OGH 2Ob189/12a

OGH2Ob189/12a21.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Birgit M*****, vertreten durch Mag. Michael Raffaseder, Rechtsanwalt in Freistadt, gegen die beklagten Parteien 1. Ali A*****, 2. Martin R*****, und 3. G***** Versicherung AG, *****, alle vertreten durch Dr. Peter Lindinger, Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, wegen 16.686,76 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. Mai 2012, GZ 14 R 70/12f-37, womit das Urteil des Bezirksgerichts Mauthausen vom 13. Jänner 2012, GZ 1 C 507/10z-32, idF des Berichtigungsbeschlusses vom 24. Jänner 2012 (ON 33), bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 1.367,53 EUR (darin enthalten 227,92 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Die Klägerin macht Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, bei dem sie als Lenkerin eines Rennrades mit etwa 30 km/h ohne nach vorne zu schauen unter die Bordfläche eines LKW auffuhr, der so abgestellt war, dass er den von der Klägerin benutzten Mehrzweckstreifen um ca 1 m auf ca 30 bis 40 cm einengte. Die Klägerin hatte auf den LKW uneingeschränkte Sicht aus einer Entfernung von mindestens 85 m, für deren Überwindung sie rund 10 Sekunden benötigte. Ausgehend von einem Anhalteweg des Rennrades von 20 m hätte die Klägerin den Unfall verhindern können, wenn sie 2,5 Sekunden vor dem Aufprall reagiert hätte. Die rechnerische Reaktionsverspätung liegt dann bei 2,5 Sekunden. Geht man dagegen davon aus, dass sie noch reagiert hat, die Reaktion aber nicht mehr wirksam wurde, ergibt sich eine rechnerische Reaktionsverspätung von bei 1,5 Sekunden.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren übereinstimmend ab. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil zur Frage, ob der spezifische Schutzzweck des § 24 Abs 1 lit k StVO strenger als bei anderen, „normalen“ Halteverboten zu sehen sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Diese Rechtsfrage und die in der Revision geltend gemachten Rechtsfragen sind nicht entscheidungsrelevant:

Es hätte nämlich auch dann bei der Entscheidung der Vorinstanzen zu bleiben, wenn man - wie das Berufungsgericht - das Halte- und Parkverbot des § 24 Abs 1 lit k StVO im Hinblick darauf, dass Mehrzweckstreifen gemäß § 2 Abs 1 lit 7a StVO ebenfalls Radfahrstreifen (die unter besonderer Rücksichtnahme auf die Radfahrer auch von anderen Fahrzeugen befahren werden dürfen) sind, auch auf jene anwendet (vgl dazu Pürstl, StVO § 2 StVO Anm 13) und einen von hinten auffahrenden Radfahrer als vom Schutzzweck der Norm umfasst ansieht.

Die Vorinstanzen haben der Klägerin nämlich zu Recht nicht nur die rechnerische Reaktionsverspätung sondern auch die Tatsache vorgeworfen, dass sie „ohne nach vorne zu schauen“ unter die Bodenfläche des stehenden LKW fuhr, obwohl sie ihn aus einer Entfernung von mindestens 85 m, die sie bei ihrer Geschwindigkeit in rund 10 Sekunden durchfuhr, wahrnehmen konnte. Die Klägerin hat dazu selbst vorgebracht, dass sie eine „aerodynamische Stellung“ eingenommen habe, in der „ihr Blick immer auf den Radweg einige Meter vor ihr gerichtet“ gewesen sei.

Angesichts dieses dem Gebot des Fahrens auf Sicht und der allgemeinen Aufmerksamkeits- und Sorgfaltspflicht im Straßenverkehr krass widersprechenden Fahrverhaltens wäre aber auch das bei Bejahung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs anzunehmende geringfüge Fehlverhalten des Erstbeklagten vernachlässigbar (vgl auch 2 Ob 182/04k und 2 Ob 244/04b).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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