sich dies daraus, dass er angesichts der erwähnten Auseinandersetzungen und der von der Klägerin geäußerten Scheidungsabsichten keinesfalls grundlos ausgezogen sei; Gleiches gelte auch bezüglich der Miete, die überdies nicht der Erhaltung eines im Aufteilungsverfahren zuzuweisenden Sachwertes oder der Rückführung ehelicher Verbindlichkeiten diene. Es seien daher die gesamte Miete sowie die Hälfte der Betriebskosten, zusammen monatlich S 6.698 bzw ab 1. 4. 1999 S 6.929 als Naturalleistungen für die Klägerin in Anschlag zu bringen. Daraus ergäben sich die zugesprochenen Beträge.
Das von der Klägerin angerufene Berufungs(Rekurs-)gericht gab ihrer Berufung sowie ihrem Rekurs gegen die einstweilige Verfügung teilweise Folge. Es verpflichtete den Beklagten, der Klägerin an rückständigem Unterhalt für die Zeit vom 1. 10. 1998 bis 31. 3. 1999 S 34.800 zu bezahlen und wies ein Mehrbegehren von S 25.200 ab. Weiters verpflichtete es ihn, der Klägerin ab 1. 4. 1999 monatliche Unterhaltsbeiträge von S 6.800 zu leisten. Im Rahmen der einstweiligen Verfügung verpflichtete es den Beklagten ab 1. 4. 1999 zur Leistung weiterer monatlicher Unterhaltsbeiträge von S 3.800 zusätzlich zu den bereits auf Grund der einstweiligen Verfügung vom 11. 11. 1998 geschuldeten Unterhaltsbeiträge von S 3.000. Das Mehrbegehren wies es ab.
Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, dass die ordentliche Revision und der ordentliche Revisionsrekurs gegen diese Entscheidungen zulässig seien.
Ausgehend von den übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes erörterte es rechtlich, dass die Erbringung von Naturalleistungen bei bestehender Verpflichtung zur Geldzahlung die in Geld zu erbringende Unterhaltsleistung dann zu vermindern vermöge, wenn dadurch die Unterhaltsbedürfnisse des Unterhaltsberechtigten in einem Maß und in einer Art gedeckt seien, dass der Unterhaltsberechtigte zur Bestreitung seines vollständigen Unterhaltes nur noch eines geringeren als des festgesetzten Geldbetrages bedürfe. Würde sich ein Geldunterhalt ergeben, der nur geringfügig über den als Naturalleistungen anrechenbaren Zahlungen des Unterhaltspflichtigen für die Ehewohnung liege, weil beispielsweise eine luxuriöse Ehewohnung beibehalten werde oder gemäß § 97 ABGB beibehalten werden müsse, dann bedürfe der jeweils Unterhaltsberechtigte eben eines höheren Geldbetrages, um seinen vollständigen Unterhalt decken zu können. Bei Berechnung dieses höheren Betrages könne kein Zweifel darüber bestehen, dass er die anrechenbaren Naturalleistungen um jenen Betrag übersteigen müsse, der den über das Wohnen hinausgehenden Unterhaltsbedürfnissen des unterhaltsberechtigten Ehegatten entspreche. Der Geldunterhaltsbedarf der Klägerin betrage im vorliegenden Fall S 10.283,52. Da erfahrungsgemäß die österreichischen Haushalte etwa 1/3 ihres Einkommens für Wohnzwecke verwendeten, errechne sich der über das Wohnen hinausgehende Unterhaltsbedarf der Rechtsmittelwerberin mit 2/3 ihres Geldunterhaltsbedarfes, demnach mit rund S 6.800. Um diesen Betrag müsse ihr gesamter Geldunterhaltsanspruch die - infolge ihrer Zustimmung und der zu erwartenden regelmäßigen Leistung ausnahmsweise auch für die Zukunft anrechenbaren - Naturalleistungen übersteigen. Auf diesen Betrag seien die ihr zugesprochenen Unterhaltsleistungen zu erhöhen. Dem Beklagten verblieben nach Abzug seiner Zahlungsverpflichtungen für die Klägerin, die Ehewohnung und den gemeinsamen Sohn noch monatlich S 15.000 zur Deckung seiner eigenen Bedürfnisse, weshalb eine Überspannung seine Leistungsfähigkeit nicht zu befürchten sei. Zum gleichen Ergebnis käme man, wenn man die vom Beklagten gedeckten Naturalleistungen im Hinblick auf die nicht berechtigte gesonderte Wohnungnahme nach Köpfen aliquotiere. Auch hier würden sich die anrechenbaren Naturalleistungen auf S 3.450 bzw ab 1. 4. 1999 auf S 3.565 reduzieren, womit sich gleichfalls ein restlicher Geldunterhaltsanspruch von S 6.800 ergebe. Schließlich würde auch ein 50 %-iger Unterhaltsanspruch der einkommenslosen Ehegattin kein anderes Ergebnis zeitigen, weil diesfalls die Sorgepflicht für den gemeinsamen Sohn stärker als bisher zu berücksichtigen und dem berufstätigen unterhaltspflichtigen Ehegatten der Abzug berufsbedingter Mehraufwendungen zu gestatten wäre.
Ordentliche Revision und ordentlicher Revisionsrekurs seien zulässig, weil zur Frage, wie der höhere Geldunterhaltsbedarf der in der Ehewohnung verbliebenen einkommenslosen Ehegattin zu bemessen sei, welcher sich aus der Anrechnung überdurchschnittlich hoher Zahlungen für diese Wohnung als Naturalunterhalt ergebe, Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision und der Rekurs sind entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung liegt nicht vor.
Das Berufungsgericht hat zunächst zutreffend darauf verwiesen, dass sich der Geldanspruch des Unterhaltsberechtigten dann vermindert, wenn der Unterhaltsverpflichtete die Kosten der Wohnung trägt (SZ 60/97; EvBl 1993/161 mwN), weshalb die vom Beklagten getragenen Wohnungskosten "angemessen" zu berücksichtigen sind (6 Ob 700/90). Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung, dass die Erbringung von Naturalleistungen (Tragen der Wohnungskosten) bei bestehender Verpflichtung zur Geldzahlung die in Geld zu erbringende Unterhaltsleistung nur dann zu vermindern vermag, wenn dadurch die Unterhaltsbedürfnisse des Unterhaltsberechtigten in einem Maß und einer Art gedeckt sind, dass der Unterhaltsberechtigte zur Bestreitung seines vollständigen Unterhaltes nur noch eines geringeren als des festgesetzten Geldbetrages bedarf (EvBl 1993/161 mwN).
Inwieweit die vom Unterhaltspflichtigen getragenen Wohnungskosten bzw Wohnungsbetriebskosten bei Bemessung der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen sind, ist aber von den Umständen des Einzelfalles abhängig, weshalb sich allgemeine Richtlinien nicht aufstellen lassen können, weil auch die Gründe der gesonderten Wohnungnahme nicht unberücksichtigt bleiben können (vgl auch Schwimann, Unterhaltsrecht2, 148, wonach es - bei Auszug des Unterhaltsverpflichteten aus der Wohnung - von den Auszugsgründen abhängt, inwieweit die Wohnungskosten zu quotieren sind).
Ob dem Unterhaltsberechtigten grundsätzlich zwei Drittel seines Geldunterhaltsanspruchs verbleiben müssen, wenn die Wohnungskosten vom Unterhaltsverpflichteten getragen werden, weil österreichische Haushalte etwa ein Drittel ihres Einkommens für Wohnzwecke aufwenden, muss in dieser Allgemeinheit nicht beurteilt werden, weil eben die konkreten Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend sind und nicht der durchschnittliche Wohnungsaufwand der österreichischen Haushalte. Im vorliegenden Fall ergibt die vom Berufungsgericht ebenfalls angestellte Berechnung, dass etwa die Hälfte des tatsächlichen Mietzinsaufwandes als Naturalunterhalt auf den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin angerechnet wurde. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass der Beklagte ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 92 ABGB zu behaupten oder unter Beweis zu stellen, aus der ehelichen Wohnung ausgezogen ist. Dass damit das Berufungsgericht seinen Ermessensspielraum überschritten hätte, wird nicht dargetan.
Die Rechtsmittel waren mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung im Hauptverfahren gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, im Provisorialverfahren zusätzlich auf die §§ 78, 402 EO. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Rechtsmittel der beklagten Partei hingewiesen hat, hat sie in beiden Verfahren Anspruch auf Kostenersatz.
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