Spruch:
Die Revision und der Rekurs werden zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisions- und Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Sigrid K***** war vom 1.11.1990 bis 21.3.1994 bei der klagenden Partei als Journalistin angestellt. Sie wurde durch das alleinige Verschulden von Gerhard M***** bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Die beklagte Partei ist Haftpflichtversicherer des Gerhard M*****. Sie anerkannte das alleinige Verschulden ihres Versicherungsnehmers. Der Schadensfall wurde außergerichtlich abgewickelt und erhielt Sigrid K***** das ihr zustehende Schmerzengeld.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei den Ersatz der von ihr an Sigrid K***** geleisteten Entgeltfortzahlungen. Die Klägerin habe entsprechend ihrer Entgeltfortzahlungspflicht an Gehalt, Überstundenzuschlag, Weihnachtsremuneration, Urlaubsabfindung und sonstiger kollektivvertraglich geregelter Leistungen brutto S 285.599,94 sowie einen Dienstgeberanteil zur Sozialversicherung von S 39.092,65, insgesamt somit den Klagsbetrag bezahlt. Während 1993 noch die Hoffnung auf eine Besserung des Gesundheitszustandes bestanden habe, habe sich diese Erwartung 1994 als unrichtig erwiesen und sei es zu einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses gekommen. Durch den Unfall sei die Arbeitnehmerin auch daran gehindert gewesen, ihren Urlaub zu konsumieren, sodaß für die nicht verbrauchten Urlaube für 1992, 1993 und den aliquoten Anteil von 1994 von der klagenden Partei insgesamt S 83.660 bezahlt worden seien.
Die Beklagte wendete ein, daß es sich bei dem von der Klägerin geltend gemachten Ersatzanspruch um einen mittelbaren Schaden handle. Hinsichtlich der geltend gemachten Urlaubsabfindung wandte die beklagte Partei ein, daß deren Entstehen von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhänge, dies unabhängig vom Unfall sei und es sich dabei jedenfalls nur um einen mittelbaren Schaden handle.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren (mit Ausnahme des 4 % übersteigenden Zinsenbegehrens) statt, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:
Das Bruttogehalt von Sigrid K***** betrug 1992 S 20.820 und erhöhte sich aufgrund des Kollektivvertrages 1993 auf S 24.100 und 1994 auf S
25.290. Der Unfall ereignete sich am 24.6.1992. Nach dem Unfall konnte die verletzte Arbeitnehmerin ihre Tätigkeit nicht mehr aufnehmen, was sich anläßlich eines Versuches im Dezember 1993/Jänner 1994 herausstellte, worauf das Arbeitsverhältnis am 31.3.1994 einvernehmlich beendet wurde.
Die Klägerin zahlte an ihre Arbeitnehmerin nach dem Unfall im Jahre 1992 insgesamt S 134.570,13, und zwar das volle Entgelt für die Zeit zwischen 24.6.1992 und 21.9.1992 sowie 49 % des Entgeltes vom 22.9.1992 bis 20.11.1992 zuzüglich 19,9 % Dienstgeberanteil zur Sozialversicherung, was einen Gesamtbetrag von S 97.281,51 ergibt, zu dem noch die aliquoten Sonderzahlungen von insgesamt S 37.288,62 hinzuzurechnen sind. Für das Jahr 1993 zahlte die klagende Partei an Weihnachtsremuneration und Urlaubszuschuß S 85.740 und für 1994 aliquot S 20.789,26.
Weiters bezahlte sie der Arbeitnehmerin für insgesamt 68 nicht konsumierte Urlaubstage insgesamt S 83.660 an Urlaubsabfindung (je 30 Tage aus 1992 und 1993 und 8 Tage aus 1991).
Die §§ 19 bis 22 und 38 des Kollektivvertrages für die bei den österreichischen Tageszeitungen angestellten Redakteure, Redakteuraspiranten sowie Reporter sehen ua folgende Regelungen vor:
§ 21 Weihnachtsremuneration
1. Alle Dienstnehmer erhalten spätestens am 1.Dezember eine Weihnachtsremuneration. Diese beträgt 150 % des Ist-Gehaltes (festen Monatsgehaltes) für November.
2. Dem während des Kalenderjahres ein- oder austretenden Dienstnehmer gebührt nur der aliquote Teil dieser Remuneration.
Die Regelung des § 22 über die Urlaubsbeihilfe ist im wesentlichen ident, sieht jedoch als Fälligkeitszeitpunkt den 1.7. vor.
Nach § 38, der die Überschrift "Krankheit" trägt, hat ein Dienstnehmer bei Verhinderung der Erbringung seiner Dienstleistung durch Krankheit oder Unglücksfall unter den näher beschriebenen Voraussetzungen im zweiten bis fünften Dienstjahr drei Monate Anspruch auf volles Entgelt und daran anschließend zwei Monate Anspruch auf 49 % des Entgeltes und kann im übrigen erst dann gekündigt werden, wenn die Dienstverhinderung fünf Monate überschreitet.
Eine Abtretung von Schadenersatzansprüchen von der Arbeitnehmerin an die klagende Partei konnte nicht festgestellt werden.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß die durch den Verkehrsunfall verursachte Arbeitsunfähigkeit und der Verdienstentgang als typische Folgen vom Schutzzweck der StVO umfaßt seien und die Bestimmung des § 8 AngG über die Lohnfortzahlung diesen Schaden auf den Dienstgeber überwälze. Auch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung gehörten zu den ersatzfähigen Ansprüchen, desgleichen auch die Urlaubsabfindung, da die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses Folge der durch den Verkehrsunfall begründeten Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin sei.
Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht änderte mit Teilurteil die angefochtene Entscheidung dahingehend ab, daß hinsichtlich des Zuspruches von S 180.941,51 (Entgeltfortzahlung und Urlaubsabfindung) die beklagte Partei mit Teilurteil für schuldig erkannt wurde, der Klägerin S 112.660,19 samt 4 % Zinsen zu bezahlen. Das Zinsenmehrbegehren sowie das Mehrbegehren auf Zahlung von S 68.281,32 samt Zinsen wurden abgewiesen.
Im übrigen wurde das Urteil im Zuspruch eines Betrages von S 143.750,68 samt Zinsen und im Kostenzuspruch aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die ordentliche Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurden für zulässig erklärt.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht bejahte unter Berufung auf die Entscheidung SZ 67/52 den Anspruch des Dienstgebers auf Ersatz des Bruttolohnes und der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Weiters führte es im Rahmen der umfassenden Prüfung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes aus, daß die klagende Partei hinsichtlich der ebenfalls geltend gemachten Urlaubsabfindung bzw der Sonderzahlungen teilweise nicht zur Entgeltfortzahlung nach § 8 AngG verpflichtet sei. Der mit Beginn jedes Arbeitsjahres entstehende Urlaubsanspruch habe den Zweck, dem Arbeitnehmer bei Fortzahlung des Entgeltes eine Erholungsmöglichkeit zu bieten. Durch den Verkehrsunfall sei der Arbeitnehmerin die Möglichkeit des Urlaubsverbrauches genommen worden, was einen materiellen Schaden darstelle, der in der Höhe des während der Urlaubskonsumation zustehenden Entgeltes zu bewerten sei. Zu berücksichtigen sei allerdings, daß ab dem zweiten Arbeitsjahr der Urlaubsanspruch bereits mit dessen Beginn zur Gänze entstehe und auch erst zwei Jahre ab dem Endes des Urlaubsjahres verjähre. Es sei also zu beurteilen, inwieweit die Ansprüche des Arbeitnehmers auf Urlaubskonsumation bzw Urlaubsabgeltung bestehen und andererseits inwieweit dieses Bestehen wieder als Nachteil des Arbeitgebers, der der durch den Verkehrsunfall eingetretenen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zugeordnet werden könne, eingestuft werden müsse.
Soweit ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaub gemindert werde bzw nicht entstehe, könne dieser Schaden grundsätzlich nur vom Arbeitnehmer selbst geltend gemacht werden. Im übrigen bestehe nach der neueren Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Aliquotierung des Urlaubes bei entgeltfortzahlungfreien Zeiten (OGH 25.5.1994, 9 ObA 38/94; 31.8.1994, 8 ObA 268/94; 27.10.1994, 8 ObA 279/94) der Urlaubsanspruch insoweit nicht, als er aliquot auf Zeiten entfalle, für die kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestand. Daraus ergebe sich, daß die verletzte Arbeitnehmerin, die für die Zeit ab 21.11.1992 auch keinen Anspruch mehr auf Entgeltfortzahlung hatte, insoweit unmittelbar auch den Nachteil erlitten habe. Die klagende Partei, die nicht verpflichtet war, der geschädigten Arbeitnehmerin die aliquot auf die Zeiten danach entfallenden Urlaubsansprüche zu entschädigen oder abzufinden, könne daher insoweit keinen Schadenersatzanspruch geltend machen. Aufgrund dieser Judikatur verbleibe jedenfalls vor Wirksamkeit der Novelle BGBlNr.832/1995 dem Arbeitnehmer während seiner Krankheit aliquot nur der Anspruch auf Urlaub für die Zeit der Entgeltfortzahlung. Diesen Urlaub habe der Arbeitgeber zu gewähren bzw bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzufinden, nur dieser Nachteil trete im Vermögen des Arbeitgebers ein. Dem Arbeitgeber sei durch das Gesetz dieses Risiko für die Möglichkeit des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung übertragen worden. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes habe die Berechnung dieses Nachteiles aliquot in der Form zu erfolgen, daß den Zeiten der Entgeltfortzahlung die aliquoten Urlaubsansprüche zugerechnet werden. Der sich aus den Regeln über die Entschädigungs- und Abfindungsansprüche bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses teilweise ergebende pauschalierende Charakter beziehe sich nur auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, lasse aber keine wesentlichen Wertungen für die Berechnung des Schadenersatzanspruches zu. Ebenso sei nicht entscheidend, inwieweit der Urlaub verbraucht wurde bzw erst später zu konsumieren oder abzugelten sei.
Ausgehend davon ergebe sich ein Entgeltfortzahlungsanspruch für fünf Monate, dem aliquot 12,5 Werktage entsprechen. Unter Zugrundelegung des der Höhe nach nicht bestrittenen Anspruchs auf Urlaubsabfindung für 68 Tage im Ausmaß von S 83.660, errechne sich ein Anspruch der klagenden Partei von S 15.378,60 und sei das darüber hinausgehende Mehrbegehren von S 68.281,32 abzuweisen.
Zur Frage des Anspruches auf Sonderzahlungen führte das Berufungsgericht aus, daß sich die klagende Partei auf ihre Verpflichtung zur Leistung dieser Sonderzahlungen auch während der Zeiten des Krankenstandes gestützt habe. Sie habe vorgebracht, daß diese Sonderzahlungen von der tatsächlichen Arbeitsleistung unabhängig seien. Eine nähere Erörterung dieser Frage sei aber nicht erfolgt. Nach der Judikatur sei diese Frage je nach den konkreten Regelungen des Kollektivvertrages zu lösen, die hier nicht abschließend erörtert worden seien. Sollte sich ergeben, daß nach dem Kollektivvertrag auch während des Krankenstandes die Sonderzahlungen weiter zu leisten sind, werde ebenfalls die Aktivlegitimation der klagenden Partei gegeben sein. Dies werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu erörtern haben.
Die Revision (und der Rekurs) an den Obersten Gerichtshof wurden zugelassen, da eine Rechtsprechung zur Frage der unmittelbar vom Arbeitgeber gegen den Schädiger seines Arbeitnehmers bzw dessen Haftpflichtversicherer geltend zu machenden Schadenersatzansprüche aus den dem Arbeitnehmer zustehenden Ansprüchen auf Urlaub (Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung) bzw Sonderzahlungen während der Entgeltfortzahlung bzw danach keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revision und der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde.
Die beklagte Partei hat Revisions- und Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.
Die Revision und der Rekurs sind unzulässig, weil die in der angefochtenen Entscheidung als erheblich bezeichnete Rechtsfrage nicht entscheidungsrelevant ist - eine gegen § 502 Abs 1 ZPO verstoßende Zulassung bindet den Obersten Gerichtshof nicht (§§ 508 a Abs 1, 526 Abs 2 ZPO) - und auch in den Rechtsmitteln andere erhebliche Rechtsfragen nicht aufgezeigt werden. Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage der unmittelbaren Anspruchsberechtigung des Arbeitgebers gegen den Schädiger seines Arbeitnehmers für Schadenersatzansprüche aus den dem Arbeitnehmer zustehenden Anspruch auf Urlaub bzw Sonderzahlungen ist hier nicht zu prüfen, da nur die klagende Partei die Entscheidung des Berufungsgerichtes bekämpft und diese in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, daß diese Ansprüche auf sie übergegangen sind; die beklagte Partei hat die Entscheidung des Berufungsgerichtes aber nicht bekämpft.
Was die Frage der Aliquotierung der Ansprüche auf Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung betrifft, so entspricht die Entscheidung des Berufungsgerichtes der - allerdings zum Teil in der Lehre abgelehnten - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (9 ObA 38/94 = DRdA 1994, 522 = RdW 1994, 405; 8 ObA 268/94 = DRdA 1995, 251 = RdW 1995, 147; 8 ObA 279/94 = DRdA 1995, 251 = RdW 1995, 143). Dieser Judikatur ist allerdings, jedenfalls hinsichtlich des vor allem in der Lehre bekämpften Falles, in dem bei einem unvollständigen Urlaubsjahr eine Aliquotierung vertreten wurde (8 ObA 268/94), durch Art III Z 1 SRÄG 1995 nunmehr der Boden entzogen. Der Gesetzgeber hat durch dieses Gesetz auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes reagiert, indem er dem § 2 Abs 2 UrlG folgenden Satz anfügte:
"Der Urlaubsanspruch wird durch Zeiten, in denen kein Anspruch auf Entgelt besteht, nicht verkürzt, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird".
Dem § 9 Abs 1 UrlG wurde folgender Satz angefügt:
"Ist zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer an der Dienstleistung verhindert, ohne daß der Anspruch auf das Entgelt zur Gänze fortbesteht, so ist bei Berechnung der Urlaubsentschädigung das ungeschmälerte Entgelt zugrunde zu legen, das zum Beendigungszeitpunkt bei Fortfall der Dienstverhinderung zugestanden wäre".
Der Auslegung einer aber bereits überholten Bestimmung oder der Überprüfung einer inzwischen überholten Rechtsprechung kommt aber grundsätzlich keine Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu (2 Ob 265/90; 2 Ob 58/93 ua).
Was nun die Frage der Sonderzahlungen betrifft, entspricht es nunmehr schon gefestigter Rechtsprechung, daß für die Zeiten, in denen dem Arbeitgeber gegenüber kein Entgeltanspruch mehr besteht, auch kein Anspruch auf Sonderzahlungen besteht, soferne nichts Gegenteiliges vereinbart oder im Kollektivvertrag angeordnet ist (9 Ob 2132/96m mwN). Insoweit entspricht die Entscheidung des Berufungsgerichtes daher der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Ist aber die dem Aufhebungsbeschluß zugrundeliegende Rechtsansicht richtig, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 519).
Es waren sohin die Revision und der Rekurs der klagenden Partei zurückzuweisen. Da die beklagte Partei nicht auf die Unzulässigkeit dieser Rechtsmittel hingewiesen hat, waren ihr die Kosten ihrer Gegenschriften nicht zuzusprechen.
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