Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat den beklagten Parteien die mit 6.913,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 541,20 S USt und 960 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger begehrt von den beklagten Parteien aus dem Titel des Verdienstentgangs einerseits für die Zeit vom 1. 9. 1979 bis 31. 8. 1982 die Zahlung eines monatlichen Betrags von 2.000 S, somit von insgesamt 72.000 S und andererseits ab 1. 9. 1982 die Zahlung einer monatlichen Rente von 2.000 S, bei der zweitbeklagten Partei eingeschränkt auf die Versicherungssumme des zwischen den beklagten Parteien geschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrags. Er begründet dies damit, dass wegen der vom Erstbeklagten verschuldeten Unfallsverletzungen an seinem rechten Bein eine Bewegungseinschränkung und dadurch eine Verminderung der Erwerbsfähigkeit gegeben sei.
Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung mangels unfallsbedingten Verdienstentgangs des Klägers.
Das Erstgericht wies die Klage ab; sein Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts erhebt der Kläger eine auf § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage, auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.
Die beklagten Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil der Streitgegenstand den Betrag von 300.000 S übersteigt (§ 58 JN, § 502 Abs 4 Z 2 ZPO), sie ist jedoch nicht gerechtfertigt.
Nach den erstgerichtlichen Feststellungen erlitt der Kläger bei dem vom Erstbeklagten am 17. 4. 1972 verschuldeten Verkehrsunfall Rissquetschwunden am Ober- und Unterschenkel rechts, einen Schienbeinkopfbruch rechts und einen traumatischen Kniegelenkserguss rechts. Nach einem medizinischen Privatgutachten vom 11. 8. 1972 waren als Dauerzustand eine leichte Bandlockerung, eine leichte bis mäßige Beugebehinderung des Kniegelenks und eine geringe bis mäßige Atrophie des rechten Beins zu erwarten. Der Sachverständige schätzte diesen zu erwartenden Dauerschaden mit Rücksicht auf den Beruf des Klägers in der Landwirtschaft mit 15 % ein. Bei der nunmehr am 9. 3. 1983 vorgenommenen gerichtsärztlichen Untersuchung wurde Folgendes festgestellt: Der Barfußgang ist beim Kläger auf ebenem Boden mit beiden Beinen zügig elastisch, die Schrittlänge seitengleich und die Füße werden gleichmäßig abgerollt; der Zehen-Ballengang und der Fersengang gelingen seitengleich gut, allerdings werden vom Kläger beim Zehen-Ballengang im rechten Kniegelenk Schmerzen angegeben. Der Einbeinstand beiderseits ist ohne Wanken möglich, das rechte Bein wird dabei in einer leichten Beugestellung gehalten, der Versuch der tiefen Kniebeuge gelingt unter Hochziehen der Fersen bis zu einem Winkel von ca 140° in den Kniegelenken, das Erheben aus dieser hockenden Stellung gelingt ohne Abstützung mit den Händen an den Oberschenkeln. Die Hüftwölbung wird seitengleich gehalten, beide Hüftgelenke sind sowohl aktiv als auch passiv frei beweglich, der rechte Ober- und Unterschenkel ist mittelkräftig und der Musekltonus und der Hautturgor entsprechen dem Alter. Im mittleren Drittel des rechten Oberschenkels an der torsalen Seite befindet sich eine annähernd quer verlaufende Narbe von 6:1 cm mit geringem darunterliegenden Weichteildefekt; die Narbe ist kaum erkennbar, depigmentiert und kann gegen die Unterlage gut verschoben werden. Das rechte Kniegelenk ist geringfügig kapselverdickt, die Kniescheibe ist aber seitengleich gut gegen die Unterlage verschiebbar, ein Erguss ist nicht nachweisbar. Bei aktiv angespanntem Quadrizeps femoris besteht eine angedeutete Streckhemmung im rechten Kniegelenk. Das aktive Beinheben bei angedeuteter Beugestellung ist durchführbar, die Beugung des rechten Kniegelenks ist aktiv und passiv bis 65° vorführbar. Das linke Kniegelenk ist von 180° zu 45° beweglich. Es ist keine sichere Bandlockerung und auch kein Schubladenphänomen als Zeichen einer Kreuzbandschwäche nachweisbar. Die Umfangmaße am Oberschenkel 10 cm oberhalb der Kniescheibe betragen rechts und links je 44,0 cm; am Kniegelenk betragen die Maximalumfangmaße rechts 38,0 cm, links 37,5 cm; am Unterschenkel betragen die Umfangmaße 12 cm unterhalb der Kniescheibe rechts und links je 34,5 cm, im Bereich der Fesseln rechts und links je 21,5 cm und im Bereich des Sprunggelenks rechts 27,5 cm und links 27,0 cm. Nach dem Röntgenbild ist beim rechten Kniegelenk der äußere Schienbeinknorren nach Bruch des äußeren Schienbeincondyls muldenförmig eingedellt, eine kongruente Deformierung des äußeren Oberschenkelcondyls ist wachstumsbedingt vorhanden, der Gelenksspalt ist außen und innen von physiologischer Weite, die Gleichtfläche der Partella ist unauffällig, keine Randwulstbildung, die Tubercula intercondilica ist etwas deformiert, am linken Kniegelenk physiologisch dargestellt. Die Knieachse beträgt 7° valgus und links 5°, an der Seitenaufnahme ist kein Steilstand des Schienbeinkopfs erkennbar.
Bei der vorgenommenen gerichtsärztlichen Untersuchung zeigte der Kläger eine aktive Abwehrspannung, die nicht aus einer selbständig aufgetretenen Verspannung oder Verkrampfung der Muskulatur kommt, sondern gewollt gezeigt wurde. Wegen dieser Abwehrspannung konnte bei der medizinischen Untersuchung eine allfällige starke Hemmung vorerst nicht exakt festgestellt werden, weil der Kläger trotz mehrfachen Ersuchens das Entspannen des Muskels als unmöglich hingestellt hatte. Im Zug der weiteren Untersuchung des rechten Beins vermochte der Kläger jedoch plötzlich das rechte Kniegelenk vollkommen frei aktiv durchstrecken.
Aufgrund des erhobenen ärztlichen Befunds ist medizinisch keine wesentliche Behinderung, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von zumindest 10 % zur Folge hätte, gegeben. Die gegebene Behinderung, die eine Minderung unter 10 % bedingt, berücksichtigt auch die Tätigkeit des Klägers in der Landwirtschaft.
In seiner rechtlichen Beurteilung erklärt das Erstgericht, die beim Kläger vorhandene Beugehemmung des rechten Knies von 20° bedeute nach den Feststellungen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 10 %. Damit liege eine gegenüber gesunden Personen gegebene Behinderung nur in einem nicht ins Gewicht fallenden Ausmaß vor. Eine als Unfallsfolge resultierende Erwerbseinbuße müsse demgemäß verneint werden.
Das Berufungsgericht hielt das erstgerichtliche Verfahren für mängelfrei, die erstrichterliche Beweiswürdigung für unbedenklich und auch die Rechtsrüge des Klägers nicht für gerechtfertigt. Das Ausmaß der festgestellten teilweisen Erwerbs- bzw Arbeitsunfähigkeit erscheine derart gering, dass hiemit keine Einkommensminderung verbunden sei. Der Kläger könne vom gesundheitlichen Standpunkt sowohl in der Landwirtschaft weiterarbeiten als auch andere Berufe ausüben ohne Einkommensverluste hinnehmen zu müssen. Sein körperlicher Zustand stehe somit der Erzielung eines Einkommens wie vor dem Unfall nicht entgegen.
Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens werden ausschließlich angebliche erstinstanzliche Verfahrensmängel gerügt, von welchen das Berufungsgericht bereits erkannt hat, dass sie nicht vorliegen. Eine neuerliche Rüge solcher Mängel vor dem Revisionsgericht ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung ausgeschlossen. Der behauptete Revisionsgrund liegt daher nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
In der Rechtsrüge wird ausgeführt, der Kläger sei durch die festgestellte Beugehemmung des rechten Knies von 20° in seiner, vor allem im teilweise steilen Weinbaugebiet auszuführenden, landwirtschaftlichen Tätigkeit behindert. Es erscheine rechtlich verfehlt, diese Bewegungseinschränkung an einer normalen Tätigkeit zu messen, auch wenn die festgestellte Erwerbsminderung das Ausmaß von 10 % geringfügig unterschreite. Wo voller körperlicher Einsatz erforderlich sei, stelle selbst eine geringe Behinderung dieser Einsatzfähigkeit bereits eine Teilinvalidität dar.
Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.
Zwar ist es richtig, dass für den Anspruch auf Ersatz von Verdienstentgang nicht die prozentuelle Minderung der Erwerbsfähigkeit - deren hier erfolgte Feststellung mit unter 10 % in den Tatsachenbereich fällt (JBl 1956, 180; ZVR 1978/324; SZ 51/91 ua) und somit vor dem Obersten Gerichtshof nicht anfechtbar ist - sondern deren praktische Auswirkung in der konkreten Umwelt des Verletzten maßgebend ist (2 Ob 144, 175/69; ZVR 1975/166; 8 Ob 127/76; ZVR 1978/325; ZVR 1979/232 ua).
Damit ist vorliegendenfalls für den Kläger aber nichts gewonnen. Er stützte seinen Anspruch in erster Instanz einerseits darauf, dass er in der Zeit vom 1. 9. 1979 bis zum 31. 12. 1981 als landwirtschaftlicher Arbeiter monatlich 3.000 S zuzüglich freier Station hätte verdienen können, ihm seine Eltern aber wegen seiner unfallsbedingten Behinderung monatlich nur ein Taschengeld von 1.000 S bezahlt hätten (AS 4). Andererseits für die Folgezeit aber darauf (AS 5), dass er wegen dieser unfallsbedingten Behinderung in der landwirtschaftlichen Tätigkeit seit 1. 1. 1982 als Autoverkäufer mit einem Einkommen von monatlich 8.000 S arbeite, ohne die Unfallsfolgen aber in diesem Beruf monatlich 10.000 S verdienen würde.
Dafür, dass der Kläger bei der letztgenannten Tätigkeit als Autoverkäufer durch die Beugehemmung des rechten Knies von 20° so behindert sei, dass er eine tatsächliche Erwerbseinbuße erleide, fehlt jegliche erstinstanzliche Beweis- und Feststellungsgrundlage. Auf diesen Anspruchsgrund kam er demgemäß schon in seiner Berufung und nunmehr auch in der Revision selbst nicht mehr zurück, sodass hierauf nicht weiter einzugehen ist.
Hinsichtlich seines Anspruchs für die Zeit vom 1. 9. 1979 bis 31. 12. 1981 brachte der Kläger lediglich vor, seine Eltern hätten ihm vorgeschlagen „wieder in der elterlichen Landwirtschaft tätig zu werden, jedoch erhielt der Kläger außer der vollen freien Station von den Eltern nur ein monatliches Taschengeld von durchschnittlich 1.000 S, während er, wäre er voll arbeitsfähig gewesen, neben der vollen freien Station - durchschnittlich - monatlich 3.000 S bar hätte bekommen müssen“.
Der Umstand, dass dem Kläger von seinen Eltern nur ein monatliches Taschengeld von 1.000 S bezahlt wurde, besagt jedoch noch keineswegs, dass er wegen der unfallsbedingten geringen Beugehemmung des rechten Knies keine voll bezahlte Stellung in der Landwirtschaft finden hätte können. Gerade dies hätte der Kläger aber zu behaupten und unter Beweis zu stellen gehabt. Mangels derartiger Behauptung, Beweisausführung und Feststellungsgrundlage kann somit aber nicht davon ausgegangen werden, dass die unter 10 % liegende Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers für ihn mit einem tatsächlichen Einkommensverlust verbunden ist.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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