OGH 2Ob11/15d

OGH2Ob11/15d22.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Unterhaltssache der Minderjährigen B***** W*****, geboren am *****, und T***** W*****, geboren am *****, beide wohnhaft bei der Mutter Mag. Kristina W*****, diese vertreten durch Dr. Renate Garantini, Rechtsanwältin in Linz, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ des Vaters Dr. Dirk Hinrich W*****, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 10. Dezember 2014, GZ 15 R 469/14t‑63, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Urfahr vom 16. September 2014, GZ 19 Pu 35/13d‑57, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00011.15D.0122.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Gegenstand des Verfahrens ist die Festsetzung des Unterhaltsanspruchs der beiden minderjährigen Kinder B***** und T***** gegen ihren Vater für die Zeit ab dem 1. November 2012 und für die Zukunft bis auf weiteres.

Das Erstgericht setzte mit Beschluss vom 16. September 2014 den Unterhaltsanspruch von B***** ab 1. August 2013 bis auf weiteres mit monatlich 578 EUR, von T***** ab 1. Juli 2014 bis auf weiteres mit monatlich 506 EUR fest.

Der Vater erhob gegen diesen Beschluss Rekurs und begehrte für beide Kinder eine „entsprechende“ Herabsetzung des jeweiligen Unterhaltsbetrags, ohne dieses Herabsetzungsbegehren zu beziffern.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluss dem Rekurs nicht Folge und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Vaters, den das Erstgericht direkt dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

Diese Aktenvorlage ist verfehlt.

Im Unterhaltsbemessungsverfahren besteht der Entscheidungsgegenstand ausschließlich in einem Geldbetrag (RIS‑Justiz RS0122735 [T8]). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts in

Unterhaltsbemessungsverfahren ist der 36‑fache Betrag jenes monatlichen

Unterhaltsbeitrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war.

Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren, haben hingegen unberücksichtigt zu bleiben (RIS‑Justiz RS0122735). Im Unterhaltsverfahren ist der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts für jedes Kind einzeln zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0112656). Die Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nämlich nicht auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern stellen nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche dar; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RIS‑Justiz RS0112656 [T2]).

Der Vater bestreitet seine Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern nicht dem Grunde, sondern nur der Höhe nach. Selbst wenn man jedoch das unbestimmte Rekursbegehren zugunsten des Vaters dahin deutete, er wolle überhaupt nichts bezahlen, errechnete sich nach den angeführten Kriterien der Entscheidungsgegenstand für B***** mit 20.808 EUR (578 EUR mal 36) und für T***** mit 18.216 EUR (506 EUR mal 36). Da diese Beträge (entgegen der diesbezüglichen „Berechnung“ des Rechtsmittelwerbers in S 3 seines Revisionsrekurses, wobei auch nicht 600 EUR pro Monat zugrunde zu legen sind, weil das entsprechende Differenzmehrbegehren bereits in erster Instanz unbekämpft und damit rechtskräftig abgewiesen worden war) nicht zusammenzurechnen sind, übersteigt der jeweilige Entscheidungsgegenstand 30.000 EUR nicht.

Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses richtet sich nach § 62 Abs 3 AußStrG, weil der rekursgerichtliche Entscheidungsgegenstand 30.000 EUR (die Belassung des Betrags von 20.000 EUR im Gesetzestext beruht auf einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers: RIS‑Justiz RS0125732) nicht übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 63 Abs 1 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung, verbunden mit dem ordentlichen Revisionsrekurs, ist gemäß § 63 Abs 2 AußStrG beim Gericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 63 Abs 3 bis 5 AußStrG vom Rekursgericht zu behandeln.

Dem Rechtsmittelwerber steht also nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung. Sein Rechtsmittel war nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat daher ‑ auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist ‑ das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind (10 Ob 9/08h = RIS‑Justiz RS0109623 [T13]).

Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (10 Ob 9/08h = RIS‑Justiz RS0109623 [T14]).

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