OGH 24Os7/14f

OGH24Os7/14f9.9.2015

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 9. September 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Bartl und Dr. Hofstätter sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Pottmann als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen Mag. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufung des Kammeranwalts wegen Schuld gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 12. Juni 2013, GZ D 21/12‑21, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Prof. Dr. Aicher, des Vertreters der Kammeranwaltschaft Dr. Orgler und des Beschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0240OS00007.14F.0909.000

 

Spruch:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Mag. *****von den Vorwürfen freigesprochen, er habe als Rechtsvertreter des Wolfgang Si***** aufgrund eines von diesem errichteten und mit Markus und Michael S***** am 14. März 2005 abgeschlossenen Mietvertrags

1./ mit Mahnklage vom 11. Jänner 2007 beim Bezirksgericht Graz‑Ost zu AZ 212 C 38/07i rückständige Mieten, Betriebskosten und Mahnspesen von 5.157,98 Euro samt 15 % Verzugszinsen pro Monat gegenüber den Mietern Markus und Michael S***** geltend gemacht und nach Vorliegen des rechtskräftigen Zahlungsbefehls das Exekutionsverfahren eingeleitet und

2./ mit Mahnklage vom 6. September 2007 beim Bezirksgericht Graz‑Ost zu AZ 212 C 431/07h wiederum rückständige Mieten und Sonderausgaben von 1.414 Euro samt 15 % Verzugszinsen pro Monat gegenüber den genannten Mietern geltend gemacht und nach Vorliegen des rechtskräftigen Zahlungsbefehls das Exekutionsverfahren eingeleitet.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die ‑ ausschließlich Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO relevierende ‑ Berufung des Kammeranwalts wegen Schuld (§ 49 DSt; zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen in deren Rahmen s RIS‑Justiz RS0128656 [T1]). Sie schlägt fehl.

Die Rechtsrüge behauptet zum einen, der Disziplinarrat hätte Feststellungen dahin treffen müssen, dass die von der Klage betroffenen Mieter zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags erst im 22. und 20. Lebensjahr standen. Diesfalls hätte sich ergeben, dass der vom Mandanten des Beschuldigten abgeschlossene Mietvertrag infolge Unerfahrenheit der Mieter nichtig iSd § 1 Wuchergesetz gewesen sei, weshalb der Beschuldigte den aus einem solchen Vertrag begründeten Anspruch nicht einklagen hätte dürfen.

Der Oberste Gerichtshof verlangt in ständiger Rechtsprechung eine methodengerechte Ableitung der in einer Rechtsrüge behaupteten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0116565). In diesem Sinn erfordert die Behauptung von Feststellungsmängeln ua die Darlegung der rechtlichen Konsequenz der kritisierten Unterlassung.

Diesen Kriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, legt sie doch nicht dar, warum § 1 Wuchergesetz ‑ wie der wortgleiche § 879 Abs 2 Z 4 ABGB ‑ entgegen herrschender Meinung (3 Ob 2199/96w; Bollenberger in KBB4 § 879 Rz 18; Krejci in Rummel 3 § 879 Rz 225) nicht nur Missverhältnisse zwischen (Haupt‑)Leistung und Gegenleistung, sondern auch eine Vereinbarung von überhöhten Verzugszinsen für den Fall der Nichterbringung der Hauptleistungen des Mieters aus einem Mietvertrag erfassen soll. Ob das Alter der Mieter Einfluss auf eine ‑ im Übrigen nur über Einrede wahrzunehmende (RIS-Justiz RS0016450 [T3]; Bollenberger in KBB4 § 879 Rz 28) ‑ Sittenwidrigkeit iSd § 879 Abs 1 zweiter Fall ABGB haben hätte können, kann dahingestellt bleiben, bezieht sich doch die zum Nachteil des Beschuldigten geltend gemachte Rechtsrüge nicht auf diesen Rechtsgrund und ist amtswegiges Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO nur zugunsten des Beschuldigten möglich.

Soweit die Berufung zum anderen ausführt, Sitte und Moral würden die Vereinbarung von Verzugszinsen von in Summe 180 % pro Jahr verbieten, weshalb der Beschuldigte, auch wenn er an der Vereinbarung selbst nicht mitgewirkt habe, eine solche Forderung nicht einklagen und ihretwegen Exekution führen habe dürfen, wird mit der (nur) auf Sittenwidrigkeit der Vereinbarung gestützten Rechtsbehauptung, jedoch ohne Bezugnahme auf die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts bei der Übernahme und Ausübung eines Mandats regelnden Bestimmungen nicht methodengerecht dargetan, warum der Beschuldigte seine Berufspflichten verletzt und gegen Ehre und Ansehen des Standes verstoßen habe.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

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