OGH 26Ds9/21d

OGH26Ds9/21d16.9.2021

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 16. September 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Kalivoda sowie die Rechtsanwälte Dr. Angermaier und Dr. Hofmann als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 22. Februar 2021, AZ D 193/19, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweier Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0260DS00009.21D.0916.000

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

[1] Nach Vorliegen des Schlussberichts des Untersuchungskommissärs (ON 7) fasste der Disziplinarrat in seiner beratenden Sitzung vom 22. Februar 2021 den Beschluss, Primarius ***** zum psychiatrischen Sachverständigen zu bestellen und zu beauftragen, Befund und Gutachten zur Frage zu erstatten, ob der Disziplinarbeschuldigte im April 2019 (demnach im Zeitpunkt eines zu AZ 64 E 4364/18x des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien durchgeführten Vollzugstermins) in psychiatrischer Hinsicht in der Lage war, das Unrecht seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, sohin ob das Diskretions- und Dispositionsvermögen des Genannten als aufgehoben zu beurteilen ist.

Rechtliche Beurteilung

[2] Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten, die als unzulässig zurückzuweisen war:

[3] Vorliegend sah der Disziplinarrat anlässlich seiner beratenden Sitzung Anhaltspunkte dafür gegeben, dem Beschuldigten könnte im Tatzeitpunkt der notwendige Perspektivenwechsel zwischen subjektiv innerem Erleben und der objektiven Realität unmöglich gewesen sein, weshalb er – für die Entscheidung darüber, ob ein Einstellungs- oder ein Einleitungsbeschluss zu fassen ist (§ 28 Abs 1 DSt; vgl dazu Lehner in Engelhart et al RAO10 § 28 DSt Rz 9 f; RIS‑Justiz RS0056973, RS0056969 [T3, T4]) – die Einholung einer psychiatrischen Expertise für erforderlich erachtete.

[4] Die Bestellung und Beauftragung eines Sachverständigen (hier: gemäß § 20 Abs 2 und 3 DSt iVm § 27 Abs 2 zweiter Satz DSt) ist schon ihrem Wesen nach eine Verfügung bloß prozessleitender Natur (vgl Ohrnhofer in Schmölzer/Mühlbacher, StPO § 35 Rz 3 f; 26 Ds 11/18v = RIS‑Justiz RS0125707 [T7], RS0123525 = AnwBl 2008, 366; RL0000172; zum RStDG: Ds 23/13), gegen die gemäß § 58 DSt keine Beschwerde offensteht.

[5] Die Beschwerde des Beschuldigten war daher als unzulässig zurückzuweisen.

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