Normen
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §333
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §333
Spruch:
Stehen zwei Betriebsunternehmer als Käufer und Verkäufer, als Besteller und Unternehmer oder sonst als Vertragskontrahenten einander gegenüber, so ist die Haftung des einen Unternehmers bei Verletzung eines Betriebsangehörigen des anderen Unternehmers nicht durch § 333 ASVG. ausgeschlossen.
Entscheidung vom 1. Juli 1959, 2 Ob 348, 349/59.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Kläger hatte an die erstbeklagte Partei für mehrere Omnibusse automatische Zentralschmieranlagen geliefert. Um sie auf ihre Eignung zu prüfen, wurde eine Probefahrt unternommen, auf der der Zweitbeklagte den der Erstbeklagten gehörigen Omnibus lenkte. Als auf der Rückfahrt ein Mangel zu beheben war, gab einer der beiden Gehilfen des Klägers dem Zweitbeklagten den Auftrag, den Wagen anzuhalten; der Zweitbeklagte fuhr aber so unvorsichtig gegen den Straßenrand, daß der Kraftwagen gegen einen Alleebaum prallte. Dabei wurde der Kläger erheblich verletzt.
Der Zweitbeklagte wurde wegen dieses Unfalls vom Strafgericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger Schmerzengeld sowie Ersatz für einen beim Unfall beschädigten Brillantring, für ärztliche Betreuung und für die Reinigung seiner beschädigten Kleider. Er begehrt auch die Feststellung, daß die Beklagten für alle künftigen Schäden aus dem gegenständlichen Unfall ersatzpflichtig seien.
Das Erstgericht erkannte dem Kläger verschiedene Beträge zu und gab auch dem Feststellungsbegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Parteien nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Mit ihren Ausführungen bekämpfen die Beklagten die Ablehnung des Haftungsausschlusses aus dem Grund des § 333 ASVG. Sie sind der Meinung, daß auch der Kläger als selbständiger Unternehmer in einem, wenn auch nur vorübergehenden Beschäftigtenverhältnis zur erstbeklagten Partei gestanden sei, weil er im Zeitpunkt des Unfalles keine Verfügungsgewalt über den Kraftwagen gehabt habe. Diese Meinung kann nicht geteilt werden. Der Kläger hat als selbständiger Unternehmer die automatischen Zentralschmieranlagen geliefert, die in die Fahrzeuge der erstbeklagten Partei eingebaut wurden; um sie zu erproben, wurde die gegenständliche Fahrt vereinbart und durchgeführt. Es ist selbstverständlich, daß dem Kläger ein Verfügungsrecht über den Omnibus an sich nicht zustand; darauf kommt es aber nicht an: entscheidend ist vielmehr nur, ob der Kläger bei seiner Tätigkeit in den Betrieb der erstbeklagten Partei in der Art eines eigenen Arbeitnehmers eingegliedert war. Dies trifft hier nicht zu: denn der Kläger unterlag in bezug auf seine Tätigkeit nicht den Weisungen der erstbeklagten Partei und ihrer Organe. Stehen einander, wie hier, zwei Betriebsunternehmer als Käufer und Verkäufer, als Besteller und Unternehmer oder sonst als Vertragskontrahenten gegenüber, so ist die Haftung des einen Unternehmers bei Verletzung eines Betriebsangehörigen des anderen Unternehmers nicht durch § 333 ASVG. ausgeschlossen (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 2. Aufl. S. 283). Da der Verunglückte bei seiner Tätigkeit ausschließlich im Rahmen seines Betriebes tätig war, fehlt es für eine Einschränkung des Schadenersatzanspruches an einer rechtlichen Grundlage.
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