OGH 2Ob221/68

OGH2Ob221/6820.9.1968

SZ 41/114

 

 

Spruch:

Der vom Schädiger zu ersetzende Sachschade findet grundsätzlich im Zeitwert der beschädigten Sache seine Grenze.

Entscheidung vom 20. September 1968, 2 Ob 221, 222/68.

I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

 

Begründung:

Der vom Kläger gelenkte PKW seines Bruders Johann H. ist am 17. Juli 1966 auf der S.-Bundesstraße im Gemeindegebiete von S. mit dem vom Beklagten geführten PKW zusammengestoßen. Im Zusammenhange mit diesem Verkehrsunfalle ist gegen beide Fahrzeuglenker das Strafverfahren eingeleitet worden. Hinsichtlich des Klägers ist das Strafverfahren gemäß § 90 StPO. eingestellt worden; der Beklagte aber ist - rechtskräftig - wegen Übertretung gegen die körperliche Sicherheit nach § 431 StG. verurteilt worden. Nunmehr erhebt der Kläger gegen den Beklagten wegen der Unfallsfolgen Schadenersatzansprüche mit der Behauptung des Alleinverschuldens des Beklagten am Unfall vom 17. Juli 1966. Im Rechtsmittelverfahren ist die Einwendung eines Mitverschuldens des Klägers nicht mehr aufrechterhalten worden.

Das Erstgericht hat den Beklagten zur Zahlung des Betrages von 30.692.83 S s. A. an den Kläger verurteilt und dessen Mehrbegehren puncto 3412 S s. A. abgewiesen. Der zuerkannte Betrag setzt sich aus folgenden Posten zusammen: Reparaturkosten von 27.377 S und Abschleppkosten von 125 S, Kreditspesen von 1467.40 S und 300 S, Kleiderreinigung von 25 S, Verdienstentgang von 198.43 S sowie Schmerzengeld von 1200 S.

Lediglich die beklagte Partei hat berufen und damit den Zuspruch des Teilbetrages von 29.269.30 S s. A. Bekämpft.

Dieser Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht Folge gegeben: es hat in Abänderung des Ersturteils mit Teilurteil das Teilbegehren puncto 15.377 S samt 4% Zinsen seit 8. Juni 1967 abgewiesen und hinsichtlich des restlichen bekämpften Zuspruchs von 13.892.30 S samt 4% Zinsen seit 8. Juni 1967 sowie im Kostenpunkte das Ersturteil aufgehoben; im Umfange dieser Aufhebung ist dem Erstgerichte die Fortsetzung des Verfahrens und die neuerliche Entscheidung aufgetragen worden; zugleich ist ausgesprochen worden, daß das Verfahren vor dem Erstgerichte erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Das Berufungsgericht war zum Ergebnis gekommen, daß von den beiden im Berufungsverfahren noch strittigen Fragen jene nach der Aktivlegitimation des Klägers nach dem bisherigen Stande des Verfahrens noch nicht gelöst werden könne; in dieser Hinsicht sei das Verfahren ergänzungsbedürftig. Über die Höhe des vom Beklagten zu ersetzenden Sachschadens (Diskrepanz zwischen Zeitwert und Reparaturkostenaufwand) könne aber schon derzeit insofern abgesprochen werden, als bei dem gegebenen Totalschaden des vom Kläger gelenkten Fahrzeugs der Beklagte die Differenz zwischen den Kosten der Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges auf dem Altwagenmarkt in der Höhe von (restlich) 12.000 S und den zur Behebung der Unfallsschäden aufgewendeten Reparaturskosten von 27.377 S, somit den Teilbetrag von 15.377 S, in keinem Falle zu ersetzen habe; in dieser Hinsicht sei mit Teilurteil in Abänderung des Ersturteils auf Klagsabweisung puncto 15.377 S s. A. zu erkennen.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil der Berufungsinstanz puncto 15.377 S s. A. und der Rekurs der beklagten Partei gegen den Aufhebungs- und Rückverweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Nach den maßgeblichen Feststellungen handelte es sich bei dem vom Kläger beim Verkehrsunfall vom 17. Juli 1966 gelenkten PKW. Mercedes 180 C seines Bruders Johann um ein Fahrzeug aus dem Jahre 1954; diesen Wagen hatte Johann H. im Jahre 1959 vom Erstbesitzer bei einem Tachometerstand von 42.000 km um 42.000 S gekauft und bei der Einfuhr nach Österreich mit 7400 S verzollt. Johann H. war mit diesem Wagen vor dem Unfall selbst etwa 100.000 km gefahren. Der Zustand des Wagens war gut, auch hinsichtlich Lackierung und Polsterung. Selbst unter Berücksichtigung dieses guten Zustandes betrug der Marktwert zur Unfallszeit nur 16.000 S; mit einem Wrackwert von 4000 S war für diesen Zeitpunkt zu rechnen, sodaß der Schade des Eigentümers dieses Wagens infolge der Beschädigung vom 17. Juli 1966 mit 12.000 S (nämlich 16.000 S weniger 4000 S) zu limitieren ist. Denn das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, daß der vom Schädiger zu ersetzende Sachschade grundsätzlich im Zeitwert der beschädigten Sache seine Grenze finde. Durch den Ersatz des Zeitwertes wird ja der Geschädigte in die Lage versetzt, sich ein gleichwertiges Ersatzstück auf dem Markt zu beschaffen. Der Reparatursaufwand hat 27.377 S betragen und muß demnach als unwirtschaftlich bezeichnet werden. Dieser Aufwand kann nicht zu Lasten des Schädigers gehen, soweit der Zeitwert überschritten wurde. Gegen dieses Argument der Berufungsinstanz vermag der Revisionswerber nichts Brauchbares vorzubringen; er vertritt aber die Ansicht, daß "die im persönlichen Bereich des Geschädigten liegenden Umstände und Tatsachen" zu berücksichtigen wären. Aber auch damit ist für den Kläger nichts zu gewinnen, weil festgestellt ist, daß der Kläger und sein Bruder Johann (der Eigentümer des Wagens) die Reparatur sofort (nach dem Unfall) beim Mechanikermeister Theodor M. in L. bestellt haben. Gewiß gibt es Grenzfälle, in denen zweifelhaft sein kann, ob mit der Reparatur eines unfallbeschädigten Kraftwagens vorzugehen oder der Schade nach dem Zeitwert des Fahrzeugs zur Unfallszeit abzuwickeln sei. Diesfalls ist aber festzuhalten, daß der beschädigte Wagen aus dem Baujahre 1954 stammte und durch den Frontalzusammenstoß vom 17. Juli 1966 erheblicher Sachschade eingetreten war, was nach dem Strafverfahren U .../66 des Bezirksgerichtes Rottenmann aktenkundig ist. Wenn auch der Werkstätteninhaber Theodor M. die Besteller nicht auf die Problematik der Reparaturkosten hingewiesen hatte, durften diese doch bei der Kenntnis des Alters des Fahrzeugs und des schon nach dem ersten Anschein erheblichen Unfallsschadens nicht unbekümmert um die Wirtschaftlichkeit der Reparatur die Instandsetzung in Auftrag geben, wenn sie mit vollem Ersatz seitens des Schädigers rechneten. Nach den Umständen dieses Falles können somit auch die in der Revision hervorgehobenen persönlichen Momente den Ersatzanspruch in Ansehung des Differenzbetrages von 15.377 S nicht rechtfertigen. Wenn der Revisionswerber schließlich die stillschweigende Zustimmung des Beklagten bzw. seines Haftpflichtversicherers zur Vornahme der Reparatur geltend macht, dann ist festzuhalten, daß die klagende Partei im maßgeblichen erstgerichtlichen Verfahren in dieser Richtung nichts vorgebracht hat, sodaß darauf in dritter Instanz nicht einzugehen ist. Ein Rechtsirrtum der Berufungsinstanz ist nicht zu erkennen.

Auch der Rekurs der beklagten Partei blieb erfolglos.

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