European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00112.22T.1025.000
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass das Urteil einschließlich seines rechtskräftigen Teils lautet:
„1. Die Klagsforderung (Geldforderung) besteht mit 15.990,18 EUR samt 4 % Zinsen jährlich aus 11.416,49 EUR von 6. 1. 2021 bis 3. 2. 2021 und aus 15.990,18 EUR seit 4. 2. 2021 zu Recht.
2. Die Gegenforderung (behauptete USt-Überzahlung 12/2015 bis 6/2020) besteht mit 10.936,04 EUR zu Recht.
3. Die Aufrechnungseinrede der beklagten Partei wird, soweit sie Schadenersatzansprüche im Gesamtbetrag von 127.699,45 EUR gegen C* als seinerzeitige Sachwalterin der beklagten Partei betrifft, abgewiesen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 5.054,14 EUR samt 4 % Zinsen jährlich aus 480,45 EUR von 6. 1. 2021 bis 3. 2. 2021 und aus 5.054,14 EUR ab 4. 2. 2022, die mit 3.894,48 EUR bestimmten Prozesskosten erster Instanz (darin enthalten 562,40 EUR USt und 520,10 EUR anteilige Pauschalgebühr) sowie die mit 1.546,26 EUR (darin enthalten 257,71 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
5. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei das im Haus *, gelegene Objekt *, geräumt von eigenen Fahrnissen, binnen 14 Tagen zu übergeben.
6. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere14.903,78 EUR samt Zinsen zu bezahlen, wird abgewiesen.
7. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an anteiliger Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren 572 EUR binnen 14 Tagen zu bezahlen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.259,56 EUR (darin enthalten 185,84 EUR USt und 1.144,50 EUR anteilige Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin ist eine offene Gesellschaft, deren beide selbständig vertretungsbefugte Gesellschafter seit 2012 C* (im Folgenden: „Sachwalterin“) und ihr Ehemannsind.
[2] 2012 schlossen A* als Vermieterin und die Klägerin als Mieterin über das in Punkt 5. des Spruchs bezeichnete Objekt (in der Folge „Objekt“) in der Größe von 141 m² einen Hauptmietvertrag auf unbestimmte Zeit ab, wonach das Objekt nur zu Bürozwecken verwendet werden durfte.
[3] Für die 1928 geborene Beklagte, die 2014 über ein Vermögen von ca 985.000 EUR verfügte, wurde bereits 2012 ein Sachwalter für alle Angelegenheiten bestellt. Nachdem sich im Zug eines gegen die Beklagte angestrengten, erfolgreichen Räumungsverfahrens der völlig devastierte Zustand ihrer Wohnung herausgestellt hatte, wurde 2015 der bisherige Sachwalter abberufen und die Sachwalterin mit dem gleichen Wirkungskreis bestellt. Diese beabsichtigte, der Beklagten das damals (abgesehen von einem von der Klägerin als Lager benützten Raum) leerstehende Objekt als Wohnung zur Verfügung zu stellen.
Am 1. 12. 2015 wurde folgende „Vereinbarung“ errichtet:
„VEREINBARUNG
zwischen
der Sachwalterin, [Name], DGKS, als Sachwalterin von Frau [Beklagte] …
und
Frau [Beklagte]
Hiermit wird vereinbart, dass Frau [Beklagte] mit einer 24-Stunden-Betreuung ... von ihrer Sachwalterin Frau [Name] die Wohnung in [Adresse des Objekts] ... gegen Kostenübernahme der Gesamtmiete und der Strom- und Gaskosten ab 01. 12. 2015 zur Verfügung gestellt bekommt. Diese Vereinbarung gilt so lange, bis eine andere Wohnmöglichkeit (Pflegeheimunterbringung, etc.) für Frau [Beklagte] zur Verfügung steht.
…
Diese Vereinbarung wird zur pflegschaftsbehördlichen Genehmigung dem Sachwalterschaftsgericht vorgelegt.
Wien, 01. 12. 2015“
[4] Darunter setzte die Sachwalterin zweimal ihre Unterschrift, und zwar links ohne Zusatz, rechts hingegen über einer Stampiglie, die unter namentlicher Erwähnung der Sachwalterin diese als Auftraggeberin und Sachwalterin der Beklagten bezeichnet.
[5] Mit Beschluss vom 22. 6. 2016 genehmigte das Pflegschaftsgericht diesen „Vertrag“ zwischen der Sachwalterin und der Betroffenen.
[6] In der Folge schrieb die Sachwalterin der Beklagten monatlich unter der Bezeichnung „Unkostenbeitrag Wohnraumnutzung“ einen Betrag zuzüglich 20 % USt vor. Bei diesen Vorschreibungsbeträgen handelt es sich exakt um jene Hauptmietbeträge, die der Klägerin als Hauptmieterin von der Vermieterin für das Objekt im selben Zeitraum vorgeschrieben und von der Klägerin an die Hausverwaltung bezahlt wurden, wobei der Klägerin für Hauptmietzins und Betriebskosten jeweils eine 20%ige USt verrechnet wurde.
[7] Die Beklagte bezahlte die vorgeschriebenen Beträge durch von der Sachwalterin veranlasste Überweisungen auf das Konto der Klägerin.
[8] Mit Beschluss des Pflegschaftsgerichts vom 8. 7. 2019 wurde der Beklagtenvertreter zum Kollisionskurator für die Beklagte bestellt mit dem Auftrag, die Vereinbarung vom 1. 12. 2015 „zu überprüfen, allenfalls zuzustimmen oder durch Abschluss eines Untermietvertrags zu verbessern“.
[9] Mit rechtskräftigem Beschluss des Pflegschaftsgerichts vom 29. 10. 2019 wurde die Sachwalterin ihres Amts als Erwachsenenvertreterin der Beklagten enthoben und der Beklagtenvertreter mit demselben Wirkungskreis zum Erwachsenenvertreter für die Beklagte bestellt.
Mit E‑Mail vom 2. 7. 2020 teilte die Sachwalterindem Beklagtenvertreter Folgendes mit:
„…Teilen Sie mir bitte mit, bis zu welchem Zeitpunkt Frau [Beklagte] in eine andere Wohnmöglichkeit übersiedeln wird. Bitte sehen Sie dies als Aufkündigung der vom Bezirksgericht Josefstadt rechtskräftig pflegschaftsbehördlich bestätigten Vereinbarung vom 01. 12. 2015 an. …“
Der Beklagtenvertreter antwortete mit Schreiben vom 15. 7. 2020:
„Sehr geehrte Frau [Name],
Ich komme zurück auf Ihr E-Mail vom 02. 07. 2020, mit dem Sie mich ersucht haben eine neue Wohnmöglichkeit für Frau [Beklagte] zu suchen und das Nutzungsverhältnisses aufgekündigt haben.
Die Aufkündigung der Nutzung der Wohnung Top Nr 5 nehme ich zur Kenntnis …“
[10] Die Beklagte bezahlte den ihr für die Nutzung des Objekts ab August 2020 vorgeschriebenen „Unkostenbeitrag Wohnraumnutzung“ nicht, sie bezahlte lediglich die Gas- und Stromkosten.
[11] Die Klägerin begehrte Zahlung von 19.957,92 EUR sA als Benützungsentgelt für die Monate Juli 2020 bis Februar 2021 in Höhe des zuletzt monatlich vorgeschriebenen Untermietzinses sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Räumung des Objekts. Das zwischen den Streitteilen bestehende Untermietverhältnis sei mit Ende Juni 2020 einvernehmlich aufgelöst worden. In eventu – bei allenfalls noch aufrechtem Mietverhältnis – schulde die Beklagte diesen monatlichen Betrag als Mietzins. Es liege ein qualifizierter Mietzinsrückstand vor, weshalb ein allenfalls noch bestehendes Untermietverhältnis gemäß § 1118 ABGB aufgehoben werde. Die Sachwalterin habe der Beklagten die Wohnung namens der Klägerin überlassen. Sollte kein Untermietverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten bestanden haben, benütze die Beklagte das Objekt jedenfalls titellos. Die im Zusammenhang mit einer nach Ansicht der Beklagten erhöhten USt‑Vorschreibung eingewendete Gegenforderung (Spruchpunkt 2.) werde bestritten und sei jedenfalls überhöht, da Liftbetriebskosten, Betriebskosten, Wasserkosten und Manipulationsgebühr jedenfalls mit 20 % zu versteuern seien, weshalb diese Kosten zu Recht auch mit 20 % weiterverrechnet worden seien.
[12] Die Beklagte wendete ein, die Vereinbarung vom 1. 12. 2015 habe die Sachwalterin (und nicht die Klägerin) als Vertreterin der Beklagten mit sich selbst abgeschlossen. Dieser Vertrag sei als einer zwischen diesen Parteien pflegschaftsgerichtlich genehmigt worden. Ein Untermietvertrag bzw eine rechtliche Grundlage für die Wohnungsnahme zwischen den Streitteilen bestehe nicht. Da Vertragspartnerin der Beklagten die Sachwalterin sei, könne die Klägerin Ansprüche auf Mietzins‑ bzw Benützungsentgeltzahlungen nicht gegenüber der Beklagten geltend machen. Die von der Klägerin an die Beklagte gelegten Zahlungsvorschreibungen mit dem Titel „Unkostenbeitrag Wohnraumnutzung“ hätten mietrechtlich den Charakter einer Mietzinsvorschreibung für eine Wohnung und daher hätten nur 10 % USt verrechnet werden dürfen. Aus der von Dezember 2015 bis Juni 2020 ergebenden Differenz zwischen den geschuldeten 10 % und den verrechneten 20 % USt ergebe sich eine Gegenforderung von 10.936,04 EUR. Als weitere Gegenforderung wurden insgesamt 127.699,45 EUR als Schadenersatzforderung gegen die Sachwalterin aus deren behaupteten Pflichtwidrigkeiten eingewandt (Spruchpunkt 3.).
[13] Das Erstgericht erkannte das Zahlungsbegehren mit 17.443,83 EUR sA als zu Recht bestehend (Spruchpunkt 1.), die Gegenforderung von 10.936,04 EUR (USt‑Überzahlung) als nicht zu Recht bestehend (Spruchpunkt 2.), wies die weitere Aufrechnungseinrede (Schadenersatzansprüche gegen die Sachwalterin) ab (Spruchpunkt 3.), verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 17.443,83 EUR samt monatlich gestaffelten Zinsen (Spruchpunkt 4.), gab dem Räumungsbegehren statt (Spruchpunkt 5.) und wies dasZahlungsmehrbegehren ab (Spruchpunkt 6.). Da der Sachwalterin keine Miet‑ oder Nutzungsrechte am Objekt zustünden, habe sie im eigenen Namen der Beklagten keine Nutzungsrechte einräumen können. Stehe man – wie die Beklagte – auf dem Standpunkt, dass die seinerzeitige Vereinbarung vom 1. 12. 2015 von der Sachwalterin (auf Seite der das Objekt überlassenden Partei) nicht für die klagende OG abgeschlossen worden, so seidie Beklagte wegen titelloser Benützung zur Räumung des Objekts verpflichtet. Die Beklagte schulde ein angemessenes Benützungsentgelt in Höhe des von der Klägerin selbst zu zahlenden Hauptmietzinses (samt 20 % USt) zuzüglich der tatsächlich entstandenen Gas- und Stromkosten. Die Überwälzung all dieser Kosten sei in der „Vereinbarung“ vom 1. 12. 2015 vorgesehen und pflegschaftsgerichtlich genehmigt worden. Unter Abzug des für Juli 2020 bereits bezahlten Benützungsentgelts und einer Gutschrift errechne sich der zu bezahlende Betrag. Wäre die Vereinbarung vom 1. 12. 2015 „vermieterseitig“ von der Sachwalterinnamens der klagenden OG abgeschlossen worden, so wäre der danngegebene Untermietvertrag pflegschaftsgerichtlich nie genehmigt worden. Im Übrigen sei die Vereinbarung vom 1. 12. 2015 einvernehmlich aufgelöst worden. Selbst wenn man dies verneinte, läge ein qualifizierter Mietzinsrückstand vor, der die Klägerin zur vorzeitigen Auflösung nach § 1118 ABGB berechtige. Nach jeder möglichen, erörterten rechtlichen Beurteilung liege eine das Räumungsbegehren berechtigende titellose Benützung vor. Die aus zu viel verrechneter USt erhobene Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil die Kostenübernahme der „Gesamtmiete“ vereinbart und pflegschaftsgerichtlich genehmigt worden sei. Den Gegenforderungen gegen die Sachwalterin aus deren behaupteten Pflichtwidrigkeiten fehle es an der „Konnexität“ (gemeint: Gegenseitigkeit).
[14] Das nur von der Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es sowohl das Zahlungsbegehren (zur Gänze) als auch das Räumungsbegehren abwies. Die ordentliche Revision ließ es nicht zu. Der Umstand, dass die Sachwalterin keine Nutzungsrechte am Objekt gehabt habe, verhindere nicht den wirksamen Abschluss eines Mietvertrags zwischen ihr als Vermieterin und der Beklagten als Mieterin. Es sei zu prüfen, ob die Sachwalterin bei der Vereinbarung vom 1. 12. 2015 im eigenen Namen oder für die Klägerin gehandelt habe, was danach zu beurteilen sei, wie ein Dritter von seinem Empfängerhorizont aus gesehen das Handeln verstehen müsse. Als Dritter sei hier nicht die Beklagte sondern das Pflegschaftsgericht zu sehen, weil es dessen Aufgabe sei, die Interessen des Betroffenen zu wahren und dessen Position insbesondere dann zu substituieren, wenn wie hier der Sachwalter dazu nicht in der Lage sei, weil er gleichzeitig die Gegenseite vertrete oder selbst der Vertragspartner sein solle. Nach dem Text der vom Pflegschaftsgericht geprüften Vereinbarung gehe es um einen Vertrag zwischen der Sachwalterin persönlich und der Beklagten. Dieser sei vom Pflegschaftsgericht genehmigt worden und daher wirksam. Es liege ein Untermietvertrag gemäß § 2 Abs 2 MRG vor, der gemäß § 33 Abs 1 MRG nur gerichtlich gekündigt werden könne. Aus dem Schriftverkehr zwischen der Sachwalterin und dem Beklagtenvertreter vom Juli 2020 könne eine einvernehmliche Auflösung schon mangels pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung nicht abgeleitet werden. Der Untermietvertrag zwischen der Sachwalterin und der Beklagten sei daher weiterhin aufrecht. Der Klägerin stehe daher gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Mietzins noch auf Räumung zu, weil sie nicht Vermieterin der Beklagten sei und der aufrechte Untermietvertrag einem Räumungsanspruch wegen titelloser Benützung entgegenstehe.
[15] Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerinmit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne der Klagestattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[16] Die Beklagte beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[17] Die Revision ist wegen einer Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zulässig, sie ist teilweise auch berechtigt.
Folgendes wurde erwogen:
1. Titellose Benützung
[18] 1.1. Angesichts des eindeutigen Wortlauts der „Vereinbarung“ vom 1. 12. 2015 liegt ein Eigengeschäft der Sachwalterin und kein Handeln für die Klägerin vor. Es liegt ein (die Beklagte nicht ausschließlich begünstigendes) Insichgeschäft vor, das nach allgemeinen Regeln unwirksam ist, wenn keine Genehmigung vorliegt (RS0028072 [T7]). Diese könnte hier nur durch den Beklagtenvertreter als vormaligen Kollisionskurator oder nunmehrigen Erwachsenenvertreter erfolgt sein. Eine ausdrückliche Genehmigung liegt jedenfalls nicht vor. Aus dem Schreiben des Beklagtenvertreters vom 15. 7. 2020 ergibt sich aber auch keine schlüssige Genehmigung, weil diese nach § 863 ABGB über jeden Zweifel erhaben sein müsste. Die bloße Kenntnisnahme der Aufkündigung ist eine bloße Wissenserklärung, die keineswegs zweifelsfrei darauf schließen lässt, der Beklagtenvertreter wolle damit die „Vereinbarung“ vom 1. 12. 2015 (etwa als Untermietvertrag) genehmigen.
[19] 1.2. Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Vereinbarung zwischen der Sachwalterin und der Beklagten, kann die hier fehlende Zustimmung des Kollisionskurators (bzw des Beklagtenvertreters als späteren Erwachsenenvertreters) nicht ersetzen (RS0049030 [T2]). Auch die Parteien gehen im Revisionsverfahren insoweit übereinstimmend von der Nichtigkeit der Vereinbarung aus.
[20] 1.3. Daraus folgt, dass ein wirksamer (Unter-)Mietvertrag mit der Beklagten (als Bestandnehmerin) nicht vorliegt und diese daher titellos benützt. Die Klägerin als Hauptmieterin ist daher berechtigt, die Räumung des Objekts durch die Beklagte zu verlangen (§§ 366, 372 ABGB RS0106815), weshalb dem Räumungsbegehren (Spruchpunkt 5.) stattzugeben ist.
2. Benützungsentgelt
[21] 2.1. Aus der unter Punkt 1. dargestellten titellosen Benützung des Objekts durch die Beklagte folgt das Recht der Klägerin, von der Beklagten ein auf § 1041 ABGB gestütztes Benützungsentgelt zu verlangen (RS0106815).
[22] 2.2. Die Klägerin setzte die Höhe des Benützungsentgelts, mit der Höhe des Hauptmietzinses gleich (vgl 4 Ob 239/05h mwN; vgl RS0019961).
[23] Die Höhe dieses Anspruchs hat die Beklagte nur insoweit angesprochen, als sie sich auf die Höhe der Umsatzsteuer und auf die eingewendete Schadenersatzforderung gegen die Sachwalterin bezog. Dieser warf sie nämlich vor, ihr keine günstigere Wohnmöglichkeit verschafft und sie dadurch hinsichtlich der Differenz geschädigt zu haben.
[24] 2.3. Für die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke, ausgenommen eine als Nebenleistung erbrachte Lieferung von Wärme, fällt gemäß § 10 Abs 2 Z 3 lit a UStG 10 %USt an. Dies gilt auch dann, wenn – wie hier – das zivilrechtliche Geschäft ungültig ist, weil nicht das Schuldverhältnis, sondern die Leistung Gegenstand der Umsatzsteuer ist (10 Ob 38/20s Rz 31 mwN). Für die Vermietung für andere Zwecke, etwa Bürozwecke, ist hingegen der allgemeine Steuersatz von 20 % (§ 10 Abs 1 UStG) anzuwenden.
[25] 2.4. Da die Beklagte das Objekt für Wohnzwecke verwendete, war unter Zugrundelegung des Nettomietzinses des Hauptmietvertrags eine Weiterverrechnung von nur 10 % USt an die Beklagte gerechtfertigt. Wenn die Klägerin vorbringt, in der Vorschreibung seien auch Posten, für die 20 % USt zu zahlen seien (Liftbetriebskosten, Betriebskosten, Wasserkosten und Manipulationsgebühr), enthalten, so geht sie insoweit nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach der Beklagten pauschal ein „Unkostenbeitrag Wohnraumnutzung“ vorgeschrieben wurde.
[26] 2.5. Aus diesen Erwägungen ist die Hälfte der verrechneten Umsatzsteuer bei der Klageforderung unberechtigt. Daraus ergibt sich iSd § 1431 ABGB (RS0033765 vgl RS0033667) die Berechtigung der Gegenforderung, soweit sie die USt‑Überzahlung 12/2015 bis 6/2016 (Spruchpunkt 2.) betrifft. Die Passivlegitimation der Klägerin als Bereicherungsschuldnerin wurde nicht bestritten.
3. Zinsenlauf
[27] Soweit dem Zahlungsbegehren stattgegeben wurde, besteht die Klageforderung nicht als aushaftender Mietzins, sondern als aus § 1041 ABGB abgeleitetes Benützungsentgelt zu Recht. Die Fälligkeit dafür tritt nach zutreffender zweitinstanzlicher Rechtsprechung erst im Nachhinein (eines jeden Monats) nach entsprechender Fälligstellung ein (LGZ Wien MietSlg 52.120; 64.143).
[28] 4. Die Aufrechnungseinrede betreffend Schadenersatzansprüche der Beklagten gegen die Sachwalterin (Spruchpunkt 3.) scheitert an der mangelnden Gegenseitigkeit (s auch § 124 Abs 2 UGB).
5. Kosten
[29] 5.1. Die Kostenentscheidung für die erste und zweite Instanz (Spruchpunkt 4. und 7.) gründet auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. In erster Instanz drang die Klägerin mit rund 70 % durch. Die Berufung der Beklagten war mit rund 25 % erfolgreich.
[30] 5.2. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren gründet auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Die Klägerin war mit rund drei Vierteln ihres Begehrens erfolgreich.
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