Spruch:
Der Revision (und dem darin enthaltenen Rekurs) wird teilweise Folge gegeben.
Die Berufungsentscheidung wird dahin abgeändert, dass sie - unter Einschluss der rechtskräftigen Abweisung von EUR 3.801,50 sA und des Feststellungsmehrbegehrens im Umfang von 50 % - insgesamt wie folgt zu lauten hat:
1.) Es wird festgestellt, dass die beklagten Parteien der klagenden Partei aus dem Unfall vom 23. 5. 2005 hinsichtlich des Begehrens von EUR 7.603,-- sA dem Grunde nach zu 25 % zur ungeteilten Hand zu haften haben.
2.) Das Begehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei EUR 5.702,25 samt 4 % Zinsen seit 23. 5. 2005 zu bezahlen, wird abgewiesen.
3.) Das (die Haftung für künftige Schadenersatzansprüche aus dem Unfall vom 23. 5. 2005 betreffende) Feststellungsbegehren wird im Umfang von 75 % abgewiesen.
4.) Hinsichtlich der Entscheidung über das Feststellungsbegehren im Umfang von 25 % wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
5.) Die Verfahrenskosten zweiter und dritter Instanz sind insoweit weitere Verfahrenskosten; im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 23. 5. 2005 ereignete sich in der Innenstadt von Wien auf der Kreuzung Albertinaplatz- Philharmonikerstraße-Operngasse-Hanuschgasse ein Verkehrsunfall zwischen der Klägerin als Radfahrerin und einem vom Erstbeklagten gelenkten, von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten PKW. Die Klägerin fuhr auf dem in der Operngasse (gegen die Einbahn) geführten Radweg nordwärts, der Erstbeklagte (in ihrer Fahrtrichtung gesehen) von rechts kommend auf der Philharmonikerstraße westwärts. Vor der Kreuzung befindet sich - in Fahrtrichtung der Klägerin - linker Hand das durch einen roten Querbalken (§ 52 lit b Z 22a StVO) gekreuzte und damit das Ende des Radweges anzeigende Gebotszeichen „Radweg" (§ 52 lit b Z 16 StVO), rechter Hand das Vorschriftszeichen „Vorrang geben" (§ 52 lit c Z 23 StVO) samt Hinweiszeichen „Kennzeichnung eines Schutzweges" (§ 53 Abs 1 Z 2a StVO), der an dieser Stelle quer über die Operngasse führt. In der Verlängerung des Radweges leiten zwei durch unterbrochene weiße Längsmarkierungen gezeichnete Linien Radfahrer weiter über den Albertinaplatz, wo von rechts (abermals in Fahrtrichtung der Klägerin) trichterförmig die Philharmonikerstraße einmündet. Auch für den von dort (wie der Erstbeklagte) westwärts fahrenden Verkehr ist (rechter Hand in dessen Fahrtrichtung) ua ein Vorschriftszeichen „Vorrang geben" (§ 52 lit c Z 23 StVO) angebracht. Im gesamten Unfallstellenbereich beträgt die Höchstgeschwindigkeit 30 km/h. Erst- und Berufungsgericht haben zur Verdeutlichung des Kreuzungsbereiches auf eine zum integrierenden Bestandteil erklärte Maßstabsskizze verwiesen. Für das Verständnis und die weitere rechtliche Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof genügt jedoch die zuvor wiedergegebene Kreuzungsbeschreibung (§ 510 Abs 3 erster Satz ZPO).
Die Klägerin hielt vor Einfahren in die Kreuzung unmittelbar nach dem die Operngasse querenden Schutzweg an und sah von dieser Stillstandposition aus das von rechts kommende Beklagtenfahrzeug, welches sich noch vor dem die Philharmonikerstraße querenden Schutzweg am linken (zur gegenüberliegenden Hanuschgasse führenden) Fahrstreifen befand. Der Erstbeklagte erkannte zwar die (sich zu diesem Zeitpunkt offenbar noch in Bewegung befindliche) Klägerin und verlangsamte zunächst auf ca 12 km/h, um sich in weiterer Folge auf den aus seiner Sicht von rechts kommenden Verkehr zu konzentrieren; auf die Klägerin achtete er hiebei in der Folge nicht mehr, weil er annahm, sie werde anhalten (und ihn passieren lassen). Da die Klägerin auf Grund dessen Geschwindigkeitsreduzierung ihrerseits jedoch annahm, der Erstbeklagte werde anhalten, fuhr sie wiederum los. Als sie - unter Erreichen einer Geschwindigkeit von 9 km/h - bemerkte, dass das Beklagtenfahrzeug statt anzuhalten beschleunigte, reagierte sie nur mit lautem Rufen und Handzeichen, bremste jedoch nicht, sodass es zur Kollision kam. Bei einer normalen Betriebsbremsung hätte sie jedoch kollisionsfrei anhalten können. Mit ihrer am 14. 10. 2005 eingebrachten Klage begehrte sie die Verurteilung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung ihres mit insgesamt EUR 7.603,-- sA (Schmerzengeld, Reparaturkosten, verlorene Kontaktlinsen, Taxispesen und Besuchskosten) bezifferten Schadens aus dem Alleinverschulden des Erstbeklagten, der unachtsam gefahren und außerdem seinen ihr gegenüber bestehenden Nachrang missachtet habe. Außerdem erhob sie hinsichtlich künftiger Schadenersatzansprüche ein Feststellungsbegehren.
Die beklagten Parteien bestritten das Klagebegehren und wendeten ein, dass sich der Erstbeklagte auf Grund des für die Klägerin beim Schutzweg angebrachten Vorschriftszeichens im Vorrang befunden habe; auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für beide Lenker ein solches Verkehrszeichen aufgestellt gewesen sei, habe sich der Erstbeklagte jedenfalls im Rechtsvorrang befunden. Außerdem habe die Klägerin auf einen allfälligen Vorrang durch ihr Anhalten verzichtet und schließlich durch Einhalten einer überhöhten Geschwindigkeit ohne Bremsreaktion den Unfall allein verschuldet. Als Gegenforderung wurde ein Betrag von EUR 3.286,20 (Reparaturkosten, Wertminderung, Sachverständigengutachten und Nebenspesen) kompensando eingewendet. Das Erstgericht wies - mit „Teil-Zwischenurteil", später berichtigt auf Endurteil - das Klagebegehren ab. Es beurteilte den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, dass die Klägerin keinen Vorrang für sich in Anspruch nehmen könne. Bei der von ihr benützten Verkehrsfläche im Kreuzungsbereich habe es sich mangels vorgeschriebener Bodenmarkierungen um keine Radfahrerüberfahrt im Sinne des § 9 Abs 2 StVO gehandelt; zudem sei ihr durch das Vorschriftszeichen „Vorrang geben" der Vorrang genommen gewesen. Der Erstbeklagte habe vertrauen dürfen, dass sie als Wartepflichtige weiterhin anhalten werde. Ein Verschulden des Erstbeklagten, die Klägerin am Räumen der Kreuzung behindert zu haben, liege nicht vor. Vielmehr habe die Klägerin durch die Missachtung des Vorranges des Erstbeklagten sowie durch ihre falsche Reaktion den gegenständlichen Verkehrsunfall allein verschuldet. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass (als Teil- und Zwischenurteil) festgestellt wurde, dass die beklagten Parteien der Klägerin hinsichtlich des Begehrens auf Zahlung von EUR 7.603,-- zu 50 % haften; das Mehrbegehren von EUR 3.801,50 sA wurde (rechtskräftig) abgewiesen, ebenso (gleichfalls rechtskräftig) das Feststellungsmehrbegehren im Umfang von 50 %. Hinsichtlich der Entscheidung über das Feststellungsbegehren im Umfang von 50 % wurde das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen. Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,--, nicht aber EUR 20.000,-- übersteigt. Sowohl die ordentliche Revision als auch der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss wurden für zulässig erklärt.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte in rechtlicher Hinsicht (abweichend vom Erstgericht) zusammengefasst Folgendes aus:
Zunächst treffe es zu, dass sich die Klägerin nicht auf einer Radfahrerüberfahrt im Sinne des § 2 Abs 1 Z 12a StVO befunden habe. Daraus, dass für beide Unfallbeteiligten das Vorschriftszeichen „Vorrang geben" aufgestellt worden sei, lasse sich nicht für den Erstbeklagten ableiten, dass sich daraus keine Wartepflicht gegenüber dem von links kommenden Verkehr (so wie die Klägerin gekommen sei) ergeben würde, denn für den von rechts aus der Operngasse kommenden Verkehr wäre das Vorschriftszeichen „Vorrang geben" nicht nötig, weil der von rechts kommende Verkehr ja ohnehin gemäß § 19 Abs 1 StVO benachrangt sei. Unzutreffend sei die Ansicht des Erstgerichtes - und insoweit die Berufung berechtigt -, dass der Erstbeklagte einen Rechtsvorrang für sich in Anspruch nehmen könnte. § 19 Abs 1 StVO bestimme, dass Fahrzeuge, die von rechts kommen, den Vorrang haben, sofern die folgenden Absätze nichts anderes bestimmen. § 19 Abs 4 StVO normiere in der Folge, dass sowohl die von rechts als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang hätten, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen „Vorrang geben" angebracht sei. Da dieses Vorschriftszeichen für beide beteiligten Fahrzeuglenker angebracht sei, sei sohin für die Annahme eines Rechtsvorranges gemäß § 19 Abs 1 StVO kein Raum mehr. Die Anbringung des Vorschriftszeichens „Vorrang geben" für beide Fahrzeuglenker habe aber zur Folge, dass keiner der beiden dem anderen gegenüber einen Vorrang in Anspruch nehmen habe können oder dem anderen gegenüber wartepflichtig gewesen wäre. Vielmehr müsse bei dieser Konstellation davon ausgegangen werden, dass beide Fahrzeuglenker verpflichtet gewesen wären, auf den anderen Rücksicht zu nehmen und allenfalls durch eine Kontaktaufnahme zu klären, wer von beiden die Vorfahrt haben solle. Da sie das nicht getan hätten, der Erstbeklagte vielmehr auf den von links kommenden Verkehr überhaupt nicht geachtet habe, die Klägerin hingegen auf das Einfahren des Beklagtenfahrzeuges in die Kreuzung nur durch lautes Rufen und Handzeichen reagiert habe, obwohl sie mit einer normalen Betriebsbremsung kollisionsfrei anhalten hätte können, sei von einem gleichteiligen Verschulden der beiden Fahrzeuglenker auszugehen. Von einem Vorrangverzicht der Klägerin gemäß § 19 Abs 8 StVO sei hingegen nicht auszugehen, weil sich nach dem festgestellten Sachverhalt zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin im Bereich des Schutzweges angehalten habe, das Beklagtenfahrzeug noch vor dem die Philharmonikerstraße querenden Schutzweg befunden habe und damit ja noch nicht einmal festgestanden sei, ob sich das Beklagtenfahrzeug dann in Richtung Operngasse weiter bewegen oder allenfalls in die dort befindliche Nebenfahrbahn nach rechts abbiegen würde.
Mangels Feststellungen zu den beiderseitigen Schadenshöhen sei der Aufhebungsbeschluss erforderlich gewesen.
Zur Zulassung der Revision und des Rekurses führte das Berufungsgericht aus, dass es zur Ansicht neige, dass die Vorschriftszeichen „Vorrang geben" an der hier zu beurteilenden Unfallkreuzung „nicht sehr überlegt aufgestellt" worden seien. Soweit überblickbar liege keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vor, ob bzw wer in einem solchen Fall wartepflichtig sei. Das Berufungsgericht erachte daher die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO als gegeben.
Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Parteien mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des klageabweislichen Ersturteiles abzuändern. Das Rechtsmittel ist im Hinblick auf Antrag und Gründe auch als Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss zu werten.
Die klagende Partei hat keine Rechtsmittelbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist zulässig, weil die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes einer Korrektur bedarf, jedoch nur teilweise berechtigt.
Schwerpunkt der Rechtsmittelausführungen bildet der von den beklagten Parteien behauptete Vorrangverzicht der Klägerin durch Zum-Stillstand-Bringen ihres Fahrrades. Maßgebliche Rechtsnorm für die Beurteilung dieses Fahrverhaltens der Klägerin ist § 19 Abs 8 StVO. Danach darf der Lenker eines Fahrzeuges (nach § 2 Abs 2 Z 19 und Z 22 StVO sohin auch eines Fahrrades) „auf seinen Vorrang verzichten, wobei ein solcher Verzicht dem Wartepflichtigen deutlich erkennbar zu machen ist. Das Zum-Stillstand-Bringen eines Fahrzeuges, ausgenommen eines Schienenfahrzeuges in Haltestellen, aus welchem Grunde immer, insbesondere auch in Befolgung eines gesetzlichen Gebotes, gilt als Verzicht auf den Vorrang."
Das Zum-Stillstand-Bringen eines Fahrzeuges stellt auch dann einen Vorrangverzicht dar, wenn das Fahrzeug bereits zum Teil in die vom benachrangten Verkehrsteilnehmer berührte Verkehrsfläche eingefahren ist, aber noch so viel Raum verbleibt, um dem ursprünglich benachrangten Verkehrsteilnehmer ein gefahrloses Passieren des stehenden Fahrzeuges zu ermöglichen; es macht für den an sich Benachrangten keinen wesentlichen Unterschied, ob der ursprünglich Bevorrangte vor der Kreuzung anhält oder nur so weit in diese einfährt, dass er ohne weiteres passieren kann (RIS-Justiz RS0106961). Dass das Zum-Stillstand-Bringen eines Fahrzeuges nur dann als Vorrangverzicht zu qualifizieren wäre, wenn das Fahrzeug über einen bestimmten längeren Zeitraum angehalten wird, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen; es genügt, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer den durch das Zum-Stillstand-Bringen des Fahrzeuges zum Ausdruck gebrachten Vorrangverzicht zweifelsfrei zur Kenntnis nehmen kann (RIS-Justiz RS0074862). Die gesetzliche Regelung macht auch keinen Unterschied zwischen einem freiwilligen und einem in Befolgung eines gesetzlichen Gebotes erfolgten Vorrangverzicht; sie gilt daher gleichermaßen für beide Fälle (RIS-Justiz RS0074876). Wer sein Fahrzeug an einer Kreuzung in einer Weise zum Stillstand bringt, dass dies im Sichtbereich befindliche Verkehrsteilnehmer als solches wahrnehmen können, muss also sein weiteres Fahrverhalten darauf einstellen, dass andere Verkehrsteilnehmer dies als Vorrangverzicht auffassen (RIS-Justiz RS0074956).
Kein Vorrangverzicht liegt jedoch vor, wenn der nachrangige Fahrer das vorrangige Fahrzeug erst wahrnahm, als es sich nach einem Anhalten schon wieder in Bewegung befand (RIS-Justiz RS0074944). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Erstbeklagte die Klägerin „im Bereich K1" (der Maßstabsskizze; dh im Bereich nach dem Schutzweg der Operngasse) zwar wahrgenommen, jedoch bloß angenommen, sie „werde" anhalten (S 6 des Ersturteiles = AS 93), weshalb nicht unterstellt werden kann, der Erstbeklagte habe die Klägerin auch tatsächlich dort stehen gesehen und auf ihr weiteres Anhalten vertraut. Hat der Erstbeklagte aber die Klägerin nicht im Stillstand, sondern (noch oder wieder) in Bewegung gesehen und bloß angenommen, sie werde anhalten, so kann er schon deshalb nicht von einem Vorrangverzicht ausgegangen sein.
Damit stellt sich die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage des beiderseitigen Vorrang/Nachrangverhältnisses angesichts der für beide Fahrtrichtungen der Beteiligten aufgestellten Vorschriftszeichen „Vorrang geben". Zu 8 Ob 40/87 (ZVR 1988/43) und 2 Ob 61/88 (RIS-Justiz RS0074388) hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass bei Fahrzeugen, die aus durch dieses Vorschriftszeichen abgewerteten Straßenzügen in eine Kreuzung einfahren und dort aufeinander treffen, der Rechtsvorrang gilt - wonach also dem Erstbeklagten der Vorrang zukäme. Ob dies auch für die besondere Kreuzungskonstellation im vorliegenden Fall fortzuschreiben ist, kann dahingestellt bleiben, weil die Klägerin jedenfalls nach der Bestimmung des § 19 Abs 6a StVO gegenüber dem Erstbeklagten im Nachrang war, hat sie doch eine Radfahranlage verlassen (der Radweg setzte sich unstrittig nicht als Radfahrerüberfahrt fort; es waren nur Leitlinien vorhanden) und sich der Erstbeklagte somit ihr gegenüber jedenfalls auf Grund dieser Bestimmung - anders als in 2 Ob 256/04t, ZVR 2006/30 (Vorschriftszeichen „Halt") - im Fließvorrang befunden. War aber die Klägerin nicht nach § 19 StVO bevorrangt, so hätte sie auch unter diesen Umständen gar nicht auf einen Vorrang nach § 19 Abs 8 StVO verzichten können.
Dies führt zum Ergebnis, dass die Klägerin wegen ihres Nachranges - aber auch unter Berücksichtigung des nicht zu vernachlässigenden Umstandes, dass sie ein völlig unsachgemäßes und zur Gefahrenverhütung untaugliches Verhalten bei Erkennen der Gefahr (nämlich statt normaler, den Unfall vermeidender Betriebsbremsung „lautes Rufen und Handzeichen") setzte - jedenfalls das weit überwiegende Überschulden am Zustandekommen des Unfalles trifft. Berücksichtigt man, dass auch der Erstbeklagte zufolge der (angesichts der an der Unfallkreuzung vorhandenen, leicht misszuverstehenden Bodenmarkierungen und Verkehrszeichen) unklaren Verkehrssituation insgesamt größeres Augenmerk der sich ihm nähernden Radfahrerin widmen hätte müssen, anstatt - ohne diese weiter zu beobachten - beschleunigend weiter zu fahren, erscheint eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 3 zu Lasten der Klägerin angemessen (§ 1304 ABGB iVm § 7 Abs 1 EKHG).
In diesem Sinne war daher das Teil- und Zwischenurteil des Berufungsgerichtes spruchgemäß abzuändern. Angesichts der fehlenden Feststellungen zu den zur Stützung des Feststellungsbegehrens behaupteten Dauerfolgen hat es im Übrigen (im Umfang von 25 %) beim Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts zu verbleiben. Der Kostenvorbehalt ist im § 52 Abs 1 ZPO begründet.
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