Normen
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §5 (1)
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §6 (2)
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §15 (1) Z3
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §19 (2)
Strafgesetz §467b
ZPO §268
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §5 (1)
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §6 (2)
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §15 (1) Z3
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §19 (2)
Strafgesetz §467b
ZPO §268
Spruch:
Die Verurteilung des Lenkers nach § 467b StG. schließt die Haftung des Halters aus.
Entscheidung vom 3. Juni 1969, 2 Ob 122/69.
I. Instanz: Kreisgericht St. Pölten; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Erstbeklagte verschuldete am 19. Juni 1966 gegen 0 Uhr 40 auf der Bundesstraße 227 westlich von B. als Lenker des PKWs, den ihm der Zweitbeklagte am Tag vorher zur Ausführung einer Reparatur übergeben hatte, einen Verkehrsunfall, bei dem sein Fahrgast, der bei der klagenden Partei pensionsversicherte Adolf Z., den Tod fand. Er wurde deshalb nach §§ 467b, 335, 337b StG. verurteilt.
Die Klägerin begehrte vom Erstbeklagten als Lenker und vom Zweitbeklagten als Halter des PKWs die Zahlung von 22.309.30 S als Ersatz für die Renten, die sie in der Zeit vom 19. Juni 1966 bis 31. März 1968 an die Witwe und die Tochter des tödlich Verunglückten bezahlt habe. Außerdem stellte sie ein Feststellungsbegehren für ihre künftigen Regreßansprüche.
Die beiden Beklagten beantragten die Abweisung der Klage.
Das Erstgericht verurteilte die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 14.872.87 S s. A. und stellte die Solidarhaftung der beiden Beklagten für 2/3 der Pflichtaufwendungen der Klägerin nach Maßgabe des Forderungsüberganges nach § 109 GSpVG. fest. Das Mehrbegehren wies es ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin dahin Folge, daß der Erstbeklagte 22.309.30 S s. A. zu zahlen habe. Das Feststellungserkenntnis blieb unverändert. Hingegen wurde das Leistungs- und Feststellungsbegehren gegenüber der zweitbeklagten Partei abgewiesen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes war Josef W. alkoholisiert (2.2 Promille). Er hatte zunächst mit dem reparierten Wagen eine Fahrt zum Kino unternommen und nach der Vorstellung gemeinsam mit Z., den er zufällig getroffen hatte, eine Zechtour unternommen, in deren Verlauf das Espresso einer Tankstelle in der W.-Straße, dann ein Gasthaus in R., in M. und schließlich in B. aufgesucht wurden.
Das Erstgericht schenkte zwar den Angaben des Erstbeklagten als Partei, daß ihm der Zweitbeklagte zur Durchführung einer Probefahrt die Kraftfahrzeugpapiere ausgehändigt habe, keinen Glauben, war aber der Ansicht, es könne unter keinen Umständen als völlig aus dem Rahmen fallend bezeichnet werden, wenn jemand nach der Durchführung einer Reparatur mit dem reparierten Fahrzeug eine Probefahrt unternehme; eine solche Fahrt sei in manchen Fällen geradezu notwendig, um den Erfolg einer Reparatur festzustellen, wie z. B. in diesem Falle nach der Reparatur der Bremsen und der Federung. Es liege keine Schwarzfahrt des Erstbeklagten vor. Der Zweitbeklagte habe dem Erstbeklagten das Kraftfahrzeug überlassen und hafte daher für den vom Erstbeklagten verschuldeten Verkehrsunfall.
Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen, meinte jedoch, im vorliegenden Fall sei die begrenzte Halterhaftung nach §§ 5 (1), 6 (2 und 15 (1) Z. 3 EKHG. ausgeschlossen, weil der Getötete ohne den Willen des Halters - nämlich des Zweitbeklagten - befördert worden sei (§ 3 Z. 2 EKHG.). Daß der Verunglückte mit dem Willen der Vertrauensperson des Zweitbeklagten, der der PKW überlassen war, also des Erstbeklagten, befördert worden sei, genüge für die Anwendung des EKHG. nicht. Eine Haftung des Zweitbeklagten nach § 19 (2) EKHG. komme deshalb nicht in Betracht, weil der PKW des Zweitbeklagten bei der Unglücksfahrt unter Mißachtung seines Vertrauens gegen seinen mußmaßlichen Willen benutzt worden sei. Das Erstgericht übersehe, daß der Erstbeklagte vom Strafgericht nach § 467b StG. verurteilt wurde. Dieses Straferkenntnis, an das die Zivilgerichte gebunden seien, schließe denknotwendig aus, daß sich der Unfall auf einer Probefahrt ereignet habe.
Die Revisionswerberin vertritt weiterhin die Ansicht, daß ungeachtet der Verurteilung des Erstbeklagten nach § 467b StG. der Zweitbeklagte gemäß § 19 (2) EKHG. hafte, weil die Probefahrt nicht völlig aus dem Rahmen der dem Erstbeklagten eingeräumten Ermächtigung gefallen sei. Der Erstbeklagte habe bloß das Nützliche mit dem Angenehmen verbunden, wenn er ein Kino und danach mehrere Gasthäuser besucht habe. Der Erstbeklagte sei also während der ganzen Fahrt auch im Interesse des Zweitbeklagten tätig gewesen. Jedenfalls hafte der Zweitbeklagte nach §§ 1, 5, 15 EKHG, im beschränkten Umfang als Halter, weil der PKW dem Erstbeklagten vom Zweitbeklagten überlassen worden sei, sodaß der Erstbeklagte als Vertrauensmann des Zweitbeklagten zur Benützung des Wagens und daher auch zur Mitnahme von Personen befugt gewesen sei.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Der Erstbeklagte wurde vom Strafgericht für schuldig erkannt, den PKW des Zweitbeklagten vorsätzlich ohne dessen Einwilligung n Gebrauch genommen zu haben (§ 467b StG.). Dies wurde damit begrundet, daß der Erstbeklagte vom Zweitbeklagten lediglich die Erlaubnis gehabt habe, diesem den Kraftwagen zu seiner Wohnung zu fahren, nicht aber in der Umgebung von St. Probefahrten vorzunehmen. An diesen Schuldspruch und die ihn tragenden Tatsachenfeststellungen ist das Zivilgericht gemäß § 268 ZPO. gebunden (ZVR. 1969 Nr. 57, SZ. XXIV 307). Damit erübrigen sich alle weiteren Erwägungen, ob die Unglücksfahrt als Probefahrt zu werten und ob sie aus dem üblichen Rahmen gefallen sei. Die Fahrt des Erstbeklagten ist eine Schwarzfahrt desjenigen, dem das Fahrzeug zwar überlassen worden war, der es aber in einer völlig aus dem Rahmen seiner Befugnis fallenden Art benutzte. Für diese Schwarzfahrt haftet der Zweitbeklagte nicht nach § 19 (2) EKHG. (EvBl. 1968 Nr. 108). Eine solche Haftung kann auch nicht auf § 3 Z. 2 EKHG, gestützt werden, weil der Verunglückte ohne den Willen des Halters, eben auf einer Schwarzfahrt, befördert wurde.
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