Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 16. September 1992 stürzte im Gemeindegebiet von Illmitz ein der klagenden Partei gehörendes Flächenflugzeug Piper J 3 C, das zu Starebekämpfung eingesetzt wurde, ab und wurde schwer beschädigt. Anlass des Fluges waren Filmaufnahmen über die Arbeit der klagenden Partei, wobei die Dreharbeiten von einem Kameramann durchgeführt wurden, der sich in einem fliegenden Hubschrauber der beklagten Partei befand.
Die klagende Partei nimmt die Beklagte - unter anderem gestützt auf das Luftverkehrsgesetz - auf Ersatz des bei dem Flugunfall erlittenen Schadens an ihrem Flugzeug mit dem Vorbringen in Anspruch, das alleinige Verschulden am Absturz treffe den Geschäftsführer der beklagten Partei als Piloten des an den Dreharbeiten beteiligten Hubschraubers. Dieser habe sich nicht an die Vereinbarung mit dem Piloten des der klagenden Partei gehörigen Flugzeuges gehalten, wonach der Hubschrauber im Schwebeflug eine Höhe von 50 m über Grund einhalten und in dieser Position vom Flächenflugzeug in einer Höhe von 10 m über Grund unterflogen hätte werden sollen. Tatsächlich habe der Hubschrauber - nachdem zwei Unterflüge vereinbarungsgemäß abgewickelt worden seien - den Abstand zum Boden vor dem dritten Unterflug wesentlich verringert, wodurch die vom Rotor des Hubschraubers ausgehenden Böen das Flächenflugzeug beim dritten Unterflug zu Boden gedrückt hätten. Das Flugzeug habe dabei einen Totalschaden erlitten, der Zeitwert betrage S 500.000.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Bei der Einsatzbesprechung der beiden Piloten sei ausdrücklich festgelegt worden, dass der Hubschrauber in einer Höhe von 50 m über Grund während des Unterfliegens durch das Flächenflugzeug einhalten werde, diese Vereinbarung sei auch eingehalten worden. Der Absturz sei letztlich allein auf die aggressive, showmäßige Flugweise des Piloten des Flächenflugzeuges zurückzuführen, der ohne ersichtlichen Grund nicht in ausreichender Höhe geflogen sei, weshalb sich das Fahrwerk seines Flugzeuges in Abspanndrähten von Weingärten verfangen habe.
Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es stellte fest, dass die Piloten der beteiligten Luftfahrzeuge eine Besprechung über die Durchführung der einzelnen zu filmenden Flugmanöver abgehalten und dabei vereinbart hätten, dass das Flächenflugzeug seitlich unter dem in 50 m Höhe stationär schwebenden Hubschrauber mit einem Seitenabstand von 20 m hätte durchfliegen sollen. Die Wahl der Flughöhe des Flächenflugzeuges sei dessen Piloten freigestanden. Tatsächlich habe aber der Hubschrauber bei allen drei Unterflügen eine unveränderte Position in nur 30 m über Grund eingenommen. Zwei Unterflüge seien ohne Probleme gelungen, beim dritten Unterflug sei der Pilot des Flächenflugzeuges zu nahe am Boden geflogen, weshalb ihm ein Ausgleichen der vom Hubschrauber ausgehenden Luftströme nicht mehr möglich gewesen sei. Darüber hinaus sei er nicht seitlich unter dem Hubschrauber durchgeflogen, sondern direkt darunter. Dieses zu waghalsige Flugmanöver habe zum Absturz geführt. Das Flugzeug habe über kein Funkgerät verfügt. Der Pilot des Hubschraubers habe Höhe und Position desselben zwischen den ersten beiden Unterflügen und dem dritten nicht verändert. Sofort nach dem Absturz habe der Pilot des Flugzeuges erklärt, dass er allein am Absturz schuld sei. Der Zeitwert des Flugzeuges betrage S 260.000, der Restwert des Wracks S 20.000.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass das vereinbarungswidrige Verhalten des Hubschrauberpiloten (Wahl einer zu geringen Flughöhe) nicht unfallkausal sei. Die ersten beiden Unterflüge unter identen Bedingungen seien erfolgreich verlaufen. Auch bei Bejahung der Kausalität der vom Helikopter ausgehenden Luftströme für den Absturz fehle es am Rechtswidrigkeitszusammenhang der Schutznormverletzung, weil die gewählte Flughöhe von 30 m für ein sicheres Unterfliegen ausreichend gewesen sei. Das Alleinverschulden am Unfall treffe den Piloten des Flugzeuges, der eine zu geringe Flughöhe gewählt habe.
Dieses und das bestätigende Urteil des Berufungsgerichtes wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgehoben. Die Unterschreitung der zwischen den Piloten vereinbarte Flughöhe von 50 m durch den Hubschrauber auf tatsächlich 30 m sei nicht als geringfügig anzusehen und es sei zu prüfen, ob der Unfall auch dann eingetreten wäre, wenn sich der Hubschrauberpilot an die vereinbarte Höhe von 50 m gehalten hätte. Wäre der Unfall bei Einhaltung der vereinbarten Flughöhe von 50 m vermeidbar gewesen, so könne ein Mitverschulden des Hubschrauberpiloten nicht vernachlässigt werden.
Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren neuerlich ab, ohne eine weitere Verhandlung durchzuführen. Es stellte ergänzend fest, dass nicht festgestellt werden könne, dass es bei Einhalten der vereinbarten Flughöhe des Hubschraubers von 50 m über Grund nicht zum Unfall gekommen wäre. Aus dieser Negativfeststellung leitete es rechtlich ab, dass es der für die Kausalität der Schadenszufügung beweispflichtigen klagenden Partei nicht gelungen sei, den Zusammenhang zwischen der vom Hubschrauber eingehaltenen Flughöhe und dem Unfall nachzuweisen.
Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Rekurs gegen diesen Beschluss zulässig sei.
Es erörterte rechtlich, dass sich die klagende Partei unter anderem (siehe AS 2) auch auf die Haftung der beklagten Partei auf das Luftfahrgesetz gestützt habe. Dieses Gesetz, das auf das deutsche LuftVG RGBl 1936/1 635 zurückgehe und in seinen haftungsrechtlichen Bestimmungen unberührt bleibe, normiere eine strenge Gefährdungshaftung. § 19 LuftVG laute: "Werde beim Betrieb eines Luftfahrzeuges durch Unfall jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so sei der Halter des Luftfahrzeuges verpflichtet, den Schaden zu ersetzen ...". Diese Bestimmung entspreche der Haftungsregelung des EKHG. Das LuftVG enthalte keine Haftungsbefreiung bei Gewalt oder unabwendbarem Ereignis. Beim Betrieb werde ein Unfall (der den Schaden zur Folge habe) verursacht, wenn zwischen dem Flugbetrieb und dem Unfall ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehe, der Betrieb also als Ursache im Sinne einer conditio sine qua non anzusehen sei und wenn der eingetretene Erfolg (Schaden) adäquat, d.h. nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung sei. Eine Berührung der Fahrzeuge sei nicht erforderlich. Das Erstgericht habe zwar im ersten Rechtsgang festgestellt, dass der Pilot des Flächenflugzeuges "... auf Grund seines eigenen, zu waghalsigen Flugmanövers und nicht auf Grund der Flughöhe des Helikopters in den Weingarten abgestürzt sei, da ihm ein Ausgleichen der vom Helikopter ausgehenden Luftströme bei der von ihm gewählten zu geringen Flughöhe nicht mehr möglich gewesen sei", doch fehle dieser Halbsatz (das Ausgleichen der Luftströme sei nicht mehr möglich) ohne jede Begründung im Urteil im zweiten Rechtsgang. Da der Erstrichter den ansonst wörtlich identen Feststellungen lediglich die dem Aufhebungsbeschluss entsprechende Feststellung über die Vermeidbarkeit des Unfalles bei 50 m Flughöhe hinzugefügt und in seiner Beweiswürdigung zur Absturzursache auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen verwiesen habe, der sehr wohl die Luftströme als Mitursache des Absturzes angeführt habe, sei von einer ungewollten Abweichung auszugehen. Es habe im gesamten Beweisverfahren nie ein Zweifel darüber bestanden, dass der vom Hubschrauber ausgehende down-wash-Effekt das zu tief fliegende Flugzeug zu Boden drücken habe können. Damit sei ersichtlich, dass der Unfall "beim Betrieb" des Hubschraubers eingetreten sei. Diese Luftströme seien als typische Betriebsgefahr haftungsbegründend. Die Kausalität und die Adäquanz seien daher zu bejahen. Dabei spiele keine Rolle, dass nach den Feststellungen jedenfalls auch ein Fehlverhalten des Flugzeugpiloten vorgelegen sei, weil dieses ja nur eine Mitursache begründe, aber nichts an der Ursächlichkeit der Luftströme ändere. Im Bereich der Gefährdungshaftung spielten Rechtswidrigkeit und Verschulden zunächst keine Rolle. Haftungsgrund sei die Überlegung, dass wer eine gefährliche Sache zu seinem Nutzen verwende, auch die Nachteile zu tragen habe, die andere dadurch erlitten. Es sei dem Schädiger nicht möglich, sich dadurch zu entlasten, dass er beweise, dass der Schaden bei rechtmäßigem Alternativverhalten ebenfalls eingetreten wäre. Die vom Erstgericht getroffene Negativfeststellung genüge daher für die beklagte Partei nicht. Anders als beim prinzipiellen Kausalitätsbeweis verschiebe sich die Beweislast, wenn es um die Frage der Irrelevanz des Normenverstoßes gehe, zum Schädiger. Die Negativfeststellung, dass nicht feststellbar sei, dass der Unfall bei Einhaltung der vereinbarten Höhe des Hubschraubers von 50 m nicht passiert wäre, gehe somit zu Lasten der beklagten Partei. Diese habe zwar die für sie nachteilige Feststellung nicht bekämpft, wohl aber die Feststellung, dass der Hubschrauber in einer Höhe von 30 m geflogen sei.
Zwar gebe es im LuftVG keine Haftungsbefreiung im Sinne des § 9 EKHG, doch hänge die Ersatzpflicht untereinander nach § 27 Abs 1 letzter Satz LuftVG von der überwiegenden Verursachung ab, wenn der Schaden durch mehrere Luftfahrzeuge verursacht worden sei. Es sei daher zu prüfen, ob einen der beiden Luftfahrzeuglenker ein überwiegendes Verschulden am Unfall treffe. Der Pilot des Flugzeuges habe sich nicht an die vereinbarte seitliche Distanz beim Unterfliegen gehalten, der Pilot des Hubschraubers nicht an die vereinbarte Höhe. Damit sei von einem gleichteiligen Verschulden auszugehen. Hätte sich der Hubschrauberpilot an die vereinbarte Höhe von 50 m gehalten, so wäre zwar die Kausalität der Luftströme weiterhin zu bejahen, doch müsste dann auf Grund des fehlenden Verschuldens des Hubschrauberpiloten diese bloße Kausalität im Vergleich zum alleinigen Verschulden des Flugzeugpiloten in den Hintergrund treten.
Das Berufungsgericht erachtete die Feststellung, dass der Hubschrauberpilot eine Höhe von 30 m über Grund eingehalten habe, als nicht ausreichend durch Verfahrensergebnisse gedeckt und trug dem Erstgericht diesbezüglich eine Verfahrensergänzung auf.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil die für das Erstgericht bindende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes vom Obersten Gerichtshof noch nicht überprüft werden habe können und zur Auslegung des § 27 LuftVG keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere.
Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
Die klagende Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Ein Verfahrensmangel des Berufungsgerichtes wurde geprüft, er liegt nicht vor, was nicht weiter zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist anzumerken, dass das Erstgericht ohne weitere Ergebnisse die in den Vorentscheidungen enthaltene Feststellung, dass der Pilot des Klageflugzeuges auf Grund seines eigenen, zu waghalsigen Flugmanövers und nicht auf Grund der Flughöhe des Helikopters in den Weingarten abgestürzt sei, "da ihm ein Ausgleichen der vom Helikopter ausgehenden Luftströme bei der von ihm gewählten zu geringen Flughöhe nicht mehr möglich gewesen sei", tatsächlich sinngemäß in der Berufung der klagenden Partei gerügt wurde. Auch der Oberste Gerichtshof ist davon ausgegangen, dass jedenfalls die vom Hubschrauber abgehenden Luftströme (down-wash-Effekt) ursächlich für den Absturz gewesen sein könnten.
Weiters ist voranzustellen, dass das Berufungsgericht die Rechtsfrage zutreffend nach der im Unfallszeitpunkt (16. September 1992) geltenden Rechtslage beurteilt hat. Die Novelle zum Luftfahrtgesetz BGBl I Nr 102/1997, mit welcher die Haftungsbestimmungen des Luftfahrtgesetzes BGBl 1957/253 in seinem X. Teil, insbesondere in den §§ 146 ff geregelt wurde, sind nach der Übergangsbestimmung des § 173 Abs 5 leg cit auf Schäden, die vor dem 1. Jänner 1998 eingetreten sind, nicht anzuwenden.
Zum Unfallszeitpunkt galt daher die Bestimmung des § 151 LuftfahrtG aF, nach der die bisherigen, die Haftpflicht und die Verpflichtung zum Abschluss von Haftpflicht- und Unfallversicherungen in der Luftfahrt regelnden gesetzlichen Vorschriften unberührt blieben. Danach stand das LuftVG, RGBl 1936 I 653 in Geltung. Die Bestimmungen des 1. Unterabschnittes des LuftVG, die §§ 19 bis 29 regelten die Haftung für Personen und Sachen, die nicht im Luftfahrzeug befördert wurden. Insoweit war eine strenge Gefährdungshaftung vorgesehen. Nach § 19 LuftVG war der Halter des Luftfahrzeuges verpflichtet, den Schaden zu ersetzen, wenn beim "Betrieb" eines Luftfahrzeuges durch Unfall jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wurde. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass für die Auslegung des LuftVG die Auslegungsgrundlagen des EKHG heranzuziehen sind. Danach geht eine nicht aufklärbare Ungewissheit über wesentliche Einzelheiten des Unfallherganges zu Lasten des Halters (stRsp vgl Danzl EKHG6 § 1 E 18; Apathy, EKHG Rz 3 zu § 9). Die vom Erstgericht getroffene Negativfeststellung, es könne nicht festgestellt werden, dass der Unfall bei Einhaltung der vereinbarten Höhe des Hubschraubers von 50 m nicht passiert wäre, geht - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - zu Lasten der beklagten Partei.
Zutreffend hat auch das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass die Bestimmung des § 27 LuftVG, wonach bei Verursachung eines Schadens durch mehrere Luftfahrzeuge die Aufteilung der Haftung der Halter untereinander davon abhängt, wie weit der Schaden überwiegend von dem einen oder anderen verursacht worden ist, im Sinn des § 11 EKHG und nach den dortigen Aufteilungskriterien vorzunehmen ist. Bei Einhaltung der vereinbarten Flughöhe wäre an der Kausalität der vom Hubschrauber ausgehenden Luftströme nicht zu zweifeln, doch könnte dem Hubschrauberpiloten ein Verschulden nicht vorgeworfen werden.
Soweit im Rekurs vorgebracht wird, dass die Streitteile bzw die beteiligten Piloten schlüssig einen Haftungsausschluss vereinbart hätten, kann dem nicht beigetreten werden. Zwischen den Streitteilen wurde vertraglich vereinbart, Filmaufnahmen durchzuführen, bei denen zwar die "Waghalsigkeit" der Piloten der klagenden Partei gefilmt werden sollte, doch andererseits festgehalten war, dass der Hubschrauberpilot eine bestimmte Höhe einhalten sollte, offensichtlich auch um dem bekannten Effekt der herabströmenden Luftströme Rechnung zu tragen. Ein Zuwiderhandeln gegen diese Vereinbarung muss als haftungsbegründend angesehen werden.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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