Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.900,-- (darin enthalten S 1.650,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Eigentümer eines Hauses in Wien 17., S*****gasse *****. Mieter dieser Liegenschaft (mit Ausnahme zweier Büroräume) ist sein Sohn, über dessen Vermögen am 12. Dezember 1995 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Die verfahrensgegenständlichen Mietrechte wurden mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 31. Mai 1999 aus dem Konkursverfahren ausgeschieden und dem Mieter zur freien Verfügung überlassen.
Der Kläger begehrte mit seiner am 29. 1. 1996 beim Erstgericht eingelangten Klage vom Masseverwalter als Beklagten Zahlung an rückständigem Mietzins aus der Zeit sowohl vor als auch nach der Konkurseröffnung sowie die Räumung der Liegenschaft wegen qualifizierten Mietzinsrückstandes gemäß § 1118 ABGB. Die bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelaufenen Mietzinsrückstände seien in einem Verfahren nach § 110 KO rechtswirksam verglichen worden, für die Nichtzahlung der nach Konkurseröffnung aufgelaufenen weiteren Mietzinsrückstände treffe den Masseverwalter ein grobes Verschulden.
Der beklagte Masseverwalter beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ein ihm anzulastendes grobes Verschulden liege nicht vor, der Gemeinschuldner habe seine Hauptmietrechte am Objekt bereits vor Konkurseröffnung in die U***** GesmbH, deren Gesellschafter er sei, eingebracht. Diese schulde dem Gemeinschuldner für seine Mitarbeit und die Zurverfügungstellung der Gewerbeberechtigung S 25.000 monatlich. Die GesmbH sei ihrer Zahlungsverpflichtung nicht regelmäßig nachgekommen.
In der Verhandlung vom 24. 8. 1998 stellten die Parteien den aushaftenden Mietzinsrückstand (aus der Periode nach Konkurseröffnung) ziffernmäßig außer Streit, worauf der beklagte Masseverwalter diesen außer Streit gestellten Betrag dem Kläger und überdies eine weitere Zinsperiode, um die das Zahlungsbegehren ausgedehnt worden war, bezahlte, worauf der Kläger sein Begehren auf Räumung der Liegenschaft einschränkte. Dem Räumungsbegehren war auch der in dem bereits erwähnten Verfahren nach § 110 KO verglichene Mietzinsrückstand zu Grunde gelegt worden.
Das Erstgericht wies das auf Auflösung des Bestandverhältnisses nach § 1118 ABGB infolge Nichtbezahlung von Mietzinsen gestützte Räumungsbegehren des Klägers ab. Es traf noch folgende weitere Feststellungen:
Aus dem Mietverhältnis zwischen dem Kläger und dem Gemeinschuldner lief bis zur Konkurseröffnung am 15. Dezember 1995 ein Mietzinsrückstand von S 393.762,68 auf. Der Gemeinschuldner ist zu 5 % Gesellschafter der Firma U***** Gesellschaft mbH, die die Räume der aufgekündigten Liegenschaft geschäftlich zur Herstellung von Kunststofffenstern nützt. Der Gemeinschuldner vereinbarte mit dieser Gesellschaft, dass er deren gewerberechtliche Geschäftsführung übernehme, die ihm zustehenden Hauptmietrechte an der Liegenschaft in die Gesellschaft einbringe und für sie nach Bedarf Arbeitsleistungen erbringe. Für die Arbeitsleistung und die gewerberechtliche Geschäftsführung wurde eine Gegenleistung von S 20.000 monatlich, nach Zurverfügungstellung weiterer Räumlichkeiten S 25.000 an den Gemeinschuldner vereinbart. Nach Eröffnung des Konkurses und Bestellung des Masseverwalters vereinbarten dieser und der Geschäftsführer der GesmbH, dass diese weiterhin S 25.000 an den Masseverwalter bezahle. Sie kam ihrer Verpflichtung nur unvollständig und mit Verspätung nach. Es kam auch zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Gesellschaft zu Gesprächen über den allfälligen Ankauf der Liegenschaft durch diese. Im Zuge dieser Gespräche riet der Kläger dem Geschäftsführer, die Zahlung der S 25.000 an die Masse auszusetzen und stellte eine Einigung in Aussicht, zu welcher es nicht kam.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, die offene Mietzinsforderung von S 393.762,68 aus der Zeit vor der Konkurseröffnung sei nicht fällig, weil sie eine Konkursforderung darstelle und das Konkursverfahren noch nicht beendet sei. Als Grundlage für eine gegen den Masseverwalter erhobene Räumungsklage nach § 1118 ABGB kämen nur Mietzinsrückstände in Betracht, die nach Konkurseröffnung entstanden seien. Das Bestandverhältnis werde nach Konkurseröffnung über das Vermögen des Mieters mit der durch den Masseverwalter vertretenen Konkursmasse fortgesetzt. Beiden Teilen stehe gemäß § 23 Abs 1 KO ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Setze der Masseverwalter das Bestandverhältnis fort und komme er mit der Mietzinszahlung in qualifizierten Verzug, sei der Vermieter nach § 1118 ABGB zur Auflösung des Mietverhältnisses berechtigt. Es könne dem Vermieter, der das Bestandverhältnis mit dem Masseverwalter fortgesetzt und von seinem außerordentlichen Auflösungsrecht nicht Gebrauch gemacht habe, nicht mehr freistehen, auf Grund eines vor der Konkurseröffnung aufgelaufenen Mietzinsrückstandes eine Räumungsklage gegen den Masseverwalter einzubringen. Er habe nur die Möglichkeit, seine Forderung im Konkurs anzumelden. Andernfalls wäre es dem Masseverwalter bei Vorliegen eines als Konkursforderung bestehenden Mietzinsrückstandes niemals möglich, das Bestandverhältnis fortzusetzen. An der verspäteten Zahlung der nach Konkurseröffnung entstandenen Mietzinsrückstände treffe den Masseverwalter kein grobes Verschulden, weil die ihm zur Deckung des Mietzinses zur Verfügung stehenden Zahlungen der Gesellschaft unregelmäßig und auch erst nach Klage- und Exekutionsführung erfolgt seien.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und verhielt den Beklagten zur Räumung des Bestandgegenstandes. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Es trat der Rechtsmeinung des Erstgerichtes entgegen, wonach der vor der Konkurseröffnung aufgelaufene Mietzinsrückstand nicht zu berücksichtigen sei. Durch die Konkurseröffnung über das Vermögen des Bestandnehmers werde nämlich weder die Fortdauer des Bestandverhältnisses berührt, noch komme es zu einem Wechsel in den Parteien des Bestandverhältnisses. Lediglich die Verfügungsbefugnis über das Bestandverhältnis gehe ab Konkurseröffnung auf den Masseverwalter als Vertreter der Konkursmasse über. Mit der Aufhebung des Konkurses oder mit der Ausscheidung des Mietrechtes aus der Konkursmasse falle es wieder an den Bestandnehmer. Bereits daraus folge zwingend, dass das Bestandverhältnis als eine Einheit zu sehen sei und nicht in zwei Phasen vor und nach der Konkurseröffnung zerfalle. Die dem Vermieter nach § 1118 ABGB zustehenden Rechte würden durch die Konkurseröffnung nicht berührt. Jeglicher qualifizierte Mietzinsrückstand bilde einen Aufhebungsgrund nach § 1118 zweiter Fall ABGB, sei er nun vor oder nach der Konkurseröffnung entstanden. Verfehlt sei die Ansicht des Erstgerichtes, Mietzinsrückstände aus der Zeit vor der Konkurseröffnung seien noch nicht fällig. Die mit der Konkurseröffnung eintretende Prozess- und Exekutionssperre hebe die Fälligkeit einer Forderung nicht auf. Das Auflösungsrecht des Vermieters nach § 1118 ABGB werde auch nicht durch § 23 Abs 1 KO beschränkt. Danach könnten sowohl Vermieter als auch Masseverwalter das Bestandverhältnis auf Grund der Konkurseröffnung vorzeitig aufkündigen. Der Vermieter eines den Kündigungsbeschränkungen des MRG unterliegenden Mietobjektes benötige aber auch hier einen wichtigen Grund im Sinne des § 30 MRG, wobei die Konkurseröffnung alleine einen solch wichtigen Grund nicht darstelle. Wenn bereits nachteilige Folgen eingetreten seien, die einen im Gesetz genannten Kündigungsgrund verwirklichten, bleibe dem Vermieter deren Geltendmachung unbenommen. Liege daher ein qualifizierter Mietzinsrückstand vor, dann sei der Vermieter - gleichgültig ob über das Vermögen des Mieters das Konkursverfahren eröffnet worden sei - berechtigt, den Mietvertrag entweder nach § 30 Abs 2 Z 1 MRG aufzukündigen oder die Auflösung des Mietvertrages nach § 1118 zweiter Fall ABGB zu erklären und die Räumung zu verlangen. § 23 Abs 1 KO räume dem Vermieter aus Anlass des Konkurses ein zusätzliches Kündigungsrecht ein, das aber im Anwendungsbereich des MRG weitgehend wegen des Erfordernisses eines wichtigen Kündigungsgrundes eingeschränkt sei. Das Räumungsbegehren sei bereits auf Grund der vor der Konkurseröffnung aufgelaufenen erheblichen Mietzinsrückstände von S 393.762,68 berechtigt.
Wie bereits ausgeführt, wurden die verfahrensgegenständlichen Mietrechte nach der Berufungsentscheidung aus dem Konkursverfahren über den Gemeinschuldner ausgeschieden, weshalb dieser nunmehr allein verfügungsberechtigt ist.
Er macht in seinem außerordentlichen Rechtsmittel geltend, dass die Mietrechte vor Eröffnung des Konkursverfahrens an die U***** Gesellschaft mbH eingebracht habe. Darüber hinaus habe der Vermieter sein Recht, Vertragslösung zu begehren, grundlos während einiger Zeit nicht ausgeübt, weshalb daraus ein schlüssiger Verzicht auf die Geltendmachung anzunehmen ist.
Der Kläger verweist in seiner ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, dass eine Feststellung, der Gemeinschuldner habe bereits vor Eröffnung des Konkursverfahrens seine Mietrechte in die U***** GesmbH eingebracht, in dieser Form nicht getroffen wurde und sich der Kläger seines Rechtes auf Geltendmachung bei Vertragsauflösung infolge Vorliegens eines qualifizierten Mietzinsrückstandes nicht verschwiegen habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof kommt nach neuerlicher Prüfung des Sachverhaltes zum Ergebnis, dass eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vorliegt.
Dass der vor Konkurseröffnung aufgelaufene und mit S 393.662,86 verglichene Mietzinsrücktand zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch unberichtigt aushaftet, steht außer Streit (AS 108). Auch auf diesen Rückstand ist das Räumungsbegehren gestützt worden. Die Begleichung des nach der Konkurseröffnung aufgelaufenen Mietzinsrückstandes durch den Masseverwalter ändert nichts am vorliegenden Zinsrückstand.
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass das Bestandverhältnis als Einheit anzusehen sei und nicht in zwei Phasen, und zwar in eine vor der Konkurseröffnung und in eine nach Konkurseröffnung zu teilen sei, wird im Rechtsmittel des Beklagten nicht mehr bekämpft. Es genügt daher, auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes einzugehen (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Die Ansicht der Revision, das Erstgericht habe "festgestellt", der Beklagte habe seine Mietrechte als Sacheinlage in die U***** GesmbH eingebracht, ist durch die Feststellungen des Erstgerichtes nicht gedeckt. Dieses hat nur festgehalten, dass der Geschäftsführer der U***** GesmbH mit dem Beklagten vereinbarte, die Mietrechte einzubringen. Dass dies in der Folge auch tatsächlich (entweder durch Gesellschaftsvertrag oder Kapitalerhöhungsbeschluss) geschah, wurde aber nicht festgestellt. Es handelt sich dabei nur um eine Behauptung der beklagten Partei, die im Übrigen von der U***** GesmbH nicht unterstützt werden konnte, weil auch diese nicht angeben konnte, auf Grund welchen Rechtstitels sie die vom Beklagten zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten benützt. Einerseits erklärte sie, der Beklagte habe seine Mietrechte in die Gesellschaft eingebracht, andererseits, sie benütze die Liegenschaft auf Grund eines Untermietverhältnisses. Das Erstgericht hat bereits zutreffend erkannt, dass ein derartiges widersprüchliches Vorbringen eine Zulassung der U***** GesmbH als Nebenintervenient nicht rechtfertigt. Wenn daher nicht einmal diese Gesellschaft die Einbringung der Mietrechte des Beklagten als Sacheinlage bestätigen kann, und auch eine ausdrückliche Feststellung des Erstgerichtes in dieser Richtung nicht vorhanden ist, entfernt sich die diesbezügliche in der Revision aufgestellte Behauptung vom Akteninhalt, weshalb auf sie nicht eingegangen werden kann. Der Einwand, dass der Beklagte (vormals der Masseverwalter) zufolge Mietrechtsüberganges auf die genannte Gesellschaft zur Räumungsklage nicht mehr passiv legitimiert ist, geht daher ins Leere.
Soweit in der Revision weiters geltend gemacht wird, der Kläger habe sich seines Rechtes auf Auflösung des Bestandvertrages gemäß § 1118 ABGB verschwiegen, ist zwar zuzugestehen, dass allgemein der Grundsatz gilt, dass Auflösungsgründe und Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht werden müssen (MietSlg 2229), dass aber bei Dauertatbeständen im Zuwarten mit der Kündigung ein Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nicht erblickt werden kann (MietSlg 31.369; 34.410; 36.399; 4 Ob 1566/95). Allgemein wurde bereits ausgesprochen, dass ein Zuwarten mit der Erhebung der Räumungsklage wegen Nichtbezahlung des Mietzinses jedenfalls dann, wenn auch später eine Zahlung des Rückstandes nicht erfolgte (wie hier), nicht als Verzicht auf die Geltendmachung des Räumungstatbestandes der Nichtzahlung des Mietzinses angesehen werden kann (RIS-Justiz RS0014410).
Da insgesamt Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Rechtsmittel nicht aufgeworfen werden, war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Aktenwidrigkeit der Behauptung, der Beklagte habe seine Mietrechte bereits vor Konkurseröffnung in die U***** Gesellschaft mbH eingebracht, hingewiesen.
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