OGH 2Ob214/62

OGH2Ob214/626.9.1962

SZ 35/87

Normen

ABGB §305 f.
ABGB §1323
ABGB §305 f.
ABGB §1323

 

Spruch:

Zur Frage der Vergütung des Schätzungswertes bei Ersatz für eine alte Sache.

Entscheidung vom 6. September 1962, 2 Ob 214/62.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Am 15. Juli 1961 ist der Personenkraftwagen des Klägers (Peugeot 404) bei einem Verkehrsunfall in Salzburg beschädigt worden. Es ist unbestritten, daß die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand dem Kläger gegenüber aus diesem Unfalle nach den Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechtes schadenersatzpflichtig sind.

Nach dem letzten Stande des erstgerichtlichen Verfahrens hat der Kläger Ersatz des Betrages von 11.164.40 S s. A. verlangt, nachdem Teilanerkenntnisurteil auf Zahlung von 1849.50 S s. A. gefällt worden war.

Im Endurteil hat das Erstgericht die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, dem Kläger 6711.50 S s. A. zu bezahlen, und das Mehrbegehren pcto. 4452.90 S s. A. abgewiesen.

Dieses Ersturteil ist nur von den Beklagten mit Berufung angefochten worden, und zwar hinsichtlich des Betrages von 6470 S.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der Beklagten Folge gegeben und in Abänderung des Ersturteils in diesem Punkte das in zweiter Instanz noch strittige Begehren hinsichtlich des Teilbetrages von 6470 S s. A. aus rechtlichen Erwägungen abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Im gesamten Rechtsmittelverfahren steht lediglich das Teilbegehren des Klägers pcto. 6470 S s. A. zur Erörterung. Diesbezüglich hat das Erstgericht - unangefochten - festgestellt, daß der beim Verkehrsunfall vom 15. Juli 1961 beschädigte Kraftwagen des Klägers am 1. Mai 1961 als Neufahrzeug zum Verkehr zugelassen worden sei; der Kläger hatte dieses Fahrzeug um 64.700 S gekauft. Bis zum Unfalltag hatte der Wagen des Klägers eine Betriebsleistung von rund 10.000 km erbracht; zur Unfallzeit sei der Wagen mit 58.230 S zu bewerten. Die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges der gleichen Marke und Type (Peugeot 404, Baujahr 1961) mit einer Betriebsleistung von rund 10.000 km sei nicht möglich gewesen, da derartige Fahrzeuge nicht gehandelt würden. Der Kläger habe nun einen fabriksneuen Wagen derselben Marke und Type um 64.700 S gekauft; für das beim Unfall vom 15. Juli 1961 beschädigte Fahrzeug habe er 30.000 S vergütet bekommen; von seinem Kaskoversicherer habe der Kläger den Betrag von 26.818.50 S erhalten, und zur Zahlung des weiteren Betrages von 1411.50 S (Selbstbehalt aus der Kaskoversicherung) seien die Beklagten bereits nach ihrem Anerkenntnis verurteilt worden. Die Summe der genannten Beträge von 30.000 S, 26.818.50 S und 1411.50 S ist 58.230 S, entsprechend dem obenerwähnten Schätzwert des Wagens des Klägers zur Unfallzeit. Hinsichtlich der Differenz von 58.230 S auf 64.700 S, des Kaufpreises sowohl des ersten fabriksneuen Kraftwagens des Klägers wie auch des zweiten derartigen Fahrzeugs, das sind 6470 S, geht die Auffassung der Parteien und der beiden Vorinstanzen auseinander. Das Erstgericht hat sich der Auffassung des Klägers angeschlossen und diesem den erwähnten Teilbetrag von 6470 S zuerkannt. Das Erstgericht hat dies damit begrundet, daß der vorige Stand nur durch die Anschaffung eines fabriksneuen Wagens herzustellen gewesen sei; der Kläger habe nicht die Absicht gehabt, den seit Mai 1961 benützten Kraftwagen zu veräußern, bevor es zum Unfall vom 15. Juli 1961 gekommen sei; durch die Ersatzstellung eines Neufahrzeugs nach dem Unfalle habe der Kläger keinen in Geld ausdrückbaren Vorteil erlangt; der Gebrauchswert des Unfallautos vor dem Eintritt des Schadens und der des neuen Ersatzfahrzeuges "sei für den Kläger derselbe geblieben"; zwar sei der erste Wagen des Klägers zur Unfallzeit schon durch rund 10.000 km in Betrieb gewesen; die Ersatzleistung durch ein erst einzufahrendes und besonders pfleglich zu behandelndes Neufahrzeug stelle aber für den Eigentümer und Benützer, der sich nicht mit Verkaufsabsichten trage, keinen in Ziffern ausdrückbaren Vorteil dar. Das Berufungsgericht hat demgegenüber - der Rechtsrüge der Beklagten folgend - ausgeführt, daß nicht erst durch den Ersatz der Anschaffungskosten für ein neues Fahrzeug vorliegendenfalls der vorige Zustand als hergestellt anzusehen sei; es genüge dazu vielmehr der Ersatz des Aufwandes in der Höhe des Zeitwertes des Fahrzeuges; der Ersatz der Anschaffungskosten eines neuen Fahrzeuges wäre allenfalls bei einer ganz geringen Betriebsleistung angebracht. Der Kläger habe keine Reparatur des Wagens vornehmen lassen; demnach komme die Vergütung des Schätzwertes (58.230 S) in Betracht; eine Vergütung in diesem Umfange setze den Kläger in dieselbe Lage, wie sie ohne Schädigung bestanden hätte; bei Zuspruch der Anschaffungskosten eines fabriksneuen Fahrzeuges wäre der Kläger bereichert; eine Betriebsleistung von 10.000 km sei als wertmindernder Umstand heranzuziehen; diese Betriebsleistung sei besonders bei solchen Fahrzeugbestandteilen, die einem größeren Verschleiß unterliegen, wie z. B. Reifen, Batterie, von Bedeutung.

In der Rechtsrüge (§ 503 Z. 4 ZPO.) bringt der Kläger gegenüber den Ausführungen des Berufungsgerichtes jene Argumente vor, die für die Entscheidung der ersten Instanz maßgeblich waren. Das Revisionsvorbringen ist aber nicht geeignet, einen Rechtsirrtum des Berufungsgerichtes darzutun. Denn nach § 1323 ABGB. muß bei der Leistung des Schadenersatzes im Falle der Untunlichkeit der Naturalrestitution - davon sind beide Parteien ausgegangen; diesbezüglich liegt also kein Streit vor - der Schätzungswert vergütet werden. Dabei leitet die Lehre (vgl. Klang[2] II, S. 47) aus dem Umstand, daß der Beschädigte dann, wenn Naturalersatz nicht möglich ist, in die Lage versetzt werden muß, sich ein Ersatzstück anzuschaffen, zwar die Folgerung ab, daß nicht der Verkaufswert, sondern der Ankaufswert maßgebend sein muß, dies jedoch mit der Einschränkung, daß für die Abnützung ein angemessener Abschlag vom Ankaufspreise vorzunehmen sei, wenn es sich um den Ersatz für eine alte Sache handle. Diese Einschränkung ist vorliegendenfalls entscheidend. Nach der Auffassung des Revisionswerbers käme ja dem Umstande, daß sein Kraftwagen zur Unfallzeit (15. Juli 1961) schon durch rund 2 1/2 Monate (nämlich seit der Zulassung vom 1. Mai 1961) in Betrieb gestanden war und ungefähr 10.000 km Fahrleistung erbracht hatte, für die Bemessung des Schätzungswertes (§ 1323 ABGB. in Verbindung mit den §§ 305 ff ABGB.) keinerlei Bedeutung zu; mit dieser Ansicht setzt sich aber der Revisionswerber selbst in Widerspruch zur Tatsache, daß er im vorangegangenen Verfahren - und ebensowenig in der Revision - die Festsetzung des maßgeblichen Schätzungswertes in der Höhe von 58.230 S gar nicht bestritten hat. Zutreffend hat das Berufungsgericht auf die Abnützung des Kraftwagens des Klägers Bedacht genommen und demgemäß den obenbezeichneten Abschlag vom Ankaufspreise des fabriksneuen Kraftwagens vorgenommen. Bei diesen Umständen ist die von der Revision gerügte unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes nicht zu erkennen.

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