OGH 2Ob181/09w

OGH2Ob181/09w28.9.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Hetem R*****, Slowenien, vertreten durch Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwalt in Villach, gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei Hazbije R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Flucher, Dr. Reinhard Köffler und Dr. Günther Clementschitsch, Rechtsanwälte in Villach, wegen einstweiliger Verfügung, über den Revisionsrekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Juni 2009, GZ 42 R 175/09k-12, womit die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 15. Februar 2009, GZ 7 C 14/09b-3, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Sache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Beide Parteien sind slowenische Staatsbürger und haben ihren Hauptwohnsitz in Slowenien, sie hatten bislang weder einen gewöhnlichen Aufenthalt noch einen Wohnsitz in Österreich. Die Parteien schlossen 1981 die Ehe. Die Antragsgegnerin brachte im Juni 2008 beim Kreisgericht Ljubljana eine Scheidungsklage ein, das Verfahren ist anhängig.

Der Antragsteller begehrte am 12. 2. 2009 die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO mit dem Vorbringen, er sei Vorstandsvorsitzender eines internationalen tätigen Handelsunternehmens und verfüge über erhebliche Einkünfte und Vermögen. Einen Teil dieses Vermögens habe er in Österreich bei einer Bank (Drittschuldnerin) angelegt. Im Zuge dieser Vermögensveranlagung sei auch ein Konto eingerichtet worden, hinsichtlich dessen seine Ehegattin verfügungsberechtigt gewesen sei. Nach der internen Absprache sei dies allerdings nur im Auftrag und mit Genehmigung des Antragstellers zulässig gewesen. Am 2. 6. 2008 habe die Antragsgegnerin ohne Wissen und Zustimmung des Antragstellers zwei Barabhebungen im Ausmaß von insgesamt 5.030.000 EUR getätigt und diese Beträge auf ein anderes Konto transferiert. Gleichzeitig habe die Antragsgegnerin ein Wertpapierdepot mit einem Wert von 190.000 EUR aufgelöst und auf ein ihr gehöriges Wertpapierdepot bei der Drittschuldnerin übertragen.

Nach slowenischem Recht, dem die Scheidung und die Aufteilung des ehelichen Vermögens unterliege, sei Vermögen, das die Eheleute während aufrechter Ehe erwerben, gemeinsames Vermögen und im Falle der Ehescheidung aufzuteilen. Die Anteile der Eheleute am gemeinsamen Vermögen seien grundsätzlich gleich anzusehen, es könne aber auch bewiesen werden, dass jede Person in einem anderen Umfang zur Vermögensbildung beigetragen habe. Diesen Aufteilungsanspruch gefährde die Antragsgegnerin mit ihrer Vorgangsweise. Sie verfüge über keinerlei Vermögen und bislang über ein Einkommen von 2.500 EUR monatlich. Sie habe sich geweigert den Verbleib der behobenen Beträge bekanntzugeben oder auch nur einen Teil zurückzuerstatten und sei derzeit unbekannten Aufenthalts.

Das Erstgericht erlies die einstweilige Verfügung in Ansehung des vom Antragsteller genannten Kontos und wies das Mehrbegehren hinsichtlich aller Konten oder Wertpapierdepots der Antragsgegnerin bei dieser Bank ab. Im Fall der Ehescheidung stehe dem Antragsteller ein Anspruch auf Aufteilung des von den Parteien während der Ehe erworbenen Vermögens zu. Um diesen zu sichern seien weitere eigenmächtige Vermögensdispositionen der Antragsgegnerin zu verhindern. Da keine weiteren Vermögenswerte der Antragsgegnerin außer dem genannten Konto bescheinigt worden seien, sei das Mehrbegehren abzuweisen.

Das von der Antragsgegnerin angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es stellte aus den vorgelegten Urkunden ergänzend fest, dass der Antragsteller Eigentümer der S***** d.o.o., mit einem Stammkapital 2,5 Mio EUR sei, deren tatsächlichen Wert etliche Male höher sei. Er sei weiters Eigentümer einer Wohnung im Wert von 240.000 EUR, eines Reihenhauses im Wert von 150.000 EUR, von Geschäftsräumen im Wert von 133.000 EUR und eines Ferienhauses im Wert von 1,1 Mio EUR. Weiters wurden Feststellungen zum Eigentum des Unternehmens im Ausmaß von insgesamt rund 9 Mio EUR getroffen. Nach slowenischem Recht sei das Vermögen, das die Ehegatten während aufrechter Ehe durch Arbeit erwerben, Gesamthandeigentum. Als Arbeit im diesem Sinn sei auch die Führung des Haushalts, die Erziehung der Kinder, und der Beistand, den ein Ehegatte dem anderen leiste und jede andere Form der Mitarbeit bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens anzusehen. Dabei gelte der Grundsatz, dass die Anteile der Ehegatten gleich seien. Es stehe aber jedem Ehegatten frei nachzuweisen, dass er mehr als der andere zur Bildung des gemeinschaftlichen Vermögens beigetragen habe. Die Zuweisung der einzelnen Sachen des gemeinschaftlichen Vermögens erfolge nach den Bedürfnissen und berechtigten Interessen. Die zur Ausübung der Erwerbstätigkeit und dem persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände würden einem Ehegatten zu Lasten seines Anteils zugewiesen. Eine Wertdifferenz werde in Geld ausgeglichen. Möge auch der Antragsteller über die weiteren in der Ehescheidungsklage behaupteten Vermögenswerte verfügen, sei nicht zu übersehen, dass es sich bei den von der Verfügung der Antragsgegnerin betroffenen Werten offenbar um den einzigen wesentlichen Posten an bargeldgleichem Vermögen handle, was einer Aufteilung nach den Bedürfnissen und berechtigten Interessen der Parteien ebenso zuwiderlaufen könne, wie im Fall der Naturalerteilung dem Ausgleich der Wertdifferenzen in Geld. Die Argumentation der Antragsgegnerin, dass im Hinblick auf das restliche Ehevermögen keine Gefährdung des Aufteilungsanspruchs des Antragstellers vorliege, überzeuge daher nicht. Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil sich der Oberste Gerichtshof zu diesem Aspekt noch nicht geäußert habe.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Antragsgegnerin erhobene Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt:

Wie bereits das Rekursgericht dargelegt hat, soll mit einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO der Anspruch des gefährdeten Ehegatten auf einen angemessenen Anteil an der Aufteilungsmasse, der auch durch eine Ausgleichszahlung substituiert werden kann, gesichert werden. Nach der Judikatur ist entscheidend, ob ohne die einstweilige Verfügung die Befriedigung des Aufteilungsanspruchs vereitelt oder erheblich erschwert würde, zB weil Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Gegner der gefährdeten Partei einen Vermögenswert verwirtschaften oder verbringen bzw Verfügungen treffen würde, die die Realisierung der Aufteilungsansprüche unmöglich machen (1 Ob 152/99f; 6 Ob 237/01y; vgl auch 9 Ob 50/07d).

Ist aber insgesamt genügend Vermögen vorhanden, um den Aufteilungsanspruch zu decken, ist die erforderliche Gefährdung des Anspruchs nach der Rechtsprechung nicht anzunehmen (6 Ob 278/07m mwN).

Das Erstgericht hat in seiner einstweiligen Verfügung keinerlei Feststellungen über das von den Parteien während aufrechter Ehe erworbene Vermögen und das Ausmaß der Beiträge der Ehegatten hiezu getroffen. Das Rekursgericht hat aus der vom Antragsteller vorgelegten Scheidungsklage der Antragsgegnerin zwar Feststellungen ergänzt. Dabei handelt es sich aber weit überwiegend um solche zum Eigentum der S***** d.o.o., also einer, der österreichischen GmbH vergleichbaren Gesellschaft. Inwieweit deren Vermögenswerte für die Aufteilungsmasse relevant wären, ist nicht ersichtlich. Hinsichtlich des Antragstellers selbst heißt es in den ergänzten Feststellungen, dass er Eigentümer eines riesigen Vermögens in Höhe etlicher Millionen EUR sei, wobei die konkret festgestellten Werte aufsummiert rund 1,6 Mio EUR betragen. Wie groß das der Aufteilung unterliegende Vermögen tatsächlich ist, steht aber nicht annähernd fest. Ob daher die Vermögensdisposition der Antragsgegnerin - unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nach slowenischem Recht die Führung des Haushalts und Erziehung der Kinder ebenfalls als Beitrag zum gemeinschaftlichen Erwerb angesehen werden - überhaupt geeignet war, den realistischen Aufteilungsanspruch des Antragstellers zu gefährden, kann derzeit nicht beurteilt werden.

Die vom Rekursgericht aufgeworfene Frage, ob eine Gegenausnahme im Sinne einer Gefährdung des Aufteilungsanspruchs auch dann anzunehmen sei, wenn die Disposition des Gegners der gefährdeten Partei praktisch das ganze geldgleiche Vermögen erfasst, stellt sich schon insofern nicht, als dies vom Rekursgericht lediglich als „offenbar" unterstellt wurde. Feststellungen dazu gibt es nicht, ebenso wenig Anhaltspunkte, warum ein Konto in Österreich eine solche Funktion haben sollte.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm § 78 AußStrG.

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