OGH 2Ob119/21w

OGH2Ob119/21w25.11.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Musger und Dr. Nowotny, die Hofrätin Mag. Malesich sowie den Hofrat MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T* Y*, vertreten durch Dr. Paul Fuchs, Rechtsanwalt in Thalheim bei Wels, gegen die beklagte Partei K* GmbH, *, vertreten durch Dr. Thomas Ebner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 23.984 EUR und Feststellung (Streitwert 7.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Mai 2021, GZ 3 R 5/21h‑29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 23. November 2020, GZ 18 Cg 7/20y‑22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0020OB00119.21W.1125.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte war Baustellenkoordinatorin bei einem großen Bauvorhaben. Der Kläger, ein auf der Baustelle tätiger Arbeitnehmer, stürzte am 22. 10. 2018 im Bereich einer Zwischendecke in einen etwa sieben Meter tiefen Schacht, wodurch er schwer verletzt wurde.

[2] Da die Zwischendecke zwischen dem Altbestand und dem Neubau der Halle nicht durchgängig war, wurde sie im Altbestand mit vollflächigen Paneelwänden als Absturzsicherungen versehen. Am 4. 10. 2018 hielt der mit der Baustellenkoordination beauftragte Angestellte der Beklagten (in der Folge nur: Baustellenkoordinator) in einem Protokoll fest, dass zwei Mitarbeiter des Arbeitgebers des Klägers Absperrungen gegen Absturz demontiert hätten, was nicht zulässig sei. Mit Protokoll vom 8. 10. 2018 erhielt der Baustellenkoordinator folgende Information:

„Wanddurchbrüche in Paneelwand

Zwei Wanddurchbrüche in der von der Firma X erstellten Paneelwand sollten auf Wunsch der Firma X von der Firma Y hergestellt werden.“

 

[3] Im Protokoll wurde weder ein Datum für die Umsetzung dieser Maßnahme noch die Größe oder Lage der geplanten Wanddurchbrüche genannt. Das Öffnen der Paneelwände war wegen des Versetzens eines Lüftungskanals erforderlich. Das ausführende Bauunternehmen nahm „Mitte Oktober 2018“ einen Durchbruch von rund 2 mal 2 Metern vor, obwohl die örtliche Bauaufsicht (ÖBA) nur einen solchen von 1,5 mal 1,5 Metern angeordnet hatte. Die Absicherung des Durchbruchs erfolgte nicht entsprechend dem Sicherheits- und Gesundheitsplan (SiGe‑Plan). Am 16. 10. 2018 versetzte ein weiteres Bauunternehmen den Lüftungskanal, wobei eine Öffnung von rund 65 cm zwischen Paneelwand und Lüftungskanal verblieb. Am 22. 10. 2018 durchschritt der Kläger diese Öffnung und stürzte in einen dahinter befindlichen Schacht. Obwohl es dunkel war, hatte er den neben der von ihm benutzten Leiter vorhandenen Lichtschalter nicht betätigt.

[4] Der Baustellenkoordinator war etwa alle ein bis zwei Wochen auf der Baustelle. Vor dem Unfall war er zuletzt am 16. 10. 2018 vor Ort. Er erhielt weder von der ÖBA noch einem der ausführenden Bauunternehmen nähere Informationen über den geplanten Durchbruch der Wandpaneele und sah daher keine Veranlassung, die Zwischendecke zu inspizieren.

[5] Der Kläger begehrt die Zahlung von 23.984 EUR sA an Schmerzengeld und Pflegekosten sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Unfallschäden. Die Beklagte als Baustellenkoordinatorin habe ihre Verpflichtung zur Überwachung im Interesse des Arbeitnehmerschutzes iSd § 5 BauKG verletzt. Sie hätte sich nach Öffnung des Wanddurchbruchs um dessen ordnungsgemäße Absicherung kümmern müssen, zumal dieser Bereich frei zugänglich gewesen sei. Tatsächlich sei bloß eine ungenügende Sicherung durch ein rot-weißes Flatterband erfolgt. Die Beklagte habe Kenntnis vom für Oktober 2018 geplanten Durchbruch gehabt. Sie sei daher verpflichtet gewesen, auf die Änderung von Baustelleneinrichtungen durch laufende Kontrollen zu reagieren. Da die Beklagte die Gefahrenquelle sieben Tage lang ungesichert bestehen habe lassen, treffe sie das Alleinverschulden. Der Kläger habe keine Kenntnis von der Existenz eines Lichtschalters gehabt. Er habe im betreffenden Bauteil Arbeiten zu verrichten gehabt.

[6] Die Beklagtebestreitet, weil sie ihre Kontrollpflichten in ausreichendem Maß wahrgenommen habe. Die eine Sicherungsfunktion erfüllenden Paneelwände seien am 18. 10. 2018 entgegen den Anweisungen der ÖBA nicht in einer Größe von 1,5 mal 1,5 Metern, sondern in einer solchen von etwas mehr als 2 mal 2 Metern ausgeschnitten worden. Diese Abweichung des ausführenden Unternehmens sei für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen; es habe auch keine Verpflichtung der Beklagten bestanden, die Ausführung der Öffnung zu kontrollieren. Bei Einhaltung der Anweisung wäre ein Passieren des Durchbruchs neben dem Lüftungskanal gar nicht möglich gewesen. Die Absperrung sei nur durch ein Flatterband und somit unzureichend erfolgt; allerdings sei dies für den Unfall nicht kausal gewesen, weil den Kläger auch eine zur Absperrung ausreichende Kette nicht vom Durchsteigen der Öffnung abgehalten hätte. Vor dem Unfall des Klägers sei das Flatterband überdies von einem anderen Bauunternehmen entfernt worden. Am 16. 10. 2018 habe die Beklagte die letzte Kontrolle auf der Baustelle vor dem Unfall durchgeführt; zu diesem Zeitpunkt sei der Durchbruch noch gar nicht vorhanden gewesen. Die Beklagte habe von der Schaffung einer Gefahrenquelle nichts gewusst.

[7] Das Alleinverschulden am Unfall treffe den Kläger, der einen schwer zugänglichen und abgesicherten Baustellenbereich aufgesucht und grob fahrlässig ein Loch in der Paneelwand durchstiegen habe. Die abgehängte Decke hätte nur aufgrund eines angeordneten Arbeitseinsatzes und nur gesichert betreten werden dürfen. Der Kläger habe weder einen Arbeitseinsatz im Sturzbereich gehabt noch eine Sicherung; er habe außerdem den Lichtschalter nicht betätigt. Bei ausreichender Beleuchtung hätte der Kläger das herabhängende Flatterband und das Ende der hinteren Kante der Zwischendecke erkennen können.

[8] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil der Baustellenkoordinator die ihm vom BauKG auferlegten Pflichten erfüllt habe, indem er regelmäßige Rücksprache mit der ÖBA gehalten und die sehr große Baustelle alle ein bis zwei Wochen begutachtet habe. Es sei ihm gar nicht möglich gewesen, den Durchbruch der Wandpaneele als Gefahrenquelle zu erkennen.

[9] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verwarf zwar eine Mängelrüge, erledigte aber aus rechtlichen Erwägungen nur einen Teil der Beweisrüge. Es ist damit auf Tatsachenebene derzeit unklar, ob der Arbeiter des den Wanddurchbruch herstellenden Unternehmens eine Absperrung nur mit einem rot-weißen Absperrband oder auch mit Holzbrettern vornahm, ob das den Lüftungskanal versetzende Unternehmen überhaupt keine Absicherung der verbliebenen Öffnung von 65 cm oder eine solche nur mit einem Absperrband vornahm und ob der Kläger auf der Zwischendecke überhaupt Arbeiten zu verrichten hatte.

[10] In rechtlicher Hinsicht teilte das Berufungsgericht die Rechtsansicht des Erstgerichts. Bei der Fehlleistung der an der Durchführung der Wanddurchbrüche beteiligten Unternehmen handle es sich um keine wesentliche Änderung, die der Baustellenkoordinator besonders überwachen hätte müssen.

[11] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im klagsstattgebenden Sinn; hilfsweise begehrt er die Aufhebung und Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht.

[12] Die Beklagte beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[13] Die Revision ist zulässig, weil dem Berufungsgericht eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Sie ist im Sinn eines im primär gestellten Abänderungsantrag enthaltenen Antrags auf Aufhebung in die zweite Instanz (vgl 1 Ob 21/16v) auch berechtigt.

[14] Die Klägerin releviert ein Abweichen des Berufungsgerichts von den Grundsätzen der Entscheidung 1 Ob 233/03a. Der Baustellenkoordinator habe auf die ihm am 8. 10. 2018 bekanntgegebene Absicht, Wanddurchbrüche in den der Absturzsicherung dienenden Paneelen herzustellen, bis zum 22. 10. 2018 nicht reagiert, obwohl es sich dabei um die wesentliche Änderung einer Baustelleneinrichtung gehandelt habe.

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

1. Haftung der Beklagten nach dem BauKG

[15] 1.1. Durch die Vorschriften des (hier unstrittig anzuwendenden) Bauarbeitenkoordinationsgesetzes (BauKG) soll den Gefahren begegnet werden, die auf einer Baustelle aufgrund der gleichzeitig oder aufeinander folgenden Tätigkeit von Arbeitnehmern verschiedener Unternehmen entstehen (vgl RS0119449). Den gemäß § 3 Abs 1 BauKG bestellten Baustellenkoordinator – hier die Beklagte – treffen im Interesse des Arbeitnehmerschutzes gemäß § 5 BauKG Koordinationspflichten (Abs 1), Überwachungspflichten (Abs 2) und Organisationspflichten (Abs 3). So hat er gemäß § 5 Abs 1 BauKG unter anderem die Umsetzung der allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG bei der Durchführung der Arbeiten (Z 1) und die Umsetzung der für die betreffende Baustelle geltenden Bestimmungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (Z 2) zu koordinieren. Gemäß § 5 Abs 2 BauKG hat er unter anderem darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den SiGe‑Plan (Z 1) und die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG (Z 2) anwenden.

[16] 1.2. Die Haftung für eine allfällige Pflichtverletzung des Baustellenkoordinators ist mangels besonderer Regelung nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Demnach stellt sich der Pflichtenkatalog des BauKG als Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmer – iSd § 1311 ABGB – dar (RS0119450). Wer die Aufgaben als Baustellenkoordinator übernommen hat, haftet nach dem Maßstab des § 1299 ABGB für deren sachgerechte Erledigung (RS0124230). Er haftet den auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmern für Pflichtwidrigkeiten nicht nur deliktisch, sondern auch vertraglich nach dem Koordinationsvertrag; bedient er sich für die Erfüllung seiner (vertraglichen) Pflichten selbst eines Gehilfen, haftet er für diesen gemäß § 1313a ABGB (RS0015253).

[17] 1.3. Der Baustellenkoordinator hat zur Erfüllung der ihn nach § 5 Abs 2 BauKG treffenden Überwachungspflicht unter anderem ein Augenmerk auf den sicheren Zustand der Verkehrswege und dabei besonders auf die allgegenwärtige Gefahr eines Absturzes von Arbeitnehmern zu legen (Egglmeier-Schmolke, Haftung für Unfälle auf Baustellen, bbl 2007, 82 [89 f]). Der Baustellenkoordinator kommt seiner Überwachungspflicht dann ausreichend nach, wenn er den für den Sicherheitsmangel Verantwortlichen bzw, falls das nichts nützen sollte, den Arbeitgeber selbst auf den Missstand hinweist und ihn zur Beseitigung anhält. Eine laufende ständige Kontrolle der Sicherheitsvorkehrungen ist nicht notwendig, er kann im Allgemeinen darauf vertrauen, dass sich die stets vor Ort befindenden Sicherheitsfachkräfte und Sicherheitsvertrauenspersonen der einzelnen bauausführenden Unternehmer um die Erfüllung der Sicherheitsvorschriften kümmern (7 Ob 218/19p mwN). Das Verlangen nach einer Kontrolle der Sicherheitsvorkehrungen „rund um die Uhr“ würde eine Überspannung der Sorgfaltspflichten des Baustellenkoordinators bedeuten (2 Ob 272/03v).

[18] Allerdings kann die in § 5 Abs 4 BauKG normierte Pflicht, die Beseitigung festgestellter Missstände zu verlangen, nicht auf bloße Zufallsbefunde reduziert werden. Zwar ist im Allgemeinen die ständige Anwesenheit des Baustellenkoordinators auf der Baustelle nicht erforderlich, es müssen die Intervalle der Baustellenbesuche aber – je nach Beschaffenheit der Baustelle und nach Art und Intensität der Tätigkeiten – eine effektive Gefahrenverhütung ermöglichen. Aufgabe des Baustellenkoordinators ist es damit, auf Veränderungen auf der Baustelle und bei Baustelleneinrichtungen zu reagieren, um sicherzustellen, dass auch bei einer wesentlichen Änderung der Arbeitsabläufe oder der Änderung oder Neuerstellung von Baustelleneinrichtungen Arbeitnehmerschutzvorschriften eingehalten werden (1 Ob 233/03a).

[19] 1.4. Der von der Beklagten mit der Baustellenkoordination beauftragte und ihr gemäß § 1313a ABGB zuzurechnende Angestellte hat auf die Mitteilung vom 8. 10. 2018, dass Wanddurchbrüche in den als Absturzsicherung im Bereich der Zwischendecke verwendeten Paneelwänden erfolgen sollen, bis zum 22. 10. 2018 in keiner Weise reagiert. Weder die Feststellungen noch das wechselseitige Vorbringen lassen Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der Baustellenkoordinator in diesem Zeitraum von 14 Tagen bei den beteiligten Unternehmen oder der ÖBA wegen der geplanten Wanddurchbrüche nachgefragt hätte, obwohl er weder über Informationen zum geplanten Zeitpunkt der Arbeiten noch zur Größe der beabsichtigten Wanddurchbrüche verfügte. Eine solche Nachfrage wäre aber unter Zugrundelegung des von § 1299 ABGB vorgegebenen Maßstabs jedenfalls geboten gewesen, handelt es sich bei den in Aussicht genommenen Wanddurchbrüchen doch um die offenkundig sicherheitsrelevante Änderung einer Baustelleneinrichtung. Eine Überwachung wäre auch vor dem Hintergrund angezeigt gewesen, dass dem Baustellenkoordinator erst Anfang Oktober sicherheitsrelevante Probleme im Bereich der Kühldecke bekannt geworden waren. Vorzuwerfen ist dem Baustellenkoordinator weiters, dass er bei der letzten Baustellenbesichtigung vor dem späteren Unfall, die am 16. 10. 2018 stattfand, keine Besichtigung jenes Areals vornahm, in dem die Wanddurchbrüche geplant (und zu diesem Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Feststellungen auch bereits ausgeführt) waren. Dass er bei einer Besichtigung am 16. 10. 2018 die (unstrittig) unzureichende Absicherung der Wanddurchbrüche und die nach den Feststellungen deutlich größer als erforderlich erfolgte (und damit den Anweisungen der ÖBA widersprechende) Ausführung der Wanddurchbrüche erkennen hätte können, liegt auf der Hand.

[20] Es ist damit entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Rechtsansicht ein Verstoß des Baustellenkoordinators gegen seine Überwachungspflicht nach § 5 BauKG zu bejahen.

2. Mitverschulden des Klägers

[21] 2.1. Die Annahme eines Mitverschuldens iSd § 1304 ABGB setzt kein Verschulden im technischen Sinn voraus; es genügt vielmehr eine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern, worunter auch die Gesundheit fällt. Schon die Sorglosigkeit gegenüber eigenen Gütern führt dazu, dass der Geschädigte wenig schutzwürdig erscheint, weshalb dem Schädiger nicht mehr der Ersatz des gesamten Schadens aufzuerlegen ist (RS0022681 [insb T14]). Bei der Aufteilung des Verschuldens entscheiden vor allem der Grad der Fahrlässigkeit des einzelnen Verkehrsteilnehmers, die Größe und Wahrscheinlichkeit der durch das schuldhafte Verhalten bewirkten Gefahr und die Wichtigkeit der verletzten Vorschriften für die Sicherheit des Verkehrs im Allgemeinen und im konkreten Fall (RS0027389, RS0026861). In der Regel wird das Vorliegen beidseitigen Verschuldens zu einer Schadensteilung führen (RS0027202 [T14]).

[22] 2.2. Den Kläger trifft nach den bereits gesicherten Feststellungen schon deswegen ein nicht zu vernachlässigendes Mitverschulden, weil er den neben der von ihm benutzten Leiter vorhandenen – und ihm daher offenkundig erkennbaren – Lichtschalter nicht betätigte und somit in Dunkelheit den späteren Unfallbereich betrat.

3. Gewichtung der Verschuldensanteile

[23] 3.1. Eine abschließende Gewichtung der Verschuldensanteile der Beteiligten ist derzeit allerdings nicht möglich, weil das Berufungsgericht die Beweisrüge – wie oben ausgeführt – überwiegendunerledigt ließ. Unterbleibt die Behandlung einer Beweisrüge, mit der eine entscheidungswesentliche Feststellung bekämpft wurde, aus rechtlichen Gründen, liegt mangels gesicherter Tatsachengrundlage ein Feststellungsmangel vor, der im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge in dritter Instanz wahrzunehmen ist. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (1 Ob 42/21i mwN).

[24] 3.2. Es bleibt der Beurteilung des Berufungsgerichts vorbehalten, ob im Hinblick auf das Vorbringen zum Mitverschulden des Klägers neben der – aufgrund der vom Berufungsgericht bereits deutlich geäußerten Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebotenen – Beweiswiederholung auch eine Beweisergänzung (vgl Pimmer in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze³ IV/1 § 488 Rz 8 und § 496 Rz 78 f) erforderlich sein wird, um eine verlässliche Abwägung der Verschuldensanteile der Beteiligten zu ermöglichen.

[25] 4. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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