Spruch:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 582,96 (darin enthalten EUR 97,16 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Die am 14. 2. 1986 geborene Klägerin ist die außereheliche Tochter des Beklagten. Sie ist rumänische Staatsbürgerin und lebt bei ihrer Mutter in Bukarest. Die Klägerin ist einkommens- und vermögenslos und besucht keine Schule. Sie leidet seit 1991 an Pavoranfällen und Spasmophilie. Die Kosten der notwendigen medizinischen Behandlung werden teilweise vom staatlichen Gesundheitsdienst getragen; von der Klägerin ist ein restlicher Kostenanteil von monatlich durchschnittlich 200.000 bis 500.000 Lei zu tragen.
Der Beklagte, der seit 9. 2. 1990 in Österreich lebt, ist seit 16. 6. 1992 verheiratet. Dieser Ehe entstammt eine am 9. 5. 1996 geborene Tochter. Der Beklagte bezog als technischer Zeichner im Jahr 1999 monatlich EUR 1.956,45, 2000 monatlich EUR 2.050,68, 2001 monatlich EUR 2.078,67 und 2002 monatlich EUR 2.149,42. Seit 1996 verfügt er über einen auch privat nutzbaren Dienstkraftwagen, dessen Sachbezug im Jahr 1999 mit monatlich EUR 233,06 zu bewerten ist. In den Jahren 2000 betrug die Bewertung dieses Sachbezuges monatlich EUR 254,80, 2001 monatlich EUR 262,05 und 2002 monatlich EUR 262,06. Der Beklagte leistete sei 1. 1. 1999 keinen Unterhalt an die Klägerin.
Die Ehefrau des Beklagten ist seit 23. 8. 1999 Angestellte.
Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 4.620 beginnend ab 1. 1. 1996.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei für eine in Karenz befindliche Ehefrau sowie für seine Tochter sorgepflichtig und habe Kreditrückzahlungsraten von S 6.188 (EUR 449,69) zu leisten. Allfällige krankheitsbedingte Kosten bezahle der rumänische Staat im Rahmen der Gesundheitsvorsorge; Überstunden, Sonderzahlungen und der Sachbezug für die Benützung des Dienstwagens seien nicht in die Bemessungsgrundlage einzurechnen. Der Beklagte unterstütze auch seine Schwiegereltern in Rumänien. Der begehrte Unterhaltsbetrag liege über der Luxusgrenze und stelle etwa das siebenfache des Einkommens der Mutter dar.
Mit Urteil des Erstgerichtes vom 3. 12. 1999 ON 62 war der Beklagte schuldig erkannt worden, der Klägerin zu Handen deren gesetzlicher Vertreterin vom 1. 1. 1996 bis 30. 6. 1997 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 2.600 und zusätzlich zu dem im Teilanerkenntnisurteil vom 18. 6. 1997 festgelegten Unterhaltsbeitrag von S 1.000 monatlich vom 1. 7. 1997 bis 31. 12. 1998 monatlich einen weiteren Beitrag von S 1.600, insgesamt somit S 2.600 sowie vom 1. 1. 1999 bis auf weiteres, längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkei der Klägerin einen weiteren Betrag von S 1.800, insgesamt somit S 2.800, zu bezahlen, wobei diese Zahlungsverpflichtung abzüglich der auf Grund einer einstweiligen Verfügung vom 25. 8. 1997 sowie des Teilanerkenntnisurteiles sowie allenfalls darüber hinaus bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erbrachten Zahlungen zu erfüllen war.
Diese Entscheidung erwuchs in Ansehung der vom 1. 1. 1996 bis 31. 12. 1998 vorgenommenen Unterhaltsfestsetzung zur Gänze, hinsichtlich der ab 1. 1. 1999 erfolgten Unterhaltserhöhung auf S 2.800 sowie der Abweisung eines Mehrbegehrens von S 320 monatlich mangels Anfechtung in Rechtskraft: Hinsichtlich der begehrten Unterhaltserhöhung auf monatlich S 4.300 für die Zeit ab 1. 1. 1999 wurde das Urteil aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerlich Entscheidung nach Verfahrensergänzung, insbesondere zur Erforschung des hier anzuwendenden rumänischen Rechtes zur Frage der "Überalimentierung im Hinblick auf die rumänischen Verhältnisse" (ON 83 S 5) aufgehoben.
Das Erstgericht hat - nach einem überaus umfangreichen Beweisverfahren zur Erforschung des rumänischen Rechts - mit Urteil ON 151 nunmehr den Beklagten verpflichtet, der Klägerin zusätzlich zu dem im Teilanerkenntisurteil vom 18. 6. 1997 festgelegten Unterhaltsbeitrag von EUR 72,67 monatlich ab 1. 1. 1999 bis auf weiteres, längstens bis zu deren Selbsterhaltungsfähigkeit einen monatlichen Unterhalt von EUR 267,07, somit insgesamt EUR 335,74 monatlich, zu Handen ihrer gesetzlichen Vertreterin, zu bezahlen.
Es folgerte rechtlich aus den einleitend wiedergegebenen Feststellungen, der Unterhaltsanspruch sei nach rumänischem Recht zu beurteilen. Nach Art 94 des rumänischen Familiengesetzbuches (FGB) richte sich der Unterhalt nach den Bedürfnissen der Unterhaltsberechtigten und nach den Mitteln des Unterhaltspflichtigen. Werde der Unterhalt von einem Elternteil geschuldet, "sei er auf bis zu einem Viertel des Arbeitseinkommens des Verpflichteten für ein Kind, einem Drittel für zwei Kinder und der Hälfte für drei oder mehr Kinder festzusetzen". Diese gesetzlichen Obergrenzen könnten nach herrschender Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung der Bedürftigkeit des Berechtigten als auch der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten in Ausnahmefällen unterschritten werden. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit seien sämtliche regelmäßigen und laufenden Nettoeinkünfte des Unterhaltspflichtigen einschließlich regelmäßiger Zulagen zu berücksichtigen, nicht jedoch Zulagen für besondere Arbeitsbedingungen, Ausgaben zwecks Steigerung des persönlichen Komforts; unberücksichtigt blieben auf persönlichen Gründen beruhende Abzüge vom Lohn. Rechtsprechung zur Frage der Anrechenbarkeit von Weihnachts- und Urlaubsgeldern, betrieblichen Jahresprämien und von Firmenfahrzeugen, die teilweise zur privaten Nutzung zur Verfügung stünden, bestehe in Rumänien ebensowenig wie Lehrmeinungen; nach dem Gesetzeswortlaut sei davon auszugehen, dass diese Teilleistungen der Unterhaltsbemessungsgrundlage zuzurechnen seien. Abzugsfähig seien jene Beträge, die auf anderweitigen familiären Pflichten beruhten, insbesondere zur Pflege kranker Familienangehöriger; Unterstützungsbeträge für die Schwiegereltern zählten nicht dazu.
Nach Art 92 FGB könne das Gericht, wenn der Unterhaltspflichtige nicht alle Anspruchsberechtigten gleichzeitig befriedigen könne, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse eines jeden von ihnen bestimmen, ob der Unterhalt nur an einen von ihnen zu zahlen oder ob er unter einigen oder allen Berechtigten zu verteilen sei. Nach herrschender rumänischer oberstgerichtlicher Rechtsprechung sei diese Bestimmung dahin auszulegen, dass bei Ansprüchen mehrerer unterhaltsberechtigter Kinder deren Bedürfnisse gesondert zu berücksichtigen seien; zu beachten seien dabei die in Art 94/3 FGB festgelegten Obergrenzen. Unterhaltspflichten gegenüber anderen Berechtigten als den Kindern blieben außer Betracht; solche Verpflichtungen habe der Unterhaltspflichtige aus jenen Mitteln zu erfüllen, die ihm über die Grenzen des Art 94/3 FGB verblieben, jedoch dürften die festzusetzenden Unterhaltsleistungen insgesamt die Hälfte seines Einkommens nicht überschreiten. Es bedürfe daher keiner näheren Feststellungen zum allfälligen Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Beklagten.
Zur Frage der Ersatzfähigkeit medizinisch bedingten Mehraufwandes des Unterhaltsberechtigten bestünden ebenfalls weder Gerichtsentscheidungen noch Literaturquellen; nach dem Gesetzwortlaut seien diese Kosten bei Ermittlung der Bedürfnisse zu berücksichtigen.
Schließlich sei es zur Frage der Überalimentierung bzw ob ein wirtschaftliches Gefälle zwischen dem Aufenthaltsort des Verpflichteten und dem des Berechtigten zu einer Unterhaltskürzung führe, zu keiner Rechtspraxis oder Lehrmeinung in Rumänien gekommen, allerdings habe ein Kreisgericht ausgesprochen, dass ein Kind berechtigt sei, nicht nur eine seinen Bedürfnissen entsprechende materielle Versorgung zu verlangen, sondern eine solche, die den materiellen Möglichkeiten der Eltern entspreche. Die Klägerin solle demnach an den materiellen Verhältnissen des Vaters teilnehmen.
Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht hob die erstinstanzliche Entscheidung insoweit als nichtig auf, als beginnend ab 1. 1. 1999 ein den Betrag von monatlich EUR 312,49 übersteigender Unterhaltsbeitrag von weiteren EUR 23,25 monatlich zuerkannt wurde, weil die diesbezügliche Abweisung des Mehrbegehrens bereits in Rechtskraft erwachen war. Im Übrigen gab es der Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Es stellte seinen Ausführungen voran, bei Beurteilung des Unterhaltsnspruches der unehelichen mj. Klägerin gegenüber dem Beklagten als Vater, sei rumänisches Recht heranzuziehen. Es teilte die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, dass sowohl die Möglichkeit der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeuges als "regelmäßiger Naturalbezug" anzusehen sei, der unter den Begriff der Einkünfte "mit Kontinuitätscharakter" falle und bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen sei. Dem vom Beklagten geforderte Abzug seiner Wohnraumfinanzierungskredite von der Unterhaltsbemessungsgrundlage stehe entgegen, dass nach einer Entscheidung des rumänischen Obersten Gerichtshofes Ausgaben zu persönlichen Zwecken, wie Beschaffung und Einrichtung von Wohnraum bzw die Pflicht zur Rückzahlung von diesen Zwecken dienenden Krediten, die Bemessungsgrundlage nicht minderten. "Überstundenentgelte" seien ebenso wie "Weihnachts-. und Urlaubsgelder" auf die Bemessungsgrundlage anzurechnen.
Bei Vorhandenseien mehrerer gleichrangiger Unterhaltsverpflichteter sei nach dem rumänischen Familiengesetzbuch der Unterhaltsbeitrag jedes Verpflichteten im Verhältnis zu seinen Mitteln, also zu seiner Leistungsfähigkeit festzusetzen. Bei der Beitragbemessung seien die Arbeitseinkünfte des jeweiligen Unterhaltspflichtigen auf der einen Seite und seine besonderen Belastungen und Aufwendungen für den eigenen Haushalt auf der anderen Seite zu berücksichtigen. Diese Grundsätze seien auch dann anzuwenden, wenn ein Elternteil ein höheres Einkommen als der andere beziehe; der besser Verdienende habe einen ergänzenden Unterhaltsbeitrag für das beim anderen Elternteil untergebrachte Kind zu leisten.
Schließlich sei dem eingeholten Rechtsgutachten zu entnehmen, dass nach den veröffentlichen Entscheidungen der rumänischen Gerichte dem Kind ein Recht auf eine nicht nur seine Bedürfnisse, sondern auch den materiellen Möglichkeiten der Eltern entsprechende materielle Versorgung zustehe, woraus der Schluss zu ziehen sei, dass der Unterhaltspflichtige sein Kind an seinen gehobenen Lebensverhältnissen teilhaben lassen müsse.
Mit dem letztlich zuerkannten Unterhaltsbeitrag werde unter Bedachtnahme auf die aus Art 94 des rumänischen Familiengesetzbuch zu entnehmenden Höchstgrenzen auch ausreichend dem bekannten Wirtschaftsgefälle Rechnung getragen. Der Unterhaltsbeitrag stehe in einem angemessenen Verhältnis zu den durchschnittlichen Lebensverhältnissen und zur Kaufkraft in Rumänien im Vergleich zu Österreich.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung vertreten werde, Unterhaltsbeiträge, die einem Kind, das im Ausland lebte, zuflössen, müssten in einer angemessenen Relation zu den Lebensverhältnissen bzw. dem Lebensniveau jenes Landes stehen. Nach dem hier anzuwendenden rumänischen Recht sei eine derartige Begrenzung nicht zwingend ableitbar. Eine Kürzung des Kindesunterhaltes zufolge Berücksichtigung der rumänischen Lebensverhältnisse könne nur dann vorgenommen werden, wenn österreichisches Recht zur Anwendung käme, was aber hier ausgeschlossen sei.
Der Beklagte beantragt in seiner Revision die Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahingehend, dass das Klagebegehren, soweit es einen monatlichen Betrag von EUR 72,67 übersteigt, abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Revision als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes (vgl § 508a Abs 1 ZPO) unzulässig.
Die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten richtet sich entsprechend § 25 Abs 2 IPRG nach dem Personalstatut der unterhaltsberechtigten Klägerin, somit nach rumänischem Recht (6 Ob 15/98v; 7 Ob 70/00w); Rumänien ist dem Haager Unterhaltsstatutübereinkommen nicht beigetreten.
Bei Anwendung ausländischen Rechts kommt es darauf an, ob die Entscheidung einer im fremden Staat in Rechtsprechung und Lehre gefestigten Ansicht entspricht (RIS-Justiz RS0042948; RS0042940; RS0080958; 2 Ob 81/02d; 2 Ob 10/03i uva). Wird eine Rechtsfrage über die Auslegung einer ausländischen Norm, die bisher noch keinen Entscheidungsniederschlag im Heimatstaat gefunden hat, zum ersten Mal an den Obersten Gerichtshof Österreichs herangetragen, so ist es nicht Aufgabe dieses Höchstgerichtes, einen Beitrag zur Auslegung ausländischen Rechtes zu liefern (vgl Kodek in Rechberger ZPO, § 502 Rz 3 mwN; 7 Ob 283/98p). Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, ist das Fehlen einer oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu nach kollisionsrechtlichen Bestimmungen anzuwendenden Normen ausländischen Rechts für die Frage der Rechtserheblichkeit nach § 502 Abs 1 ZPO ohne Bedeutung, weil der Oberste Gerichtshof nicht dazu berufen ist, für die Einheitlichkeit oder Rechtsfortbildung fremden Rechts Sorge zu tragen. Die Revision wäre aus Gründen der Rechtssicherheit nur dann zulässig, wenn ausländisches Recht unzutreffend ermittelt oder eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechtes in der Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt worden wäre oder hiebei grobe Subsumtionsfehler unterlaufen wären, die aus Gründen der Rechtssicherheit richtig gestellt werden müssten (2 Ob 39/02b; 2 Ob 10/03i).
Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage (Fehlen einer Rechtsprechung zur Frage der "Überalimentierung" eines in Rumänien lebenden Kindes bei Beurteilung eines Unterhaltsanspruches nach rumänischem Recht) stellt daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nach § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl 7 Ob 283/98p zur Beurteilung eines Unterhaltsanspruches nach serbischen Recht).
Auch in der Revision der beklagten Partei werden keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne dieser Bestimmung dargetan.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.
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