OGH 2Ob197/52

OGH2Ob197/524.7.1952

SZ 25/191

Normen

ABGB §830
ABGB §830

 

Spruch:

Dauernde Nachteile, die durch die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft unter allen Umständen eintreten müssen, können dem Teilungsbegehren nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden.

Entscheidung vom 4. Juli 1952, 2 Ob 197/52.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Klägerin ist zur Hälfte Eigentümerin der Häuser in V .,... gasse Nr. 7 und 7 a. Die zweite Hälfte des Hauses Nr. 7 gehört dem Erstbeklagten, die andere Hälfte des Hauses Nr. 7a der Zweitbeklagten. Im Hause Nr. 7 wohnen die Klägerin und die Zweitbeklagte sowie mehrere Mietparteien. Zu ebener Erde dieses Hauses befindet sich der Fleischverkaufsraum des Erstbeklagten. Dieser bewohnt den ersten Stock des Hauses Nr. 7 a. Zwischen der Klägerin und den Beklagten ist es wegen der Verwaltung und Benützung der Häuser wiederholt zu Streitigkeiten gekommen, die auch gerichtlich ausgetragen wurden. Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß ihr das Recht zur Aufhebung des gemeinschaftlichen Eigentums an den genannten Liegenschaften zustehe. Die Beklagten haben eingewendet, daß das Teilungsbegehren mit Rücksicht auf die unklaren wirtschaftlichen Verhältnisse und die Unsicherheit der Währung zur Unzeit gestellt sei und ihnen auch zum Nachteile gereiche, weil der Erstbeklagte im Falle einer Versteigerung der Liegenschaft mit seiner Familie obdachlos würde und keine Möglichkeit hätte, in V. das Fleischhauergeschäft fortzuführen. Die Zweitbeklagte würde ebenfalls im Falle einer Versteigerung obdachlos werden. Sie sei infolge ihres Alters erwerbsunfähig und könne bei einer Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft aus den Erträgnissen ihres Vermögens nicht mehr den bescheidenen Unterhalt bestreiten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Entscheidung des Rechtsstreites hängt zunächst von der Beantwortung der Frage ab, ob das Teilungsbegehren zur Unzeit gestellt ist und ob nicht zu beseitigende Nachteile dem Teilungsbegehren entgegengesetzt werden könnten. Der Oberste Gerichtshof hat in wiederholten Entscheidungen (vom 26. September 1951, 2 Ob 625/51; vom 7. November 1951, 2 Ob 718/51; vom 28. Dezember 1951, 2 Ob 840/51) ausgesprochen, daß die Voraussetzungen für die Annahme einer Unzeit im Sinne des § 830 ABGB. aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht mehr vorliegen, insbesondere deshalb, weil derzeit die Möglichkeit besteht, den Verkaufserlös einer Liegenschaft wieder in Liegenschaften oder anderen wertbeständigen Gütern anzulegen, und auch nicht anzunehmen ist, daß in absehbarer Zeit wesentliche Änderungen auf wirtschaftlichem Gebiet und damit auf dem Liegenschaftsmarkt zu erhoffen oder zu befürchten sind. Da sich seit der Fällung dieser Entscheidungen keine Umstände ergeben haben, die die Annahme wesentlicher Änderungen auf dem Liegenschaftsmarkt in absehbarer Zeit rechtfertigen könnte, sieht sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt, von den in diesen Entscheidungen ausgesprochenen Grundsätzen abzugehen.

Daraus, daß das Gesetz dem die Aufhebung begehrenden Teilhaber einen angemessenen Aufschub wegen ungünstiger Umstände auferlegt, ergibt sich, daß nicht zu beseitigende Nachteile und Mängel der Sache dem Teilungsbegehren nicht entgegengesetzt werden können; die Teilung wäre ja sonst nicht aufgeschoben, sondern gänzlich ausgeschlossen (Klang, Kommentar zum ABGB., 2. Auflage, zu § 830, S. 1099). Die Beklagten haben keinerlei Umstände vorgebracht, aus denen hervorginge, daß die von ihnen behaupteten Nachteile, die mit der Teilung verbunden seien, in absehbarer Zeit eine Änderung erfahren könnten. Dies gilt sowohl für die Erwerbsunfähigkeit der Zweitbeklagten als auch für die behauptete Unmöglichkeit, Ersatzräume für Wohnung und Geschäft zu beschaffen. Demgemäß liegt auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin, daß das Berufungsgericht zu den Feststellungen des Erstgerichtes in diesen Punkten keine Stellung genommen hat. Im übrigen muß den Ausführungen der Revision entgegengehalten werden, daß die Beklagten im Falle der Veräußerung über den auf ihren Anteil entfallenden Kaufpreis verfügen können und dadurch in der Lage sind, zumindest für die nächste Zeit für ihren Erwerb und für die Erlangung von Ersatzräumen Vorsorge zu treffen.

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